Das Dortmunder Integrationsnetzwerk „lokal willkommen“ soll ausgeweitet werden: Nach dem Beschuss des Verwaltungsvorstands sollen Anlaufstellen für Flüchtlinge nach der äußerst erfolgreichen Pilotphase in Brackel und Aplerbeck auch in Huckarde/Mengede und Hörde/Hombruch entstehen.
Menschen stehen vor vielfältigen und unterschiedlichen Herausforderungen
In einer neuen Umgebung zurechtzukommen, stellt Geflüchtete nach ihrem Auszug aus der Übergangseinrichtung in die eigene Wohnung vor vielfältige und unterschiedliche Herausforderungen. Nötig ist daher eine Begleitung, die auf Probleme und Fragen im Alltag eingeht und die Neu-Dortmunder beim Ankommen unterstützt.
Im Oktober 2016 startete die Stadt Dortmund daher ein Pilotvorhaben in den Stadtbezirken Brackel und Aplerbeck: Mit dem Caritas Verband Dortmund als Kooperationspartner werden Flüchtlinge unterstützt, die in den Bezirken eine Wohnung bezogen haben.
Ziel war es, ein Netzwerk aus haupt- und ehrenamtlich Tätigen aufzubauen, dabei auf die entstandenen Unterstützungsstrukturen anzudocken, Lücken zu erkennen und zu schließen. Zwei Fachfrauen der sozialen Arbeit fanden in einem Ladenlokal am Brackeler Hellweg eine neue Wirkungsstätte.
150 Geflüchtete haben das Lokal 530 Mal aufgesucht – 50 Hausbesuche
Telefon und Türglocke standen seitdem nicht still. Das Lokal ist von 150 geflüchteten Menschen 530 Mal aufgesucht worden. Fast 50 Willkommens-Hausbesuche absolvierten die Sozialarbeiterinnen in den ersten sechs Monaten zusätzlich.
„Das ist sehr gut investierte Zeit“, sagt Sozialdezernentin Birgit Zoerner, „individuelle Integrationshemmnisse konnten gemeinsam identifiziert und konkrete Schritte zur Lösung der Probleme vereinbart werden.“
Dass sich der Aufwand lohnt, beweist auch die hohe Motivation bei vielen Neubürgerinnen und Neubürgern, die möglichst schnell Arbeit finden und an Bildungs-, Sport- oder Kulturangeboten teilhaben wollen.
Das Angebot von „lokal willkommen“ ist in den ersten sechs Monaten von rund 200 Flüchtlingen, Netzwerkpartnern und Ehrenamtstätigen regelmäßig angenommen worden. In einer Umfrage haben die Beteiligten das Angebot stark positiv bewertet. Das Echo in Medien, Politik und Fachöffentlichkeit war ebenfalls sehr gut, das Dortmunder Modell erfuhr auch überregionale Beachtung.
Das Ende der Pilotphase in Brackel soll nicht abgewartet werden
„Integration geschieht nicht von allein, auch wenn die geflüchteten Menschen selbst engagiert ihren Neustart angehen wollen. Die Stadt ist gut beraten, den Prozess aktiv zu gestalten, das neue Miteinander zwischen den Flüchtlingen und der Aufnahmegesellschaft positiv vor Ort zu begleiten, Brücken zu bauen und für alle Beteiligten praktische und unbürokratische Unterstützungsdienstleistungen anzubieten“, erläutert Sozialdezernentin Birgit Zoerner.
Die gewonnenen Erkenntnisse und Handlungsnotwendigkeiten sind bereits zum jetzigen Zeitpunkt derart gefestigt, dass der Abschluss des Pilotvorhabens Ende September 2017 nicht abgewartet werden muss, um die neuen Strukturen auszubauen.
OB Ullrich Sierau bedankt sich bei den vielen professionellen und ehrenamtlich Aktiven, die sich in der Pilotregion vehement und kreativ in den Netzwerkaufbau und die Unterstützung der Flüchtlinge eingebracht haben. Aus dem Kreis der Neubürgerinnen und Neubürger engagieren sich zunehmend auch Menschen, um zu dolmetschen oder im Netzwerk selbst aktiv mitzuwirken.
