Die Sonne scheint unermüdlich auf die Plätze in der Dortmunder Innenstadt. Aus der Musikbox schalt der Song „36 Grad“ und Menschen steigen zum Planschen in städtische Brunnen. Der ungewöhnliche Anblick war am Montagabend des Ergebnis einer Aktion von Klimaaktivist:innen. Die Polizei nahm nach der Aktion Ermittlungen auf. Die will zunächst eine Presse-Kamera beschlagnahmen – ein versuchter massiver Eingriff in die Pressefreiheit.
Aktivist:innen fordern dazu auf, aktiv zu werden
Ein Dutzend Aktivist:innen der der Bewegung „Extinction Rebellion“ nahestehenden Gruppe „Aktionskollektivdo“ stiegen am Montag (18. Juli 2022) zunächst in den Europabrunnen und später in den Bläserbrunnen. Satirisch wollte die Gruppe kritisieren, dass Klimafolgenanpassung alleine nicht reiche, um der Klimakrise gerecht zu werden.
„Jetzt ist die Zeit, um angemessen auf die Klimakrise zu reagieren. Jetzt haben wir noch die Möglichkeit, das Schlimmste abzuwenden. Deswegen haben wir als Stadt Dortmund uns dazu entschieden, alle Springbrunnen im Stadtgebiet zur Abkühlung der Bürger*innen freizugeben“, erklärte ein Sprecher der Aktionsgruppe zu Beginn der Aktion.
Polizei ermittelt wegen nicht angemeldeter Versammlung
Das Baden in den städtischen Brunnen wurde natürlich nicht wirklich erlaubt. Und darum geht es der Gruppe auch nicht. Sie fordern wirksamen Klimaschutz und die Passant:innen dazu auf, selbst aktivistisch zu werden.
„Hitzewellen und andere Extremwetter Ereignisse werden in Zukunft immer häufiger und extremer werden. Das bedeutet Nahrungsknappheit, Hitzetote, Dürre und Waldbrände. Die aktuellen Klimaschutzmaßnahmen wirken dagegen absolut lächerlich. Das wollen wir mit dieser Aktion aufzeigen“, kommentierte der Teilnehmer Ottmar Wolff.
Nach 45 Minuten war die Badeaktion vorbei. Die Aktivist:innen zogen ihrer Wege. Einige Minuten später tauchten zahlreiche Polizeiwagen an den Brunnen auf. Die Polizei befragte Zeugen und „bat“ diese um Bildmaterial. Die Aktion war nämlich nicht als Versammlung angemeldet, wird aber von der Polizei als solche bewertet.
Massive Kritik am versuchten Eingriff in die Pressefreiheit
Im Rahmen der Maßnahme wollte die Polizei auch das Bildmaterial eines freien Journalisten als Beweismaterial haben, der unter anderem für Nordstadtblogger und verschiedene Fernsehsender berichtet. Journalist:innen geben aus verschiedenen Gründen nur in begründeten Ausnahmefällen Material an Ermittlungsbehörden ab – in der Regel nach einem gerichtlich (!) angeordneten Beschlagnahmebeschluss.
Am Ende einer zwanzigminütigen polizeilichen Maßnahme wurde das Videomaterial nicht beschlagnahmt. Stattdessen wurde ein Verbot ausgesprochen, das Material zeitnah zu löschen. Alexander Völkel, ehrenamtlicher Redaktionsleiter von nordstadtblogger.de und Vorsitzender der Deutschen Journalist:innen-Union in ver.di in Westfalen, verurteilt das Vorgehen der Dortmunder Polizei.
Versuche, Bildmaterial oder gar die Kameraausrüstung beschlagnahmen zu wollen, um Beweise zu sichern, stellt einen massiven Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Pressefreiheit dar. „Hier besteht offenbar ein deutlicher juristischer Schulungsbedarf bei den Einsatzkräften im Umgang mit Medienvertreter:innen. Ich fordere Polizeipräsident Gregor Lange auf, dem Rechnung zu tragen. Das darf sich nicht wiederholen“, so Alexander Völkel. „Darüber wird noch zu sprechen sein!“
Reader Comments
igDAly |JH
Sowas sollte verboten werden! – …polizei wieder mit massivem Aufgebot, weil wohl jemensch das Wort *XR* (extinction rebellion) auf seinem T-Shirt hatte ;))