HINTERGRUND: Die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck, die Partei „Die Rechte“ und die Neonazis in Dortmund

Mehrfach gab es in verschiedene deutschen Städten Solidaritätsaktionen für Ursula Haverbeck.
Mehrfach gab es bereits Solidaritätsaktionen für Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck. Foto: Marcus Arndt

Von Marcus Arndt

Seit der Festnahme und Inhaftierung der notorischen Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck im Mai 2018 laufen Rechtsextremisten aus Dortmund dagegen „Sturm“ – und ihre Propagandamaschine zum Zwecke der Freilassung der 89-jährigen und die Abschaffung des § 130 StGB (Volksverhetzung) auf Hochtouren.

Die Federführung der Haverbeck-Kampagne findet in Dorstfeld statt

Die Splitterpartei „Die Rechte“ - hier ihr Co-BUndesvorsitzender Michael Brück - hat die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck zur Spitzenkandidatin bei der Europawahl gemacht.
„Die Rechte“ – hier ihr Co-Bundesvorsitzender Michael Brück – hat die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck zur Spitzenkandidatin bei der Europawahl gemacht.

Verantwortlich dafür zeigen sich Markus Walter, Kreisvorsitzender aus dem Rhein-Erft-Kreis der neonazistischen Partei „Die Rechte“, sowie die beiden in Dorstfeld wohnenden Bundesvorsitzenden Michael Brück und Sascha Krolzig.

2015 wegen eines Anschlags auf eine Moschee verurteilt, ist der umtriebige Markus Walter ein bekennender Anhänger Haverbecks und zeichnet u.a. für Aktionen, Webauftritte und Petitionen zugunsten seiner Mentorin verantwortlich. 

Dass Ursula Haverbeck von Rechtsextremisten ebenso „gehypt“ wird, wie auch der NS-Verbrecher Rudolf Hess, ist nicht verwunderlich. Nachdem der Stellvertreter Adolf Hitlers nach England geflogen war und „seinen Führer“ an die Alliierten verraten hatte, wurde er von den Briten festgenommen und 1946 im Nürnberger Prozess zu lebenslanger Haft verurteilt. 

Mit bescheinigter Schizophrenie und Psychoneurosen wurde der Nazi in das Alliierten-Gefängnis nach Berlin-Spandau gebracht, wo er sich nach mehreren Selbstmordversuchen am 17. August 1987 durch ein Elektrokabel selbst strangulierte. 

Ursula Haverbeck war schon in Jungmädelbund und Hitlerjugend aktiv

Haverbeck genießt durch ihre abstrusen Thesen und abenteuerlichen Geschichten aus ihrer NS-Zeit unter den Verschwörungstheoretikern und Neonazis ein ebenso hohes Ansehen wie Rudolf Hess. 1928 als Ursula Meta Hedwig Wetzel geboren und aufgewachsen im Hessischen Winterscheid , wurde sie (frühestens) 1938 Mitglied im Jungmädelbund, einem weiblichen Zweig der Hitlerjugend.  

Die Neonazis betreiben eine Solidaritätsseite für die Holocaustleugnerin. Foto: Screenshot
Die Neonazis betreiben eine Solidaritätsseite für die Holocaustleugnerin. Foto: Screenshot

Nach Ende des Krieges studierte sie Pädagogik, Philosophie und Sprachwissenschaften. Später lernte sie ihren späteren Ehemann, den Nationalsozialisten Werner Georg Haverbeck kennen. Dieser NS-Funktionär soll von SS-Chef Himmler persönlich mit den Worten, er habe „nicht die primitivsten Eigenschaften von Disziplin und menschlicher Anständigkeit, die von einem SS-Führer verlangt werden müssen“, aus der SS geworfen worden sein.

Nach einigen Aufgaben im Auswärtigem Amt kämpfte Haverbeck u.a. als Leutnant an der Ostfront. Nach Kriegsende wurde er Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft und studierte am Priesterseminar der anthroposophischen Christengemeinschaft. 1950 wurde er zum Priester geweiht, zehn Jahre später jedoch wieder aus dem Amt entfernt, weil er sich entgegen der geforderten politischen Neutralität mit Jugendlichen politisierte. 

