Viele Menschen in Dortmund sind von Einsamkeit und sozialer Isolation betroffen. Kinder und Jugendliche können dabei genauso unter Isolation leiden, wie Erwachsene im Beruf oder Senior:innen. Wie gelingt es, diesen Menschen wieder mehr gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen? Damit beschäftigten sich acht Teams beim ersten „Dortmunder Innovationssprint gegen Einsamkeit und soziale Isolation“.
Soziale Innovationen mit Hilfe von Expert:innen entwickeln
Wenn von Innovationen die Rede ist, dann denken viele vielleicht eher an neue Technologien. Tatsächlich spricht man aber auch von sozialen Innovationen, wenn es um neue Ideen und Formate geht, mit denen aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen begegnet werden soll. Aber wie kommt man auf solche neue Ideen? Wer hat schon etwas ausprobiert und weiß mehr? Um das heraus zu finden und am Ende auch zu fördern, hat die Stadt Dortmund ein neues Format aufgelegt, das in erster Linie aus der Wirtschaft bekannt ist: einen sogenannten „Innovationssprint“.
Innerhalb einer Woche wurden Gründer:innen und Startups aus dem Bereich Soziales mit Vertreter:innen aus Wissenschaft und Stadtgesellschaft zusammengebracht, um kreative Ideen zum Thema „Einsamkeit“ zu entwickeln. Es galt bereits bestehende Initiativen sichtbar zu machen, miteinander zu vernetzen und am Ende auch auszuzeichnen und finanziell zu fördern. Acht Teams gingen an den Start und wurden von Expert:innen aus Wissenschaft, Verwaltung und Stadtgesellschaft begleitet. Am Ende mussten sie ihre Ideen in nur drei Minuten vor Publikum und der Fachjury präsentieren.___STEADY_PAYWALL___
Erster Platz und 6.000 Euro Förderung für „Eulen und Lerchen“
Die Bandbreite der Lösungsansätze reicht von Angeboten zur Stärkung der Sozialkompetenz von Kindern über die Ansprache von Senior:innen mittels digital unterstützter Erlebnispädagogik bis hin zu Mehrgenerationenwohnen und App-basierten Kontaktbörsen.
Der erste Platz und eine Förderung in Höhe von 5000 Euro gingen an das Projekt „Eulen & Lerchen“, das eine flexible Kinderbetreuung im elterlichen Haushalt bietet.
Die Idee: Rentner:innen, die häufig von Einsamkeit betroffen sind, übernehmen in den Randzeiten die Betreuung von Kindern und Jugendlichen für Eltern bzw. Alleinerziehende, die im Schichtdienst arbeiten. Trägerin des Projektes ist das Mütterzentrum Dortmund e.V., das für die Akquise und Qualifizierung der Betreuungspersonen zuständig ist. Ein Konzept, das nicht nur die Jury überzeugte, sondern auch den mit 1.000 Euro dotierten Publikumspreis erhielt.
Weitere Preise für Softwarelösung und die „NachbarBude“ in der Nordstadt
Der zweite Platz (4.000 Euro) ging an das Team „Social Open Source“, das engagierte Bürger:innen befähigen will, mit frei zugänglichen Softwarebausteinen selbstorganisierte Angebote gegen Einsamkeit zu realisieren.
Den dritten Platz machte das Projekt „NachbarBude“ (3.000 Euro), das Bürger:innen und Akteure:innen in der Nordstadt, rund um die Münsterstraße vernetzt. Bereits Ende April 2023 öffnete die „NachbarBude“ des katholischen Sozialdienstes SKM Dortmund e.V. auf dem Kirchplatz von St. Josef und erprobt seit dem ganz praktisch ein neues Format niedrigschwelliger Nachbarschaftshilfe vor Ort.
Dr. Arne Elias, Leiter des Social Innovation Center bei der Wirtschaftsförderung Dortmund, freut sich: „Der Innovationssprint gegen Einsamkeit war ein voller Erfolg und zeigt, dass gesellschaftliche Herausforderungen am besten gemeinschaftlich angegangen werden.“
Auch Oberbürgermeister Thomas Westphal würdigte das Engagement und den Ideenreichtum der einzelnen Teams und stellte weitere Unterstützung durch eine neu geschaffene Koordinierungsstelle Einsamkeit in Aussicht. „Bei uns sollen alle Menschen gut, gerne und gesund leben. Unsere Lösungsansätze zeigen, dass gegen Einsamkeit nur Begegnung und ein aktives Miteinander, also Nachbarschaft im besten Sinne, helfen. Dieses fördern wir nach Kräften.“
Weitere Informationen und alle weiteren Preisträger:innen auf der Internetseite der Wirtschaftsförderung.
