Neue Ausstellung im Künstlerhaus Dortmund: „there is no point in being dramatic“ startet zum Hafenspaziergang

Gallmeier vor ihrem Wohntruck
Heike Gallmeier vor ihrem Wohntruck in der Ausstellung des Künstlerhauses. Fotos: Karsten Wickern

Von Gerd Wüsthoff

Die neue Ausstellung „there is no point in being dramatic“ im Künstlerhaus Dortmund im Sunderweg 1, lotet experimentell aus, wie ein Raum zwischen Bühne, Performance und fluider (fließender) Virtualität zu oszillieren (pendeln – schaukeln – schwingen – wiegen) vermag. Handlung als Ausstellung, Ausstellung als Möglichkeit. Der Raum in der Schwebe. Die Szene wechselt, ein geteilter Raum. Ein Pool als Bühne und Auditorium. Die Ausstellung im Künstlerhaus in der Nordstadt läuft parallel zum Favoriten-Festival in Dortmund.

Unterschiedlichste definitionen eines Raumes und der Menschen darin

Kurator der aktuellen Ausstellung und Künstler im Haus, Alexander Rütten. Fotos: Karsten Wickern
Alexander Rütten ist Kurator der neuen Ausstellung und Gastkünstler im Künstlerhaus.

Ohne jeden Grund für Pathos, Katharsis, Dramatik – „there is no point“ – öffnet sich der Raum für Anderes im Künstlerhaus. „In der aktuellen Ausstellung ist alles fließend, von der darstellenden Kunst in die Performance“, erklärt Alexander Rütten, der mit Jana Kerima die aktuelle Ausstellung kuratiert hat.

Rütten und Kerima sind sogenannte „Residenten“ im Künstlerhaus – GastkünstlerInnen mit Stipendium, die für ein Jahr in der Nordstadt leben und arbeiten.

Ohne Grund erscheint der Raum als Räumung, als eine Art An- und Abwesenheit von Körpern und Material, als Zulassung von Bewegung, als Begegnung zwischen bildenden, darstellenden und sprechenden Künsten. Installationen, Situationen und Performances schaffen eine bühnenhafte Konzentration und verändern Atmosphären. Die von den KünstlerInnen bespielten Räume bestimmen oder entgrenzen die Dimensionen und die Komfortzonen der BetrachterInnen und TeilnehmerInnen. Sie benutzen dabei die Leere, die Einrichtung, die Aktion, die Illusion oder die Simulation.

Rütten und Kerima haben haben für die Aktuelle Ausstellung nur junge KünstlerInnen und Kunstschaffende eingeladen, die zum Teil noch, wie „BBB“, kurz vor ihren Abschlüssen an ihren jeweiligen Hochschulen sind. Die Ausgestellten zeigen am Beginn ihrer Karrieren eine selten gesehene Kraft ihres aktuellen Schaffens und lassen großartig Provozierendes in der Zukunft erahnen.

Die ausstellenden KünstlerInnen im Künstlerhaus

  • Heike Gallmeier

Die Künstlerin Heike Gallmeier verarbeitet gefundene Materialien zu temporären skulpturalen Installationen. In einem fortwährenden Prozess entstehen immer neue Arrangements. Die Materialien, Objekte und Bilder befinden sich durch verschiedene Räume in Bewegung.

Die Installation „Travellogue“ hat ihren Ausgangspunkt in einer Reise der Künstlerin quer durch Europa.

„Der Prozess des Findens ist mir wichtig“, erklärt Gallmeier. In Ihrem zum Wohnatellier umgebauten Transporter baute sie täglich neue Installationen auf gefundenem.

  • Sujin Bae und Jonathan Lemke
Installation und Bühne von Sujin Bae und Jonathan Lemke

In Ihren Performances und Installationen inszenieren sie Konfliktsituationen, Eskalationen und Streit. Das oft brutale oder explosive Potential wird dem Publikum in speziell konstruierten Situationen vorgeführt.

So wird im Künstlerhaus Dortmund ein Pool zur Bühne einer solchen Streitsituation nach der Geburt eines Kindes. Der Zuschauer wird durch die Nähe zu den Akteuren aus seiner Komfortzone der Distanz durch das Auditorium direkt in das Spiel körperlich einbezogen.

Vom 20. bis 23. September 2018 ist die Performance durchlaufend während gesamten Öffnungszeit zu erleben.

  • COPS – Cooperation of Peopl´s situation

„COPS“ arbeiten mit Situationen, Perfomances und Lectures zum thematischen Cluster Besitz, Gemeinschaft und kollektivem Handlungsraum. Wie ist es mögliche, vielen Stimmen gerecht zu werden, die unterschiedliche Positionen vertreten und doch einen Lebensraum teilen? Vom 13. bis 16. September ist die Performance durchlaufend während der Öffnungszeiten im Künstlerhaus zu erleben.

