Es gab im Vorfeld zu den Kommunalwahlen eine Reihe von Stimmen, die massive Gewinne des Rechtspopulismus befürchteten. Ein Blick auf die Ergebnisse in Dortmund zeigt: Zwar konnte die AfD Zugewinne verzeichnen, jedoch blieben sie verhältnismäßig moderat – auch im Vergleich zu den Nachbarstädten. Gegenüber den Europawahlen verlor die AfD in Dortmund sogar deutlich an Zustimmung in der Wählerschaft. Eine Klatsche war die Kommunalwahl auch für die Neonazis: Sie verloren die Hälfte ihrer Sitze in Rat und Bezirksvertretungen – und damit den für sie auch finanziell so wichtigen Gruppenstatus.
NPD-Ratsherr kandidiert für „Die Rechte“ im Rat – Ex-AfD-Mann als OB-Kandidat
Der Stimmenanteil der AfD legte im Vergleich zur Kommunalwahl 2014 von 3,4 Prozent auf 5,48 Prozent im September 2020 zu. Das sind zwar 2,1 Prozentpunkte mehr als vor sechs Jahren. Aber die Partei blieb damit deutlich unter dem Ergebnis der Europawahl im Mai 2019 mit 9,19 Prozent, dem Ergebnis der Bundestagswahl (Zweitstimmen) vom September 2017 mit 10,33 Prozent und auch der Landtagswahl mit 8,3 Prozent gut vier Monate früher.
Noch weiter rechts hat sich die Lage ebenfalls verändert: 2014 traten die NPD und die Partei „Die Rechte“ noch gegeneinander an. „Die Rechte“ wollte der NPD den Rang ablaufen und ein Zeichen setzten. Doch zu mehr als 1,0 bzw. 0,9 Prozent der Stimmen reichte es nicht – die beiden Parteien mussten sich die beiden Mandate teilen. Anschließend schlossen sie sich zu einer Gruppe zusammen, um gut 45.000 Euro pro Jahr zusätzlich vom Steuerzahler abzugreifen.
2020 trat die NPD nicht mehr als eigenständige Partei bei der Kommunalwahl in Dortmund an. Ihr einziger verbliebener Ratsvertreter kandidierte nun auf der Neonazi-Liste von der Partei „Die Rechte“ für den Rat und die BV. Das Ergebnis dieser „geeinten Rechtsfront“ bleibt übersichtlich: Gerade einmal 1,12 Prozent der Stimmen sammelten die Neonazis ein. Das reichte nur noch für einen Sitz im Stadtrat – Michael Brück wird dem Gremium weiter angehören.
Etwas anders sahen die Ergebnisse bei den Oberbürgermeisterwahlen aus: 2014 „traute“ sich die Partei „Die Rechte“ noch nicht, ihre Galionsfigur Siegfried „SS-Siggi“ Borchardt als OB-Kandidaten ins Rennen zu schicken. Die NPD schickte damals noch Axel Thieme als OB-Kandidat in den Wahlgang, der auf 1,66 Prozent kam. Einen AfD-Bewerber gab es 2014 nicht. Insgesamt neun Bewerber*innen gab es.
2020 gab es ein Dutzend Bewerber*innen für den Posten des OB. Die AfD blieb sich treu und stellte erneut keinen Bewerber auf. Der Ende 2018 von der AfD zur Partei „Die Rechte“ übergelaufene ehemalige AfD-Kreisvorsitzende Bernd Schreyner kam auf 2,98 Prozent. Die NPD trat nicht mehr an.
Das sind Ergebnisse bei den Wahlen zur Bezirksvertretung:
Auch bei den Bezirksvertretungen mussten die Neonazis den Verlust der Hälfte der Mandate hinnehmen: Siegfried „SS-Siggi“ Borchardt – obwohl schon seit mehr als vier Jahren in Dorstfeld bzw. in verschiedenen Justizvollzugsansalten wohnend – hat sein Mandat in der Nordstadt verloren. Mit 1,73 Prozent war seine Partei für dieses Gremium gescheitert. 2014 kam er noch auf 3,54 Prozent.