Ehepaar gründete das „Collegium Humanum“ – Schulungszentrum für Nazis aller Art

Eine Kampagne haben die Neonazis für ihre Spitzenkandidatin gestrickt.
Eine Kampagne haben die Neonazis für ihre Spitzenkandidatin gestrickt. Foto: Screenshot

1963 gründete der ehemalige NS-Funktionär in Vlotho mit seiner Frau das „Collegium Humanum“, eine „Akademie für Umwelt und Lebensschutz“. Im Laufe der Jahre avancierte das Schulungszentrum zu einem Zentrum für völkischen Nationalismus, Antisemitismus und Holocaustleugnung und wurde zu einem Schulungsort und Anlaufpunkt für Neonazis, Verschwörungstheoretiker und Reichsbürger. Bestes Beispiel ist das 1984 dort tagende „Komitee zur Vorbereitung der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag Adolf Hitlers“.

Georg Werner Haverbeck trat zusammen mit seiner späteren Frau auf verschiedenen rechtsextremen Veranstaltungen auf und verbreitete seine abstrusen Theorien und Lehren über den Holocaust, Rassenreinheit und Volksgemeinschaft. 1970 heiratete Haverbeck seine Lebensgefährtin, welche nach seinem Tod die Leitung der „Akademie“ bis zu ihrem Verbot durch Innenminister Wolfgang Schäuble 2008 übernahm. 

Holocaustleugner wie der Schweizer Bernhard Schaub oder Horst Mahler gaben sich dort die Klinke in die Hand und gründeten später den „Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten“ .

Ursula Haverbeck verstand es durch ihre Erfahrungen im Jungmädelbund schnell, Jugendliche mit ihrem Gedanken-Geschwurbel und ihrer den Holocaust leugnenden Propaganda zu beeinflussen und für ihre „Sache“ zu begeistern. Der Immobilienbesitz Haverbecks, ihr Lebensstil und auch spätere Strafen mussten auch langfristig gesehen finanziert und gesichert werden. Auch deshalb war Ursula Haverbeck für verschiedenen rechtsextreme Vereine tätig.  

Die heute 89-Jährige kann  ein beachtliches Strafregister vorweisen 

Auch eine T-Shirt-Serie haben die Neonazis herausgebracht. Foto: Alex Völkel
Auch eine Solidaritäts-T-Shirt-Serie haben die Dortmunder Neonazis herausgebracht. Foto: Alex Völkel

Ursula Haverbeck kann mittlerweile auf ein beachtliches Strafregister zurückblicken. 2004 wurde sie vom Amtsgericht Bad Oeynhausen erstmals wegen Volkverhetzung zu einer Geldstrafe von 5400 Euro verurteilt.

Haverbeck hatte mehrfach u.a. in ihren eigenen Publikationen den Holocaust geleugnet, indem sie angab, dass das Konzentrationslager Auschwitz kein Vernichtungslager, sondern ein Arbeitslager der Rüstungsindustrie gewesen und der Holocaust ein „Mythos“ sei. Sie stellte die Behauptung auf, dass die Zahl der jüdischen Opfer nicht sechs Millionen, sondern „nur“ ca. 500.000 betragen haben soll.

2007 verurteilte sie das Landgericht Dortmund für die These, dass Hitler einen „göttlichen Auftrag im weltgeschichtlichen Rahmen“ hatte und nicht vom „geglaubten“ Holocaust oder seiner „angeblichen“ Kriegsbessenheit zu 6000 Euro Geldstrafe.

2009 beschäftige sich abermals das Amtsgericht Bad Oeynhausen mit der notorischen Holocaustleugnerin: Dem Mindener Tageblatt zufolge hatte Haverbeck der Vorsitzenden des Zentralrates der Juden einen Brief geschrieben, in welchem sie diese beleidigte und bedrohte. Für Sätze wie: „Machen Sie so weiter wie bisher, dann könnte sich ein neues Pogrom ereignen, das entsetzlich würde“, kassierte Haverbeck erneut eine Geldstrafe von 2700 Euro. 

