Von Susanne Schulte
Wer am Donnerstagmorgen das Hoesch-Museum betritt, wird zuerst von Leonore Süselbeck begrüßt. Seit 14 Jahren gehört sie zu den vielen Ehrenamtlichen, ohne die das Museum an der Eberhardstraße nicht existieren würde. Sie sitzt und saß immer an der Kasse. „Vorher hatte ich mit Hoesch gar nichts zu tun“, erzählt sie. Nach ihrer Pensionierung – sie war Lehrerin an einer Grundschule in Eving – „wollte ich was machen, was ich früher nicht gemacht habe“. Der Verein pro Kultur vermittelte sie an den Verein Freunde des Hoeschmuseums.
Vor allem am Donnerstag wird repariert und geplant, katalogisiert und abgerechnet
Kassieren muss sie seit Anfang des Jahres kaum noch. Der Eintritt in die Dauerausstellungen der Dortmunder Museen ist kostenlos. Aber für Führungen von Gruppen wird Geld verlangt. Heute hat sie Schüler*innen einer Abiturklasse aus Beckum mit ihrer Lehrerin empfangen.
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Die Gäste erfahren gerade von Brunhild Kanstein, auch eine der mehr als 80 Ehrenamtlichen und ebenfalls ehemalige Lehrerin, wie sich Dortmund zum Stahlstandort entwickelt hat. In der Hauptsache seien es Schulklassen und andere Gruppen, die sich durch die Räume begleiten lassen würden.
Nur selten kämen in der Woche einzelne Personen, um sich die Geschichte der Stahlproduktion anzusehen. Dennoch hat Leonore Süselbeck einiges zu tun: Donnerstags kommen die meisten der Ehrenamtlichen ins Haus, um zu arbeiten.
Reparaturen stehen an, Ausstellungen müssen geplant, Exponate gesichtet und katalogisiert werden. Alle Männer und Frauen müssen sich ein- und austragen. So ist erst bei ihr, gleich anschließend auf den oberen Etagen stets viel Betrieb.
Der ehemalige Kfz-Mechaniker Karl-Heinz Jenrich ist der Herr über die Schrauben
Wie in der Werkstatt. Hier ist Karl-Heinz Jenrich zuhause. Er zeigt die vielen Fächer und Schubladen. „Man braucht Schrauben, Schrauben, Schrauben ohne Ende.“
Auch er ist kein ehemaliger Hoeschianer. Jenrich war Kfz-Mechaniker, wurde von einem Bekannten gefragt, ob er mitmachen könnte und war dabei.
Er ist jetzt der Mann, der im Mantel eines Stahlarbeiters rund um den Stand des Hoesch-Museums zu sehen ist, wenn der Verein sich während des Hoeschpark-Festes präsentiert, beim Borsigplatz-Stillleben um neue Mitglieder wirbt und bei besonderen hauseigenen Veranstaltungen den Besucher*innen das Arbeiten in einem Stahlwerk näher bringen will.
Das Hoesch-Museum ist das einzige Museum in Dortmund, das nur dank der Ehrenamtlichen existiert
Gegen 10 Uhr ist Kaffeepause. Im Aufenthaltsraum treffen sich die Frauen und Männer aus den verschiedenen Abteilungen, als das sind: Handwerk und Organisation, Kassenabrechnung und Shopverwaltung, Statistik und Eventplanung, Beschaffungswesen und Serviceteam.
Mittendrin sitzt auch Isolde Parussel, seit August letzten Jahres Leiterin des Museums und darüber ganz begeistert. „Das Hoesch-Museum ist das einzige Museum in Dortmund, das nur dank der Arbeit der Ehrenamtlichen besteht“, sagt sie.
Die Stadt Dortmund zahle die Betriebskosten und die Leitungsstellte, ThyssenKrupp sponsere das Gebäude und für weiteres Geld müssten Drittmittelgeber gefunden werden. „Wir sind kein kommunales Museum.“
Die meisten der Freiwilligen sind keine ehemaligen Hoeschianer
Geld in die Kasse kommt durch die Beiträge der mehr als 350 Mitglieder, durch die bezahlten Führungen und den Verkauf im Museumsshop, durch Spenden und durch die Bewirtung von Gruppen.
Wer möchte, kann den Geburtstag im Hoesch-Museum feiern, sich dort trauen lassen, eine Tagung ausrichten. Sind die Zahlen der Mitglieder und der Ehrenamtlichen auch beeindruckend, sind doch die allermeisten im Rentenalter.
„Und die Hoeschianer werden immer weniger.“ So soll sich niemand scheuen, bei Interesse an der Mitarbeit vorzusprechen.
Pensionierte Historikerin kümmert sich ums Archiv: „Die Objektverwaltung ist Museumsstandard“
Es gibt immer viel zu tun – auch im Dachgeschoss. Dort ist der Arbeitsplatz von Dr. Gisela Wallgärtner. Die Ehrenamtliche kommt aus Hamm, ist Historikerin, Pensionärin und sichtet alle Gegenstände und Schriftstücke, die dem Hoesch-Museum in der Nordstadt überlassen werden.
Und sie weiß: „Die Objektverwaltung ist Museumsstandard.“ Alles, was ihr in die Hände kommt, wird genau schriftlich festgehalten. Fotos und Werkzeuge, Zeugnisse und Maschinen.
Vieles wird gespendet oder stammt aus Nachlässen. Gerade überlegt sie, unter welchem Stichwort sie eine Dankeschön-Urkunde für einen ehemaligen Lehrling katalogisieren soll.
Kostenloser Eintritt soll wieder mehr Besucher*innen an die Eberhardstraße bringen
Im Jahr 2014 erreichte man den bislang nicht wieder erreichten Rekord an Besucher*innen: 10200 Gäste gingen durchs Museum. 2017 kamen gut ein Viertel weniger. Jetzt gehe es aber wieder aufwärts, so Museumsleiterin Isolde Parussel.
Ob der kostenlose Eintritt den Dortmunder*innen mehr Lust auf die Geschichte macht, zeigt sich erst in einigen Monaten.
Aktiv sprechen die Vereinsmitglieder auch heimische Organisationen an, um das Museum vorzustellen. Denn vielen ist das Haus an der Eberhardstraße noch unbekannt.
Museumsleiterin wünscht sich den Haltestellennamen „Westfalenhütte/Hoesch-Museum“
Zurzeit ist die Sonderausstellung „Zum Aufhängen eines Bildes reicht ein Magnet“ zu sehen, Fotos von Philipp Robien, der die Fertighäuser aus Stahl mit seiner Kamera festgehalten hat. Sieben dieser Häuser stehen heute noch in Kleinholthausen.
Die Ausstellung läuft bis zum 7. April. Das Museum ist geöffnet am Dienstag und Mittwoch von 13 bis 17 Uhr, donnerstags von 9 bis 17 Uhr und sonntags von 10 bis 17 Uhr.
Das Museum an der Eberhardstraße, wo sich einst die Hauptverwaltung der Westfalenhütte fand, ist mit der U-Bahn 44, Endhaltestelle Westfalenhütte, zu erreichen. Isolde Parussel hat einen Wunsch: dass die Haltestelle bald den Zusatz „Hoesch-Museum“ erhält.
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