In einem offenen Brief an das Projektteam Emissionsfreie Innenstadt hat der Kreisverband Dortmund-Unna des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) Stellung zu den Plänen der Stadt zur neuen Radverkehrsführung auf dem Wallring bezogen. Ausdrücklich betonen die Freund*innen ökologischer Fortbewegungsformen dabei, sich nicht für eine der vier Varianten aussprechen zu wollen, über die im politischen Dortmund gegenwärtig debattiert wird. Zumal es bei den vier Planfällen lediglich um die Umfahrung der Innenstadt über den Wall geht. Dieses Problem ist für den VCD aber lediglich ein Teilaspekt – und in seine Augen nicht einmal der relevanteste – für die von ihm angestrebte, umfassende Verkehrswende hin zu ökologischen Mobilitätsformen.
Verbesserung der Aufenthaltsqualität in Dortmunder Innenstadt soll Einzelhandel zugutekommen
In dem an Projektleiter Andreas Meißner gerichteten Brief betonen die Aktivist*innen: „Uns kommt es auf die gesamte Verkehrssituation auf dem Wall, innerhalb des Wallrings sowie auch im Umfeld der City an. Dazu erlauben wir uns einige grundsätzliche Anmerkungen – die für jeden der vorgestellten Planfälle wichtig sind. Wir verfolgen dabei das Ziel einer Verkehrswende für die gesamte Stadt, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt“ ___STEADY_PAYWALL___
Auf dem Dortmunder Wallring sollen die Verkehre langfristig so neu organisiert werden, dass mehr Raum für Rad- und Fußverkehr, qualitativ wertigen Aufenthalt und Begrünung geschaffen wird – mit dem Fernziel einer (weitgehend) emissionsfreien Innenstadt. Mit den vier Planentwürfen für die Neugestaltung und vor allem Neuverteilung des Verkehrsraums wird deutlich: die Umgestaltung muss zwingend zulasten des Autos, insbesondere des motorisierten Individualverkehrs gehen, sollen die Umweltziele erreicht werden.
Dass dies nicht zwingend auf Kosten des Handels in der Dortmunder Innenstadt zu gehen braucht, wie von so manchen befürchtet, da sind sich die Akteure sicher: Sie verweisen auf eine durch die Umgestaltung der Verkehrsflüsse erzielte Aufwertung der City wie des gesamten öffentlichen Raumes und der dortigen Aufenthaltsqualität. Soll heißen: je attraktiver die Innenstadt in diesem Sinne für Besucher*innen wird, desto günstiger die Perspektiven für den nicht erst durch Corona stark gebeutelten Dortmunder Einzelhandel.
Konsequenter Vorrang des Fußverkehrs im gesamten Bereich der Dortmunder Innenstadt
Wenn, wie von der Stadtverwaltung gewollt, dem Fußverkehr in der City der Vorrang gebühren soll, dann zöge dies nach Auffassung des VCD entsprechende Konsequenzen nach sich: die Knotenpunkte auf dem Wall seien dann auch fußverkehrsfreundlich zu gestalten, indem die Querung in einem Zug und vor allem sicher gewährleistet würde.
Auch Fußverkehrsanlagen entlang des Walls müssten deutlich verbessert werden; Fußgänger*innen sei überall ausreichend Platz einzuräumen – gegebenenfalls auf Kosten des ruhenden Verkehrs. Sprich: weniger Parkraum. Auch sei eine Verbesserung der Fußverkehrsführung vonnöten. Als Beispiel führt der VCD die Situation im Bereich der Bibliothek am HBF an, wo es zu Konflikten mit dem Radverkehr käme, weil sich die Gehführung dort nicht erschlösse und deshalb Fußgänger*innen auf den schmalen Radstreifen auswichen.
Innerhalb des Wallrings sollte der Fußverkehr nicht nur auf wenigen Achsen, sondern überall Vorrang genießen, heißt es seitens des VCD. „Ausreichend Flächen zum Gehen, Verweilen und Spielen sind vorzuhalten und neu zu schaffen. Auf dem Boulevard Kampstraße sollten Fuß- und Radverkehr möglichst getrennt, also eigene Spuren für den Radverkehr eingerichtet werden (ohne eine Schnellverbindung zu schaffen). Dem Charakter des Boulevards als Fußverkehrsachse tut das keinen Abbruch.“ Gegenüber querendem Radverkehr sollten die Fußverkehrsachsen (etwa auf dem Hellweg) mit dem dortigen Verkehr Vorrang genießen.
