Nach einem jahrelangen Kampf für die Rettung des Freibads Stockheide geht es jetzt ganz schnell – und das in einer ungewohnten Einigkeit: Einstimmig haben der Ausschuss für Kultur, Sport und Freizeit sowie die Bezirksvertretung Innenstadt-Nord grünes Licht für die Sanierung des Freibads im Hoeschpark gegeben. Das letzte Wort hat der Rat am 31. März 2022. Die Zustimmung gilt als sicher. Einziger Wermutstropfen – neben den millionenschweren Kosten – das Bad wird wohl frühestens im Jahr 2025 wieder öffnen.
Neubau eines Sport- und Familienbades mit Hallen- und Freibad ist vom Tisch
Die Signale waren in der letzten Ratssitzung schon deutlich: Denn bei der Diskussion über das Bäderkonzept wurde deutlich, dass in allen Varianten der Erhalt des Freibads Stockheide enthalten war. Daher war es nur folgerichtig, dass die Verwaltung jetzt den Beschluss zur Sanierung auf den Weg gebracht hat. Ob und wie es mit dem Nordbad weitergeht – es ist ebenfalls sanierungsbedürftig – steht auf einem anderen Blatt und soll geprüft werden.
Damit ist der von der Verwaltung in den vergangenen zwei Jahren intensiv „beworbene“ Vorschlag, als Ersatz für die aus Verwaltungssicht eigentlich „abgängigen“ beiden Nordstadt-Bäder ein neues Sport- und Familienbad mit Hallen- und Freibad zu bauen, vom Tisch.
Denn die Wahrscheinlichkeit, dass sich dafür kein geeigneter Bauplatz in der dicht besiedelten Nordstadt findet, ist groß. Genauso groß war die Sorge der Politiker:innen, dass der bevölkerungsreichste und vor allem kinderreichste Dortmunder Stadtteil anschließend kein Bad mehr gehabt hätte.
Die Stockheide-Sanierung kostet mindestens 8,2 Millionen Euro
Nun soll mit Nachdruck die Sanierung des denkmalgeschützen Hoeschbads vorangetrieben werden. Das letzte Wort dazu hat am 31. März der Dortmunder Stadtrat. Mit vom Tisch wäre dann auch der alte Beschluss, für rund 500.000 Euro das Freibad provisorisch zu ertüchtigen, bis eine endgültige Lösung – wie beispielsweise das neue Familienbad – käme. Doch das Bad soll nun gleich zukunftsfest gemacht werden.
Das führt allerdings auch zu einer deutlich längeren Schließung, nachdem das Bad schon im vergangenen Jahr geschlossen blieb. Auf eine neue Machbarkeitsstudie für das Freibad Stockheide wird bewusst verzichtet.
Grundlage für den Beschluss zur Sanierung ist eine Kostenschätzung aus 2019 in Höhe von 6,8 Millionen Euro, die den Sport- und Freizeitbetrieben vorliegt. Alleine durch die Baukostensteigerungen ist hier mit einem Aufschlag von rund 20 Prozent zu rechnen. Erst nach Beauftragung der weiteren „Leistungsphasen“ wird ein Preis vorliegen, so dass – so die Zeitplanung – hoffentlich Ende des Jahres noch der Baubeschluss eingeholt werden kann.
Dann geht es an die Ausschreibung zur Findung des „Sanierers“ – das muss jedoch wegen des Volumens europaweit ausgeschrieben werden. Daher wird das Bad lange geschlossen bleiben. „Sicher kann man von einer Eröffnung im Frühjahr 2026 ausgehen. Wenn alles super läuft , auch vielleicht schon in 2025. Aber sich da festzulegen ist Kaffeesatzleserei“, heißt es dazu aus „gut informierten Kreisen“.
Mader: „Wir können martialisch eine Diskussion machen oder einfach abstimmen“
Überraschend wenig Diskussionen gab es bislang in der Politik. „Wir können martialisch eine Diskussion machen oder einfach abstimmen“ leitete Sascha Mader (CDU), Vorsitzender des Ausschusses für Kultur, Sport und Freizeit, die sehr kurze Befassung mit dem Thema ein.
Kontrovers ging es nicht zu: Das Gremium votierte einstimmig (!) für die Sanierung. Torsten Heymann (SPD) erinnerte daran, dass man sich so die Chance auf ein neues Familienbad nehme, signalisierte dann aber Zustimmung. „Wir begrüßen die Sanierung, haben da keine Bedenken wie die SPD-Fraktion“, sagte Katrin Lögering (Grüne). Auch Petra Dresler-Döhmann (Fraktion „Die Linke+“) begrüßte „ausdrücklich die Sanierung des Freibads und wird empfehlen, auf die kurzfristige Sanierung zu verzichten.“
Auch Dirk Horst Thomas (AfD) signalisierte Zustimmung „Die Sanierung halte ich für sehr wichtig – das Freibad gehört zum Stadtbild dazu.“ Ungewohnte Einigkeit, nachdem es im vergangenen Jahr noch kontroverse Debatten gegeben hatte. „Einstimmig, fasste Mader fast schon ungläubig das Abstimmungsergebnis zusammen – insbesondere nach der jahrelangen Vorgeschichte: „Wenn ich bedenke, was wir da gekämpft haben….“
Ingenmey: „Ich kann es noch immer nicht glauben, dass der Beschluss so gefasst wurde“
Kaum länger war die Diskussion am Tag drauf in der Bezirksvertretung in der Nordstadt. Einziger Unterschied im Ergebnis: Anders als im Ausschuss einhielt sich hier der AfD-Vertreter Bernd Hempfling – als Einziger.
