Eigentlich ist es „nur“ ein formaler Hinweis, dass auch Dortmunder Diesel-FahrerInnen, die Beziehungen nach Bochum pflegen, die Umtauschprämie oder Hardware-Nachrüstung in Anspruch nehmen können. Doch das Thema bringt OB Ullrich Sierau schnell auf die Palme – die drohenden Dieselfahrverbote – aber mehr noch das Regierungs(nicht)handeln in Berlin.
Umtauschprämie und Hardware-Nachrüstung für DortmunderInnen
In der Sitzung des Koalitionsauschusses am 1./2. Oktober 2018 hatte die Bundesregierung mit dem „Konzept für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität in unseren Städten“ bekannt gegeben, dass DieselfahrerInnen, die in 15 ausgewählten Städten mit besonders hoher Belastung von mehr als 50 Mikrogramm NO2/m3 wohnen, von den Automobilherstellern ein attraktives Angebot zum Fahrzeug-Umtausch für Euro IV/V Diesel gemacht wird.
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Als zweite Möglichkeit sollen die Automobilhersteller eine Kostenübernahme für eine Hardware-Nachrüstung für Euro V-Fahrzeuge gewähren. Diese beiden Angebote sollen auch für BewohnerInnen der an die 15 Städte angrenzenden Landkreise gelten. Bochum ist eine der genannten „Intensivstädte“.
Das Bundesverkehrsministerium hat nun auf Nachfrage bestätigt, dass DieselbesitzerInnen aus Dortmund ebenfalls diese Möglichkeiten offenstehen, da das Stadtgebiet Dortmunds an die besonders belastete Stadt Bochum angrenzt. Dies gilt auch, obwohl die kreisfreie Stadt Dortmund formal kein Landkreis ist.
Was bedeutet eigentlich das „Einpendeln“ nach Bochum?
Allerdings bezieht sich die Regelung auf „EinpendlerInnen“ nach Bochum. Ob und wie das kontrolliert oder geprüft wird, ist allerdings offen. „Es gibt keine Definition, was einpendeln bedeutet“, betont Dortmunds Planungsdezernent Ludger Wilde. „Ich gehe davon aus, dass nicht nicht nur Berufspendler, sondern auch andere Beziehungen gemeint sind.“
Die Stadt empfiehlt daher, beim Neukauf bei den Händlern in Dortmund entsprechend großzügige Prämien einzufordern. „Ich hoffe, dass da nicht differenziert wird und man in großzügiger Weise von Umtausch Gebrauch machen wird“, so Wilde.
Eine unbefriedigende Aussage: „Sie können nachvollziehen, dass unsere Freude über das Regierungshandeln auf anderen Ebenen überschaubar ist“, machte Sierau nicht nur mit Blick auf diesen Punkt deutlich. Er ließ daher auch seine Teilnahme am Gipfel in Berlin Revue passieren. Denn zum dritten Diesel-Gipfel waren erstmals auch Kommunen eingeladen – sie sind die Leidtragenden vom Nicht-Handeln der Regierung.
OB macht seinem Frust über das (Nicht-)Handeln der Bundesregierung Luft
„Die (auf den ersten Gipfeln; Anm.d.Red.) versprochenen Millionen sind nicht geflossen. Man hatte den Eindruck einer Showveranstaltung“, ärgert sich Sierau. Erst mit der Einladung zum dritten Gipfel sei „hektisches Regierungshandeln“ ausgebrochen. Tage zuvor und teils noch während des Gipfels habe es erste Bewilligungsbescheide für die Städte gegeben. „Das sollte Dynamik und Handlungsfähigkeit demonstrieren, war aber an Peinlichkeit nicht zu überbieten“, schimpfte Sierau im Verwaltungsvorstand.
Denn auch die Fakten- und Wissenslage auf Seiten der Kanzlerin und ihres CSU-Verkehrsministers Scheuer sei überschaubar gewesen. Diese hätten zudem versucht, den Kommunen den „Schwarzen Peter“ zuzuschieben. Diese müssten das Problem in den Rathäusern zur Chefsache machen.
Für die Anwesenden Stadtoberhäupter ein Hohn. Seit Jahren hätten diese die Probleme benannt, die sie aber selbst nicht lösen könnten. Zudem würden nicht die Städte beklagt. Für die Luftreinhaltung sind die Bezirksregierungen und damit das jeweilige Bundesland zuständig. „Wir haben mächtig Contra gegeben!“
Versäumnisse auf Seiten der Automobilindustrie und des Kraftfahrtbundesamtes
„Aber die Täter sind ganz andere, das ist die Automobilindustrie. Sie haben keine Anstalten gemacht, sich der Luftreinhaltung zu verpflichten. Und die Rolle des Kraftfahrtbundesamtes wird man sich zukünftig näher ansehen, auch wenn es um die Schadensersatzklagen geht“, machte der OB seinem Ärger Luft.
