Spontane Kundgebung von Palästina-Unterstützer:innen gab es in der Nacht zu Mittwoch (17./18. Oktober) am Dortmunder Hauptbahnhof. Anlass war die Bombardierung eines Krankenhauses in Gaza, wo sich Israelis und Palästinenser gegenseitig für verantwortlich machen. Bis zu 120 Personen versammelten sich – die Polizei erlaubte die Kundgebung wegen des aktuellen Anlasses, erteilte aber strenge Auflagen. Aufgerufen wurde dazu über Social Media – unter anderen auch mit dem Hashtag #GenocideinGaza.
Die vom Verfassungsschutz beobachtete Furkan-Bewegung war Organisator
Die pro-palästinensische Demonstration am Hauptbahnhof endete erst gegen 6.30 Uhr. Strafrechtlich relevante Verstöße stellte die Polizei in dieser Zeit nicht fest. Der Anmelder der Versammlung ist der Polizei als Mitglied der Furkan-Bewegung bekannt.
Auch die Ordner trugen Warnwesten mit dem Logo von Furkan. Der Verfassungsschutz beobachtet diese Organisation, da sie demokratiefeindlich ist und die Existenzberechtigung Israels öffentlich in Frage stellt.
„Aus diesem Grund legt die Polizei Dortmund als Versammlungsbehörde bei der Prüfung von Versammlungsanmeldungen der Furkan-Bewegung strenge Maßstäbe an“, sagte Polizeipräsident Gregor Lange am Mittwoch.
„Hetze gegen Israel und Einschüchterungsversuche gegen jüdisches Leben in Dortmund lassen wir nicht zu. Wenn das Existenzrechts Israels in Frage gestellt wird, wenden wir das Versammlungsrecht konsequent an“, so Lange.
An der Kundgebung nahmen überwiegend Männer teil – die Frauen wurden separiert
Die Polizei übergab dem Anmelder der Versammlung am Dienstagabend eine beschränkende Verfügung und setzte für die Kommunikation über den gesamten Zeitraum einen Dolmetscher ein, um die Einhaltung der Auflagen überprüfen und strafrechtlich relevante Inhalte sofort erkennen zu können. Während dieser Standkundgebung konnte die Polizei sicherstellen, dass u.a. keine antisemitischen und keine antiisraelischen Parolen skandiert wurden.
Die rechtliche Grundlage für beschränkende Verfügungen ist das nordrhein-westfälische Versammlungsrecht. Konkret verfolgt die Polizei mit diesen Verfügungen das Ziel, die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufrecht zu erhalten und Straftaten wie zum Beispiel die Volksverhetzung sowie antisemitische und antiisraelische Hetze zu verhindern.
An der Kundgebung nahmen überwiegend Männer teil. Die wenigen Frauen wurden von einem Ordner in Furkan-Weste aufgefordert, sich in einem separaten Bereich aufzustellen – offenbar um sie von den Männern zu separieren.
Ruhige Stimmung und einige Kampfrufe „Free Palestine“
Von der Stimmung her war es eher ruhig, nur ein paar Mal gab es gemeinsame Kampfrufe „Free Palestine“. Während der Nacht gab es Reden und Gebete. Redner sprachen dabei auch von der Beseitigung eines ganzes Volkes – Juden müssten es doch aus ihrer Geschichte besser wissen, hieß es.
Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange erläuterte bereits am 10. Oktober 2023, dass der Schutz des jüdischen Lebens in Dortmund höchste Priorität hat: „Für potenzielle Störer habe ich eine unmissverständliche Botschaft: Antisemitische Äußerungen oder Symbole, die geeignet sind, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören, werden wir besonders in diesem aktuellen
„Pro-palästinensische Versammlungen gibt es bundesweit. Wir beobachten die Lage genau und befinden uns auch mit Blick auf das Versammlungsrecht im engen Austausch mit anderen Polizeibehörden. Das Grundgesetz schützt ausdrücklich friedliche Versammlungen. Wir werden daher alle rechtlichen Mittel ausschöpfen und bei volksverhetzenden Aussagen oder anderen Straftaten sofort einschreiten“, so der Polizeipräsident.
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Massive Zunahme antisemitischer Vorfälle seit dem Terrorangriff der Hamas (PM RIAS NRW)
202 antisemitische Vorfälle im Deutschland hat der Bundesverband der Recherche und Informationsstellen Antisemitismus (RIAS) e. V zwischen dem 7. Oktober bis zum 15. Oktober dokumentiert. Das ist ein Zuwachs von 240% zum Vorjahreszeitraum. Bundesweit verzeichnen RIAS-Meldestellen ein stark erhöhtes Meldeaufkommen seit dem Beginn der Terrorangriffe der Hamas.
Israelbezogener Antisemitismus dominiert
91% der dokumentierten Vorfälle sind israelbezogener Antisemitismus. Dabei wurde Israel die Schuld an den Massakern gegeben, antisemitischer Terror legitimiert und der Staat dämonisiert und delegitimiert. Dies wurde bundesweit bei israelfeindlichen Versammlungen beobachtet. Beispiel: Am 15. Oktober wurden bei einer Kundgebung am Potsdamer Platz in Berlin Parolen gerufen, die die Auslöschung Israels forderten und den Terrorangriff der Hamas verherrlichten.
Bundesweit Störungen von Solidaritätskundgebungen
Vom Bundesverband RIAS wurden im Auswertungszeitraum 21 Vorfälle dokumentiert, bei denen Kundgebungen und Schweigeminuten gestört wurden. Neben Rufen und Beleidigungen, kam es auch zu einer Bedrohung und sechs Angriffen. Zum Beispiel: In Kiel wurden Teilnehmende einer Solidaritätskundgebung angespuckt. Israelflaggen an öffentlichen Gebäuden wurden in 33 Fällen beschädigt oder entwendet. In Mainz wurde eine Israelflagge abgerissen und angezündet.
Antisemitische Markierungen an Wohnungen entdeckt
Im Auswertungszeitraum erfassten RIAS-Meldestellen fünfzehn antisemitische Vorfälle im Wohnumfeld von Betroffenen. Wohnhäuser wurden mit Davidsternen beschmiert, was besonders bedrohlich wirkte. RIAS-Meldestellen in Berlin und Nordrhein-Westfalen sind zehn solcher Schmierereien bekannt geworden. Bei drei Vorfällen ist bekannt, dass in den Wohnungen Jüdinnen_Juden leben. Diese Markierungen erinnern an die Kennzeichnung von Jüdinnen_Juden im Nationalsozialismus und sind für Betroffene besonders verunsichernd.
Der Bericht kann ab sofort unter https://report-antisemitism.de/publications/ eingesehen werden.
HINTERGRUND:
Der Bundesverband RIAS e. V. ist der Dachverband der RIAS-Meldestellen und verfolgt das Ziel einer einheitlichen Dokumentation antisemitischer Vorfälle auf Grundlage der IHRA Arbeitsdefinition von Antisemitismus. Die RIAS-Meldestellen erfassen bundesweit antisemitische Vorfälle und vermitteln Unterstützung an Betroffene. In den Bericht flossen Vorfälle aus dem ganzen Bundesgebiet und von Meldestellen in elf Bundesländern ein.