Leerstand ist vor allem ein Thema in den Stadtbezirken. „Wenn in der City ein Ladenlokal frei wird, findet sich in der Regel binnen von Wochen ein Nachmieter“, beschreibt Andreas Peppel vom Einzelhandelsverband-Westfalen-Münsterland die Situation. Anders sieht das in den Stadtbezirken aus: Ob in Derne, Westerfilde, Mengede oder Lütgendortmund – „Da ist die Situation schon problematisch“, so Peppel.
Weiße Flecken auf der Nahversorgungskarte
Diese Einschätzung teilt Sonja Gugel, Teamleiterin für Einzelhandelsentwicklung bei der Stadtentwicklung. Mal ganz abgesehen davon, dass es sogar weiße Flecken im Stadtgebiet gibt: In Deusen, Kirchderne, Jungferntal, Wichlinghosen oder Hacheney-Süd gibt es überhaupt kein Nahversorgungsangebot. Trotz größter Bemühungen seitens der Stadt, versichert Gugel. Das größte Problem: Es gibt kein zentrales Leerstandsmanagement. Die Stadt kann dies nicht leisten, weil dies zu personalintensiv wäre. Lediglich in einzelnen Stadtbezirken oder Quartieren gibt es dezentrale Kümmerer, zum Beispiel in Hörde oder auch in der Nordstadt (siehe Links am Ende).
Wohnungsleerstand und schwache Kaufkraft als Ursachen
Doch warum ist in bestimmten Stadtteilen die Leerstandsquote besonders hoch? Das liegt an der Situation vor Ort, Beispiel Westferfilde: Hier gibt es viel Wohnungsleerstand und wenig Kaufkraft. Das schlägt natürlich auf den Einzelhandel durch. Aber auch ein anderes Problem gibt es, das sich in jedem Stadtbezirk zeigt: Viele Eigentümer seien nicht bereit, in ihre Objekte zu investieren. „Wir haben viele veraltete Ladenlokale“, so Peppel. Dazu gehöre auch die fehlende Barrierefreiheit: „Jeder Stufe kostet tausende Euro Umsatz“, betont der Einzelhandelsexperte.
Zudem gebe es viele Orte mit dörflichen Strukturen. Häufig lägen dort die Einzelhändler im Streit, Konflikte würden teils über Generationen weitergetragen. Doch sie dürften sich nicht als Konkurrenten verstehen, sondern müssten sich als Partner für den Stadtbezirk engagieren. Ein positives Beispiel setze Brackel: „Dort kennt man sich und die Geschäfte arbeiten zusammen. Dann kann man auch was machen und etwas bewegen“, so Peppel.
Frequenzbringer sind der Schlüssel zum Erfolg für Fachgeschäfte
Ganz entscheidend seien allerdings auch Frequenzbringer. So sei die Situation in Eving noch recht gut, weil es dort große Geschäfte wie den Saturn gebe. Da falle auch für die kleinen Geschäfte noch etwas ab. Der Schlüssel seien aber die Nahversorger. Doch in den Ortsteilzentren wird es immer schwieriger, diese zu halten. „Ein moderner Nahversorger braucht mindestens 1600 Quadratmeter mit Getränkeshop und Parkplätzen. Doch die Flächen stehen häufig nicht mehr zur Verfügung“, erklärt der Einzelhandelsexperte. Dies ist auch das große Dilemma im Bereich des Borsigplatzes, wo nach der Schließung von Edeka und Aldi mehr als 11.000 Menschen kein Nahversorgungsangebot mehr haben. Mit negativen Auswirkungen auf die anderen Geschäfte: „Wo der Nahversorger verschwindet, verschwinden auch die Fachgeschäfte.“
Große Geschäfte an Ausfallstraßen schaden den kleinen Nahversorgungszentren
Ganz tödlich seien Neubauten an Ausfallstraßen. „Das ist ein Pfahl ins Herz des Einzelhandels“, so Peppel. Zum Glück steuere hier die Stadt Dortmund mit ihrem Masterplan Einzelhandel gegen. Auch der Konsultationskreis, in dem Stadt, IHK, ver.di und der Einzelhandelsverband vertraulich alle neuen Vorhaben erörtern und eine Empfehlung für den Rat erarbeiteten, habe sich als sehr effektiv erwiesen.
„Wir schätzen die Arbeit der Wirtschaftsförderung. Das Dienstleistungszentrum Wirtschaft hat erkannt, dass viel Arbeit in den Stadtbezirken wartet“, so Peppel. Ob das Programm der Wirtschaftsförderung in der Nordstadt jedoch Früchte tragen werde, kann der Einzelhandelsverband allerdings noch nicht beurteilen. Er selbst hat in der Nordstadt zu kämpfen, weil es dem Verband dort viel schwerer fällt, Mitglieder zu gewinnen. „Es ist ja kein Geheimnis, dass Tante Emma von Onkel Mehmet abgelöst worden ist.“ Daher müssten die Verantwortlichen noch stärker mit den Migranten und ihren Organisationen zusammen arbeiten. In Hamm habe sich das schon etabliert: Dort gibt es den Verein selbständiger Migranten.
Bürgerschaftliches Engagement als Möglichkeit gegen Leerstand
Dass sich bürgerschaftliches Engagement auszahlen könne, zeige der Blick auf ein Projekt in Gelsenkirchen-Buer. Nach der Schließung des Hertie-Kaufhauses haben Bürger die Liegenschaft gekauft und mit Geschäfts- und Dienstleistungsflächen sowie Wohnungen wiederbelebt. Bericht zu diesem Projekt auf derWesten.de.
Aktivitäten gegen Leerstand und Einzelhandelsprobleme in der Nordstadt:
- Immobilienbörse wirbt für neue Nutzungen und Ideen
- Neues Leben in leeren Ladenlokalen
- Einzelhandel in der Nordstadt: Handlungsdruck am Borsigplatz und in der Münsterstraße
- Der letzte Supermarkt schließt: Kein Nahversorger mehr für 11.000 Bewohner am Borsigplatz