Am Dienstag kündigte die Stadt Dortmund an, angesichts der steigenden Corona-Fallzahlen und des höheren Infektionsrisikos durch Mutationen ab dem heutigen Mittwoch, 17. März, die Schulen zu schließen. Doch die Kommune machte die Rechnung ohne den Wirt: die geplante Maßnahme wurde durch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sofort wieder kassiert. Nun entspannt sich eine heiße Debatte über das Thema. Die Grünen sehen Versäumnisse bei Land und Stadtverwaltung, die SPD stellt sich hinter OB Thomas Westphal, während für die FDP die ganze Angelegenheit zwischen PR und Anmaßung rangiert. Die Stadteltern wiederum lassen am Land kein gutes Haar. Dem ginge es weniger um die Bedürfnisse der Kinder, sondern vielmehr um ein „politisches Machttheater“. Doch dahinter steckt mehr: Es ist offenbar der (nicht abgestimmte) Versuch von Kommunen, gegen die aus ihrer Sicht kopflose Politik der NRW-Landesregierung zu opponieren. OB Westphal ist dies zumindest sehr öffentlichkeitswirksam gelungen: Weil es so viele Anfragen auch von TV-Sendern gab, wurde am Mittwoch kurzerhand eine Pressekonferenz gegeben.
Kritik am Land: „Kein abgestimmtes Konzept“, „kopflose Politik“ oder „fehlende Kommunikation“
Überall im Land rumort es. Egal, ob wegen des Gesundheits-, Schul-, oder Familienministeriums – viele Kommunen sind seit einem Jahr mit dem Corona-Management in Düsseldorf unzufrieden. Nicht nur SPD-regierte Städte und Kreise, auch CDU-Oberbürgermeister und Landräte sparen nicht mit Kritik. Mal ist es die fehlende Strategie bei Schulen und Kitas, mal der fehlende Impfstoff, mal die zu wenig verfügbaren Schnelltests. „Kein abgestimmtes Konzept“, „kopflose Politik“ oder „fehlende Kommunikation“, ist immer wieder zu hören. ___STEADY_PAYWALL___
Nach OB Ullrich Sierau hat sein Nachfolger Thomas Westphal – wenn auch mit einem anderen Zungenschlag – zumindest diese Kritiklinie übernommen. Hauptkritikpunkt sind die fehlenden Krisenstabsstrukturen beim Land – damit fehlt der zentrale Ansprechpartner. Die Kommunen sehen sich daher – nach eigener Lesart – mit einem Konzert an Meinungen und Zuständigkeiten konfrontiert. Wenn überhaupt, wird zu kurzfristig kommuniziert – und dabei wichtige Fragen offen gelassen. Das beklagt der Dortmunder Verwaltungsvorstand seit Beginn der Corona-Krise. Damit steht er nicht allein: fast alle Kommunen in NRW klagen – unabhängig vom Parteibuch des Spitzenpersonals.
Kopfschütteln dann am Montag in vielen Rathäusern: Der angeordnete Impfstopp erwischte die Kommunen auf dem falschen Fuß, nachdem schon die Schnelltests in nicht ausreichender Zahl und verspätet bei ihnen angekommen waren. Für Westphal fehlte damit die Geschäftsgrundlage der Corona-Strategie: „Impfen, Testen, Öffnen“, war die Maxime. Doch weder beim Impfen noch beim Testen ging es voran, nur die Lockerungen kamen – und das bei schnell steigenden Infektionszahlen.
Daher verkündete Westphal am Dienstagmittag, dass er die Schulen schließen wolle. Wohl wissend, dass er dazu gar nicht die Befugnis hat – und sie auch nicht vom Land bekommen würde. Dass Ministerpräsident und der Gesundheitsminister sehr barsch via Pressekonferenz dem Dortmunder Ansinnen eine Absage erteilten (und nicht auf dem schriftlichen Dienstweg), verwundert nicht und war offenbar eingepreist. Denn verschiedene Kommunen opponieren in diesen Tagen – auch Dortmund will nicht locker lassen. Am Donnerstag will die Stadtspitze erneut den Schließungswunsch nach Düsseldorf kommunizieren. Das Prinzip: Steter Tropfen höhlt den Stein. Das überregionale Echo ist das eine – die lokalen Reaktionen das andere. Derer gab es an diesem Mittwoch viele.
Grüne: Schulschließungen – Ja, aber: Scheitern mit Ansage und Fehlen von Notbetreuungsangeboten
Die Dortmunder Grünen kritisieren, dass die von Oberbürgermeister Thomas Westphal am Dienstagmittag angekündigte kurzfristige Schließung von Schulen offensichtlich nicht rechtssicher vorbereitet gewesen sei. Stattdessen habe sie Chaos und Verunsicherung an Schulen und in vielen betroffenen Familien ausgelöst. Denn ein Verbot der Schulschließung seitens der Landesregierung NRW sei absehbar gewesen, betonen sie in einer Stellungnahme und verweisen auf den gleichen Fall in Düren.
Was die Schließung selbst betrifft, sind die Grünen allerdings eindeutig mit dem Dortmunder OB d’accord: „Wir teilen allerdings ausdrücklich die Besorgnis von Herrn Westphal über die steigenden Inzidenzen auch bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Diese Zeit der Pandemie ist für Familien eine große Belastung. Bundes- und Landesregierung versagen beim Pandemiemanagement und tragen somit eine Mitverantwortung an kommunalen Alleingängen“, so Julian Jansen, Grünes Ratsmitglied im Schulausschuss.
Die Landesregierung habe es versäumt, Voraussetzungen für eine verantwortungsvolle Öffnung zu schaffen, so der grüne Nachwuchspolitiker. „Zu wenig Tests, steigende Inzidenzen und jetzt auch noch fehlender Impfstoff für Lehrkräfte – es fehlt jegliche Grundlage für Schulöffnungen in Nordrhein-Westfalen vor den Osterferien“, bemängelt er.
