Mit Anfang 50 kam es zu einem Wendepunkt im Leben der Dortmunder Künstlerin Birgit Brinkmann-Grempel. „Ich habe zu mir gefunden“, sagt sie heute und diese Erfahrung, Erkenntnis und vor allem Bereicherung möchte sie nun mit anderen Menschen teilen. So ist in ihrem Atelier im Kulturort Depot in der Nordstadt in liebevoller Arbeit „Ein Raum für Wünsche“ entstanden, in den sie die Dortmunder Bürger*innen und vor allem auch die von der Pandemie in ihrer Entwicklung stark beeinträchtigten Kinder nun einlädt, um sich auf sich selbst zu besinnen, in sich hinein zu horchen, den eigenen Wünschen und Bedürfnissen auf den Grund zu gehen, sich seiner Selbst bewusst zu werden und zur Ruhe zu kommen, um Kraft zu tanken und gestärkt und zuversichtlich in die Zukunft blicken zu können.
In turbulenten Zeiten zur Ruhe kommen und sich auf Positives besinnen
Wir leben in turbulenten Zeiten. Seit gut zwei Jahren bestimmt die Corona-Pandemie unser aller Leben. Dinge, die wir für selbstverständlich gehalten haben, werden plötzlich in Zweifel gezogen, denn wir müssen einsehen, dass ein mikroskopisch kleines Virus dazu in der Lage ist, die Grundlagen der Demokratie und der freien Marktwirtschaft ins Wanken zu bringen und unseren gewohnten Alltag von einem Moment auf den anderen auf den Kopf zu stellen. ___STEADY_PAYWALL___
Quarantäne, Lockdown, Schutzverordnung, Inzidenzwerte, Impfungen – diese Begriffe beherrschen die Berichterstattung der Medien seit langem und viele Menschen sind angesichts sich ständig ändernder Schutzverordnungen, der Spaltung der Gesellschaft in Zusammenhang mit der Einschränkung von Grundrechten, der wirtschaftlichen Lage und vielen anderen damit einhergehenden Aspekten verunsichert, beunruhigt oder gar verängstigt.
Zusätzlich hat die Isolation der Quarantäne bei vielen Spuren hinterlassen, sie haben teilweise vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben das Gefühl der Einsamkeit kennengelernt, waren sich selbst und ihren Gedanken überlassen. Manche begrüßten diese Entschleunigung unseres gesellschaftlichen Lebens, in dem nach der Maxime „höher, schneller, weiter“ der Wert eines Menschen nach seiner produktiven Leistung bemessen wird, andere wiederum wünschen sich schon lange ihre „Normalität“ zurück und kämpfen mit Depressionen und Zukunftsängsten.
Kunst als Therapie: Das Projekt ist eine Herzensangelegenheit für die Künstlerin
Für Birgit Brinkmann-Grempel ist das Projekt „Ein Raum für Wünsche“ eine Herzensangelegenheit und ihr erstes eigenes Soloprojekt.
Die ausgebildete Kunsttherapeutin möchte den Menschen in diesen schwierigen Zeiten etwas zurückgeben, ihnen helfen, sich mental von gesellschaftlichen Zwängen und Erwartungshaltungen zu befreien, um den Blick nach innen, auf die eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu richten. Besonders am Herzen liegen ihr hierbei die Kinder.
Es geht Brinkmann-Grempel darum, etwas Schönes zu teilen, etwas Gutes für andere Menschen zu tun, Positives zu erkennen und zu betonen. So hat sie eine Oase der Ruhe geschaffen, in der die Menschen dem Stress ihres Alltags, der Flut der medialen Berichterstattung, dem Druck ihrer Verpflichtungen für einen Moment entfliehen können, um wieder Vertrauen in sich sich selbst und die Welt zu fassen.
„Zu erkennen, dass jede und jeder von uns sehr viele eigene, ganz individuelle Stärken besitzt, auf die wir uns besinnen sollten, das ist mir bei dem Projekt besonders wichtig. Ich möchte meinen Gästen dabei helfen, einen befreiten Blick in ihr Inneres zu richten und auf ihre innere Stimme zu hören“, erläutert die Künstlerin ihre Motivation.
Unterstützt wurde sie bei der Umsetzung des Projekts von ihrem Mann und einem engen Kreis guter Freund*innen. In rund zwei Monaten entwickelten sie zahlreiche Ideen mit denen sie viel experimentierten, bevor sie sie schließlich handwerklich und künstlerisch umsetzten. Finanziert wurde das Projekt über ein Stipendium in Höhe von 6.000 Euro.