„Den Holocaust gibt es gar nicht. Das ist sowas wie der Weihnachtsmann oder Osterhase für Erwachsene.“

2010 verurteilte das Landgericht München Haverbeck zu sechs Monaten Haft auf Bewährung und 1000 Euro Geldstrafe. Sie diffamierte in satirischer Weise in einer von ihr herausgegebenen Schmähschrift auf über 70 Seiten Jüdinnen und Juden als LügnerInnen und gab Sätze zum besten wie: „Den Holocaust gibt es gar nicht. Das ist sowas wie der Weihnachtsmann oder Osterhase für Erwachsene.“

2015 leugnete sie erneut den Holocaust – diesmal in der NDR-Sendung „Panorama“ und bezeichnete ihn als die „nachhaltigste Lüge der Geschichte.“ Vor dem Hamburger Amtsgericht wollte Haverbeck mit Hilfe von Zeugen beweisen lassen, dass in Auschwitz kein Mensch vergast worden sei. Der Antrag wurde jedoch abgelehnt und das Gericht setzte eine Gefängnisstrafe von zehn Monaten ohne Bewährung fest. Gegen dieses Urteil legte Haverbeck Berufung ein. Es wird im September 2018 wird neu verhandelt.

2016 kassierte Haverbeck dann gleich mehrere Haftstrafen:  Im Februar 2016 schrieb Haverbeck erneut eines ihrer Pamphlete – diesmal an den Bürgermeister von Detmold und teilte ihm mit, dass Auswitz „eindeutig erkennbar“ ein Arbeitslager gewesen sei. Den gegen sie angewendeten § 130 StGB (Volksverhetzung) nannte Haverbeck im Prozess ein „Gesetz zum Schutz einer Lüge“. Acht Monate Haft ohne Bewährung lautete das Strafmaß im September 2016.

Einen Monat später wurde Haverbeck erneut wegen Volksverhetzung vom Amtsgericht Bad Oeynhausen zu einer Haftstrafe von elf Monaten ohne Bewährung verurteilt. Haverbeck leugnete auf ihrer Internetseite erneut den Massenmord  an den Juden.

Haverbeck mit ihrer Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht 

Solidaritätsadressen und Aufrufe wurden auch von AfD-Gliederungen geteilt. Foto: Screenshot Facebook
Solidaritätsadressen und Aufrufe wurden auch von AfD-Gliederungen geteilt. Foto: Screenshot Facebook

Im November 2016 dann das dritte Urteil mit 18 Monaten Haft ohne Bewährung. Diesmal vom Amtsgericht Verden. Haverbeck verteilte nach ihrer Verurteilung im September 2016 im Gericht Schriftstücke, in denen sie den Holocaust als „Propagandalüge“ bezeichnete.

Im Februar 2017 musste sie erneut vor das Amtsgericht Detmold, um sich dort erst zehn Monate und dann später in der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht 14 Monate Haft wegen Volksverhetzung und Verunglimpfung abzuholen.

Sechs Monate Haft gab es vom Amtsgericht Berlin Tiergarten im Oktober 2017 nochmal wegen der bekannten Volksverhetzung. Haverbeck legte auch hier Berufung ein.

Kürzlich scheiterte Haverbeck ebenso mit ihrer Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht gegen ihre zahlreichen Bestrafungen. Sie wendete sich gegen ihre erneute strafrechtliche Verurteilung wegen der Leugnung der nationalsozialistischen Judenverfolgung nach § 130 Abs. 3 StGB. Eine Bestrafung wegen Leugnung des nationalsozialistischen Völkermordes sei grundsätzlich mit dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit vereinbar, teilte das Gericht in Karlsruhe mit. Haverbecks Verfassungsklage sei deshalb nicht zur Entscheidung angenommen worden. (Az. 1 BvR 673/18)

Im Mai 2018 erfolgte dann der Strafantritt Haverbecks in der JVA Bielefeld zur Verbüßung der Freiheitsstrafen. Nachdem sie nicht freiwillig zum Haftantritt erschienen war, beantragte die Staatsanwaltschaft Verden einen Vollstreckungshaftbefehl, ließ Haverbeck in ihrem Haus in Vlotho festnehmen und in die JVA nach Bielefeld bringen. 