Neben der fehlenden Rechtssicherheit habe es in Dortmund für Kinder und Eltern ebenfalls keine Notbetreuungsangebote gegeben. „Insbesondere Familien, in denen Eltern in systemrelevanten Berufen arbeiten, brauchen aber Verlässlichkeit und Planungssicherheit“, fordert Jansen und befürchtet, dass es durch das entstandene Chaos „zu einem weiteren Vertrauensverlust in die politischen Entscheidungsträger*innen“ kommen könne.
SPD: „Gesundheitsminister Laumann gefährdet die Gesundheit der Dortmunder Schüler“
Die SPD hingegen stellt sich – wenig verwunderlich – vollends hinter ihren Dortmunder OB und macht für das Verwirrspiel allein die Landesregierung verantwortlich: „Die Entscheidung von Minister Laumann ist unverantwortlich. Er gefährdet damit die Gesundheit tausender Schülerinnen und Schüler in Dortmund. Es ist mit steigenden Zahlen von Neuinfektionen zu rechnen und das Chaos, das die Landesregierung seit Monaten verursacht, trägt sehr deutlich dazu bei“, so die Dortmunder Landtagsabgeordnete Anja Butschkau in einer ersten Stellungnahme.
Sicher führten Schulschließungen zu Belastungen, weiß das Mitglied im Gesundheitsausschuss des Landtags. Dennoch: „Angesichts der aktuellen gesundheitlichen Bedrohung sind Schließungen aber vernünftig.“ Die fünf Präsenztage bis zu den Osterferien bergen der Sozialdemokratin zufolge ein „hohes Gesundheitsrisiko“, unverhältnismäßig in ihren Augen, während zusammen „mit den Osterferien aber 3,5 Wochen, in denen die Ausbreitung des Virus eingedämmt werden könnte“, gewonnen worden wären.
Handelten Kommunen wie Dortmund oder Duisburg in diesem Sinne, würden sie dennoch vom Land in die Schranken gewiesen. „Es ist an der Zeit, dass Ministerpräsident Laschet, Minister Laumann und Ministerin Gebauer endlich Verantwortung übernehmen, anstatt es aus wahltaktischen Gründen allen Wählerinnen und Wählern recht machen zu wollen“, fordert Butschkau.
FDP: „Schulschließungen und Schnelltests: Anmaßungen und PR-Effekte der Stadtverwaltung“
Die FDP wiederum, zumal Düsseldorfer Junior-Koalitionspartner, will davon gar nichts wissen, im Gegenteil. Für die Freien Demokraten handeln die Befürworter*innen von Schulschließungen vor allem aus PR-Motiven heraus: „Anmaßung und PR-Effekte statt Fakten und Gesetzesvollzug – das scheint aktuell die Maxime der Corona-Politik der Stadt zu sein“, fasst Michael Kauch, Fraktionsvorsitzender von FDP/Bürgerliste, deren Position zusammen.
Und sieht stattdessen die Bildungsgerechtigkeit gefährdet. „Von einem sozialdemokratischen OB würde man Sensibilität für Bildungsgerechtigkeit erwarten – stattdessen maximale Verunsicherung durch die Ankündigung von Schulschließungen binnen eines Tages. Diese waren nicht nur offenkundig rechtswidrig, sie sind auch faktenfrei. Denn Dortmund hat eine niedrigere Inzidenz als NRW und Deutschland. Es besteht kein Grund für Panik-Aktionen“, mahnt Kauch.
Auch Gesundheitsamtleiter Dr. Frank Renken kommt nicht gut weg. Er wüsste es „offenkundig besser als die Experten des Bundesamtes für Arzneimittel und Medizinprodukte und des Paul-Ehrlich-Instituts“. Renken hatte die Effektivität von Selbsttests infrage gestellt. Demgegenüber habe der Bund den Corona-Selbsttest als Baustein für einen niedrigschwelligen Schutz bei ohnehin stattfindenden zwischenmenschlichen Kontakten zugelassen.
„Natürlich gibt es bei Selbsttests mehr Möglichkeiten einer falschen Handhabung – doch die technischen Leistungsdaten unterscheiden sich nicht wesentlich von denen anderer Antigen-Schnelltests“, so der Dortmunder FDP-Chef. Insgesamt, so Kauch, gebe die Stadt gerade ein ganz schlechtes Bild beim Corona-Management ab: „Impfen, testen und die Maskenpflicht insbesondere im ÖPNV durchsetzen – das sind jetzt die Kernaufgaben der Verwaltung. Es ist nicht ihre Aufgabe, den Gesetzgeber zu ersetzen oder nicht belegte Zahlen in die Welt zu setzen.“
Stadteltern: „Poker mit Bildung und der Gesundheit der Schülerinnen und Schüler!“
Ordentlich ins Gericht mit der Düsseldorfer Landesregierung gehen hingegen die Dortmunder Stadteltern. Dem Aufatmen ob der beabsichtigten Schulschließung sei nach der Ablehnung aus dem Ministerium Verzweiflung gefolgt, schreiben sie in einer Presseerklärung. „Eltern haben das Pokern um die Gesundheit ihrer Kinder und um Bildung satt“, lautet ihr Vorwurf.
Dagegen: ausdrückliches Lob für OB Westphal: „Natürlich kommt der Oberbürgermeister Westphal dankenswerterweise seiner Sorgfaltspflicht nach, wenn ihm das Gesundheitsamt meldet, dass die Anzahl der Infektionen insbesondere bei jüngeren Schüler*innen rasant ansteigt und er sich um die Gesundheit der Schüler*innen sorgt.“
Aus Sicht der Stadteltern geht es der NRW-Landesregierung weniger um die Gesundheit der Kinder: „Die überhebliche Zurechtweisung eines Ministerpräsidenten Laschet, dass Dortmund nicht genug getan hat, obwohl Dortmund selbst gar nicht über Öffnungen und Schließungen entscheiden kann, sondern diese von der Landesregierung diktiert werden und die Kommunen verpflichtet sind, ihre Strategien mit dem MAGS abzustimmen, zeigt den Eltern nur eins: Es geht nicht um die Bedürfnisse der Kinder und ihrer Familien, sondern um politisches Machttheater“, heißt es in der Stellungnahme.
