Die schlechte Stimmung bei den Unternehmen in der Region der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Dortmund hält an und hat sich gegenüber dem Jahresbeginn 2024 sogar noch einmal verschlechtert. „Die Wirtschaft steckt in der Rezession und viele Betriebe sind stark verunsichert“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber. Mittlerweile bewertet nicht einmal mehr jedes fünfte Unternehmen (18,6 Prozent) seine Geschäftslage mit gut. Zum Jahresbeginn 2024 waren es immerhin noch knapp 25 Prozent. Gut 20 Prozent der Unternehmen schätzen ihre Situation als schlecht ein, gut 60 Prozent sprechen aktuell von einer zumindest befriedigenden Lage.
Schlechte Rahmenbedingungen: Krise ist struktureller Natur
Diese Werte sind das Ergebnis der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage. An der Befragung haben 110 Unternehmen mit mehr als 16.000 Beschäftigten in Dortmund, Hamm und dem Kreis Unna teilgenommen. Der negative Trend bestätigt sich auch mit Blick auf das gesamte Ruhrgebiet. Dort verharrt der IHK-Konjunkturklimaindex wie schon zu Jahresbeginn auf dem sehr niedrigen Wert von 94 Punkten.
„Seit mehr als 15 Jahren haben wir im Ruhrgebiet keine so lang anhaltend schlechten Umfragewerte beobachtet“, betont Schreiber. Die Corona-Pandemie und die Energiekrise nach Beginn des Russland-Ukraine-Krieges seien externe Auslöser für Krisensituationen gewesen. „Unsere Wirtschaft hat sich in beiden Fällen schnell gefangen und wieder Tritt gefasst. Das sehen wir derzeit nicht. Diese Krise ist struktureller Natur.“
Hohe Energie- und Rohstoffpreise machen den Unternehmen – gerade in der Industrie – weiterhin zu schaffen. Noch schwerer wiegt jedoch die schwache Inlandsnachfrage, die besonders den Handel belastet. Als größtes Risiko aber für die Entwicklung der Wirtschaft werden branchenübergreifend zu 65 Prozent die schlechten wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen genannt.
Ruhr IHKs fordern eine „Wirtschaft-first-Strategie“ von der Politik
Ausufernde Bürokratie und zu lange Genehmigungsverfahren sorgen dafür, „dass der Wirtschaftsmotor immer mehr stottert“, kritisiert Schreiber. Er sagt deshalb ganz klar: „Es braucht keine politischen Lippenbekenntnisse, sondern echte Wachstumsimpulse. Bund und Land müssen ein Umfeld schaffen, in dem unsere Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben und wachsen können. Sonst verlieren wir Unternehmen ans Ausland.“
Leicht verbessert hat sich die gegenwärtige Lage im Handel. Allerdings bleibt gerade für stationäre Einzelhändler das wirtschaftliche Umfeld angesichts der Konkurrenz durch den Online-Handel und der allgemeinen schwachen Konsumlaune weiterhin schwierig. Mehr als 35 Prozent der Händler bewerten ihre Geschäftslage mit schlecht (Jahresbeginn: 47 Prozent). In der Industrie sagen das 24 Prozent, im Dienstleistungsbereich nur gut neun Prozent.
Die Ruhr IHKs fordern eine „Wirtschaft-first-Strategie“. „Es geht weiter bergab. Unsere Unternehmen hängen in der Rezession fest und sind verunsichert.“ Mit diesen klaren Worten stellten die IHKs der Region die Konjunktur im Ruhrgebiet vor. Die Zahlen spiegeln die gedrückte Stimmung der Unternehmen wider: Vor allem der Handel blickt pessimistisch in die Zukunft. Nur etwa ein Viertel der Unternehmen berichtet von einer guten Geschäftslage.
Standort Deutschland muss für Investitionen attraktiver werden
„Die Zahlen kann man nicht schönreden. Der Wirtschaft helfen keine politischen Lippenbekenntnisse, wir Unternehmer brauchen jetzt einen Wachstumsturbo aus Berlin“, fordert Werner Schaurte-Küppers, Präsident der Niederrheinischen IHK, in diesem Jahr Sprecher der IHKs im Ruhrgebiet.
Einst beliebte deutsche Industrieprodukte – wie Autos oder Stahl aus Duisburg – verkaufen sich immer schlechter, die Auftragsbücher sind leer. „Die Konkurrenz aus China und Fernost hängt uns ab“, bedauert Schaurte-Küppers. Den Entlastungspaketen der Bundesregierung fehlt die Kraft.
Die USA machten vor, wie es geht: Sie förderten Innovationen. „Zu viel Bürokratie, teure Energie und Steuern schrecken ab. Viele fragen sich berechtigt: Warum soll ich in Deutschland investieren?“, so der IHK-Präsident.
Verschärfte Lage, gleiche Forderungen
Viele Betriebe sehen sich ausgebremst. Die politischen Rahmenbedingen passen nicht mehr in die Zeit, kritisieren 57 Prozent der Befragten. Die Ruhr-IHKs fordern eine „Wirtschaft-first-Strategie“. Die Industrieregion brauche bezahlbare Energie. Auch Steuern und Abgaben müssten runter.
