Wenn am Samstag in der Sportschau über eine beliebige Bundesligapartie berichtet wird und der Kommentator über den Schiedsrichter sagt, das er unauffällig leitet, dass er das Spiel laufen lässt, dass er rechtzeitig auch mal eine gelbe Karte zeigt um die Brisanz aus dem Spiel zu nehmen. Wenn er sagt, dass er auf theatralische Gesten verzichtet und sonst im Hintergrund agiert, dann war der Schiri gut.
So einer ist Abdel Salahi. Alle rufen ihn nur Abdel.
„Die kennen mich alle und ich kenne die alle.“ Auf die Frage, ob denn heute alles auf dem Platz fair gelaufen sei, antwortet der ehemalige Kicker des Spielvereins 26: „Klar, alles friedlich. Die Spieler akzeptieren mich, so wie einen großen Bruder.“ Abdel pfeift heute alle Spiele. Heute, das ist die Abschlussveranstaltung der 12. Sommersaison der Nordstadtliga, der zweitgrößten interkulturellen Straßenfußballliga Deutschlands. Am Jugendtreff Konkret an der Burgholzstraße in der Nordstadt werden heute auf Asche die Finalspiele aller Altersklassen (U13/ U17/U19) ausgetragen.
Die Nordstadtliga wurde 2001 gegründet
Die Straßenfußballliga existiert seit 2001. Seit 2011 kooperiert man mit dem Netzwerk „buntkicktgut“, einer Straßenfußballinitiative aus München.
Schiedsrichter Abdel leitet seit 2005, mit wenigen Ausnahmen, alle Spiele der Nordstadtliga. „Das müssten ungefähr über tausend Spiele gewesen sein.“ Warum macht er das? „Ich liebe den Fußball, spiele selber gerne und wegen der Integration…“ antwortet er, geht zum Mittelpunkt und pfeift zum Anstoß. Abdel ist ein Phänomen!
Phänomenal ist auch das, was die anderen zum Teil ehrenamtlichen Mitarbeiter hier leisten: Eine multikulturelle pubertierende Rasselbande von rund 400 Nordstadtjungs in etwa 33 Teams im Zaum zu halten ist keine einfache Aufgabe. Dazu bedarf es klarer Ansagen, fester Regeln, Strukturen und Prinzipien. „Fairness, Toleranz, Gewaltlosigkeit, Partizipation“ diktiert Jawad Abdallah. Der ist auch schon seit 2004 dabei, als Spieltagsbetreuer und Moderator in Ligaratsitzungen.
Entscheidungen fällen die Jugenlichen im Ligarat selbst
Im Moment kommentiert er von der Rampe des Jugendtreff aus das Spiel der U13-Mannschaften Red Lions gegen FC United. „Hier ist Al Jazeera“ ruft er temperamentvoll auf arabisch ins Mikrofon. Wer zu nah an den Lautsprechern steht, dem klingeln die Ohren. Schneller Wechsel zum deutschen Fernsehsender Sat 1. Erwin Fischer, der Präsident der Liga übernimmt die fiktive weltweite Konferenzschaltung.
Derweil betont Mohammed El Yakoubi am Spielfeldrand wie wichtig der Ligarat ist. „Da sitzen die Jungs und entscheiden selbstständig wie beispielsweise die roten Karten vom letzten Spieltag sanktioniert werden. Wir sitzen nur moderierend dabei“, erklärt El Yakoubi. „Alles andere liegt in der Hand der Jugendlichen. Da kann es schon mal vorkommen, das ein Siebzehnjähriger sich von einem Dreizehnjährigen etwas sagen lassen und akzeptieren muss“, erklärt er, wie man Selbstverantwortlichkeit schafft.
Straßenfußball und Vereinsfußball ergänzen sich
Derweil läuft das Spiel weiter. Emre von den Red Lions zirkelt einen feinen Pass auf einen Mitspieler, der ihn mit Wucht zum 2:0 in die Maschen haut. „Das ist der Emre“, zeigt Jochen Hildebrandt auf den Passgeber. Hildebrandt ist heute für die Spielberichterstattung zuständig. Artikel mit allen Spielen und Toren sind dann auf Homepage der Nordstadtliga für die Jugendlichen zu lesen. „Mit dem waren wir letztens auf einem Turnier in Gelsenkirchen, da haben er und die Jungs provokativ in Schwarz-Gelb gespielt und der Emre hat nachher an der Torwand vier Dinger versenkt“ erzählt er stolz. Und die Jungs kicken gut. „Die meisten von denen spielen auch im Verein.“
Emre (12) spielt beim VfL Kemminghausen. „Zweimal die Woche komme ich zum Training mit den Red Lions an die Burgholzstraße, sonst nicht, es ist zu weit“ sagt der Junge , der am Borsigplatz wohnt. Andere kommen täglich zum Treff Konkret, der den Jugendlichen neben vieler kultureller Angebote auch eine Hausaufgabenhilfe und natürlich ein Platz zum Kicken bietet.
Jede Menge Preise für Kicker und Organisatoren
Am Ende des Turniers gibt es Preise für die Siegerteams. Friedhelm Sohn, Vorsitzender im Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie im Rat der Stadt Dortmund ist da und übergibt Pokale und Medaillen. Der größte Pokal ist der Fairnesspokal. Es gibt Eintrittskarten für ein Spiel der Borussia. Die Mitglieder des Ligarats bekommen für ihre Arbeit Trainingstrikots der deutschen Nationalmannschaft. Die anderen Jungs sind neidisch auf den Ligarat – …wegen der Trikots.
Preise haben die Organisatoren von „buntkicktgut – Die Nordstadtliga“ auch schon für ihre Arbeit gewonnen: 2012 den Förderpreis des Landschaftsverbandes Westfalen–Lippe sowie im Jahr 2013 den Integrationspreis von DFB und Mercedes Benz. Zuletzt belegten sie den zweiten Platz beim Integrationspreis 2013 der Stadt Dortmund. „Einen wollen wir aber noch mal ganz besonders danken“ ruft Erwin Fischer zum Abschluss: „Abdel unserem Schiedsrichter, Abdel wo bist du?“ Abdel ist nicht da. „Der ist draußen“, sagt ein Spieler, „der klappt wahrscheinlich schon mal die Tische zusammen“. Übrigens eine rote Karte hat Abdel doch noch gezogen. Neue Arbeit für den Ligarat.
Mehr Infos: buntkicktgut-dortmund.de
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