Der bundesweit bekannte Neonazi Steven Feldmann hätte am 17. November 2023 seine Haft antreten müssen. Seitdem fahndet die Polizei nach dem Rechtsextremisten, der eine mehrjährige Haftstrafe absitzen müsste und noch mehrere Verfahren offen hat. Doch von seiner „Abschieds-Rundreise“ durch mehrere Länder kehrte er mutmaßlich nicht zurück.
„Der nette Nazi von nebenan“ – Steven Feldmann und seine mediale Strategie
Steven Feldmann ist spätestens seit seinen Social-Media-Auftritten das junge Gesicht aus Dortmund-Dorstfeld. Er nimmt an Demonstrationen teil und zählt zum harten Kern der schwindenden Szene. Zuletzt fungierte er als Bindeglied zwischen den älteren Mitgliedern der „Heimat Dortmund“ – ehemals „Die Rechte“ – und Jugendlichen. Essentieller Bestandteil dieser Arbeit: Die mehr oder weniger „Sozialen“ Netzwerke.
Sowohl auf Instagram, als auch auf TikTok, gibt Feldmann Einblicke in seinen Alltag als überzeugter Neonazi. Regelmäßige Livestreams schaffen Nähe zwischen „Habibi Steven“ und seinen jungen Follower:innen, unter ihnen auch Migrant:innen. ___STEADY_PAYWALL___
Seine bürgerliche Medienstrategie zeigt sich auch auf YouTube: Der mehrfach vorbestrafte Gewalttäter und Rechtsextremist trat in der Vergangenheit neben nicht einschlägig bekannten Influencern auf, gab sich normal – als „netter Nazi von nebenan“.
Es fällt auf, dass er immer wieder betont, keinesfalls konkreten Hass gegen die migrantischen Personen in seiner Nachbarschaft zu hegen, sondern vielmehr das System verurteile. Öffentlich lehnte er auch rassistisch motivierte Gewalttaten ab.
Umfangreiche Fahndungsmaßnahmen sollen den gewaltbereiten Neonazi ausfindig machen
Doch nun ist es vorbei mit der bürgerlichen Maske: Steven Feldmann wird mit Haftbefehl gesucht. Der in Dortmund lebende Duisburger hätte zunächst am 8. November seine Haft antreten müssen. Dieser Zeitraum sei jedoch aufgrund eines fristgerechten Ersuchens um eine Woche verlängert worden, informiert die Dortmunder Staatsanwaltschaft auf Anfrage.
„Mit Ablauf dieser Frist am 17.11.23 erging sodann ein Vollstreckungshaftbefehl. Da der Verurteilte die Haft bisher nicht angetreten hat, wurden die erforderlichen Fahndungsmaßnahmen veranlasst“, heißt es weiter von Seiten der Staatsanwaltschaft.
Die Gesamtfreiheitsstrafe Feldmanns belaufe sich auf zwei Jahre und vier Monate, wobei ein Teil durch Anrechnung von Untersuchungshaft verbüßt sei.
Die abgeurteilten Straftatbestände seien gefährliche Körperverletzung, Körperverletzung, Betrug, Beleidigung und Bedrohung, erklärt die Staatsanwaltschaft. Derzeit sind zusätzlich noch acht Verfahren gegen den Verurteilten offen, wobei alle diese Verfahren bereits angeklagt und beim Amtsgericht Dortmund anhängig seien.
Zuletzt meldete sich Feldmann auf Instagram aus dem EU-Ausland
Feldmann selbst postete immer wieder Informationen zu seinem Haftantritt auf Social-Media. So informierte er seine Follower:innen am 25. Oktober bereits über den erforderlichen Haftantritt innerhalb einer 14-tägigen Frist.
Anschließend meldete er sich am 29. Oktober zu Wort und verkündete, sich bis zum 8. November in der Justizvollzugsanstalt Dortmund stellen zu müssen.
Im Zuge dieses Postings machte er auch auf eine anstehende Abschiedsfeier in Dorstfeld aufmerksam. Fotos dieser Party postete er dann auch umfangreich, viele Solidaritätsbekundungen folgten.
Der letzte Post Feldmanns wurde am 15. November veröffentlicht. Er schrieb: „So Freunde! Meine „Abschieds-Rundreise“ ist fast geschafft. Die letzten Tage habe ich mir Serbien und Bulgarien gegönnt, heute gibt es einen abschließenden Tagesausflug nach Belgien und Frankreich.“
Zu seinem unmittelbar bevorstehenden Haftantritt äußerte er sich vage: „Morgen ist dann der Tag der Tage, dann wird man hier erstmal nichts von mir lesen und hören. Bis bald (Oberarm-Emoji)“.
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Vortrag beleuchtet aktuellen Rechtsextremismus in Dortmund (PM)
Wo steht Dortmund im Kampf für Demokratie und gegen Rechtsradikalismus? Darum geht es in einem Vortrag am Donnerstag, 7. Dezember, 19 Uhr in der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache.
Dortmund stand lange Zeit im Fokus einer aktiven rechtsextremen Szene mit landesweiter Ausstrahlung. Die Palette reichte von Demonstrationen mit mehreren Hundert Teilnehmenden über Gewalttaten bis hin zum aktiven „Kampf um die Straße“, wobei historische Parallelen zur nationalsozialistischen Sturmabteilung (SA) erkennbar waren. Durch beharrliche Gegenaktivitäten von Zivilgesellschaft, Stadt und Polizei haben diese Aktivitäten in den letzten Jahren abgenommen. Demonstrationen sind seltener und kleiner geworden, und die Polizei verzeichnet einen Rückgang rechter Straftaten.
Dennoch sind die Herausforderungen im Umgang mit rechtsradikalen Aktivist*innen, ihrer Gewalt und vor allem ihrer Ideologie keineswegs verschwunden. Der Vortrag von Manfred Kossack, dem Sonderbeauftragten des Oberbürgermeisters für Vielfalt, Toleranz und Demokratie in Dortmund, sowie Michael Plackert, Leiter der gleichnamigen Koordinierungsstelle am 7. Dezember, 19 Uhr, in der der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache (Steinstr. 50) bietet einen umfassenden Überblick über den Status quo. Die Referenten beleuchten, inwieweit die Stadt Fortschritte im Kampf für Demokratie und gegen Rechtsradikalismus verzeichnen kann. Der Eintritt ist frei.
Die Veranstaltung findet in Kooperation mit dem Förderverein Gedenkstätte Steinwache/Internationales Rombergpark-Komitee e.V. statt. dortmund.de/steinwache