Duisburg und Essen wollen die Gewerbesteuer senken. Eine kleine, aber konkrete Wirtschaftshilfe, loben die IHKs. Gleichzeitig müsse das Ruhrgebiet mobil bleiben.
„Bürokratie und lange Planung bremsen. Wir brauchen mehr Beispiele wie die Schlachthofbrücke in Bochum. Hier soll der Verkehr nach 15 Wochen Bauzeit wieder rollen. Bei der Uerdinger Brücke sind es selbst im besten Fall 13 Jahre. Viel zu lange“, kritisiert IHK-Präsident Schaurte-Küppers.
Fachkräftemangel bleibt großes Risiko für die Unternehmen
Im Ruhrgebiet kommen Menschen aus aller Welt zusammen. Eine Stärke, finden die IHKs. Doch bisher leider ungenutzt. Die Hürden seien zu hoch, bis Fachkräfte aus dem Ausland im Betrieb anfangen können.
Trotz der schwächelnden Konjunktur bleibt der Fachkräftemangel weiter eine große Sorge vieler Unternehmen.
Jeder zweite Betrieb bezeichnet ihn als Risiko für seine Entwicklung. 43 Prozent der Befragten geben an, ihre offenen Stellen langfristig nicht besetzen zu können. Deswegen wollen sie ihre Beschäftigten halten. Laut Umfrage zwei Drittel. Lediglich der Handel ist zurückhaltend.
Dienstleistungen als eine Branche mit Lichtblick
Dienstleistungen zeigen sich krisenbeständig. Immerhin rund ein Drittel bewerten die aktuelle Lage als gut. Sie sind zuversichtlicher als andere Branchen. Der Handel spürt hingegen die gesunkene Kauflaune. Auch verlieren stationäre Händler durch hohe Fixkosten gegenüber dem Online-Handel.
Fast 40 Prozent erwarten schlechtere Geschäfte in den kommenden Monaten. Selbst das nahende Weihnachtsgeschäft sorgt in diesem Herbst nicht für Optimismus.
Der Ruhrlagebericht stützt sich auf die Antworten von rund 720 Unternehmen. Diese beschäftigen insgesamt über 100.000 Menschen. Der IHK-Konjunkturklimaindex fasst die Geschäftslage und die Erwartungen zusammen. Der Durchschnittswert der letzten zehn Jahre liegt bei 113 Punkten. Den gesamten Ruhrlagebericht können Interessierte hier einsehen.
Mehr auf dazu auf Nordstadtblogger:
Präsident Heinz-Herbert Dustmann mit klaren Botschaften für eine bessere Wirtschaftspolitik
IHK-Ruhrlagebericht: Krisenstimmung in der regionalen Wirtschaft breitet sich weiter aus
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Statement der IHK zu Dortmund zum Ausgang der Präsidentschaftswahl in den USA und zum Sieg Donald Trumps (PM)
Die direkte Verflechtung der hiesigen Wirtschaft mit den USA ist bereits hoch: Mit Exporten der NRW-Wirtschaft in Höhe von rund 16 Mrd. Euro und Importen in Höhe von rund 17 Mrd. Euro stehen die USA jeweils auf Platz 3 der wichtigsten Abnehmer- bzw. Lieferländer für Nordrhein-Westfalen. Etwa 250 Unternehmen aus Dortmund, Hamm und dem Kreis Unna haben geschäftliche Verbindungen in die USA. Auch umgekehrt ist die Verbindung intensiv: Mit 60 größeren US-Unternehmen, die in der IHK-Region niedergelassen sind, stehen diese im Ranking aller ausländischen Unternehmen auf Platz 3.
Der Wahlsieg Donald Trumps macht angesichts der Aussagen im US-Wahlkampf nun deutlich: Die angedachte, protektionistischer werdende Handelspolitik Trumps dürfte die bereits jetzt steigenden Befürchtungen vor globalen Lieferkettenstörungen (33 Prozent der Unternehmen nach einer aktuellen DIHK-Umfrage) und Handelsbarrieren (26 Prozent der Unternehmen) bewahrheiten.
Denn mit einem ins Spiel gebrachten Basiszollsatz von möglicherweise zehn Prozent für sämtliche Importe – und höheren Zollsätzen für einzelne Produkte – wird die regionale Wirtschaft in Dortmund, Hamm und im Kreis Unna deutliche Auswirkungen spüren. Derartige Abschottungen machen US-Produkte, die mit internationalen Vormaterialien hergestellt wurden, teurer oder verringern die Margen der Lieferanten, und führen zu globalen Auswirkungen auf die Lieferketten – auch, wenn ein Unternehmen keinen direkten Warenverkehr mit den USA hat.
Zitat IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann:
„Der Wahlsieg Donald Trumps bringt Veränderungen für die regionale Wirtschaft mit sich: Wird er seine Aussagen aus dem Wahlkampf wahr machen und seinen Aussagen Taten folgen lassen, werden die geplanten Zölle für sämtliche Importe in die USA unsere exportorientierte Wirtschaft treffen und nicht absehbare Folgen auf die internationalen Lieferketten haben. Es bleibt abzuwarten, was wirklich zur Umsetzung gebracht wird.“