Von Joachim vom Brocke
Hohe Auszeichnung für ein großes Lebenswerk. Nach über 50 Jahren Engagement für das Erinnern an die fast 300 ermordeten Frauen und Männer in den letzten Kriegstagen in Dortmund wurde Wolfgang Asshoff (70) im Rathaus der Nationale Verdienstorden Frankreichs verliehen.
Diesen seltenen Orden gibt es nur in Ausnahmefällen für besondere Verdienste im öffentlichen, zivilen, militärischen oder im privaten Bereich. Der Botschaftsrat für Kultur, Bildung und Hochschulwesen sowie Leiter des Instituts Français Deutschland, Emmanuel Suard, nahm die Ehrung vor.
OB Sierau: „Die Deutschen sind einem friedfertigen Europa verpflichtet“
Durch das jahrzehntelange Engagement von Wolfgang Asshoff „fühlen sich immer mehr Bürger der Erinnerungsarbeit verpflichtet“, stellte Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau während der kleinen Feierstunde im Rathaus heraus: „Dazu bedarf es solcher Persönlichkeiten“.
Nach den bitteren Erfahrungen aus zwei Weltkriegen seien die Deutschen einem friedfertigen Europa verpflichtet. Sierau bezeichnete Asshoff als den „guten Geist des Gedenkens“.
Ohne seinen andauernden Einsatz über viele Jahrzehnte hinweg würde es die Gedenkfeiern an jedem Karfreitag in der Bittermark nicht mehr geben.
Darüber hinaus seien viele Freundschaften mit Frankreich geschlossen worden. „Wir sind stolz darüber“, so Oberbürgermeister Sierau, „dass es Bürger aus der Mitte unserer Stadt gibt, die wie Wolfgang Asshoff arbeiten“. Für seine stete Arbeit wurde Asshoff bereits früher mit dem Bundesverdienstkreuz am Band und der Ehrennadel der Stadt ausgezeichnet.
Offener Dialog zwischen Jugendlichen aus beiden Ländern entstand
Der französische Botschaftsrat Emmanuel Suard würdigte das „seltene Engagement“, aus dem im Laufe der Jahre ein offener Dialog zwischen Jugendlichen aus beiden Ländern entstanden sei.
Ebenso hätten sich über Generationen hinweg sehr viele Freundschaften entwickelt. „Dabei wurden nie die Opfer von 1945 vergessen“, betonte Emmanuel Suard.
Der Gast aus Frankreich heftete Wolfgang Asshoff, der mit seiner Familie und Freunden an der Feierstunde teilnahm, den Nationalen Verdienstorden ans Revers.
1958 erstmals in der Bittermark dabei
Wolfgang Asshoff, ehemaliger Lehrer am Max-Planck-Gymnasium, blickte in seiner Dankansprache zurück ins Jahr 1958, als sein damaliger Französischlehrer ihn einlud mit zur Bittermark zu kommen, um dort eine Gruppe Franzosen zu betreuen. Er habe damals als junger Mann nichts von den Ereignissen in der Bittermark gewusst.
1960 reiste er als Schüler nach Frankreich: „Ich hatte Schwierigkeiten mit der riesigen Decke“, erzählt er, „wusste überhaupt nicht, warum das Croissant in den Kaffee getaucht wird“.
Doch dabei sei er schon auf Menschen getroffen, die gewillt gewesen seien, mit den Deutschen Kontakt aufzunehmen; sei aber ebenso auf Leute getroffen, die „keinem Deutschen mehr die Hand geben wollten“.
Umfangreiche Dokumentation erarbeitet
Durch die Neugierde von Wolfgang Asshoff rund um die Ereignisse in der Bittermark entwickelte sich sein steter Einsatz. Viele herzliche Freundschaften wurden geschlossen, Schülerfahrten in die Dortmunder Partnerstadt Amiens unternommen.
Darüber hinaus verfasste Wolfgang Asshoff aus Anlass des 50. Jahrestages der Fertigstellung des Mahnmals im Jahr 2010 eine umfangreiche Dokumentation, die von 1945 an die Entwicklung der Gedenkfeier veranschaulicht.
Mehr Informationen:
- In der Bittermark und im Rombergpark ermordete die Gestapo um Ostern 1945 etwa 300 Frauen und Männer. Sie kamen aus dem deutschen und ausländischen Widerstand, waren Zwangsarbeiter oder Kriegsgefangene.
- Das Mahnmal wurde 1960 vom Hagener Künstler Karel Niestrath und dem Dortmunder Architekten Will Schwarz geschaffen.
- Für Franzosen ist das Mahnmal ihre europäische Pilgerstätte, die an die Zwangsdeportation erinnert.
- Jedes Jahr am Karfreitag wird dort der Opfer der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft gedacht.
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VHS Do
Leiden in Stein – Vortrag zum Bittermark-Mahnmal
Das Mahnmal in der Bittermark gehört zu den bedeutendsten Bauwerken in Europa, die an die Opfer der Zwangsdeportation und Nazizeit erinnern. In einem Vortrag am Mittwoch, 25. März, in der VHS befasst sich Wolfgang Asshoff mit der politischen Vorgeschichte des Mahnmals und seiner Reliefs. Der 90-minütige Vortrag „Leiden in Stein – das Mahnmal in der Bittermark“ beginnt um 19 Uhr in der Hansastraße 2-4 (Löwenhof). Der Eintritt ist frei.
Wolfgang Asshoff ist Autor mehrerer Dokumentationen über die Bittermark, er begleitet seit mehr als 50 Jahren vor allem französisch sprechende Delegationen am Mahnmal. Geschaffen wurde es vom Dortmunder Architekten Will Schwarz und dem Hagener Künstler und Bildhauer Karel Niestrath. Seit 1958 ist das Mahnmal am Karfreitag Schauplatz einer internationalen Gedenkfeier. In der Krypta des Mahnmals ist ein unbekanntes Opfer der Morde des Jahres 1945 beigesetzt – sie gilt als „französisches Land auf deutschem Gebiet“.
Der Vortrag findet statt in Kooperation mit der Stabsstelle „Kunst im öffentlichen Raum“.
Mehr Informationen:
http://www.kunst-im-oeffentlichen-raum.dortmund.de
http://www.facebook.com/kunstimoeffentlichenraumdortmund
http://www.nrw-skulptur.de