Die Synode, das Parlament des Evangelischen Kirchenkreises Dortmund, tagt am kommenden Montag (26. November 2018) im Tagungszentrum Reinoldinum. Während sich die Mitglieder hier über die Renovierung des neuen Zentrums freuen und es zum ersten Mal für ihre Zwecke nutzen können, ist die Zukunft einer anderen kirchlichen Immobilie sehr ungewiss und steht als Ordnungspunkt der Tagung zur Debatte. Gemeint ist das Ferien- und Freizeitheim bzw. Seeferienheim auf der Insel Juist. Kirchenintern scheiden sich die Geister darüber, wie es mit dem traditionsreichen Haus weitergehen soll. Während die einen den stark sanierungsbedürftigen Gebäudekomplex durch neue Nutzungskonzepte erhalten wollen, sprechen sich die anderen klar dafür aus, sich von der Immobilie zu trennen.
Die Gebäude stark sanierungsbedürftig: Extremer Rückgang in der Auslastung
Seit Jahrzehnten war das Seeferienheim auf Juist beliebtes Ziel für kirchliche Freizeit- und Ferienangebote. Doch was anfangs boomte, wird in den letzten Jahren von immer weniger Gemeinden genutzt. Drei der vier zum Gebäudeensemble des Seeferienheims gehörenden Gebäude sind mittlerweile stark sanierungsbedürftig.
Nun stellt sich den Mitgliedern der Synode die Kosten-Nutzen-Frage. Aufgrund von Gutachten, die selbst bei einem Teilverkauf des Immobilienensembles, die finanzielle Wirtschaftlichkeit des Seeferienheims in Frage stellen, hat sich die Kirchenleitung dazu entschlossen, der Synode die Schließung und den Verkauf der Gebäude sowie der dazugehörigen Grundstücke vorzuschlagen.
Dieser Vorschlag wird von den verschiedenen Gremien mit geteilten Meinungen aufgenommen. Während beispielsweise der Finanzausschuss des Kirchenkreises die Verkaufsabsichten begrüßt, möchte der Ausschuss für Freizeit und Begegnung das Seeferienheim erhalten.
Uneinigkeit in den Gremien; Sanierung könnte mit Kosten für die Gemeinden verbunden sein
Der Umstand, dass die Gemeinden bei einem Umbau für eventuelle Finanzlücken aufkommen müssten, hat dazu geführt, dass einige Gemeinden den Vorschlag der Kirchenleitung unterstützen und sich von der Herberge auf Juist trennen wollen. Das durch den Verkauf eingenommene Geld könne dann wieder in neue Freizeit- und Ferienangebote des Kirchenkreises und der Gemeinden reinvestiert werden.
Aber auch die Argumente der Gegenseite sind überzeugend, denn es gehe nicht nur um den Erhalt der Immobilie an sich, sondern vor allem auch um den Erhalt von Arbeitsplätzen, denn im Seeferienheim beschäftigt der Kirchenkreis insgesamt fünf unbefristete MitarbeiterInnen, deren Jobs durch den Verkauf der Ferienanlage bedroht sind.
Daher spricht sich die MitarbeiterInnenvertretung (MAV) des Evangelischen Kirchenkreises Dortmund klar für den Erhalt des Seeferienheims auf Juist aus. Die MAV vermisse in der öffentlichen Diskussion um die Schließung des Heims die Folgen für die Beschäftigten.
MAV setzt sich für den Erhalt der Arbeitsplätze ein und fordert, alle Optionen zu überdenken
Für sie sind die Absichten eines in Frage kommenden Investors aus kirchlichen Kreisen, der das Heim retten möchte, zu vage. Zu viele Fragen blieben diesbezüglich offen und man habe noch nicht alle möglichen Optionen berücksichtigt. Es mache Sinn sich nochmals über eine stärkere Einbindung der unterschiedlichen Gemeinden in Bezug auf Unterhalt und Finanzierung des Ferienheims nachzudenken.
Außerdem sei die Gründung einer Stiftung oder eine Art Fundraising und Spendensammlung über die vom Kirchenkreis ins Leben gerufene Initiative „Spendobel“ denkbar, bis hin zur Einbeziehung der Bank für Kirche und Diakonie oder der Kirchlichen Versorgungskassen.
In einer Stellungnahme der MAV heißt es, man wolle die Fehler der Vergangenheit, als man zehn MitarbeiterInnen in eine Transfergesellschaft entlassen und ihnen gekündigt habe, nicht wiederholen. „Die finanzielle Entwicklung der Folgejahre hat gezeigt, dass dies ein Fehler war. Es ist unverantwortlich, diesen Fehler zu wiederholen und Beschäftigte mit ihren Familien wiederum in eine unsichere Zukunft zu entlassen“, so wörtlich.
