Wenn man nur auf die nackten Zahlen blickt, sieht die Einzelhandelssituation in der Nordstadt recht gut aus. Es gibt eine hohe Dichte an Läden – bei der Quadratmeterzahl liegt die Nordstadt auf Platz vier aller Stadtbezirke. Doch die Realität – vor allem im Bereich des Borsigplatzes – sieht aber ganz anders aus: Seit einem Jahr steht der ehemalige Edeka-Markt leer. Und Ende September geht auch das Licht im Aldi-Markt im Lütgenholz aus.
Damit gibt es keine fußläufige Versorgungsmöglichkeiten mehr für die Bewohner – immerhin gibt es in dem Quartier mehr als 11.000 Anwohnerinnen und Anwohner. Die Stadtplaner, die derzeit den Masterplan Einzelhandel fortschreiben, bekommen daher ein entsprechend heftiges Echo aus der Bewohnerschaft.
Keine Nahversorgungsmöglichkeit mehr im Bereich des Borsigplatzes
„Hier gibt es die besten Döner und die besten Drogen, aber dann kein Pfund Butter oder Milch mehr zu kaufen“, kritisiert Volkan Baran (SPD). „Da brennt der Baum und der Borsigplatz geht kaputt“, sagt er unter dem Applaus der anderen Anwohner auf einer Bürgerinformationsversammlung zur Fortschreibung des Masterplans Einzelhandel im Concordia-Haus.
Stadt soll Druck auf Handelsketten machen
Die Aussagen der Planer, die Bewohner bräuchten eine langen Atem, wollen sie nicht mehr akzeptieren. Die Stadt müsse endlich Druck auf die Handelsketten machen und sie notfalls moralisch verpflichten, fordert Gerda Horitzky (CDU). Für mobile oder temporäre Lösungen spricht sich Anlieger Reinhold Giese aus. Zur Not sollten auch Neubauflächen für einen Supermarkt ausgewiesen werden – allerdings in der Nähe des Borsigplatzes: Das Areal der Westfalenhütte sei dafür geeignet.
Bürger fordern Abriss und Neubau des ehemaligen Edeka-Marktes
Eine Option, die Stadtplaner Stefan Thabe nicht schmeckt. Dann würden die Leerstände ja zementiert. Doch an „neues Leben“ im Edeka glauben viele Betroffene nicht mehr. Seit Jahren sei die Immobilie direkt am Borsigplatz vernachlässigt, der Investitionsstau hoch. Bevor ein neuer Anbieter in den ehemaligen Edeka ziehe, müsste dort massiv investiert werden. Zuletzt musste die Frischetheke aus hygienischen Gründen geschlossen werden, erinnert Hubert Nagusch von der Wirtschaftsförderung.
„Am besten würde der alte Koloss einfach abgerissen. Die Stadt sollte lieber mit Investoren sprechen, die dort mit Tiefgaragenstellplätzen eine Multifunktionsimmobilie mit Supermarkt neu bauen“, schlägt Franz Stengert vom Gewerbeverein Borsigplatz vor. Denn die alte Immobilie sei uninteressant: mit 800 Quadratmetern für einen Vollsortimenter eigentlich zu klein, schlauchartig geschnitten, ohne Parkplätze und mit schwierigen Anlieferbedingungen.
Erbengemeinschaft will bis Ende September über Investitionen entscheiden
„Eine ganz große Lösung wäre interessant – auch städtebaulich“, gab Thabe zu. Allerdings wäre das eine langfristige Planung. Er weckte die Hoffnung, dass sich die Erbengemeinschaft bis zum Monatsende erkläre, ob sie in die Ex-Edeka-Räume investieren werde. „Es gibt ernsthafte Interessenten“, versichert Thabe. Jetzt über die Ausweisung neuer Flächen zu diskutieren, könnte „das zarte Pflänzchen“, das dort gerade keime, nachhaltig schädigen.
Erfahrungen damit, was neue Flächen bedeuten können, haben die Borsigplatz-Bewohner ja schon gemacht: Das WEZ an der Bornstraße und die Einzelhandelsgeschäfte im Hornbach-Center haben Käuferströme vom Borsigplatz abgezogen. Geblieben sind nur die, die nicht mit dem Auto zum Einkaufen fahren können oder wollen. Das – wie angeblich auch die schlechte Bewirtschaftung – hatte zur Schließung des Edeka geführt.
Bezirksvertretung der Nordstadt diskutiert den Masterplan am Mittwoch
Der Masterplan Einzelhandel ist auch am Mittwoch, 18. September, in der Bezirksvertretung der Nordstadt Thema. Die öffentliche Sitzung findet um 16 Uhr im Dietrich-Keuning-Haus statt. Dann werden auch die Stimmen der Anwohner des Borsigplatzes thematisiert.
De Eckdaten für die Nordstadt insgesamt sind übrigens nicht schlecht: Mit 107.000 Quadratmetern Einzelhandelsverkaufsfläche liegt die Nordstadt auf Platz 4 aller Stadtbezirke, erläutert Elisabeth Kopischke, die für das Planungsbüro Junker + Kruse an dem Masterplan arbeitet. Pro Einwohner stehen 0,42 Quadratmeter Verkaufsfläche für Nahrung- und Genussmittel zur Verfügung. Die Spanne in Dortmund reicht von 0,5 Quadratmeter in Lütgendortmund und 0,31 Quadratmeter in Huckarde. Im Bundesschnitt liegt der Wert bei 0,35 bis 0,40 Quadratmeter pro Einwohner.
Borsigplatz fehlt der Frequenzbringer
Die verschiedenen Nahversorgungszentren (Münsterstraße, Münsterstraße-Nord und Schützenstraße werden ihrer Aufgabe voll gerecht. Gleiches gilt für das sogenannte Sondergebiet Bornstraße mit seinem großflächigen Einzelhandel, den Bau- und Gartenmärkten sowie Möbelhäusern. Lediglich der Borsigplatz sei ein Problemkind.:Hier fehle der zentrale Frequenzbringer, so Koptische. Oder im Klartext: Hier gibt es ab Ende September keinen Supermarkt mehr.
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Einzelhandel in der Nordstadt: Handlungsdruck am Borsigplatz und in der Münsterstraße | Nordstadtblogger
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