Von Anastasia Zejneli
Dass Klimaschutz ein besonders emotionales Thema für viele aus dem Publikum der Diskussionsrunde am Samstag sein wird, war vorherzusehen. Jedoch zeigte sich auch ein OB-Kandidat im Theater des Depots besonders aufgewühlt – nur eher in eigener Sache. Die Diskussion, die „Parents for Future“ organisierte, beschäftigte sich mit den großen Fragen der Klimapolitik. „Ist Klima Heimspiel?“, titelten sie und thematisierten unter anderem die Verkehrswende, die Finanzierungsmöglichkeiten der Klimaschutzmaßnahmen und den Verkauf von RWE-Aktien. Sechs verschiedene Vertreter*innen von Verbänden und Organisationen durften ihre Fragen loswerden.
Kandidat*innen unter Druck – Fragerunde der Veranstalter*innen mit explizitem Zeitlimit
Die Kandidat*innen hatten diese vorab zugeschickt bekommen – Spontanität war also im ersten Teil der Diskussion nicht zu erwarten. Auch „Parents for Future“ wusste um die knappe Zeit der Politiker*innen, die sich – mit dem Ziel vor Augen – im Endspurt des Wahlkampfs befinden. Das Konzept der Veranstaltung war daher, pro Frage eine Person direkt anzusprechen, die zwei Minuten Zeit zur Beantwortung erhielt. ___STEADY_PAYWALL___
Die anderen hatten danach 30 Sekunden, um kurz die wichtigsten Schlagworte aus ihrem Wahlprogramm zu zitieren – Zeitdruck inklusive. Nach kurzer Vorstellungsrunde und ungewollter Komik seitens der Moderation, die SPD-Politiker Thomas Westphal mit den Worten: „Rechts außen“ ankündigte, jedoch nur seine Position im Raum meinte, begann die Veranstaltung.
Ausbau des ÖPNV und verbesserte Radinfrastruktur: Einigkeit der Parteien bei der Verkehrswende
Das erste Thema des Nachmittags war die Verkehrswende – etwas, was sich alle Parteien wohlwollend auf die Fahne schreiben. Lorenz Redicker vom VCD Dortmund-Unna kritisierte die immer noch anhaltende Omnipräsenz von Autos in der Dortmunder Stadt und fragte nach einem Konzept, um den Bürger*innen diese Fläche zur sicheren Fortbewegung wiederzugeben.
Andreas Hollstein, der OB-Kandidat der CDU, plant Großes und hält eine Verdopplung des Radverkehrs von derzeitigen 10 Prozent für möglich. Auch der Ausbau des ÖPNV und der „Park and Ride“-Flächen soll umgesetzt werden. Über die Radwege sagt er: „Es geht nicht nur um Kilometer, sondern um einen entschlossenen Weiterbau.“
In diesem Punkt waren sich alle Gäste einig und Daniela Schneckenburger fasste in ihrem 30 Sekunden-Beitrag sogar noch ein Kernproblem der heutigen Politik zusammen: „Endlich auch mal tun, was man seit Jahren tun müsste, als nur darüber zu reden.“
Leere Versprechen von OB Sierau? Geschichtsstunde bei SPD unerwünscht
Bei den Plänen von Thomas Westphal für die Verkehrswende hakte die Moderatorin nochmals nach und erwähnte die leeren Versprechen des noch amtierenden Oberbürgermeisters Ullrich Sierau, dem es an Kompetenz in diesem Bereich nicht mangele. Der SPD-Politiker sieht keinen Zusammenhang darin und gab sich verständnislos: „Warum wird uns immer unterstellt, dass, wenn wir antreten und einen Gestaltungsanspruch definieren, das alles eh nichts wird? Das ist nicht redlich.“
Das Fahrradthema zog sich auch weiterhin durch die Veranstaltung und Peter Fricke von Velocity Ruhr forderte von Thomas Westphal, dass Dortmund, angelehnt an das Kopenhagener Beispiel, den Radwegeausbau priorisiert. Der SPD-Politiker ging in seiner Antwort wenig auf die Forderung ein und kritisierte stattdessen die Diskussion der Klimafrage.
Diese beschädige die politische Streitkultur, betonte er und äußerte direkt seinen Unmut gegenüber der Veranstaltung: „Sie haben es geschafft, von all den Veranstaltungen, die wir hier alle in der Stadt machen, die manipulativste Fragetechnik zu entwickeln.“ So warf er weiterhin den Organisator*innen vor, bewusst Kandidat*innen zu favorisieren und ihnen einfachere Fragen vorgegeben zu haben.