Ursula Haverbeck ist auf dem Olymp der Holocaustleugner angekommen

Haverbeck teilte zuvor mit, dass sie erst in Ruhe ein ärztliches Gutachten über ihre Haftfähigkeit abwarten wolle, welches in Auftrag gegeben worden war. Von einer Haftunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen ist bei Ursula Haverbeck allerdings bei ihren zahlreichen öffentlichen Auftritten bei den rechtsextremen Parteien „Die Rechte“ und „NPD“ nichts zu bemerken.

In der schriftlichen Begründung Haverbecks an die Staatsanwaltschaft Verden zeigt sich erneut, wessen Geistes Kind sie ist. Sie teilte der Staatsanwaltschaft unverblümt u.a. mit:

„Regelung meiner Angelegenheiten ist in dieser kurzen Zeit nicht möglich. Insbesondere ist die Frühjahrsgrundstückspflege dafür zu umfangreich.“ Und weiter: „In die von Ihnen angegebene Frist von einer Woche fallen praktisch vier Feiertage. Am Montag zwischen 30.04. und 1. Mai ist kaum jemand (Anm. gemeint ist die JVA) anzutreffen.“

Vor dem Haftantritt ernannten die Dortmunder Neonazis der Partei „Die Rechte“ Ursula Haverbeck zu ihrer Spitzenkandidatin der Europawahl 2019. Denn für die Neonazi-Szene ist Haverbeck mehr als bedeutsam: Mit ihrer Hilfe möchten die Neonazis demonstrieren, wie das „System“ die vermeintliche Wahrheit unterdrückt und Rechtsextremisten und Holocaustleugner verurteilt. 

Zugleich fungiert die „freundliche alte Dame“ Haverbeck mit ihrer notorischen Shoaleugnung und ihren Verurteilungen als Vorbildfür zukünftige Neonazis, welche perfide in die Fänge der rechtsextremen Splitterpartei gelockt werden sollen. Eine bessere Märtyrerin konnten die Rechtsextremisten seit Rudolf Hess nicht finden.  

Neonazis demonstrieren vor der Justizvollzugsanstalt Bielefeld

So thematisieren Naziseiten die Fahrt.
So thematisieren Naziseiten die Fahrt.

Im September sollte sich Haverbeck erneut vor Gericht verantworten. Diesmal ging sie gegen ein Urteil des Amtsgericht Hamburg in Berufung, in welchem sie zu zehn Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt wurde. Lange mobilisierte die rechtsextremistische Szene; ihre Verehrer und Anhänger schlugen Alarm gegen den Transport Haverbecks nach Hamburg und meldeten für den Prozesstag in Hamburg eine Demonstration mit zahlreichen vorbestraften Rednern vor dem Landgericht an. 

Aufgrund einer Erkrankung der Vorsitzenden Richterin der zuständigen Strafkammer wurde der Termin erstmal aufgehoben, wie Presseprecher Dr. Kai Wantzen vom Landgericht Hamburg bestätigte. Nach deren Genesung ist mit einem neuen Termin zu rechnen. Dann dürfte auch die Planung des Transports von Haverbeck zum Landgericht Hamburg geklärt und abgeschlossen sein.

Auf der Homepage der neonazistischen Partei heißt es, dass „das ,System’ eine ,Todesfahrt’ mit Haverbeck“ plane. Sie werde in „einer Art besserem Viehtransport“ zum Prozess nach Hamburg „verschleppt“.  Tatsächlich soll Haverbeck wie jeder andere normale Gefangene auch mit dem Gefangenenbus nach Hamburg transportiert werden, was u.U. einige Tage dauert.

Zur Erklärung: Vergleichbar mit einem Busliniennetz fährt der Gefangenenbus immer eine Haftanstalt nach der nächsten an. Die Gefangenen müssen hier entweder umsteigen, oder aber, wenn der Bus bereits abgefahren ist, dort übernachten und am nächsten Tag weiterreisen. Diese Art der Reise nach Hamburg entspricht jedoch nicht den Vorstellungen Haverbecks und ihrer Anhänger.

