Der Mehmet-Kubaşık-Platz bewegt (mal wieder) die Bezirksvertretung der Nordstadt: Denn die mögliche Gestaltung und Belebung des Platzes bleibt ein Dauerthema. Den großen Wurf gibt es noch nicht, aber viele Ideen und Wünsche. Doch wann diese umgesetzt werden können – und ob überhaupt – darauf gibt es bislang keine Antwort.
Es sind Modelle zur temporären Platzgestaltung entstanden
Gleich vier Akteure waren zur Berichterstattung in der Bezirksvertretung erschienen: Stadtdirektor Jörg Stüdemann und Heiko Just vom Grünflächenamt sowie Quartiersmanager Till Blackstein und Mehmet Karul von der Hochschule vor Ort.
Blackstein und Karul stellten Ideen und Wünsche von Kinder und Jugendlichen, aber auch der Anwohner:innen und Gewerbetreibenden aus dem Umfeld des Mehmet-Kubaşık-Platzes vor.
Quartiersmanagement und Hochschule vor Ort hatten u.a. Workshops mit den umliegenden Schulen (Albrecht-Brinkmann-Grundschule, Anne-Frank-Gesamtschule, Gertrud-Bäumer-Realschule, Helmholtz-Gymnasium) gemacht, weil immer wieder Fragen und Wünsche zur Platzgestaltung laut wurden.
„Er sieht verwahrlost aus und wird nicht genutzt. Der Thematik wollten wir uns annehmen und annähern“, begründete Blackstein das Engagement.
Neben den Ideensammlungen sind auch Modelle zur temporären Platzgestaltung entstanden. Workshops an Schulen und auf dem Platz selbst mit Anwohner:innen und Gewerbetreibenden ergaben zudem den Wunsch nach einem ganzjährigen Bespielungskonzept.
Doch dazu müsste sich auch baulich einiges ändern: Denn der Platz mit seinem Kiesboden bietet weder Schutz gegen Sonne noch Regen, macht Mehmet Karul deutlich.
Kritik: Der Platz hat keine Aufenthaltsqualität
Interessant bei den Wünschen zur Platzgestaltung: Schon die Grundschüler:innen wünschten sich, dass dort auch ein klares Zeichen gegen Rassismus gesetzt wird. Der Platz soll insgesamt grüner werden und zum Spielen einladen. „Zwei Wippen und Verlegenheitsbäume“ seien da nicht ausreichend.
Der Platz habe keine Aufenthaltsqualität: „Im Sommer in der heißen Zeit ist es dort kaum auszuhalten. Es gibt kaum Schattenplätze, daher der Wunsch nach mehr Grün“, so Karul. Die Kinder wünschten sich daher Sitzbänke unter den Bäumen, die sie auch selbst gestalten können. „Sie möchten teilhaben an der Gestaltung. Das finde ich ein tolles Zeichen“, so Karul.
Außerdem soll das Gedenken an das NSU-Opfer Mehmet Kubaşık weiter gestärkt werden: „Das bisherige Schild ist ihnen zu wenig“, so weitere Ergebnisse aus den Befragungen und Workshops. Zudem wünschten sie sich Pflanzen-Austauschbörsen, Open-Air-Kino, Schnitzeljagden zum Austausch im Umfeld, sowie Angebote von Speisen und Getränken aus dem Umfeld auf dem Platz – also eine Open-Air-Gastronomie.
Sorge: „Die Vorschläge sind ja nicht so richtig kompatibel“
Die Bezirksvertreter:innen hörten sich den Bericht an, waren aber einigermaßen ratlos: „Wie geht es weiter? Die Vorschläge sind ja nicht so richtig kompatibel. Ein Spielplatz hätte Konsequenzen und stünde im Widerspruch zum Platz für alle“, rätselte Cornelia Wimmer (Die Linke/Die Partei). „Wir kennen solche Prozesse von der Münsterstraße. Da werden Konzepte gemacht und dann passiert nichts“, zeigte sie sich konsterniert.
„Was ist mit einem Gestaltungskonzept? Was ist daraus geworden“, wollte ihr Fraktionskollege Michael Gründel wissen. Quartiersmanager Till Blackstein machte deutlich, dass es ihre Aufgabe sei, die Ideen und Wünsche aus dem Quartier weiter publik zu machen: „Die nur Umsetzung liegt nur sehr bedingt in unserer Hand.“
Heiko Just als Vertreter des Grünflächenamtes wollte sich „nicht damit aus der Affäre ziehen, dass wir nicht zuständig sind. Aber mir sind keine Umbaupläne bekannt.“ Er könne den Ideen etwas abgewinnen: „Das ist ganz wichtig auch für die Akzeptanz. Der nächste Schritt wird sein, das in die Verwaltung zu tragen und Rückendeckung zu geben, das dann weiter zu bearbeiten. Die Ausführungsplanungen kann ja nur die Verwaltung machen“, so Just.
Warnung: Die BV soll kein „kollektives Enttäuschungsmangement“ betreiben
Bedenken meldete Brigitte Jülich (SPD) an, dass überhaupt solche Workshops gemacht worden seien: „Werden da nicht falsche Hoffnungen geweckt?“ Denn die Menschen machten sich Gedanken darüber, wie sie den Platz gestalten können. Doch eine Realisierung stehe in weiter Ferne.
„Wir haben klar gesagt, dass wir nicht wissen, ob überhaupt was passiert. Uns als Quartiersmanagement und Hochschule vor Ort ging es um eine allererste Ideensammlung“, so Till Blackstein. Zudem gehe es bei den Vorschlägen nicht um feste Installationen, sondern temporäre Veränderungen auf dem Platz – auch für Veranstaltungen“, ergänzte Mehmet Karul.