„Wer jetzt Macht demonstriert und Warnungen ignoriert und belächelt, sollte … volle Verantwortung … tragen!“
Andernfalls hätte man die Warnungen der Wissenschaft ernst genommen und wäre nun auch bereit, die Lage neu zu bewerten. Dann aber hätte seitens des Landes der Gesundheitsschutz der Schüler*innen endlich gleichberechtigt zu dem der Lehrkräfte behandelt und auch den Schüler*innen kostenfreie Masken und zweimal wöchentliche Testungen zur Verfügung gestellt werden müssen. Ebenso wie Filteranlagen und Plexiglasschutz für die Schulen.
Im Weiteren sehen die Stadteltern einen Mangel an Flexibilität: „Es fehlt hier klar die Einsicht, dass wir das System Schule neu denken müssen, um Schulen und Familien wieder Planungssicherheit und eine verlässliche Perspektive zu geben, weil weiter die Hoffnung schwelgt, morgen sei die Pandemie vorbei.“ Zwar würde die Systemrelevanz der Schulen laut propagiert, investiert aber würde hier nicht. „Stattdessen nimmt die Regierung Milliarden Euro Umsatzverluste in Kauf oder investiert hohe Summen in die Unterstützung einzelner Großkonzerne, die ihren Mitarbeiter*innen dann doch kündigen.“
Wegen der Handlungsversäumnisse in den Schulen und der Inkaufnahme des Risikos, dass Kinder schwer erkranken, fordern die Stadteltern gegebenenfalls Konsequenzen: „Wer jetzt Macht demonstriert und Warnungen ignoriert und belächelt, sollte dann auch bereit sein, die volle Verantwortung zu tragen!“
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FDP/Bürgerliste fragt nach Fakten in Sachen Schulschließungen (PM Ratsfraktion FDP/Bürgerliste)
FDP/Bürgerliste fragt nach Fakten in Sachen Schulschließungen
Der Fraktionsvorsitzende von FDP/Bürgerliste, Michael Kauch, hat heute in einem Schreiben an Oberbürgermeister Thomas Westphal nach den detaillierten Fakten nachgefragt, die dem Wunsch nach Schulschließungen zugrunde liegen.
„Damit die Mitglieder des Rates und die Öffentlichkeit die Abwägungsentscheidung des Oberbürgermeisters zwischen Infektionsgeschehen und Bildungsgerechtigkeit besser nachvollziehen können, habe ich dem OB einen Fragekatalog übersandt“, so Kauch. „Es muss aus den Zahlen klar werden, ob stadtweite Schulschließungen ein notwendiges Instrument zur Eindämmung der 3. Welle sind oder ob ggf. andere Maßnahmen ebenfalls erfolgversprechend sein können. Nur auf dieser Basis kann ein seriöser Antrag an das Land erstellt werden.“
Konkret fragt Kauch nach folgenden Punkten:
1. Wie verteilen sich die Neuinfektionen der letzten 7 Tage auf die Altersgruppen (möglichst Angabe des Alters in 10-Jahres-Intervallen)?
2. An welchen Schulen in Dortmund ist es in den letzten 14 Tagen zu Corona-Ausbrüchen gekommen, jeweils mit wievielen infizierten Schülerinnen und Schülern?
3. An wievielen Schulen in Dortmund gibt es in den letzten 14 Tagen bisher keine Infektionsfälle?
4. Gibt es statistisch erkennbare Unterschiede nach Schulformen?
5. Wie vielen Schulen wurden in den letzten 14 Tagen aufgrund von Ausbrüchen ganz oder teilweise geschlossen?
6. Nach Medienberichten haben andere Schulträger bundesweit unabhängig von den Ländern erweiterte Testmöglichkeiten in kurzer Zeit beschafft (Selbsttests oder Belegung von Schnelltest-Kapazitäten ggf. auch außerhalb der Schule). Welche Anstrengungen oder Überlegungen hat die Stadt Dortmund hierzu angestellt und mit welchem Ergebnis?
Offener BRANDBRIEF DER STADTELTERN: GEPLANTE SCHULSCHLIESSUNG – STOP! MACHEN SIE ES BITTE BESSER!
Offener BRANDBRIEF der Stadteltern in Dortmund:
GEPLANTE SCHULSCHLIESSUNG – STOP! MACHEN SIE ES BITTE BESSER!
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Westphal,
sehr geehrte Herr Dr. Renken,
warum nicht mit uns, aber wieder über uns und unsere Kinder?! Natürlich sorgen sich Eltern wegen der erhöhten Übertragbarkeit der Virusvarianten, die unter den aktuellen Schutzmaßnahmen eine Infektion von Kindern und Jugendlichen innerhalb der Schule sehr wahrscheinlich, zumindest aber nicht ausschließbar macht. Doch Eltern sorgen sich auch um die psychische und übrige physische Gesundheit ihrer Kinder und um die eigene Existenz. Es ist schlimm genug, dass die Landesregierung immer noch nicht die Systemrelevanz der Schulen anerkennt, nicht zugeben will, dass Schulen nicht von Covid-Ansteckungen verschont bleiben, und daher auch nicht willens ist, in den Schutz zu investieren.
Wir sind überzeugt, dass es einen Zusammenhang gibt, warum gerade die Schüler*innen unter 20 Jahren nun vermehrt betroffen sind. Auch wenn diese Einsicht der Schulministerin fehlt, sehen wir die Problematik durchaus in ihrer Öffnungsstrategie. Denn den Schulen wurde gestattet, in den Abschlussklassen Unterricht in voller Präsenzstärke durchzuführen.
Dies war gegen die Absprache der Verbände mit dem Ministerium zur grundsätzlichen Einhaltung der AHA-Regeln, festen Lerngruppen, etc. und somit dem Einhalten des Mindestabstands. Doch wir haben aus allen Schulformen auch in Dortmund Rückmeldungen erhalten, dass dieser Abstand in der SEK I und besonders in der SEK II nicht eingehalten wird, stattdessen häufig Präsenzunterricht in voller Klassenstärke stattfindet.
