Probleme, wie die mit Intown (Eigentümerin des Hannibal 2 in Dorstfeld) und seinen Gesellschaften, sind in der Branche nicht neu. Aber ein so krasser Fall ist eher selten. In unserem zweiten Interview zur Funktionsweise von Immobilienunternehmen hat Alexander Völkel für Nordstadtblogger mit Prof. Dr. Carsten Lausberg über die Immobilienbranche gesprochen. Er hat an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen die Professur für Immobilienbanking.
Frage: Wie funktionieren die Geschäftsmodelle von Immobiliengesellschaften?
Prof. Dr. Carsten Lausberg: Es gibt zwei Grundmodelle, die in vielen verschiedenen Varianten auftreten. Beim Modell 1 –„Bestandshalter“ zieht das Unternehmen seinen Gewinn aus der Miete abzüglich Kosten. Typisch für Modell 2 – „Grundstückshändler“ ist, dass Gesellschaften versuchen, Immobilien günstig zu kaufen und teuer zu verkaufen. Es gilt die alte Regel: Der Segen liegt im Einkauf.
Der überteuerte Kauf von Immobilien ist bei Immobilienprofis eher ungewöhnlich. Natürlich können diese sich auch mal irren, doch meistens bieten sie nur bis zu einem vorher berechneten Höchstpreis. Auf welchen Annahmen dieser beruht, ist von außen allerdings kaum zu beurteilen. Dazu müsste man unter anderem wissen, was der Investor mit der Immobilie vor hat, wie er den Kauf finanziert, über welche Insiderinformationen er verfügt und wie er die Marktentwicklung einschätzt.
Zwei Beispiele dazu: Wer einen Acker kauft, von dem er weiß oder annimmt, dass er bald Bauland wird, kann den Verkehrswert deutlich überbieten. Ein Gutachter muss nämlich die aktuelle Situation widerspiegeln und darf nicht auf Wertsteigerung spekulieren. Und wer Schwarzgeld anlegen muss, kann einen viel höheren Preis und eine negative Rendite akzeptieren, Hauptsache das Kapital wird weiß gewaschen.
Wie kann ich mit (Problem-) Immobilien Geld verdienen?
Hier kommen die Varianten der zwei Geschäftsmodelle ins Spiel. Als Bestandshalter kann ich viel Geld verdienen, wenn ich die Kosten reduziere. Zum Beispiel, wenn ich den Service reduziere, die Objekte nicht pflege und nicht investiere. Die Mieten sprudeln zunächst weiter. Dies ist nicht nur der Fall, wenn die Miete von den Sozialämtern kommt. Mieter haben eine sehr hohe Leidensfähigkeit – teils über Jahre – weil ein Umzug teuer oder schwierig ist. So habe ich einen hohen Mietertrag und kaum Kosten.
Aber das rächt sich irgendwann, weil es einen Sanierungsstau gibt. Den zu beheben, ist später viel teurer. Dennoch kann sich das für den Investor lohnen, vor allem, wenn die Mieter ausziehen (müssen) und er nach der Sanierung zu deutlich höheren Preisen neu vermieten kann. Um das zu erreichen, ist dann plötzlich das Dach undicht, zentrale Anlagen wie die Heizung oder Aufzüge fallen aus … es gibt ziemlich eklige Methoden.
Eine Variante ist die Umwandlung eines Mietshauses in Eigentumswohnungen. Bei diesem sogenannten Aufteilergeschäft erzielt der Investor seinen Gewinn aus dem Einzelverkauf der Wohnungen. Wenn er das Objekt vorher mit einer „Pinselsanierung“ aufhübscht, ist da ein ganz hoher Hebel drin.
Ein weitere Variante ist der Abriss: Wenn der Baugrund wertvoll ist – zum Beispiel in Ballungsräumen – ist das sehr beliebt bei Investoren. Dann werden die Grundstücke verkauft oder neu bebaut – mitunter auch mit einer ganz anderen Nutzungsart. Dann sind höhere Erlöse möglich.
Generell gilt: Der deutsche Immobilienmarkt ist auch bei ausländischen Investoren sehr beliebt. Denn auf anderen Märkten ist nicht mehr viel zu verdienen beziehungsweise das Risiko ist zu hoch. Auf dem deutschen Immobilienmarkt gibt es noch ordentliche Renditen, wenn man sie ins Verhältnis zum Risiko setzt.
Warum gibt es langen Leerstand, zum Beispiel bei Gewerbeimmobilien? Dann kann ich doch nichts verdienen?