Wallring soll zum Radwall werden: Verlust von Verkehrsflächen für Autos unumgänglich
Wie im Projekt Emissionsfreie Innenstadt vorgesehen, sollten nach Vorstellung des VCD innerhalb des Wallrings dem Radverkehr jeweils eine Nord-Süd- und eine Ost-West-Achse (Brüderweg/Kampstraße/Westentorallee) – anders als etwa von der CDU mit Rücksicht auf den Weihnachtsmarkt gewünscht – ganzjährig zur Verfügung stehen, auf der Kampstraße mit eigener Spur (ohne dass hier ein Schnellweg entsteht). „Im gesamten City-Bereich sind dezentrale, hochwertige (teils auch überdachte) Radabstellanlagen zu schaffen.“
Auf dem Wallring soll der Radverkehr auf dem gesamten Außenring ermöglicht werden, also neben dem Autowall auch zum Radwall werden. So ist das bislang in allen vier Planfällen vorgesehen. In allen vorliegenden Entwürfen wird jedoch ebenfalls deutlich: dies dürfte aus Platzgründen, ohne den Wegfall von mindestens zwei Fahrstreifen kaum zu bewerkstelligen sein. Doch auch in der gesamten Stadt möchte der Verkehrsverein die Radwegeinfrastruktur ausbauen, einschließlich hochwertiger Zufahrten in die City.
Wie das später im Einzelnen aussehen kann, ist so offen wie komplex und abhängig von einer Reihe von Umgebungsparametern. Die Debatte über die verschiedenen Planentwürfe wird gegenwärtig in den kommunalen Gremien geführt. Ginge es zumindest nach den Dortmunder Christdemokrat*innen, bliebe es bei den anvisierten Radquerungen durch die Innenstadt von Nord nach Süd und West nach Ost unter Verzicht einer Umfahrungsoption.
Ruhende Verkehre in der Innenstadt: weitgehende Beschränkung auf Parkbauten
Ruhenden Kfz-Verkehr soll es nach Auffassung des VCD innerhalb des Wallrings in Parkbauten geben. Straßenbegleitendes Parken bildete die Ausnahme und wäre nur noch möglich für: „Professionellen und privaten Lieferverkehr, Bau- und Dienstfahrzeuge, Taxen, Rettungsfahrzeuge, Kranken- und Behindertentransporte, Car-Sharing und für Anwohner*innen mit Ausweis. Das schafft insbesondere Platz für eine ansprechende Gestaltung der City, mehr Außengastronomie, mehr Grünflächen, ggf. neue Plätze sowie für den Fußverkehr“, heißt es in dem offenen Brief der Umweltfreund*innen.
Analog dazu möchte der VCD den fließenden Kfz-Verkehr innerhalb des Wallrings „weitgehend auf die Zufahrten zu Parkbauten konzentriert“ sehen, wobei Ausnahmen nur für vorgenannten Gruppen gelten sollten. Anlieferungen innerhalb des Wallrings sollen möglichst mit Lastenrädern oder E-Fahrzeugen geschehen. Und eine Geschwindigkeitsbegrenzung möchten die Akteure ebenfalls einführen: innerhalb des Rings Tempo 20 und auf dem Wall selbst Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit, „um Emissionen zu reduzieren (Lärm und Schadstoffe) und die Verkehrssicherheit zu erhöhen“.
Weiter heißt es: „Das Burgtor sollte im Zuge der Umgestaltung des Walls für nicht notwendigen Kfz-Durchfahrtverkehr aus und in Richtung Norden gesperrt werden. Die Bornstraße wird zur B54. Denn die Bornstraße ist besser geeignet als Bundesstraße und hat in ihrer Fortführung einen Anschluss an die A2 (anders als die jetzige B54). Die Umwidmung dürfte den Durchgangsverkehr auf den Ostwall kanalisieren.“
All diese Umgestaltungsmaßnahmen könnten „nur im Zuge einer weitreichenden Verkehrswende funktionieren. Das ÖPNV-Angebot ist entsprechend deutlich auszuweiten. Auf dem Wall sollte künftig wieder Busverkehr möglich sein“. Auch das P+R-Angebot inner- und außerhalb von Dortmund müsse deutlich ausgeweitet und mit neuen Tarifangeboten beworben werden, fordert der VCD. Neue Tarifangebote müssten dazu geschaffen werden. Ebenso sollte „das Carsharing mit eigenen, kostenfreien oder kostengünstigen Stellplätzen auch innerhalb der City oder am Cityrand“ gefördert werden.
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