Die Öffnungskonzepte scheinen hier nicht mit dem verantwortlichen Gesundheitsamt abgestimmt worden zu sein, allenfalls vielleicht mit der Bezirksregierung, traurigerweise in den meisten Fällen nicht einmal, wie eigentlich vorgesehen, unter Beteiligung der Schulkonferenz. Hinzu kommt sicherlich auch, dass gerade diese Altersgruppe sich unabhängiger von der elterlichen Aufsicht bewegt und außerschulische Kontakt durchaus eine Rolle spielen.
Doch ungeachtet der zunehmenden Infektionen bei Kindern sind wir der Auffassung, dass es uns gelingen muss, schulische Angebote nach Bedarfslage, aber für alle Schüler*innen zu ermöglichen. Die Bedarfe sind inzwischen allen Beteiligten mehr als klar und müssen endlich zusammen gedacht werden. Doch das genau geschieht leider nicht!
Auch wenn wir die Schulen schließen, findet Betreuung statt, Schüler*innen werden nach wie vor in der Schule sein. Es kommt also auf die Öffnungsstrategie an und was wir in Schulen anbieten wollen. Das Ministerium hat den Schulen hier einen enormen, noch nie da gewesenen Ermessensspielraum eingeräumt. Trotzdem halten viele Schulen stur an alten Stundentafeln fest und schaffen es nicht, Synergien zu nutzen, die dann auch größere Sicherheit zulassen würden. Damit die Schulen geöffnet bleiben können, fordern wir folgende Maßnahmen vergleichbar mit den Schutzhilfen, die inzwischen auch in vielen staatlichen Gebäuden umgesetzt wurden. Dafür tragen auch Sie als Kommune Verantwortung.
Warum aber wird nicht alles dafür getan, dass Schule unabhängig von steigenden oder fallenden Infektionszahlen sicherer wird und Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte gleichermaßen geschützt werden? Wir Eltern möchten Präsenzangebote für unsere Kinder und fordern daher seit Wochen adäquate Schutzmaßnahmen. Einzelne Kommunen wie Tübingen, wie auch andere Nationen, zeigen uns, dass Schutz möglich und die Pandemie beherrschbar ist, wenn man bereit ist zu investieren. Der Ball liegt also auch in Ihrem Feld, Herr Oberbürgermeister!
Warum sehen wir Sie – die Stadt Dortmund- als mitverantwortlich?
Die NRW Unfallkasse (sh. Anlage) weist in ihrem Schreiben vom 23. Februar 2021 darauf hin, welche Schutzhilfen unter anderem vulnerablen Schülergruppen in der Pandemie zugestanden werden müssen:
o Die Kommunen hätten grundsätzlich die Verpflichtung, für alle Schülerinnen und Schüler eine sogenannte Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, aus der sich die Schutzmaßnahmen ableiten.
o Die Frage der Kostenübernahme von Schutzhilfen zur Beschulung der Schülerinnen und Schüler liege im Verantwortungsbereich des Landes Nordrhein-Westfalen.
Die Kommunen sind also zu einer Gefährdungsbeurteilung verpflichtet. Dass Ihre gerade getätigte Gefährdungsbeurteilung nun nicht von der Ministerin anerkannt wird, verärgert uns sehr. Es ist überheblich und verantwortungslos, die Warnungen des Gesundheitsamts vor einer gehäuften Infektion unter Jugendlichen in den Wind zu schlagen und derart mit Menschenleben zu spielen.
Nehmen wir die Aussage der NRW Unfallkasse allerdings ernst, so müssten die Schulträger eine Gefährdungsbeurteilung jedes einzelnen Klassenraums vornehmen, geeignete Sicherheitsmaßnahmen vorschreiben und gegebenenfalls bis zu deren Umsetzung Schließungen verfügen. Wären Sie dieser Pflicht nachgekommen, dann hätten vermutlich einige Schulen nicht in diesem Umfang öffnen können oder müssten nun neu bewertet werden. Daher wundert uns, dass es nicht viel mehr Anstrengungen gibt, Schulen erheblich sicher zu machen. Wir wissen von der Anschaffung der ersten 195 Geräte für je 5000 Euro, die wir einerseits begrüßen, andererseits für viel zu wenig halten und für überteuert. Wohlwissend, dass es ein enormer Kraftakt für die Kommunen bedeutet und in Teilen das Land zuständig wäre, geht darum, Schulen pandemieunabhängig und sicher zu machen
Doch weil wir in Wahrheit die Schulen nie geschlossen, sondern nur Angebot in der Schule und Anzahl der Schüler*innen reduziert hatten, wünschen wir uns auch von Ihnen einen differenzierten Blick.
1. Masken
Die Schüler*innen sind auf Grund der Schulpflicht in Form der jedenfalls teilweisen Präsenzunterrichts gezwungen, die Schule zu besuchen. Auf dem Gelände von Schulgebäuden besteht nach § 3 Abs. 3 CoronaSchVO i.V.m. § 1 Abs. 3 CoronaBetrVO grundsätzlich die Verpflichtung zum Tragen einer medizinischen Maske. Viele Familien können sich aber medizinische Masken nicht leisten und Schüler*innen tragen oftmals tagelang ein und dieselbe Maske. Wir fordern, dass die Kosten für medizinische Masken, jedenfalls aber für FFP2-Masken sowohl auf dem Schulweg im ÖPNV als auch in den Schulen übernommen werden. Lehrkräfte in NRW werden mit FFP2-Masken von ihrem Dienstherrn ausgestattet. Deshalb fordern wir Chancengleichheit und Bereitstellung der Masken für alle Schüler*innen, jedenfalls aber für vulnerable oder nach Bildungs- und Teilhabepakt unterstützungsberechtigte Schülergruppen.
2. Testungen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fordern regelmäßige Testungen bei Schülern. Diese sollen zwei Mal pro Woche getestet werden, um das Infektionsgeschehen in der Schule frühzeitig zu erkennen und einzudämmen. Auch viele Eltern begrüßen die Testungen und sehen sie als einen weiteren Baustein für mehr Sicherheit. Die neue Teststrategie des Landes wirft jedoch massive Fragen auf und ist nicht handhabbar.
• Entweder müsste den Familien das Vertrauen entgegengebracht werden, den Test vor Schulbesuch morgens zuhause zu machen,
• oder es müssten Testteams in die Schule kommen und der Datenschutz gewährleistet sein.