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SPD Veranstaltung zum Thema Einsamkeit im Stadtteil Hörde (PM)
Am Mittwoch, 10.1.24, 18:30 Uhr lädt der SPD Ortsverein Hörde-Süd zu einer Veranstaltung zum Thema „Einsamkeit im Stadtteil“ ins Haus Rode, Am Heedbrink 72, 44263 Dortmund. Mit MdL Anja Butschkau, Sozialarbeiterin Andrea Ludwig sowie Mitarbeiterinnen des Seniorenbüros in Hörde wollen wir das Thema vor Ort ansprechen und uns mit den übrigen Gästen über Erfahrungen wie Lösungsansätze austauschen.
Ehrenamt gegen Einsamkeit Vorlesen, spazieren, zuhören: „Der Gute Hirte“ sucht Menschen, die einfach da sind (PM)
Gartenetage, BVB-Zimmer, Hafenflair: Dass „Der Gute Hirte“ kein Seniorenheim wie jedes andere ist, beweist das Haus der Diakonie nicht nur durch seine außergewöhnliche Ausstattung und Lage. Im Moment sucht die Einrichtung Menschen, die regelmäßig etwas Zeit für die Bewohnerinnen und Bewohner haben. Viele von ihnen haben keine Angehörige.
89 Menschen leben hier in direkter Nachbarschaft zum Dortmunder Nordmarkt auf Etagen, die Borsigplatz, Hafen oder Fredenbaum heißen und mit vielen Devotionalien aus diesen Orten ausgestattet sind: vom echten Rettungsring aus dem Hafenbecken bis zu historischen Fotomotiven im Großformat aus der Nordstadt. Die meisten der Bewohnerinnen und Bewohner verbringen hier, ganz nach Wunsch und individueller Möglichkeit, aktive und gesellige Stunden in der Gemeinschaft.
Gruppenangebote und ein Zusammenhalt im Haus sind das wichtigste für Einrichtungsleiter Stephan Eull: „Die Menschen, die sich uns anvertrauen, wollen wir geistig und körperlich so gut es geht fit halten. Für das individuelle Wohlbefinden sind zudem Gemeinschaftserlebnisse wichtig, natürlich auch mithilfe der Angehörigen.“ Eine große Herausforderung sei schließlich die soziale Isolation im Alter, der man durch die genannten Angebote vorbeugen müsse.
Doch diese Maßnahmen erreichen nicht alle Menschen des Hauses. Stephan Eull erklärt: „Ja, auch wenn man es unserer Einrichtung innen und außen nicht ansieht und wir einen hohen Lebensstandard bieten, wir sind ein Seniorenheim mitten in der ärmsten Gegend unserer Stadt und ja, einige der Menschen, die bei uns leben, kommen aus diesem Umfeld. Manche haben eine Suchtvergangenheit und keinerlei Kontakt zu Angehörigen. Sie kriegen nie Besuch.“
Speziell diesen Bewohnerinnen und Bewohnern will „Der Gute Hirte“ besonders helfen und sucht deshalb Menschen, die zu festen Zeiten ehrenamtlich im Haus sein können. Alter oder Herkunft sind egal. Zu arbeiten gibt es vor Ort nichts, aber vorlesen, ein wenig im Garten spazieren oder einfach da sein, zuhören, das sind für Eull wichtige Schritte gegen Einsamkeit: „Gesellschaft leisten, Unterstützung anbieten, das würde uns und natürlich den Menschen ohne Angehörige sehr helfen.“
Deswegen lädt Eull Interessierte zum diesjährigen Sommerfest ein: Freitag, 5. Juli 2024, wartet ab 14.30 Uhr Leckeres vom Grill, Live-Musik, Bier vom Fass, Eis, Waffeln und das sympathische Team des Hauses und die Bewohnerinnen und Bewohner auf interessierte Besucher. Hier können sie die Einrichtung und die Menschen darin ungezwungen kennenlernen und ins Gespräch kommen. „Vielleicht ja auch genau das richtige für Menschen, die auch alleine sind! Eine Bratwurst und ein Kaltgetränk gibt es dazu“, so Einrichtungsleiter Stephan Eull, der sich über Rückfragen freut: Ev. Altenzentrum „Der Gute Hirte“, Spohrstraße 9, 44145 Dortmund, Tel. 75 54 710, der-gute-hirte@diakonie-ruhr.de.