Es hat sich die Initiative „Rettet Juist“ für den Erhalt des Seeferienheims gebildet
Die MAV steht mit ihren Forderungen nicht alleine da. Kirchenintern hat sich eine Initiative für den Erhalt der Ferienanlage zusammengefunden über die auch der eventuelle private Investor ins Gespräch gekommen ist. Ein Antrag der Evangelischen Lydiagemeinde in der Dortmunder Nordstadt dient der Initiative „Rettet Juist“ als Grundlage ihrer Forderungen.
Der Antrag sieht vor, die endgültige Entscheidung über den Verbleib der Ferienanlage auf die Sommersynode 2019 zu verschieben. Hierdurch könnte man genug Zeit gewinnen, um neue Nutzungskonzepte auszuarbeiten und einen langfristigen Bewirtschaftungsplan zu erstellen.
Die Kreissynode ist das oberste Entscheidungsgremium des Evangelischen Kirchenkreises. Im Parlament sitzen VertreterInnen aller 28 Kirchengemeinden. Die Synode tritt in der Regel zweimal im Jahr zusammen. Insgesamt besteht die Kreissynode des Evangelischen Kirchenkreises aus 242 Mitgliedern aus Dortmund, Lünen und Selm.
Wahl neuer Mitglieder für den Synodalvorstand und den Finanzausschuss
Die Sitzung am Montag beginnt um 16 Uhr. Neben der Zukunft des Seeferienheims stehen eine Reihe anderer Themen auf dem Tagungsprogramm. Der Schwerpunkt liegt hier auf Finanz- und Wirtschaftsthemen. Es wird über die Haushaltsplanung des Kirchenkreises und über die aktuelle Zuweisung von Steuermitteln zum Beispiel für Kindertageseinrichtungen debattiert.
Außerdem wählt die Synode ein neues stellvertretendes, nichttheologisches Mitglied im Kreissynodalvorstand und ein neues Mitglied für den Finanzausschuss. Superintendenten Heike Proske wird erstmals nach ihrem Amtsantritt eine Synodentagung leiten.
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AV
Die Mitarbeiter auf Juist verlieren nicht nur ihre Arbeit, sondern auch ihre Wohnungen beim Verkauf des Seeferienheims. Für die meisten bedeutet das die Insel verlassen zu müssen. Auch das sollte von einer kirchlichen Einrichtung bedacht werden
Carsten Klink
Seit über 90 Jahren betreibt die Evangelische Kirche das Seeferienheim auf der Insel Juist. Generationen haben dort Urlaub machen können. Die Gebäude sind in die Jahre gekommen. Zur Wahrheit gehört auch, dass deshalb die Auslastungsquote gesunken ist. Die Sanierungskosten möchte die religiöse Gesellschaft nicht aufbringen.
Einfache, aber jahrelang in dem Seeferienheim aktive Kirchenmitglieder kritisierten bereits in der Lokalpresse, „dass die Kirche einen sozialen Auftrag hat, beispielsweise Kindern aus sozial schwachen Familien ermöglichen sollte, auch in den Urlaub zu fahren. Weiter erklären diese Kirchenmitglieder: „Wenn das Seeferienheim geschlossen wird, treten wir Beide aus der Kirche aus. Dann sind alle sozialen Objekte dieser Art verschwunden.“ Die Kirche sei nichts anderes als ein Unternehmen mit christlichem Namen.
Das Vermögen der Evangelischen Kirche Deutschlands beträgt an Grundstücken und Immobilien (ohne Kirchengebäude) mehrere 100 Milliarden Euro. Den angeblichen Einbrüchen bei der Kirchensteuer stehen in Wahrheit seit 2011 stetig steigende Steuereinnahmen von jährlich 4,4 auf 5,67 Milliarden Euro im Jahre 2017 entgegen. (Tausend Millionen Euro ergeben eine Milliarde Euro) Die Staatsleistungen für die im 19. Jahrhundert enteigneten Besitztümer beider großen Kirchen liegen jährlich bei ungefähr 520 Millionen Euro. Im nächsten Jahr leistet sich die Evangelische Kirche in Dortmund einen millionenteueren, fünftägigen Kirchentag.
Aber für das Seeferienheim, in dem nicht wenige Menschen den Urlaub machen, den sie sich sonst nicht leisten können, ist offensichtlich kein Geld da.
Eine Petition an die Evangelische Kirche für den Erhalt des Seeferienheims kann hier unterstützt werden: https://www.openpetition.de/petition/online/das-seeferienheim-auf-juist-darf-nicht-untergehen