3. Mobile HEPA13/14-Luftfilter1
Mobile HEPA13/14- Luftfilter geben deutlich mehr Sicherheit: Sie reduzieren die Virenlast schnell und zuverlässig um >90%, sodass Ansteckungen sehr unwahrscheinlich werden, da Aerosole in Innenräumen die Hauptansteckungsquelle sind. Lüften allein reicht nicht für den vom RKI empfohlenen 6-fachen Luftaustausch pro Stunde. Zahlreiche wissenschaftliche Studien (Uni Frankfurt, Uni Münster, Bundeswehr-Uni München, Deutsche Physikalische Gesellschaft) haben dies erwiesen.
Unabhängig davon lassen sich die meisten Klassenräume nicht querlüften, da Querlüften per Definition voraussetzt, dass sich auf gegenüberliegenden Seiten Fenster befinden. In der überwältigenden Mehrheit der Klassenzimmer befindet sich jedoch auf der den Fenstern Gegenüberliegenden Seite nur eine Tür zum Gang, sodass ein Querlüften nicht möglich ist. Mit steigenden Außentemperaturen reduziert sich außerdem der Luftaustausch mit dem Innenraum erheblich.
HEPA13/14- Luftfilter werden seit Jahrzehnten in Flugzeugen, Krankenhäusern, Büros usw. eingesetzt, auch der Landtag von NRW hat sich gerade 40 Geräte gekauft. Die Kosten der Geräte belaufen sich auf ca. 1.500 EUR – 3.000 EUR pro Raum (je nach Raumgröße in m3 und gewähltem Gerätetyp, und je nach gewährten Rabatten). Angesichts des wöchentlichen Milliarden Umsatzverlusts in der Wirtschaft, Kosten von Erkrankungen, Folgeschäden, Arbeitsausfällen, Quarantänen usw. sind diese einmaligen Kosten verschwindend gering.
4. Plexiglasscheiben mit umlaufender Kante für jeden Arbeitsplatz, um die direkte Ansteckungen über kurze Abstände zu verhindern
Untersuchungen des Strömungsverhaltens von Atemluft, die wir Ihnen haben zukommen lassen, haben gezeigt, dass die Kombination von Luftfiltern (um die Aerosolkonzentration im Raum niedrig zu halten) und Plexiglasscheiben) mit umlaufender Kante (um die direkte Ansteckung zu verhindern) das Infektionsrisiko in Klassenzimmern wirksam reduzieren. Dies sind insbesondere wertvolle Hilfen in Klassen mit jüngeren Schüler*innen, damit das Tragen einer Maske erheblich reduziert werden kann.
Wir möchten, dass Sie das Pingpongspiel zwischen Ministerien und Kommunen stoppen. Wir fordern Sie auf, Bildungskontinuität herzustellen und zu sichern. Das Ziel muss sein, mittels adäquater Schutzmaßnahmen Infektionen zu verhindern.
Wir fordern:
• Testungen für alle zuhause, mindestens zweimal wöchentlich,
• kostenfreie medizinische Masken,
• mobile HEPA13/14-Luftfilter,
• Plexiglasscheiben mit umlaufender Kante,
• Umstellung der Unterrichtskonzepte auf strikte Einhaltung der AHA-Regeln,
• feste Gruppen,
• Ausbau Digitalisierung/WLAN Anschluss,
• Ausstattung der Schüler*innen mit Endgeräten als Lernmittel.
Wir gehen davon aus, dass Sie eigentlich Schulen auch nicht schließen möchten und wissen, wie systemrelevant Schulen sind. Doch machen Sie Dortmund nun unabhängig von der Landesregierung und nutzen Sie die breite Unterstützung der Eltern! Eine Qualifizierung von Klassenräumen, die Ausstattung aller Schüler*innen mit medizinischen Masken, Testung von Schülerinnen und Schülern im Rhythmus von 2x/Woche und ein verbindliches Zeiten-/Gruppenkonzept an Schulen würde endlich ein tragfähiges Öffnungskonzept bieten, einen entscheidenden Beitrag in der Pandemiebekämpfung und somit eine Rückkehr zur „verantwortungsvollen Normalität“ bedeuten! Die Stadt Dortmund muss also jetzt entscheiden, wieviel unsere Kinder wert sind? Es geht um mehr als nur Betreuung, es geht um Bildung, Förderung und weitere Bedarfe. Kontrollieren Sie deshalb die Öffnungskonzepte der Schulen insbesondere der Oberstufen, die die AHA Regelungen nicht eingehalten haben und helfen Sie diesen Schulen besser Konzepte zu finden!
Aber lassen Sie Grund- und Förderschulen, die sichere Konzepte auf Abstand entwickelt haben, unbedingt offen! Warten Sie nicht auf eine Entscheidung des Landes, sondern nutzen Sie die Gefährdungsbeurteilung und notfalls schließen dann auch einzelne Schulstandorte, die besonders hervorstechen und Konzepte umarbeiten müssen! Schulen waren nie zu und müssen offenbleiben. Alles was dann in Schulen stattfindet, muss dem Ziel der sicheren Förderung und Angebote für Schüler*innen folgen.
Sie, Herr Oberbürgermeister müssen diesen Raum sichern und bitte unsere Kinder schützen!
Nicht nur Großkonzerne sollten gerettet werden, sondern unsere Kinder sollten das höchste Gut unserer Gesellschaft sein. Jetzt in die Gesundheit zu investieren, vielleicht ein Umbau hintenanstellen, aber Dortmund unabhängig machen und Bildung eine Perspektive geben.
Gerne kommen wir mit Ihnen hierzu ins Gespräch und stehen Ihnen für Fragen zur Verfügung
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Stadteltern Dortmund
Anke Staar Thomas Minor
OB Westphal erleichtert über Fortgang der Impfungen – aber Forderung nach Schul- und Kita-Schließung bleibt (PM Stadt Dortmund)
OB Westphal erleichtert über Fortgang der Impfungen – aber Forderung nach Schul- und Kita-Schließung bleibt
Die Impfungen mit AstraZeneca können fortgesetzt werden. Ein entsprechender Erlass der Landesregierung erreichte die Stadt Dortmund gestern am späten Abend. Im Impfzentrum in der ehemaligen Phoenix-Halle konnten damit heute alle Termine, die ab 10.15 Uhr vereinbart waren, wieder angeboten werden.