Rückblickend sei der Diesel-Gipfel „alles andere als ein erfreulicher Termin“ gewesen. Von Seiten des Bundes habe man sich damit „rausgerettet“, dass noch mal 500 Millionen Euro draufgelegt habe – unter anderem für die Anschaffung von Elektro-Bussen und die Nachrüstung von Handwerker-Fahrzeugen.
„Aber schon witzig, weil die von der deutschen Wirtschaft nicht geliefert werden können. Es gibt die nur in China und Osteuropa. Und die Qualität ist fraglich“, so der OB. Und die angekündigte Nachrüstung von Handwerker-Fahrzeugen wertete Sierau als „Show-Effekt für Landtagswahlen“ in Bayern und Hessen. Die Ankündigung sei nur Kulisse, weil es für die Umrüstung de facto keine zertifizierten Umrüstsätze gebe.
Das Thema wird Dortmund daher weiter begleiten….
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SPD-FRaktion (Pressemitteilung)
„SPD-Ratsfraktion stellt Antrag für Maßnahmen zur Reduzierung der Schadstoffemissionen durch den Verkehr in Dortmund
Für die morgige Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Stadtgestaltung und Wohnen hat die SPD-Ratsfraktion einen Antrag mit einem bunten Strauß an Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität in der Stadt Dortmund eingebracht.
„Mit dem Antrag wollen wir zum einen die Schadstoffemissionen durch den Verkehr in Dortmund verringern und damit die Gesundheit der Bevölkerung schützen. Zum anderen soll hiermit auch verhindert werden, dass es zu einem kompletten Dieselfahrverbot auf einzelnen Straßen oder gar ganzen Zonen des Dortmunder Stadtgebietes kommt“, kommentiert die Sprecherin der SPD-Fraktion im Ausschuss für Umwelt, Stadtgestaltung und Wohnen, Monika Lührs.
Teil dieser Maßnahmen ist ein ganztägiges LKW-Fahrverbot für den Durchgangsverkehr auf der B1. Hierdurch soll die Schadstoffbelastung durch LKWs auf der B1 reduziert werden. Betroffen sind LKWs, die nicht ein Ziel in der Stadt Dortmund anfahren oder von hieraus starten. Sie sollen nun frühzeitig umgeleitet werden. Auch an der Brackeler Straße sollen mehrere Maßnahmen getroffen werden, wie z.B. die Einrichtung einer Tempo 30-Zone zwischen Im Spähenfelde und Borsigplatz sowie die Einrichtung einer Busspur zwischen der Westfalenhütte und Im Spähenfelde.
Um die Belastungen durch den wahrscheinlich zunehmenden LKW-Verkehr auf dem Dortmunder Autobahnring zu reduzieren, soll die Verwaltung zudem auf die Landesregierung einwirken, dass auf der A1, A2 und der A45 auf Dortmunder Stadtgebiet weitere Maßnahmen zur Reduzierung des Verkehrslärms getroffen sowie ein Tempolimit von maximal 100 km/h eingeführt werden.
Mit dem Antrag will die SPD-Ratsfraktion zudem die Verwaltung auffordern den ÖPNV auf dem Dortmunder Stadtgebiet weiter auszubauen und noch leistungsfähiger zu machen. Um die Verkehre in der Innenstadt zu reduzieren soll die Verwaltung zudem aufgefordert werden zu prüfen, ob für die städtischen Mitarbeiter*innen ein kostenloses ÖPNV-Ticket oder ein 365-Euro-Jahresticket eingeführt werden kann.
Da die Stadt Dortmund bereits seit längerem versucht die Schadstoffemissionen auf dem Dortmunder Stadtgebiet z.B. mit dem Masterplan Mobilität oder dem Programm Emissionsfreie Innenstadt zu reduzieren und hierbei durchaus Erfolge erzielt, soll die Verwaltung zudem auf die Bezirksregierung Arnsberg und die klagende Deutsche Umwelthilfe e.V. zugehen, um eine außergerichtliche Einigung zu erzielen, wie es z.B. die Stadt Wiesbaden erreicht hat, um somit mögliche umfassende Dieselfahrverbote zu verhindern. Die in dem Antrag formulierten Maßnahmen können hierfür einen wichtigen Beitrag leisten.
Hintergrund:
In den vergangenen Monaten sind in vielen Städten der Republik von den Gerichten Dieselfahrverbote in verschiedenen Formen verhängt worden. Da die NO2-Grenzwerte auch in der Stadt Dortmund auf der Bundesstraße 1 und an der Brackeler Straße überschritten wurden, hat die Deutsche Umwelthilfe ebenfalls Klage gegen die Bezirksregierung Arnsberg zum Dortmund betreffenden Luftreinhalteplan Ruhrgebiet 2011, Teilplan Ost erhoben. Sollten die Gerichte dieser Klage stattgeben, drohen ebenfalls Dieselfahrverbote auf dem Dortmunder Stadtgebiet. Mit den im Antrag formulierten Maßnahmen sollen nun die NO2-Schadstoffemissionen zeitnah reduziert werden, um die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte einzuhalten und dem Gericht die Bemühungen der Stadt Dortmund zur Einhaltung der Grenzwerte zu dokumentieren.“