Nach Freispruch nun Urteil vorm Landgericht: Geldstrafe für Verstoß gegen das Vermummungsverbot im BVB-Fanblock

Vor der 38. Kleinen Strafkammer des Dortmunder Landgerichts wurde das Berufungsverfahren verhandelt.

Nachdem der Angeklagte erst im Juli vom Amtsgericht Dortmund freigesprochen worden war, rollte das Landgericht den Fall aufgrund des Berufungsantrages der Staatsanwaltschaft Dortmund neu auf. Der Angeklagte hatte sich als Teilnehmer des Fanmarsches beim Revierderby Borussia Dortmund gegen Schalke 04 im vergangenen November zeitweise mit Kapuzenpulli und Schal vermummt. Hierin erkannte das Landgericht die Absicht der Identitätsverschleierung und einen Verstoß gegen das Vermummungsverbot des Versammlungsgesetzes. Es verurteilte den Angeklagten nun zu einer Geldstrafe von insgesamt 300 Euro.

Fußballspiel ist öffentliche Veranstaltung im Sinne des Versammlungsgesetzes

Immer häufiger Ort von Verhandlungen gegen Rechtsextremisten. Foto: Karsten Wickern
Das Amtsgericht hatte den Angeklagten im Juli freigesprochen. Foto: Karsten Wickern

Sowohl Richter als auch Staatsanwaltschaft äußerten ihr Unverständnis darüber, wie das Amtsgericht im Juli sein Freispruchurteil begründet hatte. Aufgrund der Tatsache, dass der BVB als Veranstalter bei einem Heimspiel Gebrauch von seinem Hausrecht mache und Kontrollen an den Eingängen zum Westfalen-Stadion durchführe, die sowohl der Sicherheit dienten, als auch dem Umstand gewisse Personengruppen von vorneherein vom Besuch des Stadions abzuhalten, könne man bei einem Spiel nicht von einer öffentlichen Veranstaltung sprechen.

Der Vorsitzende Richter der 38. Kleinen Strafkammer des Landgerichts stellte fest, dass das Amtsgericht in seiner Entscheidung anscheinend nicht berücksichtigt habe, dass etliche Präzedenzfälle der vergangenen Jahre ein Fußballspiel sehr wohl als öffentliche Veranstaltung definieren. 

Zu diesem Schluss kommt auch das Landgericht Dortmund, denn die Stadionkontrollen dienten der Ansicht des Gerichts nach lediglich der Sicherheit. Jeder habe Zugang zum Stadion, es würden nicht etwa personalisierte Einladungen oder ähnliches verschickt. „Wer eine gültige Karte besitzt, kann das Stadion auch betreten“, so der Vorsitzende Richter Brockmeier.

Angeklagter ist geständig; Rechtfertigungsversuche laufen jedoch ins Leere

Der 32-jährige Angeklagte ist Deutscher, lebt in Dortmund und ist nicht vorbestraft. Er zeigte sich vor Gericht geständig und verzichtete auf einen Rechtsbeistand. Als Beweismaterial wurde ein Videomitschnitt der Polizei vom 25. November 2017 gezeigt, auf dem zu erkennen war, wie der Angeklagte in der Menschenmenge des Fanmarsches im Kreuzviertel seine Kapuze überstreift und sich anschließend den schwarzen Schal über Mund und Nase stülpt, so dass nur noch seine Augen zu erkennen sind. 

Er tat dies in einem für die Polizei kritischen Moment, als die Fangruppen beider Vereine auf Höhe des Vinckeplatzes aufeinander zu stoßen drohten. Hier musste für Trennung gesorgt werden. Eine weitere Eskalation der Situation war nicht auszuschließen. Der Angeklagte rechtfertigt sein Handeln mit Selbstschutz. Er habe in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht, sei 2014 zu Unrecht unter Verdacht geraten, im Stadion ausfällig geworden zu sein. Eine spätere Strafverfolgung wurde fallengelassen.

„Man wird heute schnell verfolgt und die Polizei differenziert da auch nicht wirklich. Kapuze und Schal überzuziehen war für mich in dem Moment einfach eine Reflexhandlung, um mich zu schützen“, so der Angeklagte. Er habe sich vermummt, damit man ihm nicht fälschlicherweise etwas anhängen könnte. 

Täter war Polizei bekannt; in den letzten Jahren aber unauffällig

Polizeiwagen vor dem Dortmunder Polizeipräsidium.
Polizeiwagen vor dem Dortmunder Polizeipräsidium.

Die Staatsanwaltschaft akzeptierte diese Entschuldigung nicht und machte deutlich, dass sich der Angeklagte darüber im Klaren gewesen sein müsste, dass man sich gerade mit Vermummung verdächtig mache. Außerdem sei es für die PolizeibeamtInnen logischerweise einfacher, jemandem ein Delikt nachzuweisen oder jemanden zu entlasten, wenn man ihn auch identifizieren könne. Dies sei ja auch der Grund, warum die Polizei die Aufmärsche filmen würde.

Dies bestätigte auch der als Zeuge geladene Polizeibeamte Matthias A. Er erklärte, dass die Dortmunder Fangruppen an besagtem Tag ihre normale Route durch die Innenstadt Richtung Stadion genommen hätten. Die Schalker Fans seien jedoch vermehrt konspirativ in eigenen PKW angereist und hätten die Nähe zum Dortmunder Fanblock gesucht.

Im Kreuzviertel sei man dann am Vinckeplatz an einen kritischen Punkt gelangt, an dem das Eingreifen der BeamtInnen notwendig wurde, um Auseinandersetzungen zwischen den Fanblöcken zu vermeiden. „Der Angeklagte war uns schon bekannt. Er war früher Teil der Ultra-Szene in Dortmund, ist seit 2013/2014 allerdings nicht mehr auffällig in Erscheinung getreten“, so der Zeuge. Ihm seien die Videoaufnahmen bekannt und er habe den Angeklagten eindeutig wiedererkennen können.

Mildes Urteil als Denkzettel für den Angeklagten und seine „Kumpel“

Vor dem Landgericht Dortmund wird der Fall verhandelt.

Abschließend befragte Richter Brockmeier den Angeklagten zu seinen persönlichen Lebensverhältnissen und seiner Einkommenssituation, bevor er sich mit den zwei Schöffinnen zur Urteilsberatung zurückzog. 

Dies berücksichtigend lautete das abschließende Urteil des Landgerichts 300 Euro Geldstrafe, zu zahlen in 20 Tagessätzen a 15 Euro. Das Videomaterial der Polizei sei eindeutig gewesen und der Angeklagte habe die Tat gestanden, hieß es in der Begründung. Mit diesem Urteil entsprach das Gericht der Forderung der Staatsanwältin.

Man bewege sich beim Strafmaß am untersten Rand des Möglichen, aber das Gericht werte die Tat nicht als so „dramatisch“, da der Angeklagte zumindest den schwarzen Schal selber wieder abgenommen hätte. 

„Die 300 Euro Strafe plus die Verfahrenskosten sollen ein kleiner Denkzettel für Sie sein. Erzählen Sie das auch ruhig ihren Kumpels. Fußball ist eine schöne, gesellige Sache aber halten Sie sich in Zukunft von Krawallmachern fern“, appellierte Richter Brockmeier an den Angeklagten. Dieser akzeptierte das Urteil einspruchslos und verzichtete auf weitere Rechtsmittel. Das Urteil des Landgerichtes Dortmund ist somit rechtsgültig.

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