Erklärung zur Gefangenenbusfahrt strotzt vor rassistischen Positionen

Die Shoa-Leugnerin ließ durch ihre Anhänger auf einer Webseite mitteilen: „Das sind fünf Tage Fahrt, zurück ebenso. Das ist vielleicht für einen 50-jährigen Asylanten aus Afrika zumutbar, für mich bald Neunzigjährige nicht. ‚Ich werde in Hamburg für die Wahrheitsfindung gebraucht!‘ (lt. Schreiben der zuständigen Richterin) Da muss ich gut vorbereitet und ausgeruht sein, ohne Unterkühlung und vielleicht sogar Husten, in Hamburg zum Termin kommen können.“

Und weiter heißt es: „Ich werde bei der Richterin, Frau Schulz, Vorsitzende Richterin der kleinen Strafkammer 13, den Antrag stellen müssen, bei der JVA Bielefeld Gerichtsurlaub für zwei Tage zu erhalten, um am Dienstag mit einem ,Reisemarschall’ im Leihwagen nach Hamburg ins Hotel zur Übernachtung gebracht zu werden; nach dem Verfahren, die Wahrheitsfindung geht nicht so schnell, – noch einmal dort – natürlich mit der Auflage mit niemandem zu sprechen – mich nach den Strapazen auszuschlafen. Am Donnerstag gegen 18 Uhr bin ich zurück oder auch schon gegen 13 Uhr“, lässt sie hochfahrend und großkotzig mitteilen.

400 Neonazis aus Deutschland und angrenzenden Ländern demonstrierten bereits vor der JVA gegen die Inhaftierung Haverbecks und karrten Redner an wie den in Berlin fristlos gekündigten Lehrer Nikolai Nerling, in der rechtsextremen Szene besser bekannt als der „Volkslehrer“.  Er verbreitet seit geraumer Zeit auf Demonstrationen und Youtube menschenverachtende und antisemitische Propaganda. Die Berliner Schulverwaltung kündigte ihn daraufhin im Mai 2018 fristlos. 

Aber auch der Schweizer Holocaustleugner Bernhard Schaub – Gründer der „Europäischen Aktion“ (ein Zusammenschluss von Holocaust-Leugnern) – hielt vor der JVA eine seiner menschenverachtenden Reden zugunsten Haverbecks.

Ausstehende Berufungsverhandlungen: Auf die 89-Jährige warten weitere Haftstrafen

Ob die verurteilte Gefangene mit dem Gefangenenbus oder aber ihrem Antrag gemäß Hafturlaub bekommt, ist noch nicht entschieden. Fakt ist nur, dass auf Haverbeck weitere Urteile warten  – zusätzlich zu ihrer bereits angetretenen zweieinhalbjährigen Haftstrafe. Insgesamt könnten ihr rund fünf Jahre Haft blühen.

Aufgrund der Solidarität von Neonazis, Verschwörungstheoretikern und Holocaustleugnern besteht jedoch ein erhebliches Risiko, dass sie sich dem Antritt der weiteren Strafe entzieht und ins Ausland flüchtet, sollte dem Antrag stattgegeben werden. 

Dass Fluchtgefahr besteht, bestätigte auch die Leiterin der JVA Bielefeld-Senne, Kerstin Höltkemeyer-Schwick, gegenüber den Medien und bescheinigte der Holocaustleugnerin eine Nichteignung für den offenen Vollzug bei ihrem Haftantritt. Somit wurde Haverbeck umgehend in den geschlossen Vollzug gebracht – sehr zum Unmut der Rechtsextremen. 

Anlässlich ihres 90. Geburtstages am 8. November kündigten Neonazis für den 10. November 2018 eine weitere Demo in der Stadt am Teutoburger Wald an.

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  1. Urteil OLG Hamm: Zur Leugnung des Holocaust im Sinne von § 130 Strafgesetzbuch (PM)

    Urteil OLG Hamm: Zur Leugnung des Holocaust im Sinne von § 130 Strafgesetzbuch

    Der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm hatte sich in einem Beschluss vom 01.06.2021 mit der Frage zu befassen, ob eine Äußerung des Angeklagten in einer Rede auf einer Sympathiekundgebung für eine Holocaust-Leugnerin strafrechtlich als Volksverhetzung zu werten ist. Dabei hat der Senat klargestellt, dass bei mehrdeutigen Aussagen (Stichwort „dog whistle politics“) ein dem Angeklagten günstiges Verständnis der Äußerung nur zugrunde zu legen ist, wenn dieses Verständnis den Umständen des Falles nach nicht auszuschließen sei. Zudem hat der Senat bekräftigt, dass Hass, Antisemitismus und die Leugnung des Holocaust nicht unter den Schutzbereich der Meinungsfreiheit fallen.

