Eine „schallende Ohrfeige“ für die Stadt Dortmund gab es von der 3. Zivilkammer des Landgerichts: Sie gab der Klage des Verlags Lensing-Wolff „voll umfänglich Recht“. Der Verlag der Ruhr Nachrichten hatte die Stadt auf Unterlassung verklagt, weil das Internetangebot www.dortmund.de einen wettbewerbsrechtlichen sowie einen Verstoß gegen die Staatsferne darstelle. Im Klartext: Die Stadt darf den privaten Medien keine Konkurrenz machen.
Landgericht überträgt das BGH-Urteil gegen das „Crailsheimer Stadtblatt II“ auf Dortmund
Die 3. Zivilkammer des Dortmunder Landgerichtes unter Vorsitz von Richter Tim Schlözer machte bei der Verkündung des Urteils deutlich, dass es einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gebe, weil sich „Aufmachung und Ausgestaltung, von Ausnahmen abgesehen, nicht wesentlich von einem privaten Nachrichtenportal unterscheiden“.
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Das Dortmunder Landgericht folgte damit der höchstrichterlichen Einschätzung des Bundesgerichtshofs aus dem vergangenen Dezember, der gegen das „Crailsheimer Stadtblatt II“ (BGH, Urteil vom 20.12.2018, Az. I ZR 112/17) entschieden hatte.
Zwar habe bei dieser Entscheidung ein kommunales Printmedium in Rede gestanden. Die dazu vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze seien aber nach Auffassung der Kammer auf das hier zu entscheidende städtische Internetportal „dortmund.de“ ebenso anzuwenden.
Richterliche Kritik am „pressesubstituierenden Gesamtcharakter“
Die Internetseite der Stadt Dortmund weise einen „pressesubstituierenden Gesamtcharakter auf“, was nach dem höchstrichterlichen Urteil unzulässig sei, so Schlözer. Die öffentliche Hand dürfe sich nur „in engen Grenzen“ im Bereich der Presse betätigen.
Das Urteil ist deshalb von besonderem Interesse, weil es sich zum ersten Mal gegen ein Online-Angebot einer Kommune richtet. Bisher waren nur Printprodukte in verschiedenen Städten erfolgreich von Verlagen beklagt worden. Daher blicken Kommunen bundesweit und auch der Städtetag sehr genau auf die Dortmunder Entscheidung.
Beklagt wurde das Internetangebot vom 15. Mai 2017 – dem Tag nach einer großen BVB-Jubelfeier mit Korso durch die Stadt. Weder dieser noch eine Vielzahl anderer Artikel, Interviews und Rubriken hätten etwas mit dem Informationsauftrag einer Kommune zu tun und seien deshalb zu unterlassen, weil sie den öffentlichen Medien damit Konkurrenz machen würden, so das Gericht.
Verleger: Urteil bedeutet „eine Stärkung der Pressefreiheit und der Demokratie“
Entsprechend zufrieden zeigte sich Verleger Lambert Lensing-Wolff: „Wir sind sehr froh über das Urteil. Es bedeutet eine Stärkung der Pressefreiheit und der Demokratie“, machte der Zeitungsverleger deutlich. „Es ist gut, dass der Stadt enge Grenzen gesetzt werden.“
Er machte nochmals deutlich, dass es ihm nicht darum gehe, dass die Stadt keine Presse- und Öffentlichkeitsarbeit mehr machen dürfe. Ihrem Informationsauftrag solle und müsse die Kommune natürlich nachkommen. „Sie müssen sich und ihre Politik erklären. Aber sie sollen keine Pressearbeit nach eigenem Gusto mehr machen“, so der Dortmunder Verleger.
Regierende und Verantwortliche in der Verwaltung sollten sich „aus der Presse raushalten“, machte Lensing-Wolff deutlich. Sie sollten sich stattdessen lieber auf die Digitalisierung konzentrieren, damit die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr stundenlang bei den Bürgerdiensten warten müssten.
Stadt will Urteil prüfen: „Es geht um „verfassungsrechtliche Grundsatzentscheidungen“
Recht wortkarg gab sich die Stadt nach dem Urteil. OB Ullrich Sierau war der Verkündung des Urteils fern geblieben. Der stellvertretende Rechtsamtsleiter Dirk Otto Arndts bedauerte, dass das Gericht der juristischen Darstellung der Stadt nicht gefolgt sei.
Man warte nun die schriftliche Urteilsbegründung ab, welche Handlungsempfehlungen daraus resultieren. Denn auch der Stadt ist klar, dass bundesweit Kommunen auf Dortmund blicken.
Zwar habe man seit der Klage 2017 vereinzelt schon reagiert, aber es gehe hier um „verfassungsrechtliche Grundsatzentscheidungen, daher werden wir die Rechtsmittel prüfen“, so Arndts.
Der Rechtsbeistand des Verlags, Rechtsanwalt Michael Rath-Glawatz, erkannte wohlwollend an, dass die Stadt schon reagiert habe und dass das Angebot auf dortmund.de bereits anders aussehe als im Mai 2017. „Aber wenn die Stadt sich schon verändert hat, braucht sie ja keine Berufung mehr einlegen“, kommentierte Rath-Glawatz süffisant. Es bleibt spannend, wie und ob es weiter geht…
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