Stadtdirektor Jörg Stüdemann warnte die BV davor, „kollektives Enttäuschungsmangement“ zu betreiben und nur darauf abzuheben, was alles nicht gehe. Er erinnerte daran, dass die Bezirksvertretung kritisiert habe, dass eine Planung erfolgt sei, an der sie nicht beteiligt worden sei. Damals sei er aus der Sitzung gegangen mit dem Gefühl, dass die BV sich engagiere wolle.
Die Bezirksvertretung soll sich mit den Ideen und Wünschen beschäftigen
Daher solle die Bezirksvertretung jetzt nicht „Enttäuschungsmangement betreiben, sondern sich als BV die Ideen vorzunehmen, sichten und gewichten, was sie für sinnvoll erachtet und dann Grünflächen, Tiefbauamt und Kämmerei mit einbinden, wie dies umzusetzen ist. Das ist der konstruktivere Weg“, so Stüdemann.
„Dass am Platz etwas geschehen muss, darin sind sich alle einig. Ich finde das erstmal sehr schön. Vielleicht sollten sie mal einen Workshop außerhalb der regulären Sitzung machen“, so der Stadtdirektor. Die Kulturbetriebe seien zudem daran interessiert zu wissen, was für Veranstaltungen sich die Menschen wünschten – und auch ob und welche Musik sie hören wollten.
Stüdemann zielte damit auf die beiden Lautsprecher an, die im Sommer auf dem Mehmet-Kubaşık-Platz aufgestellt wurden und nun eigens dafür von Musikschüler:innen eingespielte Musik abgespielt wird. Doch eine Resonanz darauf gab es bei den Workshops nicht – was auch daran liegen könnte, dass diese teils vor der Aufstellung der Lautsprecher stattfanden. „Bei den Workshops wurde die temporäre Musik weder positiv noch negativ besprochen“, berichtete Quartiersmanager Blackstein.
Über die Musik-Beschallung wird erneut kontrovers diskutiert
Die BV-Vertreter:innen wollten es sich einfach machen – die Verwaltung solle doch dazu eine Vorlage einbringen, schlug Bezirksbürgermeisterin Sarah Rosenbaum (Grüne) vor. Das löste bei Stüdemann nur Stirnrunzeln aus: „Es gibt ja nicht groß was zu entscheiden. Die Musik spielt nur tagsüber – was soll ich da aufschreiben? Ich hatte das ja bereits vorgestellt. Die Boxen hängen da und machen Musik“, so der Stadtdirektor.
„Sie müssen jetzt wissen, ob sie die Musik wollen oder nicht. Das ist ja ein sehr dogmatischer Durchgang, warum auch immer“, ärgerte er sich über die zähe Befassung. „Die Jugendlichen bei der Musikschule haben ihre Musik eingespielt. Auch andere musikalische Richtungen haben angefragt.“ Doch bevor die Musikschule weitere Stücke und Stile einspiele, wolle er eine Rückmeldung.
Dorian Marius Vornweg (CDU) reagierte: „Dann tue ich dem Stadtdirektor den Gefallen und stelle den Antrag, die Musik von 10 bis 18 Uhr abzuspielen.“ Doch zuvor wollte Julia Rüding (Die Linke/ Die Partei), dass vorher Rückmeldungen von Anwohner:innen eingeholt werden.
Bei der Stadt selbst waren bisher nur zwei Rückmeldungen angekommen: Eine Beschwerde zielte darauf, die Musik zu variieren und nicht nur Klassik und Jazz zu spielen. Eine andere Beschwerde auf die Lautstärke – darauf wurde bereits reagiert. Schon das Konzept sieht vor, dass die Musik nur in einem sehr engen Radius von einigen Metern zu hören ist.
Die Grünen versuchten erneut, das Thema zu vertagen, konnten sich aber nicht durchsetzen. Amir Aletic (SPD) machte daher den Vorschlag, nach der technisch bedingten Testphase jetzt eine richtige Pilotphase zu starten. Denn bisher waren die Boxen kaum länger als zwei Wochen am Stück im Einsatz. Von März bis Mai 2023 wird täglich von 10 bis 18 Uhr Musik gespielt – danach gebe es eine Auswertung. Das fand in der BV eine Mehrheit.
Hoffnung: Im Frühjahr gibt es Pläne für die neue Stadtteilbibliothek
Große Hoffnungen setzt die Bezirksvertretung auf die Eröffnung der neuen Stadtteilbibliothek am Mehmet-Kubaşık-Platz. Die Stadt hat das ehemalige Bankgebäude angemietet und will es perspektivisch auch kaufen. Der Wettbewerb für die Gestaltung der Immobilie läuft schon. Ende des 1. Quartals 2023 gebe es Ergebnisse – das würden die Kulturbetriebe dann dem Rat vortragen.
Ab April gebe es eine politische Befassung, kündigte Stüdemann an: „Das wird nicht eine 08/15-Bezirksbibliothek, sondern eine, die auch im Bereich der digitalen Medien stark genutzt werden kann von Kindern und Jugendlichen, die Zuhause nicht so ausgestattet sind.“
Daher sei auch ein Glasfaser-Anschluss geplant. „Wenn wir die Machbarkeitsstudie fertig haben, werden wir sie auch hier gerne vorstellen und auch das Gebäude können sie sich dann anschauen“, so der Stadtdirektor. In der ehemaligen Schalterhalle könnten künftig auch solche Workshops wie die zur Platzgestaltung durchgeführt werden, kündigte er an.
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