Dortmunderin dokumentierte und beseitigte Nazi-Schmierereien

Null-Toleranz bei Antisemitismus im ÖPNV

Harald Kraus (r.), Arbeitsdirektor bei DSW21, und Julian Becker von der städtischen Koordinierungsstelle für Vielfalt, Toleranz und Demokratie bedankten sich bei Annika Schwarz für ihr vorbildliches Engagement.
Harald Kraus (r.), Arbeitsdirektor bei DSW21, und Julian Becker von der städtischen Koordinierungsstelle für Vielfalt, Toleranz und Demokratie bedankten sich bei Annika Schwarz für ihr vorbildliches Engagement. Foto: Jörg Schimmel für DSW21

Eine Dortmunder Bürgerin dokumentierte Aufkleber und Schmierereien an DSW21-Haltestellen – und entfernte sie oft gleich selbst. Das Verkehrsunternehmen zeigte sich beeindruckt und bedankte sich jetzt bei ihr.

Botschaft: Oft braucht Demokratie Geduld und manchmal auch Null-Toleranz

Demokratie lebt von Offenheit, vom Zuhören und Mitmachen, vom Miteinander-Streiten. Sie lebt von bürgerschaftlichem Engagement, von Zivilcourage und Unnachgiebigkeit. Oft braucht Demokratie Geduld und manchmal auch Null-Toleranz. Annika Schwarz vereint das alles in einer Person – und erhielt deshalb unlängst eine Einladung von DSW21. Mit nach Hause nahm sie ein „Dankeschön!“ und einen Strauß Blumen.

„Das wiegt ihren Einsatz natürlich nicht einmal ansatzweise auf“, sagte Harald Kraus, Arbeitsdirektor von DSW21. „Es ist uns aber wichtig, Ihnen gegenüber unsere Anerkennung zum Ausdruck zu bringen und auf diese Weise vielleicht weitere Bürger*innen zu motivieren, die Augen offenzuhalten und tätig zu werden.“

Mehrere hundert (!) Fälle sammelte sie so über einen Zeitraum von drei Jahren

Naziaufkleber wie diese mussten weg.
Naziaufkleber wie diese kamen weg. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Denn genau das hat sie gemacht: die Augen offen gehalten. Die „leidenschaftliche Antifaschistin“ fand über einen langen Zeitraum hinweg an Bushaltestellen in Kirchderne, Derne und Scharnhorst immer wieder Aufkleber und Schmierereien mit antisemitischen Inhalten.

Häufig entfernte sie die selbst, nachdem sie zuvor Fotos gemacht hatte, um die Sachbeschädigungen, hinter denen womöglich noch viel weitreichendere Straftaten stecken, zu dokumentieren und zur Anzeige zu bringen. Mehrere hundert (!) Fälle sammelte sie so über einen Zeitraum von drei Jahren und lieferte sich mit dem oder den Verursacher/n, wie sie sagt, „eine Art Katz-und-Maus-Spiel“. Schon als Kind habe sie gerne Detektivin gespielt. „Das kam dann wieder durch.“

Sogar nachts machte sie sich auf den Weg – in der Hoffnung, „mal jemanden auf frischer Tat zu ertappen und anzeigen zu können“. Vergeblich. „Aber ich konnte diese antisemitischen Sprüche nicht einfach so im öffentlichen Raum stehen lassen.“

 DSW21 ließ die Schmierereien entfernen und schaltete den Staatsschutz ein

DSW21 engagiert sich für Vielfalt. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Auch die Koordinierungsstelle für Vielfalt, Toleranz und Demokratie der Stadt Dortmund und DSW21 hat Annika Schwarz informiert. Das Dortmunder Verkehrsunternehmen ließ die Schmierereien entfernen und schaltete den Staatsschutz ein. „Bei 2.000 Bus- und Stadtbahn-Haltestellen können wir nicht immer alles im Blick haben, aber wenn wir Hinweise bekommen, werden wir natürlich sofort tätig“, sagt Harald Kraus.

Der Arbeitsdirektor von DSW21, politisch links von der Mitte sozialisiert, hat als Jugendlicher selbst äußerst unangenehme Erfahrungen mit Neonazis und Faschismus gemacht und engagiert sich aus tiefer Überzeugung persönlich wie auch beruflich für eine offene, bunte und vielfältige Dortmunder Stadtgesellschaft. „Wir sind dabei auf die Unterstützung engagierter Bürger*innen angewiesen“, sagt er. „Frau Schwarz ist in dieser Hinsicht ein absolutes Vorbild.“

Sichtlich beeindruckt wandte sich auch Julian Becker von der Koordinierungsstelle für Vielfalt, Toleranz und Demokratie an Annika Schwarz. „Mit welcher Konsequenz Sie ihre Grundüberzeugung in aktives Handeln umgesetzt haben – davor kann man nur den Hut ziehen!“

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