Antonia wird eine „offene Zweierbeziehung“ aufgezwungen, in der sich allein ihr Mann vergnügt. Nach erfolglosen Versuchen, ihn zur Rückkehr in die Monogamie zu bewegen, sucht sie selbst jene Freiheiten, der er schon lange genießt. Der wiederum ist not amused. Eine fast klassische Verstrickung, inszeniert von Olaf Reitz und auf die Bühne gebracht am 22. Februar im Fletch Bizzel.
Von ehelichen Treueversprechen, ihren Konsequenzen und dem Geschehen unterm schönen Schein
Treue bis zum Tod – das bedeutete über viele hundert, wenn nicht noch mehr Jahre, vereinfacht gesagt: sie kocht, er jagt – und zwar im umfassenden Sinne. Er musste sich schließlich verbreiten, sie hingegen den Rückzug sichern. Dieses klischeehafte Rollenverhalten hat sich aufgelöst, zumindest was mitteleuropäische Breitengrade betrifft, und anderswo bröckelt’s ebenso.
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Zumal diese spezielle Arbeitsteilung aus demographischen Gründen ziemlich vordergründig wirkt, Gleichverteilung der Geschlechter in der Population vorausgesetzt. Denn streuen sich seine Jagdgenossen so großzügig wie Er in alle Winde – wird eine durchschnittliche Sie für abwechslungsreiche Besuche annähernd gleich empfänglich sein müssen. Weil sie ja irgendwo herkommen müssen, die vielen Sie für einen Er.
Doch an der Oberfläche ging’s lange Zeit züchtig zu. Was für Sie wiederum gleichbedeutend war mit einem weitgehenden Ausschluss vom öffentlichen Leben, und relative Rechtlosigkeit gab’s obendrauf. Und dann waren da die langfristigen (potentiellen) Kosten, die in anfänglicher Leidenschaft noch untergegangen sein mögen – für das gegenseitige Versprechen beim Eintritt in den Heiligen Bund.
„Offene Zweierbeziehung“ als einseitiges Vergnügen? – irgendwann reicht es der Protagonistin
Und die sind bekanntlich nicht unerheblich: Abnutzungsgefechte, Ermüdung, Ödnis – um nur die Spitze des Eisbergs zu nennen. – Wie schön, dass mit der allmählichen Befreiung der Sie (und Anderer) langsam auch die Form einer Beziehung allein der Wahl von Beteiligten überlassen blieb. Hast Du den Kaffee auf, gehst Du einfach, Punkt. Zumindest ist es möglich.
Ob Ehe als Institution oder Treueschwüre noch eine Bedeutung haben – all das ist Teil eines Aushandlungsprozesses. Infolge der 68er immer wieder gern gesehen: die offene Zweierbeziehung. Für dieses Modell haben sich Antonia und ihr Mann entschieden. Genauer gesagt: er, während sie darunter leidet.
Das ist natürlich sehr unschön; aber, was Antonia auch versucht, es bleibt erfolglos. Selbst die Androhung von Suizid hält ihn nicht davon ab, sich regelmäßig anderweitig zu vergnügen. – Doch irgendwann ist endgültig Schluss mit lustig. Vor die Wahl gestellt, im Seelenschmerz dahinzuwelken, oder ihr Leben in die eigene Hand zu nehmen, ist sie ganz moderne Frau.
Endlich auf Augenhöhe im offenen Zueinander: jetzt bekommt er kalte Füße
Hat bald eine eigene Arbeit, eine Wohnung, eigener Liebhaber inklusive. Und sie genießt es – diese offene Zweierbeziehung auf Augenhöhe. Das kleine Problem: Er. Wenig überraschend: weil ihm sein Leid im Gesicht steht. Denn wenn Männer leiden, dann ist quasi Holland in Not.
Wie es in diesem „zeitlosen Klassiker“ von Dario Fo und Franca Rame weitergeht – sollte für den armen Mann, nun beleidigt und erniedrigt, die Welt nicht sofort einstürzen – das ist, inszeniert von Olaf Reitz, demnächst im Fletch Bizzel zu beobachten. Er und Sie, das sind: Thomas Kemper und Jule Vollmer.
Weitere Informationen:
- Wo: Theater Fletch Bizzel, Humboldtstr.45, 44137 Dortmund, Tel.: 0231 – 142525
- Wann: Freitag, 22. Februar 2019, 20 Uhr
- Eintritt: 17 Euro/8 Euro