Neue Anlaufstellen für Huckarde/Mengede und Hörde/Hombruch
„Wir werden die nächsten Ausbauschritte nach der Sommerpause zunächst für die Zielregionen Huckarde/Mengede und Hörde/Hombruch realisieren“, so Sozialdezernentin Birgit Zoerner. „Die Konzeption sollte auch hier funktionieren, weil die Anzahl der uns bekannten Flüchtlinge zu der Größenordnung in Aplerbeck/Brackel passt“. Dort gab es zum Start des Projekts rund 350 Menschen, die neu im Stadtteil waren.
Die Umsetzung vor Ort wird mit den Bezirksvertretungen und den aus der Flüchtlingshilfe bekannten Akteuren der Runden Tische passgenau geklärt und gemeinsam gestaltet. Die Kooperationspartner der Stadt für die Besetzung der „lokal willkommen“-Teams sind das Diakonische Werk (Huckarde/Mengede) und die Arbeiterwohlfahrt (Hörde/Hombruch).
Das Konzept, das „lokal willkommen“ zugrunde liegt, versteht sich dabei als ein lernendes System, dessen konkrete Ausgestaltung auf die jeweiligen Anforderungen in den Quartieren reagiert, ähnlich wie bei den erfolgreichen Seniorenbüros. „Die Basisangebote sind verlässlich identisch, die konkrete Umsetzung variiert je nach lokaler Besonderheit“, so Sozialdezernentin Zoerner.
Jedes „lokal willkommen“-Büro kostet rund 110.000 Euro jährlich
Oberbürgermeister Ullrich Sierau weist darauf hin, dass die Stadt mit dem Netzwerk Pionierarbeit leistet. Nach wie vor besteht die dringende Erwartung, dass sich Bund und Land zu einer auch finanziell greifbaren Verantwortungsgemeinschaft zusammen finden. Jedes „lokal willkommen“-Büro schlägt mit rund 110.000 Euro jährlich zu Buche.
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Ev. Kirchenkreis
Veranstaltung von Kirche und Diakonie in der Pauluskirche:
Konkurrenz zwischen Flüchtlingen und Armen
Gibt es die Gefahr einer Konkurrenz zwischen Flüchtlingen und armen Einheimischen? Dieser Frage will eine Veranstaltung am 6. Juli in der Pauluskirche nachgehen. Viele Flüchtlinge sind in den vergangenen zwei Jahren auch ins Ruhrgebiet gekommen. Ihre Integration kostet Geld. Manche befürchten, dass die Armen für die Integration von Geflüchteten zahlen müssen, dass es einen Wettbewerb zwischen Flüchtlingen und Armen um Arbeitsplätze und bezahlbaren Wohnraum gibt. Außerdem gibt es noch die Rechtspopulisten, die den Konflikt anheizen und daraus Kapital schlagen wollen.
Um Probleme, Auswege und Irrwege bei der Integration von Geflüchteten zu benennen, laden der Evangelische Kirchenkreis Dortmund, das Diakonische Werk Dortmund Lünen sowie die Evangelische Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe am Donnerstag, 6. Juli, 19 Uhr, in die Pauluskirche, Schützenstraße 35, ein. An diesem Abend soll in Kurzvorträgen, Expertengesprächen und Diskussionen der Frage „Wer bezahlt die Zeche?“ nachgegangen werden. Mit dabei sind Stadträtin Birgit Zoerner, Prof. Dr. Benjamin Benz und Superintendent Ulf Schlüter.
Pfarrer Friedrich Stiller und Pfarrer Niels Back moderieren. Die Veranstaltung findet in Kooperation mit dem Netzwerk Ehrenamtliche in der Flüchtlingshilfe und dem Arbeitslosenzentrum statt. Sie ist Teil einer Veranstaltungsreihe „Schattenseiten des Ruhrgebiets im Jubiläumsjahr der Reformation“.
Anmeldung erbeten bei: Evangelischer Kirchenkreis Dortmund, Referat für Gesellschaftliche Verantwortung, E-Mail: rgv@ekkdo.de oder Telefon: (02 31) 84 94-3 73.