Im Ausschuss für Umweltschutz, Stadtgestaltung und Wohnen (AUSW) wurde im Zusammenhang mit dem Luftreinhalteplan ausgiebig über einen von der SPD-Fraktion eingebrachten Antrag debattiert. Die Eingabe ist eine Reaktion auf die Klage der Deutschen Umwelthilfe gegen die Bezirksregierung in Arnsberg aufgrund erhöhter Emissionswerte in einigen Innenstädten NRW’s, darunter Dortmund. Sollte die Klage Erfolg haben, drohen Dieselfahrverbote für alle Fahrzeugtypen in den Innenstädten. Von Anfang an war im Stadtrat fraktionsübergreifend klar, dass man Fahrverbote um jeden Preis vermeiden wollte. Doch nun macht die SPD eine Kehrtwende, und spricht sich für ein ganztägiges LKW-Fahrverbot auf der B1 aus. Während Linke & Piraten und Bündnis 90/Die Grünen von diesem Schritt positiv überrascht sind, spricht die CDU davon, dass die Debatte langsam nicht mehr lustig sei und unterstellt der SPD Uneinigkeit in den eigenen Reihen.
Antrag beinhaltet weitere Maßnahmen zur Schadstoff- und Lärmreduzierung
In ihrem Antrag beschreibt die SPD nun weitere vorbeugende Maßnahmen zur Schadstoff- und Lärmreduzierung, um ein komplettes Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in der Innenstadt zu vermeiden. Dies wäre nach Auffassung der Sozialdemokraten die zu erwartende Folge, sollte die Klage der Umwelthilfe Erfolg haben.
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Neben dem LKW-Fahrverbot fordert die SPD, die Maßnahmen zur Lärmreduzierung an den Autobahnen A1, A2 und A45 zu intensivieren. Der Antrag sieht vor, an den Dortmunder Teilstücken der Autobahnen Tempolimits von 100 km/h einzuführen und weitere Maßnahmen zur Lärmreduzierung umzusetzen. Außerdem sollten zusätzliche Stickstoffdioxid-Messstationen im Bereich von Wohnbebauung entlang der Strecken installiert werden.
Ein dritter Punkt, der im Rahmen des Luftreinhalteplans eine wichtige Rolle für die SPD spielt, ist die Attraktivierung des Öffentlichen Personennahverkehrs. Im Antrag der SPD-Fraktion wird der Vorschlag präsentiert, ein für städtische MitarbeiterInnen kostenloses Ticket einzuführen. Als Alternative wird die Idee eines 365-Euro-Jahrestickets (1 Tag = 1 Euro) für alle NutzerInnen offeriert.
Zwei Ticketvarianten zur Attraktivierung des ÖPNV zur Prüfung vorgeschlagen
Durch die Angebote sollen mehr Menschen dazu gebracht werden, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen, was sich wiederum positiv auf die NO2-Werte auswirken würde. Die SPD verlangt von der Stadtverwaltung die Machbarkeits- und Wirtschaftlichkeitsprüfung beider Modelle.
„Durch die Maßnahmen, die wir in unserem Antrag beschreiben, wollen wir eine Entwicklung für Dortmund anstoßen und komplette Dieselfahrverbote in der Innenstadt vermeiden, um Handwerkern und Dienstleistern weiter einen reibungslosen Arbeitsablauf zu garantieren“, erläutert Carla Neumann-Lieven die Intention der SPD-Fraktion.
Man habe es sich mit dem Luftreinhalteplan nicht einfach gemacht. Es sei zu beachten, dass die im Zusammenhang mit der Attraktivierung des ÖPNV angedachten Ticketideen, der Verwaltung zur Prüfung vorgelegt würden. Man habe hier nicht einfach Kosten in den Haushalt übernehmen wollen, sondern müsse prüfen, welche Variante sich für die Stadt Dortmund als wirtschaftlicher erweise.
Kreishandwerkerschaft unterstützt den Antrag der SPD-Fraktion
In der verlogenen Politik der Automobilindustrie und der Inkonsequenz der Bundesregierung sieht ihr Kollege und Fraktionssprecher der SPD, Norbert Schilff, den Ursprung für die Probleme, die durch die erhöhten Schadstoffbelastungen entstanden sind. Es gelte nun, die heimische Wirtschaft vor kompletten Fahrverboten zu schützen.
Man habe sich vorher mit der Kreishandwerkerschaft intensiv besprochen und diese sei von dem neuen Antrag sehr angetan gewesen. Erst im Anschluss daran habe man das Papier in der Fraktion formuliert.
In Bezug auf die Ticketideen betont auch er den Prüfungsstatus im Antrag. „Wir sind der Auffassung, dass die gesamte Finanzierung des ÖPNV auf neue Füße gestellt werden muss“, so Schilff. Denn mindestens seit den letzten zwei Tariferhöhungen des VRR sei festzustellen, dass immer mehr Menschen ihre Abos aufgeben würden.
Zuspruch aber auch Kritik seitens der Grünen
Sowohl das Bündnis 90/Die Grünen als auch Linke & Piraten stehen dem Antrag der SPD positiv gegenüber. „Wir waren überrascht, aber haben uns sehr über den Antrag der SPD-Fraktion gefreut. Wir begrüßen es sehr, dass auch die SPD sich stärker mit dem Thema des innerstädtischen LKW-Verkehrs befasst“, so Matthias Dudde von den Grünen.
