Nicht ins Wasser gefallen: Das CargoJazzFestival Dortmund mit gut gelaunten Bands, die auch nachdenkliche Töne anstimmten

Das Florian Boos Nonett spielte als zweiter Act auf dem Cargo Jazz Festival. Mit ihrem „Soundtrack zu den Bildern“ bringen sie berühmte Gemälde von bekannten MalerInnen zum Klingen. Fotos: Leopold Achilles

Von Angelika Steger

Dicke Wolken und ein immer dunkler werdender Himmel, zuerst nur wenige, dann feine, dann dicke Regentropfen, Platzregen. Die grauen Wellblechmauern der Industriegebäude auf der anderen Seite des Kanals, ein paar Klappstühle und -bänke, eine Bühne. Und der Regen hört nicht auf. Da muss man an Chet Baker denken, seine traurigen Melodien, wie er einsam auf der Bühne steht, der Pianist als Begleitung nur eine schemenhafte Gestalt.

Jede Band spielt mit Jazzelementen und hat dennoch ihre ganz eigene Note

Der Regen war leider allgegenwärtig. Zum Glück gab es bis 17 Uhr Regenpausen mit genug Sonne.

Doch es ist nicht der US-amerikanische Trompeter, der beim CargoJazz Festival am Umschlagplatz im Dortmunder Hafen auftritt.

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Es sind gut gelaunte Bands, die auch nachdenkliche, nicht nur fröhliche Musik machen, darunter Salomea (Jazz mit HipHop und elektronischen Elementen), Big Spider (ohne Spinnenphobie mit klassischer Jazz-Besetzung ohne Blaswerk) oder I Gattoni.

Das „Florian Boos Nonett“ trotzt dem Regen, spielt, obwohl Geräte auf der Bühne und bei der Tonregie 30 Minuten nach Beginn abgedeckt werden müssen.

In Big Band-typischer Besetzung, aber mit einem Cello neben dem Jazz-Kontrabass bringen sie Gemälde von Malern zum Klingen wie im Titel „Kartoffelesser“ nach dem gleichnamigen Bild von Vincent van Gogh.

Soundtracks nicht nur für Filme: beim Florian Boos Nonett trifft große Malerei auf virtuosen Jazz

Das Florian Boos Nonett mit außergewöhnlicher Besetzung, die neue Klangfarben einbrachte: das Cello mit Glissandi.

„Ein recht dunkles Bild, das eigentlich untypisch ist für den Maler, aber hört selbst“, heißt es in der Ansage. Und das Publikum hört dem „Soundtrack zu den Bildern“ (Zitat von der Band-Website) aufmerksam zu, in der kurzen Regenpause sitzt man wieder auf den Bänken, bevor ein pausenloser Regenguss alle ZuhörerInnen zur Flucht unter die wenigen Zeltdächer vor und in die Container zwingt.

Auch die ausdauerndsten unter ihnen in Regenjacke und Schirm hat es nun unters Dach getrieben. Der Boden ist sandig, zum Teil mit Kies, vor dem Tresen vor dem anderen Container ist eine große Pfütze. Warum stellt man sich in den Sommerregen, bei dem es immer wieder auch vom Himmel blitzt, während ein Musikfestival läuft?

Musikgenuss trotz widrigen Wetters: KonzertbesucherInnen lassen sich nicht vertreiben

„Mein Sohn spielt mit, hat Gäste mitgebracht, also bin ich da und unterstütze ihn“, sagt eine Frau um die 50. Ein junger Mann neben ihr ergänzt lächelnd: „Ich kenne viele der Musiker, habe schon mal mit ihnen gespielt – deshalb bin ich da.“ Etwa 40 bis 50 Festival-ZuhörerInnen gibt es beim CargoJazzFestival am Umschlagplatz.

Salomea aus Köln spielten mit Frauenpower das letzte Konzert auf dem Festival und brachten HipHop in den Jazz.

Manche sitzen auch hinter den Containern unter dem Vordach verlassener oder noch genutzter Lagerhallen. Dort ist es zumindest trocken und die Musik hört man fast entlang der gesamten Speicherstraße.

Allen BesucherInnen ist gemein: noch so starker Regen und auch kein Gewitter kann ihnen die Freude an der Musik nehmen. „Das CargoJazzFestival hier ist noch nicht gentrifiziert, es ist authentisch. Ich kann hier tolle Musik hören“, erzählt eine Zuhörerin.

Die meisten Leute sind um die 50 Jahre alt, ein paar junge Leute, die in etwa der Altersgruppe der Band von Florian Boos zugerechnet werden können, sind aber auch dabei. „Der Organisator vom Festival wohnt mit mir im Haus, der hat gesagt: ,Kommt vorbei’ – und jetzt warten wir, dass es besser wird. Wir wollten was unternehmen, entspannt Musik hören und ein Bierchen trinken.“

Trotz Regen in Sommerstimmung auf dem CargoJazzFestival

Zwischendurch gab es Zum Glück auch Regenpausen.

Zwei Freundinnen haben sich vor dem Regen in den Container gerettet, trinken aus ihren Gläsern. „Wir hätten das Wetter so nicht erwartet, das sieht man an unserer Kleidung“, sagt die andere lachend. Eine trägt ein Sommerkleid, die andere eine kurze Hose und Bluse. Kalt ist es nicht, aber eben nass. Die meisten halten durch, nur ab und an verlassen ein paar Gäste den Umschlagplatz.

Das Wetter kann man sich nie aussuchen. Die Musik schon. Und die kam beim CargoJazzFestival richtig gut an. Schade nur, dass es nur wenige große Regenschirme als Unterstand gab. Die große Pfütze vor dem Ausschank-Tresen hat manchen wohl auch vor einer Neubestellung abgehalten, denn am Umschlagplatz gilt Selbstbedienung. Trotz allem: man kommt gerne wieder, um neue, eher unbekannte Bands zu hören. Ob 38 °C und knallige Sonne besser gewesen wären? Auch das nicht.

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