  • BBB – „FullyAccessibleBody“
BBB
BBB

„FullyAccessibleBody“ der Name ist Programm für ihre 3D-Performance. „BBB“ ist ein technologisch fortschrittliches, interdisziplinäres Projektteam, das an der Schnittstelle von Musik, Performance, Kunst, Design und zeitgenössischer Philosophie arbeitet.

Ihre digitalen Kopien, als Hologramme projeziert, reagieren und agieren auf den Herzschlag des Publikums. Zudem können 3D-Ausdrucke der KünstlerInnen, mit denen sie in der Performance auch drastisch spielen, gekauft werden.

Die Performance „FullyAccessibleBody“ ist vom 20. bis 23. September 2018 zu den Öffnungszeiten zu sehen. Ihr Konzert findet am Freitag, 22. September 2018 um 22 Uhr statt.

  • Kalinka Giesler – Opening Soon, Prada Leipzig

Kalinka Gieslers zentrales Interesse gilt der Ästhetik und den Kulissen kommerzieller Räume. Vor allem beschäftigt sie sich dabei mit der Verführungskraft des (fotografischen) Bildes und der Rolle, die ihm in dieser Inszenierung zukommt. Die Künstlerin untersucht damit die Politik der Darstellung und löst dabei Bilder aus und Formen aus dem originären Kontext und schafft neue Bilder und Impressionen.

  • Deirdre O’Leary – Mockingbird

Die Arbeiten von Deirdre O’Leary legen die gegenseitige Abhängigkeit von Mensch und Objekt dar. Sie bilden Strukturen ab, die Entwicklung und Transformation zulassen und die Möglichkeit sowie das Potential als Option bekräftigen, statt sich auf autoritäre Ziele und Bedürfnisse zu bestehen. Jedes einzelne Subjekt befindet sich im kontinuierlichen Prozess des Werdens.

  • Achim Lengerer – Proben zu Peter Weis / The Trotzky Rehersals
Achim Lengerer, Proben zu dem Peter Weiss Stück über Trotzki
Achim Lengerer, Proben zu dem Peter Weiss Stück über Trotzki

Achim Lengerer setzt sich in seiner künstlerischen Praxis mit politischen Wirkungs- und Funktionsweisen von Sprache und Text auseinander.

Sein Langzeitprojekt „Proben zu Peter Weiss / The Trotzky Rehearsal“ basiert auf seinen langjährigen Recherchen zur Ästhetik des politischen Sprechens im Zusammenhang mit dem Theaterstück „Trotzki im Exil“ 1970 von Peter Weiss (1916 – 82) veröffentlicht.

Das selten gespielte und fast vergessene Theaterstück führte bereits 1970 zu politischen Auseinandersetzungen in beiden Teilen Deutschlands. Eine öffentliche Leseprobe in der Ausstellung soll stattfinden, ist aber noch nicht terminiert.

  • Rustan Söderling – Tannhäuser Gate

„Not Really Now Not Anymore“ ist eine Video-Installation Rustan Söderling im Keller des Künstlerhauses, die etwas dystopisches hat. Auf der einen Seite einer Alleee, bedeckt mit Moos und Weinreben, befindet sich der Eingang.

Mit antiken Hyroglyphen überzogene Glastüren, Geldautomat im Inneren, kostenlosem Wlan, Kauf 2 für 1-Cup Nudeln, Versprechen von unterschiedlichen Heiß- und Kaltgetränken, gegenüber der Achse, um die sich die Welt dreht.

Eine versunkene Welt des Überflusses. Der scheinbar verlassene Ort von Söderling in der endlos Wiederholung zeigt dramatisch die Abwesenheit des Menschen, von dem nur noch seine Objekte berichten.

Weitere Informationen:

  • Künstlerhaus Dortmund, Sunderweg 1, 44147 Dortmund
  • Die Ausstellung „there is no point in being dramatic“ ist vom 1. bis zum 23. September 2018 zu sehen
  • Eröffnung: bereits am Freitag, 31. August 2018, um20 Uhr, Konzert von Bomberjacke ab 22 Uhr
  • Öffnungszeiten: Donnerstags bis sonntags von 16 bis 19 Uhr

Situationen und Performances während der Öffnungszeiten:

  • 13. bis 16. September 2018, COPS
  • 20. bis 23. September 2018, Sujin Bae und Jonathan Lemke, BBB
  • 22. September 2018, Konzert von BBB zur Museumsnacht

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