„Ich bin sehr erleichtert darüber, dass mit Astra-Zeneca wieder ein sicherer und effektiver Impfstoff zur Verfügung steht. Es wird jetzt sehr entscheidend sein, dass wir schnell mehr Impfdosen bekommen und dass wir schnell die Hausärztinnen und Hausärzte mit in die Impfaktion einbinden können“, kommentiert Oberbürgermeister Thomas Westphal den Fortgang der Impfungen. „Wir wissen ja, dass die neue Virus-Variante B. 117 schneller ist als ihr Vorgänger. Wenn das Virus jetzt im Laufschritt unterwegs ist, darf das Impfen sich nicht weiter im Schneckentempo bewegen.“
Die Stadt Dortmund hat dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen gestern dennoch einen Antrag auf Schließung der Schulen und auch der Kitas ab Montag vorgelegt. „Die Impfaktion hat jetzt wieder eine Perspektive, aber kurzfristig bleibt die Lage unverändert. Es wäre sehr gut, wenn wir noch mehr Zeit gewinnen könnten. Daher wäre es richtig, Schulen und Kitas am Montag nicht wieder zu öffnen“, so der Oberbürgermeister.
In dem Entwurf für eine „Allgemeinverfügung zur Schließung der Schulen und Kindertageseinrichtungen sowie der Kindertagespflege“, die gestern ans Land gegangen ist, heißt es, bei der Prüfung des Gesamtkonzepts habe die Stadt Dortmund mehrere Alternativen bedacht, die teils in der Vergangenheit erfolgreich umgesetzt wurden. Vor dem Hintergrund, dass sich das Infektionsgeschehen aber aufgrund der britischen Virusmutation zunehmend in der Altersgruppe der 0- bis 19-Jährigen abspiele, seien diese Maßnahmen nunmehr nicht mehr geeignet, den gewünschten Effekt zu erzielen.
Die Rückkehr zum Präsenzunterricht sei „aus pädagogischen und sozialen Gründen absolut wünschenswert, verständlich und begründet“, heißt es in dem Schreiben. „Aus Sicht des Infektionsschutzes besteht nach Bewertung der örtlichen Datenlage aber die konkrete Befürchtung, dass der für wenige Tage umgesetzte Präsenzunterricht zu vielen unerkannten Übertragungen innerhalb der Altersgruppen führen wird, die von diesen dann zum Osterfest in die Familien hineingetragen werden.“ Die Schließung der Schulen und Kitas sei daher zwingend erforderlich, „auch wenn die Inzidenz über 100 innerhalb der Stadt Dortmund die Kriterien der Nachhaltigkeit und Signifikanz aus Sicht des Landes NRW noch nicht erreicht hat.“
In der Begründung heißt es weiter: „Wir befinden uns bereits in der dritten Welle mit einem exponentiellen Wachstum. Darauf zu warten, dass die Zahlen mehrere Tage hintereinander erst über einen Wert von 100 steigen müssen, verkennt zum einen völlig die Dynamik und führt nur – aufgrund eines verzögerten Eingreifens – zu einer weiteren Vielzahl von Infizierten, zumal die gemeldeten Zahlen dem tatsächlichen Geschehen immer hinterherhinken.“
Kundgebung der linksjugend [’solid] Dortmund am 20.03. um 12:00 Uhr auf dem Friedensplatz, Dortmund – „Schulen sicher machen!“ (PM linksjugend [’solid] Dortmund)
Kundgebung der linksjugend [’solid] Dortmund am 20.03. um 12:00 Uhr auf dem Friedensplatz, Dortmund – „Schulen sicher machen!“
Die aktuelle Auseinandersetzung, die sich der Dortmunder Oberbürgermeister Westphal (SPD) mit dem NRW-Gesundheitsministerium über einen möglichen Alleingang beim Thema Schulschließung liefert, reiht sich in eine Folge von absolut chaotischen und planlosen Ereignissen im Kampf gegen die Corona-Pandemie ein. Westphal wollte nach der landesweiten Schulöffnung am 15.3. die Dortmunder Schulen angesichts der steigenden Ansteckungszahlen am 17.3. direkt wieder schließen.
Der Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann lehnte dies bereits wenige Stunden später ab. Nach dem anhaltenden Test-Chaos und dem aktuellen Impf-Chaos folgt nun nach der landesweiten Weisung zur Schulöffnung ein erneutes Schul-Chaos. Die Ausstattung der Schulen mit Schnelltests ist mehr als lückenhaft, die Ausführung soll durch das medizinisch nicht geschulte Lehrpersonal erledigt werden und viele Schüler*innen und Lehrkräfte fühlen sich nicht wohl beim Gedanken, in die Schulen zurückzukehren.
Steffen Neuß, Vorstandsmitglied der linksjugend [‘solid] Dortmund, dazu: „Es kann nicht sein, dass Schüler*innen in die gleich schlecht ausgestatteten Schulen zurückkehren, die sie vor Monaten verlassen haben. Wir kämpfen nun bereits über ein Jahr mit dieser Pandemie und in Bezug auf die Sicherheit an Schulen ist bis auf halbherzige Hygienekonzepte, die an der Realität der Schulen vorbeigehen, nichts passiert. Wir fordern, dass die Schulen endlich sicher gemacht werden, damit ein Schulbetrieb ohne gesundheitliches Risiko wieder aufgenommen werden kann. Dazu gehört nicht nur die Ausstattung mit Luftreinigern und kostenlosen medizinischen Masken,
sondern auch von medizinischem Personal begleitete Schnelltests und eine höhere Taktung des ÖPNV auf den Schulwegen. Wir fordern alle auf, zu unserer Kundgebung am 20.3. um 12 Uhr zu kommen. Wir versammeln uns Corona-konform vor dem Rathaus (Friedensplatz).“
Noch keine Entscheidung zur Kita- und Schulschließung ab Montag – falsches Schreiben im Umlauf (PM)
Noch keine Entscheidung zur Kita- und Schulschließung ab Montag – falsches Schreiben im Umlauf
Eine Entscheidung der NRW-Landesregierung zur Schließung von Schulen und Kitas ab Montag in Dortmund ist noch nicht getroffen. Ein mit Sperrfrist versehener interner Entwurf eines Schreiben des Jugendamts, das für diesen Entscheidungsfall vorbereitet wurde und in dem von einem Betretungsverbot für Kitas ab Montag die Rede ist, wurde aufgrund eines internen Übermittlungsfehlers durch einen Träger von Kindertageseinrichtungen fälschlicherweise bereits verschickt.
