Ende 2020 gab es in Dortmund rund 52.000 Minijobber*innen, das sind rund 3.800 weniger als im Jahr davor. Vor allem im Gastgewerbe war mit rund 1.500 ein hoher Rückgang von 21,5 Prozent der Minijobs zu verzeichnen. Das bedeutet: Tausende Dortmunder*innen haben in der Corona-Pandemie ihre Jobs verloren und landeten zum Teil in Hartz IV. Der DGB fordert angesichts dieser Zahlen eine Minijob-Reform.
„Gerade in Krisenzeiten müssen sich Beschäftigte auf ein soziales Sicherungsnetz verlassen können“
„Menschen in Mini-Jobs wurden in der Pandemie als erste vor die Tür gesetzt. Vor allem Frauen wird die Möglichkeit einer eigen-ständigen Existenzsicherung verwehrt, da vielen nur die viel zu niedrigen Leistungen der Grundsicherung verbleiben“, erläutert Jutta Reiter, DGB-Vorsitzende in Dortmund.
„Sie mussten dadurch bittere Einkommensverluste einstecken und haben Probleme, überhaupt ihren Lebensunterhalt zu sichern. Gerade in Krisenzeiten müssen sich Beschäftigte aber auf ein soziales Sicherungsnetz verlassen können. Minijobs lösen dieses Versprechen nicht ein“, so Reiter.
Denn dem vermeintlichen Vorteil eines Brutto-für-Netto-Verdienstes stehen Niedriglöhne und Altersarmut gegenüber. Außerdem sind geringfügig Beschäftigte von der Arbeitslosenversicherung ausgeschlossen, daher erhalten sie weder Kurzarbeiter-, noch Arbeitslosengeld. Der DGB kritisiert wegen seiner gravierenden Nachteile für Beschäftigte schon lange das „System Minijob“ und setzt sich für eine Umwandlung aller Minijobs in sozial abgesicherte Beschäftigung ein.
IG BAU fordert Reform: Minijobs sollen ab dem ersten Euro sozialversicherungspflichtig werden
In das selbe Horn stößt die Industriegewerkschaft Bauen- Agrar-Umwelt: „Der Rückgang zeigt, dass Minijobs alles andere als krisenfest sind. In unsicheren Zeiten kürzen Firmen zuerst bei den 450-Euro-Kräften, die allerdings weder Anspruch auf das Kurzarbeiter- noch auf das Arbeitslosengeld haben“, kritisiert Gabriele Henter. Die Bezirksvorsitzende der IG BAU Bochum-Dortmund fordert, Lehren aus der Pandemie zu ziehen und Betroffene besser zu schützen. Minijobs müssten ab dem ersten Euro sozialversicherungspflichtig werden.
In der Gebäudereinigung seien prekäre Arbeitsverhältnisse besonders stark verbreitet und würden insbesondere für Frauen zum Karriere- und Armutsrisiko. Laut Arbeitsagentur zählten die Reinigungsfirmen in Dortmund Ende 2020 rund 3.100 Beschäftigte, die einen Minijob als alleiniges Einkommen haben. Das sind 40 Prozent aller Arbeitnehmer*innen in der Branche. Die IG BAU rät Beschäftigten, die während der Pandemie ihren Minijob verloren haben oder um dessen Verlust fürchten, Hilfe bei der Gewerkschaft zu suchen.
„Die Politik setzt mit den abgabenfreien Minijobs schon seit Jahren falsche Anreize“
„Die Politik setzt mit den abgabenfreien Minijobs schon seit Jahren falsche Anreize. Die Corona-Krise hat klargemacht, dass diese Stellen eine arbeitsmarktpolitische Sackgasse sind. Es ist höchste Zeit, die Sozialversicherungsfreiheit für 450-Euro-Jobs abzuschaffen“, so Henter.
Nur wenn für die Beschäftigten künftig Beiträge zur Arbeitslosen-, Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung gezahlt würden, könnten sie wirksam geschützt werden.
Es sei zu begrüßen, dass sich auch SPD, Grüne und Linke für eine grundlegende Reform der Minijobs einsetzten. Die nächste Bundesregierung müsse das Thema dringend anpacken. Die von der Union geforderte Anhebung der Verdienstgrenze auf 550 Euro sei hingegen der falsche Weg und würde die prekäre Beschäftigung ausbauen, statt sie einzudämmen, warnt die IG BAU.
Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung sind im Zuge der Corona-Pandemie bundesweit 870.000 Minijobs verloren gegangen. Die Autoren plädieren dafür, solche Stellen in die Sozialversicherungspflicht einzubeziehen und gleichzeitig niedrige Einkommen deutlich geringer zu besteuern. Damit könnten bis zum Jahr 2030 knapp 170.000 zusätzliche Teilzeit-Jobs entstehen.
Mehr zum Thema bei nordstadtblogger.de:
Reader Comments
Telefon-Hotline für Frauen in Mini-Jobs (PM)
Dieses Angebot ist eine Kooperation des DGB Dortmund Hellweg, der Beratungsstelle Arbeit der AWO Dortmund, des Frauenzentrums Dortmund 1980 e.V., der Regionalagentur Westfälisches Ruhrgebiet, des Jobcenter Dortmund sowie des Gleichstellungsbüros der Stadt Dortmund.
Am 24. März, von 17 bis 20 Uhr, können sich Dortmund Frauen in Mini-Jobs unter der Telefonnummer 0231- 17 72 88 50 beraten lassen. Es genügt ein Anruf, um die ersten unbürokratischen Informationen zu einem vielleicht schon länger schwelenden Problem zu erhalten. Die Ansprechpersonen der Hotline geben fachliche Auskünfte oder verweisen bei komplizierteren Sachverhalten an entsprechende Stellen. Alle Anfragen werden anonym behandelt.
Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.