Zu der Finanzierung des Radwegeausbaus ließ sich Westphal wenigstens auf ein schwammiges Statement ein: „Wir werden massiv in den Ausbau investieren, den Betrag weiß ich nicht, aber das werden wir noch herausfinden.“ Im Großen und Ganzen sei jedoch der ÖPNV das entscheidende Thema in der Klimadebatte, so der SPD-Politiker.
Uneinigkeit bei RWE Aktien – Rendite und mehr Mitspracherecht versus Energiewende
Nachdem die Radproblematik besprochen war und jeder Gast den Ausbau befürwortet hatte, setzte man sich mit der Stadt Dortmund und dem Besitz von RWE-Aktien auseinander. Während andere Kommunen wie Düsseldorf ihre Aktien verkauften, halten die Dortmunder Stadtwerke über eine kommunale Energiebeteiligungsgesellschaft 23,6 Millionen Aktien.
SPD und CDU wollen diese auch weiterhin behalten, während sich die anderen OB-Kandidat*innen für einen Verkauf aussprechen. FDP-Politiker Michael Kauch sieht den Verkauf der Aktien darin begründet, dass RWE von allen Energiekonzernen den größten Bremser der Energiewende darstelle und der kommunale Anteil an dem Handeln des Konzerns nichts verändert habe.
Auch kritisiert er das Halten von Anteilen seitens der Stadtwerke an Steag, einem international operierenden Stromerzeuger: „Das internationale Geschäfte hat nichts mit Kommunalpolitik zu tun.“ Die Erlöse, die aus dem Verkauf der RWE-Aktien entstünden, plane er, Kauch, für die Entschuldung der Stadt einzusetzen.
Auch Daniela Schneckenburger und Utz Kowalewski (Die Linke) stimmen dem Verkauf zu, während Andreas Hollstein um die 3,6 Prozent Rendite bangt. „Die Renditen, die wir auch für klimapolitische Maßnahmen nutzen können, kriegen wir schwer woanders. Der Verkaufswert wäre jetzt nicht günstig.“ Thomas Westphal sieht es ähnlich und hofft, in Zukunft durch die Anteile das Mitspracherecht bei dem Unternehmen auszubauen.
Die junge Generation mobilisieren
In einer Veranstaltung von „Parents for Future“ lag es auch nahe, andere Gruppierungen der Future-Bewegung zu Wort kommen zu lassen. Mirjam Bourgett von „Campus for Future“ liegt besonders das politische Engagement der Jugendlichen und jungen Erwachsenen am Herzen und sie fordert mehr Möglichkeiten der Partizipation außerhalb der klassischen Parteiarbeit.
Daniela Schneckenburger möchte als grüne OB-Kandidatin einen generationsübergreifenden Klima-Rat einberufen, um einen konzertierten Dialog zu fördern. „Man kann nur Umsteuern, wenn man es im größtmöglichen Konsens tut.“ Auch das Fritz-Henssler-Haus möchte sie an die Jugendlichen zurückgeben, um einen breit gefächerten Austausch zu fördern.
Während auch Utz Kowalewski einen Klima-Rat befürwortet, fokussieren sich die anderen OB-Kandidaten auf stärker formalisierte Formen der politischen Partizipation, wie ein Jugendparlament. Ein weiterer roter Faden der Veranstaltung waren Finanzierungsfragen. Marc Schmitt-Weigand wollte von dem Linken OB-Kandidaten wissen, wie er die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen sicherstellen möchte, ohne die sozialen Ungleichgewichte zu verstärken.
Dieser sieht die Stadt als aktiven Part in der Verantwortung: so soll gegen die Wohnungsnot verstärkt selbst gebaut werden. Auch bei dem Thema Mobilität sieht er, neben der Stadt, das Land NRW in der Pflicht, Möglichkeiten der Mobilität für alle zu sichern. So zum Beispiel durch einen gleichbleibenden Preis des Sozialtickets. An sich zeigt Utz Kowalewski sich zuversichtlich und betont: „Wenn man über eine Mobilitätswende nachdenkt, denkt man auch über einen Rückbau nach. Jede Straße, die wir nicht bauen, müssen wir in der Folge auch nicht unterhalten. So gibt es für alles auch eine Gegenrechnung.“
Reaktionen
Parents for Future Dortmund
Wer selbst nochmal reinschauen will – hier findet ihr die Aufzeichnung des Streams. Über die Beschreibung lässt sich schnell in einzelne Fragen/Themen reinspringen. Unabhängig vom Thema lässt sich auch ein ganz guter Eindruck der Kandidat*innen gewinnen, die viele ja wahrscheinlich noch nie „live“ erlebt haben.
Parents for Future Dortmund
https://www.youtube.com/watch?v=aiKMSD3Q6WQ