Die Stadt Dortmund wird sofort darüber informieren, sollte es zu einem Betretungsverbot in Kitas und einer Schulschließung ab Montag in Dortmund kommen. Wir entschuldigen uns für den Fehler!
Kauch: Stadt will Notwendigkeit von Schulschließungen nicht mit Fakten belegen (PM)
Kauch: Stadt will Notwendigkeit von Schulschließungen nicht mit Fakten belegen
Gestern hat die Fraktion FDP/Bürgerliste eine dringende Bitte an den Oberbürgermeister gerichtet, die detaillierten Infektionszahlen nach Schulen und Altersgruppen mitzuteilen. Nur so könne man den Wunsch nach Schulschließungen beurteilen. Eine Antwort der Stadtverwaltung gibt es bisher leider nicht.
„Wir müssen also davon ausgehen, dass die Stadt mit ihren Zahlen nicht begründen kann, warum die flächendeckende Schulschließung geeignet und notwendig zur Pandemiebekämpfung sind“, kritisiert der Fraktionsvorsitzende Michael Kauch. „Statt flächendeckender Schließungen sollte man gegebenenfalls Schulen mit konkretem Infektionsgeschehen schließen.“
Angesichts der Desinformationspolitik des OB seien also die Zahlen der Pressestelle der Stadt gegenüber den Ruhr-Nachrichten die einzige bekannte Grundlage. Danach gab es Stand Mittwochabend 31 Infektionen an 19 Schulen – bei 887 aktiven Infektionen stadtweit.
Das bedeutet, dass nur 3,5 Prozent der stadtweiten Infektionen an Schulen stattfinden. Gleichzeitig gibt es im Schnitt nur 1,6 pro betroffener Schule. 151 von 170 Schulen haben null Infektionen – das sind 88,8 Prozent. Damit ist das Infektionsgeschehen an Schulen deutlich geringer als an Kitas – was im Blick auf die unterschiedliche Möglichkeit zu Abstand und Maskentragen auch nachvollziehbar ist.
„Diese Zahlen sprechen für sich: eine flächendeckende Schulschließung wird keinen nennenswerten Effekt für die Pandemiebekämpfung leisten. Dafür ist der Anteil an den Infektionen zu gering. Gleiches gilt für die Ansteckungsrate innerhalb der Schulen – würden die Infektionen dort übertragen, müsste es mehr Fälle pro Schule geben“, argumentiert Kauch. Damit sei der Schließungsplan von Oberbürgermeister und SPD offenbar faktenfrei.
Kauch weiter: „Auf der Grundlage einer nicht belegten Gefahr gefährden Sozialdemokraten die Bildungschancen lernschwacher Kinder – ohne dass die Schulschließungen einen wirksamen Beitrag zur Pandemiebekämpfung leisten werden. Dagegen ist die bundesweite Bekanntheit des OB ist durch seine Alleingänge gestiegen. Wir hoffen, dass das nicht der eigentliche Zweck dieser Politik ist.“
IHK zu Dortmund und Handelsverband fordern differenzierte Öffnungskonzepte: Die reine Fixierung auf Inzidenzwerte hat verheerende wirtschaftliche Konsequenzen (PM)
IHK zu Dortmund und Handelsverband fordern differenzierte Öffnungskonzepte:
Die reine Fixierung auf Inzidenzwerte hat verheerende wirtschaftliche Konsequenzen
In der aktuellen Phase der Corona-Pandemie steigen die 7-Tage-Inzidenzzahlen bundes- und landesweit bedrohlich in Richtung 100. In einigen Kreisen in Nordrhein-Westfalen liegen die Zahlen bereits über diesem Wert. Angesichts der negativen Entwicklung warnen IHK zu Dortmund und Handelsverband NRW Westfalen-Münsterland die politischen Entscheidungsträger auf Bundes- und Landesebene davor, einen erneuten – den bereits dritten – Lockdown anzuordnen. IHK und Handelsverband machen deutlich, dass eine solche einfallslose und undifferenzierte Maßnahme erneut zu existenzbedrohenden Ladenschließungen im Einzelhandel führt und dringend notwendige Öffnungsperspektiven für Branchen wie Gastronomie, Hotellerie, Schausteller, Freizeit-, Kultur- und Kreativwirtschaft für weitere Monate massiv erschwert. IHK und Handelsverband fordern bei den politischen Entscheidungen zur Eindämmung der Pandemie nachdrücklich eine Abkehr von der starren Fixierung allein auf Inzidenzwerte. Sie unterstützen stattdessen neue und differenzierte Öffnungskonzepte anhand einer Matrix, wie sie die Handelsinitiative „Das Leben gehört ins Zentrum“ vorgelegt hat. (siehe Grafik und angehängtes PDF)
Die zaghaften und beschränkten Öffnungen der Einzelhandelsgeschäfte bestimmter Branchen und die Möglichkeit des Terminshoppings („Click & Meet“) in Gemeinden mit Inzidenzzahlen zwischen 50 und 100 leisten für die meisten Betriebe nach monatelanger Durststrecke allenfalls einen minimalen Beitrag zu kostendeckenden Umsätzen. Ein weiterer Lockdown mit geschlossenen Läden muss nach Auffassung von IHK und Handelsverband deshalb um fast jeden Preis vermieden werden, um eine „Kernschmelze“ in den Betrieben zu verhindern.
IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann betont: „Angesichts in Kürze hoffentlich steigender Impf- und Testzahlen reicht die ausschließliche Beurteilung der Situation und die Ableitung von Maßnahmen anhand von Grenzwerten bei den Inzidenzzahlen nicht mehr aus. Das würde bald zu einem Rückfall in den Lockdown vor dem 8. März führen, mit verheerenden wirtschaftlichen Konsequenzen für die durch zwei Lockdowns und radikal eingeschränkte Erwerbsmöglichkeiten angeschlagenen Betriebe ganzer Branchen. Wir brauchen ein intelligenteres und differenzierteres Konzept als „Öffnen/Schließen“, das allein von Inzidenzwerten abhängig ist. Dieses Vor und Zurück zermürbt die um ihre Existenz kämpfenden Unternehmen und zeugt leider von Plan- und Perspektivlosigkeit.“
Stefan Grubendorfer, Vorsitzender des Handelsverbandes, sagt: „Der Einzelhandel hat differenzierte Hygiene- und Schutzkonzepte entwickelt und ist nachweislich kein Treiber von Infektionen im Beschäftigten- oder im Kundenkreis. Zudem hat der Handel vor der nächsten Bund-Länder-Zusammenkunft am 22. März einen konkreten Öffnungsvorschlag unterbreitet, der sich nicht nur an Inzidenzzahlen, sondern zusätzlich an einem zweiten Beurteilungskriterium orientiert: der prozentualen Belegung der Intensivstationsbetten mit Covid-19-Patienten. Dieser Vorschlag orientiert sich am Stufenplan des Robert-Koch-Instituts vom 18. Februar und berücksichtigt gesundheitsökonomische Parameter.“
Beide führenden Repräsentanten des Handels in der Region sind sich einig, dass diese differenzierte „Öffnungs-Matrix“ eine sehr gute Basis für eine pandemiegerechte Öffnung von Unternehmen darstellen kann, weil sie viel differenzierter auf das Infektionsgeschehen in einem Kreis oder einer kreisfreien Stadt eingeht und dabei eine gute Balance findet, um einerseits eine Ausbreitung des Virus zu verhindern und andererseits die berechtigten Ansprüche der Unternehmen, ihr Überleben und damit auch die Zukunft unserer Innenstädte und Stadtteilzentren zu gewährleisten. IHK und Handelsverband fordern von der Politik einen echten Strategiewechsel unter Berücksichtigung dieser Vorschläge.
Schulen und Kitas bleiben in Dortmund vorerst geöffnet (PM Stadt Dortmund)
Schulen und Kitas bleiben in Dortmund vorerst geöffnet
Die Kitas und Schulen in Dortmund werden auch am Montag öffnen. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen hat der Stadt am Nachmittag (Freitag, 19. März) mitgeteilt, dass ihrem Antrag auf Schließung der Schulen und Kitas nicht entsprochen werden kann. Damit finden der Wechsel-Präsenzunterricht in den Schulen ebenso wie die Kindertagesbetreuung weiterhin statt.
„Inakzeptabel“: Land NRW lehnt Schließung der Schulen und Kitas in Dortmund ab – Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal nimmt dazu jetzt Stellung (PM)
„Inakzeptabel“: Land NRW lehnt Schließung der Schulen und Kitas in Dortmund ab –
Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal nimmt dazu jetzt Stellung
Das Gesundheitsministerium hat der Stadt Dortmund am Freitag mitgeteilt, dass unserem erneuten Antrag zur Schließung der Schulen und Kindertageseinrichtungen nicht entsprochen wird.
Oberbürgermeister Thomas Westphal: „Ich bedaure diese Entscheidung sehr. Die Landesregierung scheint noch immer nicht bereit zu sein, auf die veränderte Dynamik der Pandemie zu reagieren. Wir werden in einen rechtlichen Rahmen gepresst, der längst nicht mehr zum Infektionsgeschehen passt. Die Landesregierung gibt vor, mit der Schulöffnung zwei Wochen vor den Osterferien den Bildungsinteressen der Kinder und Jugendlichen entsprechen zu wollen. Faktisch passiert aber das Gegenteil. Die wenigen Präsenztage jetzt vor Ostern erhöhen die Gefahr der Ansteckungsbeschleunigung in den Familien, von einer Teststrategie ist nichts zu sehen. Eine längerfristige Schließung der Schulen nach Ostern und damit ein weit größerer Schaden für unsere Kinder und Jugendlichen sind damit praktisch vorgezeichnet. Der Klausurendruck für die Schülerinnen und Schüler in den Abschlussklassen wird in keiner Weise gemildert.
Es ist eine absurde Situation. Wir sehen sehr genau, was auf uns zukommt. Aber handeln dürfen wir nicht. Es ist in etwa so, als würden wir auf eine Mauer zurasen, die Mauer ist bereits sichtbar! Bremsen ist nicht vorgesehen, denn diese Landesregierung will die freie Fahrt nicht gefährden.
Völlig unverständlich ist für mich die Unernsthaftigkeit, mit der die Landesregierung unsere Lage behandelt. Wir haben in unserem Antrag Punkt für Punkt klar und verständlich dargelegt, dass sich die Dynamik des Infektionsgeschehens erhöht, die Dynamik über die Gruppe der unter 19-Jährigen beschleunigt wird und wir in eine schnelle Verdoppelung der Infektionszahlen hineinlaufen. Andere Maßnahmen wie die Schließungen von Parks und Treffpunkten wurden dagegen abgewogen. Wir sehen in unserer Stadt eine große Ähnlichkeit zwischen dem jetzigen Verlauf und dem Verlauf im September des letzten Jahres, der dann ja auch national zum kompletten Lockdown führte. Statt sich mit diesen Punkten in der Sache zu beschäftigen, wird unser Krisenstab formaljuristisch belehrt und in nationalen Talkshows und in der Landtagsdebatte wird die Flucht in parteipolitische Vorwürfe angetreten.
Ich kann nur alle dringend dazu auffordern, wieder zu Sachlichkeit und Ernsthaftigkeit zurückzukehren. Spätestens nach der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz am 22.3. sind auch in NRW ein direkter Austausch und eine Verständigung über die Infektionslage in unserem Land notwendig. Dazu brauchen wir dringend einen Runden Tisch mit der Landesregierung und den Kommunen.“