Beim Thema LKW-Fahrverbot auf der B1 sei man einer Meinung und auch mit den Vorschlägen zum ÖPNV-Ticket könne man sich anfreunden. Für die Grünen sei es aber immens wichtig, das Thema Sozialticket nicht aus den Augen zu verlieren. Aber aus den Reihen der Grünen wurde auch Kritik laut.
So merkte Ursula Hawighorst-Rüßler an, für sie sei der Antrag lediglich ein öffentlichkeitswirksamer Schauantrag. Denn die Lösung durch ein LKW-Fahrverbot auf der B1 ein komplettes Fahrverbot für Dieselfahrzeuge zu verhindern, sei von den Grünen schon seit November letzten Jahres in die Debatte eingebracht worden.
Linke werfen CDU vor, durch Untätigkeit Fahrverbote zu provozieren
In Bezug auf ein Fahrverbot für Fahrzeuge der Euronorm drei und vier, das durch einen entsprechenden Antrag der CDU-Fraktion zum Thema geworden war, hatten die Grünen darauf aufmerksam gemacht, dass dies nicht reichen würde, die Schadstoffwerte positiv zu beeinflussen und daraufhin das nun von der SPD-Fraktion beantragte LKW-Fahrverbot auf der B1 vorgeschlagen.
Als ungewöhnlich progressiv bezeichnete Linkenabgeordneter Christian Gebel den SPD-Antrag. Seine Fraktion sei positiv überrascht gewesen. Sie äußerten lediglich den Wunsch einer kleinen Umformulierung darin, um beide und nicht nur eine der angedachten Ticketideen einer Prüfung zu unterziehen. Ansonsten könne die Fraktion dem Antrag zustimmen.
Parteigenosse Utz Kowalewski freut sich über die positiven Entwicklungen und hofft, dass die Inhalte des Antrags auch bei der CDU noch nachwirken würden. „Für mich ist die CDU mit ihrer Nichts-Tun-Strategie eines der größten Risiken für ein komplettes Dieselfahrverbot. Sie verweigern einfach sämtliche Maßnahmen, was vorm Oberverwaltungsgericht in Münster zwangsläufig zu Fahrverboten führen wird“, so Kowalewski.
Für die CDU ist die Mehrbelastung anderer Stadtbezirke inakzeptabel
Gegen diese Darstellung wehrt sich der planungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Uwe Waßmann. Der Vorschlag der CDU für Fahrverbote von Fahrzeugen der Euroklasse drei und vier sei ein Kompromissvorschlag der Partei gewesen, um nicht diejenigen zu bestrafen, die durch teure Investitionen ihren Fuhrpark erneuert hätten, um dann nicht mehr in der Innenstadt fahren zu dürfen.
Waßmann ärgert und wundert sich über den Positionswechsel der SPD, mit der man lange Zeit einig gewesen sei. Plötzlich würden sich politische Mehrheiten ändern, die vorher komplett andere waren. Er unterstellt der SPD Uneinigkeit in den eigenen Reihen.
Es sei nicht akzeptabel, durch das LKW-Fahrverbot andere Stadtbezirke, die dann über Ausweichrouten stärker frequentiert würden, zusätzlich zu belasten. „Im Grunde sind wir grundsätzlich gegen Dieselfahrverbote. Unser Vorschlag für Verbote der Dieselfahrzeuge der Euronorm drei und vier war lediglich ein Kompromiss, um der Klage der Deutschen Umwelthilfe entgegen zu wirken“, so Waßmann.
Industrie- und Handelskammer lehnt Fahrverbote strikt ab
Selbst wenn das LKW-Fahrverbot durchgesetzt würde, sei die Polizei nicht in der Lage, die Einhaltung der Regelung auch zu kontrollieren. Und auch wenn die Handwerkskammer dem Antrag der SPD-Fraktion positiv gegenüber stehe, sei es weiterhin Fakt, dass die Industrie- und Handelskammer das Fahrverbot strikt ablehnt.
Außerdem habe die Bundesregierung ein Gesetz erarbeitet, welches noch nicht in Kraft getreten sei, dass in absehbarer Zukunft jedoch die Erhöhung der zulässigen Grenzwerte der Luftbelastung festschreiben würde. Es sei also grundsätzlich fraglich, ob die Grundlage für die Fahrverbote dann überhaupt noch gegeben sei.
Die drohende Fahrverbotskeule würde von der Deutschen Umwelthilfe gezielt genutzt, um Druck auszuüben, dabei sei noch lange nicht klar, ob sich verhangene Fahrverbote auch auf bundesrechtlicher Ebene legitimieren würden.
CDU und AfD äußern ihre Skepsis bezüglich der Deutschen Umwelthilfe als Klägerin
Zudem sei die Deutsche Umwelthilfe als Klägerin mit Skepsis zu betrachten. Auch von anderen Parteien wird der Umwelthilfe unter anderem Lobbyismus zugunsten der Automobilindustrie vorgeworfen. Denn bei Dieselfahrverboten sei der vermehrte Absatz von Neuwagen nach der neuen Euronorm, Benzinern oder auch E-Fahrzeugen zu erwarten. Die CDU halte weiterhin an ihrem Antrag auf Fahrverbote für Fahrzeuge der Euronorm drei und vier fest.
Nach Abschluss der Debatte ließ Ausschussvorsitzende Ingrid Reuter (Grüne) die Fraktionen abstimmen. Der CDU-Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt. Der SPD-Antrag wurde von allen Fraktionen gegen die der CDU mehrheitlich angenommen. Der Stadtrat wird sich in seiner Sitzung am 28. März nun mit dem SPD-Antrag befassen.
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