Denkmäler, Kunstwerke, Brunnen, Fassadengestaltung, Gedenktafeln – die Gestaltung des öffentlichen Raums ist vielfältig. Wer bestimmt eigentlich, was angeschafft wird? Was kostet der Unterhalt? Wer kümmert sich darum? Und ist überhaupt noch Platz für Neues? Nordstadtblogger fragt nach.
„Bei der Stadt hat keiner den Überblick und keiner ist zuständig, wenn es um die Pflege geht“
„Die Stadt schafft etwas an, es gibt eine große Einweihung, man schmückt sich damit und das war’s“ – Jan Bormann kommt beim Thema „Kunst im öffentlichen Raum“ schnell auf Touren. Der 1939 geborene und in Dortmund aufgewachsene Bildhauer hat schon in den 1970er Jahren an der Fachhochschule unterrichtet und gilt laut Wikipedia als „Vater der Halden“. ___STEADY_PAYWALL___
Bormann war einer der ersten, der mit seiner Kunst auf den Halden spannende Landmarken im Ruhrgebiet geschaffen hat und seine Skulpturen sind im ganzen Ruhrgebiet zu finden. Allein in Dortmund stehen um die 30 Objekte – genau weiß er es gar nicht. Und auch das wäre schon ein Thema für sich.
„Bei der Stadt hat keiner den Überblick und keiner ist zuständig, wenn es um die Pflege geht“, schimpft Bormann. Man werde zwischen den einzelnen Abteilungen aufgerieben und so manches Kunstwerk vergammele einfach oder werde sogar entsorgt.
Wer entscheidet, ob der Theaterbrunnen dem Neubau der Neuen Bühne weichen muss?
Droht dieses Schicksal nun auch seinem Theaterbrunnen? Auf den Entwurfsskizzen zum Neubau ist das Kunstwerk nicht mehr verzeichnet. Ein Versehen? Wer entscheidet darüber? Bormann weiß von nichts. Seit 1986 bilden die drei Kugeln aus Rotlava das circa sechs Meter lange Brunnenensemble.
Oben, in der Mitte jeder Kugel, ist ein Loch eingelassen, aus dem Wasser über die Oberfläche rinnen sollte – doch hier fließt schon lange kein Wasser mehr und auch die Steine sind verdreckt.
„Ja, Brunnen sind kostspielig“, erklärt Bormann. Sie sind mit einem eigenen Pumpensystem verbunden oder ans Wassernetz angeschlossen – all das erfordert eine regelmäßige Wartung und es bedeutet auch Folgekosten.
Aber ist es das nicht wert? Und „Hat sich denn da vorher keiner Gedanken gemacht“, fragt sich nicht nur Bormann. Fakt ist: Auch seine 1982 für den Blücherpark gestaltete Brunnenskulptur ist seit Jahren außer Betrieb.
Ein neuer Standort ist möglich – aber wer spricht hier überhaupt mit wem?
Kommt es zum Neubau, zeigt sich Borman durchaus offen. Er hat Verständnis für die Situation der Stadt und natürlich müsse auch mal Platz für Neues geschaffen werden. Seine letzte Arbeit, die nun im Westfalenpark steht, hat er auf eigene Kosten gereinigt und restauriert und sie wurde dann mit Hilfe der Feuerwehr umgesetzt: eine win-win-Situation.
Und wenn also nun die Neue Bühne entsteht, läßt sich da auch der Brunnen versetzen? „Formal ist er dem Bau nicht so klar zugeordnet und daher gut neu platzierbar“, findet Bormann. Allein, die Kugeln brauchen Freiraum, und vielleicht sollte es einen gemeinsamen langen Sockel geben, in dem dann auch der Wasserkreislauf sicher ist vor Umweltverschmutzung, so seine erste Idee.
Verträge, die solche Dinge regeln, liegen nicht vor – auch das eigentlich ein Unding. Doch Bormann – der durchaus streitlustig ist und auch vor gerichtlichen Schritten nicht zurückschreckt – zeigt sich versöhnlich: „Es geht doch auch darum, dass man als Künstler vernünftig eingebunden wird und die Arbeit Wertschätzung erfährt. Für mich ist das eine Frage der Haltung.“
Soweit die Perspektive des Künstlers. Doch was sagt die Stadt Dortmund? Wie steht es um die Anfang 2023 angekündigte Neuregelung und ein Konzept für die Wartung und Instandhaltung der Kunst im öffentlichen Raum? Lesen Sie dazu mehr im nächsten Teil unserer Serie.
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Reaktionen
T. Weizmann
Schade – da läuft zwar wirklich kein Wasser mehr aber wir haben als Parkourläufer*innen – auch in Workshops für Jugendliche mit dem Schauspielhaus – diese Kugeln immer sehr gerne mit Sprüngen, Wallspins, Wallflips usw. „zweckentfremdet“. Hoffentlich bleiben sie erhalten.
Anton Kowalski
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Michael Reiners
Danke für den interessanten Beitrag. Ich finde, es kann gar nicht genug Kunst im Öffentlichen Raum geben. Was ich nicht cool finde sind jedoch „stillgelegte“ Kunstwerke. Da sollte man, insbesondere bei den vielen Brunnen, das Ding entweder entfernen, umgestalten oder wieder in Betrieb nehmen. Und jetzt müsste aus der Erfahrung des Künstlers vielleicht zukünftig auch dergleichen mitgedacht oder mögliche Folgeproblematiken offen kommuniziert und geklärt werden, was es für die Instandhaltung braucht – aber ich vermute, dass könnte dazu führen, dass die öffentlichen Auftraggeber von komplexen Systemen eher zurückschrecken.
Idiotischer Weise macht die Stadt dann irgendwelche Umfragen, wie man die Hitze denn so in der Stadt empfinde, und stellt dann mobile Pflanzenwände auf, die Abkühlung bringen sollen. Das könnte man wohl auch machen. Zur Abkühlung eignet sich Wasser aber doch noch immer am besten, und da könnte die Pflege der städtischen Brunnenanlagen doch ein Anfang sein, den Leuten hin und wieder eine Abkühlung zu verschaffen – bisschen Chlor rein und fertig. Aber wahrscheinlich macht das Ordnungs- und Gesundheitsrecht da eh wieder alles unmöglich und man kauft einfach ein paar neue Betonbuchstaben, alte Loren oder weiß der Kuckuck.