Mit viel Liebe zum Detail wurde eine atmosphärische Wohlfühl-Oase geschaffen
„Ein Raum für Wünsche“ ist ein Rondell, ein in sich geschlossener Raum im Raum, in dem alles atmosphärisch darauf abgestimmt ist, Ruhe, Gelassenheit und Frieden zu vermitteln.
Brinkmann-Grempel war es besonders wichtig, dass der Raum nicht zu einer Art dunklen Höhle wurde, sondern Assoziationen an Natur und Weite auslöst, was durch natürliche Materialien, Farben und Naturmotive an den Innenwänden des Raumes unterstrichen wird.
Die Besucher*innen werden von atmosphärischen Klängen empfangen, wenn sie das Atelier der Künstler*in betreten. „Ein Raum für Wünsche“ ist also eine audiovisuelle Erfahrung. Der Boden des Rondells ist mit einem hochflorigen weichen Teppich ausgelegt, auf dem Sitzkissen und Nackenstützen für die Besucher*innen bereit liegen.
Nach einem kurzen einführenden Gespräch lässt Brinkmann-Grempel die Gäste jedoch allein. Sie sollen ihr ganz eigenes Erlebnis im „Raum für Wünsche“ haben, tief in sich hinein horchen.
Wie sie den Raum erkunden und wahrnehmen, ist ihnen selbst überlassen. Man kann sich auch einfach auf den Teppich legen und in den toll und aufwendig gestalteten Himmel des Rondells schauen.
In filigraner Papierschnittarbeit ist dort ein Mandala aus Formen und Strukturen entstanden, vor dessen Panorama ebenfalls aus Papier kreierte Vogelattrappen bei geöffnetem Atelierfenster in einer leichten Brise dahintreiben. LED-Lichterketten verströmen zusätzlich ein weiches warmes Licht. Alle Gäste werden rund 15 Minuten Zeit haben, den Raum auf sich wirken zu lassen und in sich zu gehen.
Das Streben nach Glück: An der Wunschwand können Gedanken und Hoffnungen visualisiert werden
Anschließend sind sie dazu aufgefordert ihre Gedanken und Wünsche anonymisiert künstlerisch zu visualisieren. In welcher Form sie dies tun, bleibt ihnen überlassen.
„Da freue ich mich ganz besonders drauf. Die Wünschewand, an der die Arbeiten gesammelt werden, ist für mich total spannend, weil sich dort Sehnsüchte und Hoffnungen verschiedenster Menschen sammeln werden“, freut sich Brinkmann-Grempel.
„Die Gäste können Bilder malen, schreiben oder was immer sonst ihnen einfällt. Materialien, um kreativ zu werden sind im Atelier natürlich vorhanden“.
Als Kunsttherapeutin arbeitet Brinkmann-Grempel viel mit Kindern und hat selbst erlebt, wie sehr sie in ihrer Entwicklung durch die Pandemie beeinträchtigt werden. Auch sie musste die Kids leider immer wieder vertrösten, wenn es darum ging, sich mal wieder zu treffen und gemeinsam kreativ zu werden.
Besuch nach Terminabsprache bis Ende September / Anfang Oktober möglich
Daher hat sie als erstes auch eine ihrer Kindergruppen in den „Raum für Wünsche“ eingeladen. So verspricht die Wunschwand am Ende des Projekts eine spannende Sammlung unterschiedlichster Hoffnungen und Wünsche zu werden.
Denn neben den Kindern haben bereits eine 71-jährige Dortmunderin und ein über 80-jähriger Dortmunder den „Raum für Wünsche“ besucht und seien sehr berührt gewesen, berichtet Brinkmann-Grempel.
Bei einem zunächst sehr skeptischen Gast seien sogar ein paar Tränen geflossen, da er sich nicht habe vorstellen können, dass der „Raum der Wünsche“ eine derartige Wirkung auf ihn entfalten würde. Doch als er ihn betreten habe, seien seine Gedanken zur Ruhe gekommen und er habe sich befreit gefühlt – ein sowohl für den Gast als auch für Birgit Brinkmann-Grempel bewegender Moment.
Die an der Wunschwand gesammelten kreativen Visualisierungen sollen später dann in einem kleinen Buch, das an alle Teilnehmer*innen verschenkt werden soll, gebündelt präsentiert werden. Wer nun neugierig geworden ist und Birgit Brinkmann-Grempel in ihrem Atelier besuchen möchte, um den „Raum für Wünsche“ zu erleben und zu sich selbst zu finden, kann dies nach vorheriger Terminabsprache per Mail unter bb-g@gmx.net ab sofort bis Ende September / Anfang Oktober 2021 tun.