Auf „wenig“ Gegenliebe der Bezirksvertretung (BV) Innenstadt-Nord stießen die Namensvorschläge, mit denen drei neue Straßen auf dem Gelände der ehemaligen Sinteranlage der Westfalenhütte benannt werden sollen. Die Vorschläge der Verwaltung – „Kaiserstuhlallee“, „Baronstraße“ und „Kronestraße“ – fielen krachend durch.
Verwaltung hatte drei Namen mit Bezug auf die heimische Wirtschaft gemacht
Warum diese drei Namen? Der Name „Kaiserstuhlallee“ bezieht sich dabei auf das ehemalige Gelände der Zeche Kaiserstuhl mit ihren verschiedenen Einrichtungen (Kaiserstuhl I bis III). Deren Geschichte beginnt im Jahre 1853 im Bereich der Bornstraße (Kaiserstuhl I) und endete mit Schließung der Kokerei (Kaiserstuhl III – im Areal der ehemaligen Sinteranlage) im Jahr 2000.
Die „Kronestraße“ bezieht sich auf die Dortmunder Einzelhändler, die sich unter den Namen „Krone“ um 1913 zusammengeschlossen haben, bevor sie 1935 der REWE beitraten und den Namen änderten. Auf der Sinteranlage wird REWE Dortmund sein neues Zentrallager bauen.
Mit dem Vorschlag „Baronstraße“ wird Bezug genommen auf Bezeichnungen für Unternehmensführungen im Kohle- und Stahlbereich als Ruhrbarone, Kohlebarone oder Stahlbarone im Ruhrgebiet.
Keine Ehrung für die Ruhrbarone – Kritik an Unterstützung des NS-Regimes
Vor allem der Vorschlag „Baronstraße“ löste eine Debatte und letztendlich auch die Ablehnung aller drei Vorschläge aus. Als Historiker Marius Dorian Vornweg (CDU) die Frage in den Raum stellte, was denn an „Baronstraße“ unpassend sei, holte Nordstadt-Obmann Ubbo de Boer verbal aus und kritisierte die Namenswahl scharf.
„Die Ruhrbarone haben Hitlers Wahlkampf mitorganisiert und finanziert, u.a. auch Herr Springorum. Sie haben den Nationalsozialismus mit vorbereitet“, betonte Ubbo de Boer. Die Straße nach ihnen zu benennen, sei ein „Schlag ins Gesicht der Arbeitnehmer“.
Es seien nicht nur die „Ruhrbarone, die sich nicht mit Ruhm bekleckert haben“ gewesen, sondern auch andere, die soziale Verantwortung übernommen hätten. Zudem seien die Vorschläge „aristokratisch, nicht demokratisch“, kommentierte Andreas Urbanek (AfD). „Wenn Sie schon Sprachpolizei spielen, dann machen Sie bitte auch Vorschläge“, hielt Vornweg den NamenskritikerInnen entgegen.
Verwechselungsgefahr: „Kronestraße“ und „Kronenstraße“ in Dortmund
Der Namen „Krone“ wurde von fast allen Fraktionen kritisch gesehen: „Das mag markenhistorisch Anklang finden. Aber wenn Straßen auf der Westfalenhütte benennt, sollte man Stahl würdigen“, fand de Boer.
Doch „Kronestraße“ wurde vor allem auch wegen der möglichen Verwechselungsgefahr mit der „Kronenstraße“als wenig geeignet gesehen. Auch Navigationsgeräte würden die Lkw eher in das Wohngebiet in der östlichen Innenstadt als auf die Westfalenhütte lotsen.
Eine mögliche Verschiebung der Befassung, um sich eingehender mit den Namen zu beschäftigen, fand keine Mehrheit. Daher wurden dann die gesamte Vorlage abgelehnt. Lediglich die AfD und „Die Rechte“ hatten für die drei Namen votiert. Damit bekommen die Straßen vorerst keine neuen Namen. Es bleibt zunächst bei „Projektierte Straße 1241 bis 1243“.
Update: Namen gefunden
Die Bezirksvertretung Innenstadt-Nord hat am 7. März 2018 ohne große Diskussion beschlossen, die drei neuen Straßen auf der Westfalenhütte mit Sinterstraße, Kaiserstuhlstraße und Walzwerkstraße zu benennen. Der Begriff „Sinter“ bezieht sich auf die gleichnamige Anlage der Zeche Kaiserstuhl. Diese steht selbst ebenfalls Pate für die zweite Straße. Der Name Walzwerkstraße ergibt sich ebenfalls durch die ehemalige Nutzung auf der Westfalenhütte.
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Reaktionen
Ula Richter
Eng verbunden mit der Westfalenhütte waren vor allem die Stahlarbeiter. In der Nazi-Zeit haben viele von ihnen im Widerstand gegen Hitler gestanden.Jene Nazi-Gegner, die ihren Mut mit dem Leben bezahlen mussten, könnte mit einem Straßennamen gedacht werden.
Ich denke da an Paul Mainusch, der wegen „Hochverrats“ ins KZ Esterwegen gebracht wurde und nach seiner Haftentlassung auf der Westfalenhütte gearbeitet hat. 1945 wurde er wieder verhaftet und im Rombergpark ermordet.
Auch Bruno Nowak, der auf der Hörder Hütten-Union als Schweißer arbeitete, erlitt das gleich Schicksal und wurde ermordet in der Bittermark aufgefunden.
Wilhelm Müller, Stahlarbeiter auf der Hörder Hütten-Union, stand ebenfalls im Widerstandskampf gegen den Nationalsozialismus. Auch er wurde 1945 ermordet im Rombergpark gefunden.
Es wäre gut, wenn auf diesen Widerstand der Hoesch-Arbeiter hingewiesen und zu den Namen noch ein kurzer Text hinzugefügt würde.