Zu Beginn des sechsten Verhandlungstages im Mordprozess Nicole-Denise Schalla stellte der Angeklagte Ralf H. einen Befangenheitsantrag gegen das Gericht. Im Prozessverlauf hatten er und sein Anwalt Gencer Demir schon mehrfach die Prozessführung bemängelt. Die Seite der Verteidigung sei nicht als Partei in die Prozessführung eingebunden. So hätte man oftmals nur kurzfristig von Zeugenladungen und Beweismitteln, die in den Prozess eingebracht wurden, erfahren.
Angeklagter bezeichnet bisherigen Prozess als „rechtsstaatliche Achterbahnfahrt“
Während die Staatsanwaltschaft sich schriftlich äußern wird, wies Nebenklägervertreterin Arabella Pooth den Antrag entschieden zurück. Die zuständigen RichterInnen der 39. Strafkammer des Landgerichtes Dortmund werden bis zum nächsten Prozesstag, am 20. Februar 2019, über den Antrag entscheiden.
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Eine lange Liste von angeblichen Verfehlungen hielt der 53-jährige Angeklagte dem Gericht vor und bezeichnete den bisherigen Prozess als „rechtsstaatliche Achterbahnfahrt“. Angefangen mit seiner Festnahme aufgrund eines einzelnen Indizes und seiner fortdauernden Inhaftierung über unzureichende Akteneinsicht bis hin zu Prozessverschleppung reichen die Vorwürfe.
Gute 20 Minuten trug er dem Gericht unter Vorsitz von Richter Peter Windgätter seine Klage vor, bezweifelte die Zulässigkeit diverser Zeugen und Beweismittel, stellte Gutachten in Frage und gab sogar die Einflussnahme des Vorsitzenden Richters als Grund dafür an, sich von seinem Pflichtverteidiger Giebeler getrennt zu haben.
Aufgrund eines einzelnen Indizes finde eine „Treibjagd“ auf ihn als Angeklagten statt. Das Gericht räumte dem Angeklagten seine Zeit ein und hörte sich die Vorwürfe an. Die Staatsanwaltschaft will sich schriftlich zum Antrag äußern, während Nebenklage-Vertreterin Arabella Pooth die Abweisung der Klage beantragte.
Arabella Pooth: „Der Angeklagte hat viel geredet aber wenig gesagt.“
Bei dem Antrag habe es sich aus ihrer Sicht vielmehr um ein abschließendes Plädoyer gehandelt als um einen Befangenheitsantrag. Diese Form unterstreiche in ihren Augen das narzisstisch-dissoziale Persönlichkeitsbild des Angeklagten, das durch einen Gutachter im Rahmen des Prozesses diagnostiziert wurde. Ralf H. wolle durch die Klage eine Art Kontrolle über die Prozessführung erlangen.
Natürlich sei es das Recht des Angeklagten, einen solchen Antrag zu stellen. Allerdings sehe die Strafprozessordnung vor, bei Bemängelung der Prozessführung zeitnah zu klagen. Dies sei jedoch nicht erfolgt und es sei auch normal, dass ein Angeklagter nicht mit allen Aspekten einer Prozessführung einverstanden sei.
„Der Angeklagte hat in seiner Klage sehr viel geredet aber wenig gesagt“, so Pooth. Ralf H.’s Anwalt Demir machte klar, dass die Klage strafprozessuales Recht seines Mandanten sei und verwehrte sich der Aussage Pooths, dies habe etwas mit einer narzisstisch-dissozialen Störung zu tun. Er bat das Gericht, die laienhafte Form des Antrages zu entschuldigen. Ralf H. sei nun mal kein ausgebildeter Jurist.
Nach Verlesung des Antrags wurden allen Parteien Kopien ausgehändigt und der Antrag in die Prozessführung aufgenommen. Die zuständigen RichterInnen der 39. Strafkammer des Dortmunder Landgerichtes werden bis zum 20. Februar über die Klage urteilen.
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