Für dauerhafte Leerstände gibt es eine Vielzahl gesamt- und einzelwirtschaftlicher, politischer und gesellschaftlicher Ursachen. In einem Forschungsprojekt über Leerstände bin ich auf viele typische, aber auch ein paar ungewöhnliche Fälle gestoßen.
In einem Fall hatte sich der Eigentümer wegen einer Vielzahl von Käufen übernommen. Seiner Mannschaft fehlte die Übersicht und sie schaffte es nicht, die Aufgaben abzuarbeiten. Denn an der Verwaltung zu sparen, ist auch ein beliebtes Mittel, Geld zu verdienen.
In einem anderen Fall ging es um ein Hotel, um dessen Nutzung sich der Käufer nicht (mehr) gekümmert hat. Er war selbst nicht erreichbar, nur ein Anwalt. Und der hat auch nur reagiert, wenn die Kommune Zwangsmaßnahmen androhte. Dann hat er mit Schreiben für Verzögerungen gesorgt, so dass nichts passierte. Eben diese juckt es nicht, wenn einzelne Immobilien über Jahre leer stehen.
Mitunter kann es aber auch zu teuer und/oder zu zeitaufwändig sein, beispielsweise eine Einkaufspassage zu entwickeln – das sind ganz erhebliche Investitionen. Da reicht es nicht, das Objekt nur baulich zu sanieren. Der falsche Schnitt, zu viele Etagen, die Beleuchtung oder der Mietermix können Gründe für einen Leerstand sein. Dafür brauche ich Spezialisten, um dies zu entwickeln. Und wenn sich der Standort geändert hat und eine Lage unattraktiv geworden ist, dann können die Spezialisten eventuell auch nicht mehr helfen.
Ein Motiv, ein Objekt lange leer stehen zu lassen, kann auch die Erwartung von öffentlichen Zuschüssen sein. Leerstand kann für den nötigen Druck sorgen.
Wie kommt es, dass ein Unternehmen so viele Gesellschaften unterhält?
Es ist in der Immobilienbranche nicht unüblich, für jedes Objekt eine GmbH zu gründen. Dafür gibt es haftungs- und steuerrechtliche Gründe. Wenn eine Objektgesellschaft pleite geht, muss die Muttergesellschaft nicht dafür haften. Problematisch ist aber, dass sich Banken dagegen schützen können, indem sie eine Bürgschaft der Mutter verlangen, Handwerker oder Mieter aber praktisch nicht.
Außerdem ist der Verkauf einer Immobilie mit einer eigenständigen GmbH günstiger. Hier werden die Gesellschaftsanteile verkauft („Share Deal“), wofür keine Grunderwerbsteuer anfällt. So spart der Käufer die 6,5 Prozent Steuer, die bei einem direkten Verkauf der Immobilie („Asset Deal“) anfallen. Dieses Steuerschlupfloch ist legal, aber politisch umstritten, auch weil es wiederum „die Kleinen“ benachteiligt.
Bei Intown sitzen die Generalbevollmächtigten auf Zypern. Was sagt das über das Geschäftsmodell aus?
Über Intown kann ich nichts sagen, weil ich das Unternehmen nicht kenne. Ausländische Geschäftsführer zu haben, kann legal und ordentlich sein. Aber wenn ich Zypern, Malta oder Panama höre, klingt das für mich erst mal dubios. Ich hoffe, dass auch bei allen an diesem Fall Beteiligten die Alarmglocken klingeln, sie genau hinschauen, wer hinter der Gesellschaft steckt und sie Konsequenzen ziehen. Schwarze Schafe haben wir in Deutschland in der Immobilienwirtschaft schon genug.
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Reaktionen
Dr. Ramiro Arena
Side schreiben:
“ Aber wenn ich Zypern, Malta oder Panama höre, klingt das für mich erst mal dubios“
Ich wäre sachlich, wenn der Name PANAMA fällt, in Buasch und Bogen auch im Zusammenhang mit Immobilien zu urteilen und eigentlich die Panama-Papers und offshore Gesellschaften in Panama mit einzubeziehen. Was Sie machen ist unverantwortlich, unsachlich und falsch und polpulistisch.
Es gibt seriöse Panama-Grundstücksverkäufer sowohl für Privatldeute als auch für in- und ausländische Firmen, die nichts mit panama Offshore-Geselschaften zu tun haben.
Drr. Ramiro Arena, Panama,