„Ich war überrascht, dass nach 15 Jahren Kampf ein einstimmiger Beschluss zur sofortigen Sanierung gekommen ist“, berichtete Franz-Josef Ingenmey als Mitglied des Seniorenbeirats zu Beginn der BV-Sitzung von der Diskussion im Fachausschuss. Er ist zugleich Vorsitzender des Hoeschpark-Vereins. „Wir setzen uns seit Jahren für den Erhalt des Freibades ein. Ich kann es noch immer nicht glauben, dass der Beschluss so gefasst wurde“, so Ingenmey.
Er mahnte allerdings an, dass die Planungen aus dem Jahr 2020 als Grundlage für weitere Entscheidungen genommen würden. „Dieser Plan ist aber der Öffentlichkeit und der Bezirksvertretung nicht bekannt. Ich möchte daher eine Berichterstattung in der BV oder ein anderes Format anregen, um die Planungen vorzustellen und um sich als Politik einzubringen.“ Als Seniorenbeirat wolle man sich auch mit Blick auf die künftige Barrierefreiheit in die Diskussion einbringen. Auch die Verkehrsanbidnung des Freibads müsse überprüft werden, so Ingenmey.
Marko Unterauer (Grüne) begrüßte die schnelle Entscheidung zur Sanierung: „Schön, dass die Vorlage jetzt gekommen ist. Sie kommt gefühlt ein Jahr zu spät, als wir über das Freibad diskutiert haben. Es gab damals große Proteste und die Forderung, dass Bad jetzt zu sanieren“, so Unterauer. „Gut, dass es weiter geht. Wir machen uns für die Grundsanierung stark, damit das Freibad für die nächsten Jahrzehnte Bestand hat.“
Auch Cornelia Wimmer (Die Linke) begrüßte die Entscheidung. Sie erinnerte aber daran, dass Sportdirektor André Knoche im vergangenen Jahr bei einer isolierten Sanierung des Freibades oder Anbindung an das Hallenbad Probleme gesehen habe, den Sommerbetrieb personell abzudecken. „Ich gehe davon aus, dass sich die Stadt jetzt dazu Gedanken gemacht hat. Denn wenn es in sanierter Weise in Betrieb geht, sollte das Freibad Stockheide von der Personalkapazität so ausgestattet sein, dass es funktioniert.“ Sie forderte ein, dass die entsprechenden Überlegungen vorgestellt würden.
Reaktionen
Jahrelanger Kampf für Stockheide erfolgreich: Freundeskreis Hoeschpark und Mitstreitende freuen sich über zeitnahe Sanierung des Freibades (PM)
Nachdem der Ausschuss für Kultur, Sport und Freizeit am 08.03. und die Bezirksvertretung Innenstadt-Nord am 09.03. – beide einstimmig(!) – beschlossen haben, die Sanierung des Freibads Stockheide umgehend in Angriff zu nehmen, ist nun der Erhalt und die Modernisierung des „schönsten Warmwasserbads in Dortmund“ gesichert. Auf die im Oktober 2021 beschlossene sogenannte temporäre Ertüchtigung für wenige Jahre wird verzichtet, stattdessen soll das Bad nun gleich von Grund auf saniert und für die nächsten Jahrzehnte zukunftssicher gemacht werden.
Die vor gut einem Jahr am Borsigplatz und an anderen Stellen aufgehängten Banner mit der Forderung „Freibad Stockheide: Sanierung jetzt! Keine Schließung!“ können nach der entsprechenden Ratsentscheidung Ende März abgehangen werden; sie haben ihren Zweck erfüllt, auch wenn das Bad nach der Schließung im letzten Jahr für die Zeit der anstehenden technischen Untersuchungen und der Bauarbeiten mindestens zwei weitere Jahre geschlossen bleibt.
„Diese Kröte müssen wir wohl schlucken. Aber wir werden uns weiter darum kümmern, dass Planung und Bau jetzt zügig angegangen werden, damit das Bad möglichst 2024 seine Pforten wieder öffnen kann“, kommentiert der Freundeskreis Hoeschpark e.V. Weiter heißt es vom Freundeskreis: „Der jahrelange Kampf zur Rettung von Stockheide hat sich gelohnt, endlich hat die Politik Farbe bekannt und dem Bad eine positive Zukunft eröffnet.“
Dass es jetzt zur Überraschung vieler so schnell gehen kann, liegt auch daran, dass zur Sanierung des Bades an einer, mit dem Denkmalschutz abgestimmten, Entwurfsplanung aus dem Jahr 2020 angeknüpft werden kann. Diese Planung ist allerdings bis heute weder der Politik noch der Öffentlichkeit bekannt. Eine entsprechende Information und Beteiligung sollte zeitnah nachgeholt werden, um mögliche Anregungen z.B. auch der Bad-Nutzer*innen in die weitere Planung einbeziehen zu können.
Zur Zukunft des Nordbades soll parallel eine Machbarkeitsstudie erstellt werden, bei der neben städtebaulichen und baulich-technischen Fragen auch weitere Aspekte untersucht werden, z.B. Erreichbarkeit, ÖPNV-Anbindung, Öffnungszeiten, sozialverträgliche Eintrittspreise. Diese Aspekte müssen auch für Stockheide berücksichtigt werden, während der nächsten zwei Jahre ist dazu genügend Zeit.
Der Freundeskreis Hoeschpark und seine vielen Mitstreiter*innen freuen sich, dass der jahrelange Kampf für die Rettung von Stockheide letztlich Erfolg hatte. „Wir werden den weiteren Planungs- und Bauprozess engagiert und – wenn nötig – kritisch begleiten und freuen uns mit den vielen alten und neuen Bade-Fans schon auf die Wiedereröffnung im neuen Glanz.“