Auch der mit wechselnden Kameraden besetzte Sitz in der BV Scharnhorst – unter anderem auch wegen einer Inhaftierung von Daniel Grebe nach der gefährlichen Körperverletzung am Wahlabend – ist ebenfalls verloren gegangen. Sie kamen nur auf 1,98 Prozent der Stimmen – und das trotz der niedrigen Wahlbeteiligung. 2014 hatten die Neonazis noch 2,7 Prozent erreicht.
Ebenfalls „pfutsch“ ist der Sitz in der BV Mengede, wo Martin Kalfack 2014 mit 2,99 Prozent einen Sitz holen konnte. Mit 2,36 Prozent verpasste jedoch der „neue“ Kandidat – Axel Thieme – den Einzug. Bislang hatte der NPD-Mann Thieme noch ein Ratsmandat – das hat er allerdings auch verloren.
Einen neuen Sitz konnten sie nur in der BV Eving bejubeln. Herbert Bernhardt erreichte in Eving 2,78 Prozent und damit erstmals einen Sitz in der BV. 2014 war die Partei mit 2,31 Prozent noch gescheitert.
In Huckarde feiert Michael Brück „seinen“ Erfolg – „Die Rechte“ kam hier auf 6,27 Prozent und verfehlte hier knapp einen zweiten Sitz. 2014 hatten sie noch 2,66 Prozent erreicht. Dieser Zuwachs dürfte aber nicht an den Aktivitäten der Neonazis, sondern nur an der Abwesenheit der AfD gelegen haben. Sie war in Huckarde nicht angetreten – „Die Rechte“ konnte daher den „rechten Rand“ abfischen.
Alle anderen BV-Kandidat*innen verpassten den Einzug in die Gremien:
- Martin Duszka in Hörde 2,57 Prozent (2014: kein Kandidat)
- Matthias Deyda in Aplerbeck 2,54 Prozent (2014: kein Kandidat)
- André Hülsmann in Lütgendortmund 1,99 Prozent (2014: 2,56 %)
- Kevin Müller in Hombruch 1,85 Prozent (2014: kein Kandidat)
- Alexander Deptolla in der Innenstadt-West 1,3 Prozent (2014: 1,3%)
- Dirk Jaspert in Brackel 1,01 Prozent (2014: kein Kandidat)
- Monika Schreyner in der Innenstadt-Ost 0,49 Prozent (2014: kein Kandidat)
Die Neonazis bedauern das Ende der politischen Tätigkeit von Detlef Münch
Übrigens: Die Neonazis bedauern in ihrem Internetzentral-Organ sehr, dass Detlef Münch – seit 1999 im Rat, seit 2009 für die Freie Bürgerinitiative (FBI) – den Wiedereinzug verpasst hat.
Münch war dort nicht unbedingt nur durch sachliche Diskussionen, sondern auch sehr oft durch Streitlust, verbale Entgleisungen und Brüllerei aufgefallen.
Für die Neonazis „war er der zweitumtriebigste Abgeordnete der letzten Legislaturperiode“ – natürlich nach Michael Brück. „Er war ein unbequemer Kopf, der aber gerade bei umweltpolitischen Themen über ein großes Wissen verfügte und oft die Grünen vorführte“, schreiben sie weiter.
In einer Mitteilung hatte Detlef Münch das Ende seiner lokalpolitischen Karriere bekundet. „Schade, ein guter Kopf, der sicherlich nicht auf der Seite der nationalen Opposition stand, aber den parlamentarischen Betrieb durchaus belebt hat, verlässt die Bühne“, schreiben die Neonazis weiter. Dieses Bedauern dürften die wenigsten (bisherigen) Ratsvertreter*innen teilen.
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Reader Comments
Dortmunder
Wie man hoerte soll Michael Brueck offenbar in Kuerze seinen Lebensmittelpunkt nach Chemnitz verlegen. Ob an diesem Geruecht was dran ist wird dann wohl die nahe Zukunft zeigen.
Nordstadtblogger-Redaktion
Das bestreitet er. Wir hatten vor der Wahl extra bei ihm nachgefragt.
Bebbi
Die Sympathie für Münch seitens der Rechten kommt sicherlich daher, dass er eine nicht unwesentliche Schnittmenge hatte mit seinen Anfragen etc. zu Ausländern, Asyl etc. Seine größte Leidenschaft zuletzt war aber wohl, die Frage zu ergründen, warum er nicht eingeladen wird.