    Der Angeklagte aus Ronneburg nahm am 10.11.2018 in Bielefeld an einer von Mitgliedern der Partei „Die Rechte“ aus Dortmund angemeldeten Veranstaltung teil, die zum 90. Geburtstag einer bekannten und mehrfach verurteilten Holocaust-Leugnerin, mit der der Angeklagte befreundet ist, stattfand. Auf der Veranstaltung hielt er eine etwa neunminütige Rede, die noch heute bei „youtube“ abrufbar ist. In dieser Rede äußerte er unter anderem: „Die Juden haben Christus verworfen, haben ihn kreuzigen lassen, sie haben sein Opfer für sich in Anspruch genommen und brauchten einen anderen Mythos. Den haben sie geschaffen und der findet auch seinen Niederschlag in § 130 Strafgesetzbuch.“

    Wegen dieser Äußerung verurteilte das Amtsgericht Bielefeld den Angeklagten am 20.08.2019 zu einer Geldstrafe von 900 € (Az. 811 Cs 189/19, AG Bielefeld). Dieses Urteil bestätigte das Landgericht Bielefeld am 05.10.2020 (Az. 05 Ns 68/19, LG Bielefeld). Durch die Äußerung, so das Landgericht, habe der Angeklagte den Holocaust als Erfindung der Juden dargestellt, wobei ihm bewusst gewesen sei, dass dies insbesondere von Teilnehmern der Veranstaltung auch entsprechend verstanden werden würde. Gegen dieses Urteil hat sich der Angeklagte mit seiner Revision gewandt. Die ihm vorgeworfene Äußerung sei zumindest mehrdeutig; die Vorinstanz habe sich nicht ausreichend mit anderweitigen Auslegungsmöglichkeiten auseinandergesetzt.

    Ohne Erfolg! Zur Begründung hat der 3. Strafsenat im Wesentlichen ausgeführt, dass die Äußerung des Angeklagten nicht im Sinne einer religiösen Meinungsäußerung gedeutet werden könne. Auf die Mehrdeutigkeit einer Äußerung komme es nicht an, wenn andere – für den Angeklagten günstigere – Auslegungsmöglichkeiten den Umständen nach ausgeschlossen seien. So liege der Fall hier. Schon der Wortlaut der Äußerung sei als Leugnung des Holocaust zu werten. Der Angeklagte habe das angebliche „Schaffen eines Mythos durch die Juden“ in Bezug zu § 130 Strafgesetzbuch (StGB) gesetzt, der seinerseits das Leugnen des Holocaust unter Strafe stelle. Bereits deshalb könne und dürfe ein Zuhörer die Äußerung dahingehend verstehen, beim Holocaust handele es sich um eine Erfindung der Juden.

    Ebenso zutreffend habe das Landgericht dem sprachlichen Kontext der Äußerung und den Begleitumständen keine andere Bedeutung als die eines Leugnens des nationalsozialistischen Völkermordes an den europäischen Juden beimessen können. Eine theologische Aussage der Rede und Äußerung sei auszuschließen. Nachdem der Angeklagte im Übrigen selbst dem politisch rechtsextremen Spektrum angehöre, die Äußerung des Angeklagten in einer Solidaritätsveranstaltung für eine bekannte und mehrfach verurteilte Holocaust-Leugnerin gefallen, die Veranstaltung in erster Linie von Sympathiekundgebungen für die vorerwähnte Person geprägt gewesen sei und die Teilnehmer überwiegend dem politisch rechtsextremen Spektrum angehört hätten, könne und dürfe unter dem Maßstab eines objektiven Empfängerhorizonts sicher auszuschließen sein, dass es dem Angeklagten mit seiner Äußerung um etwas anderes als eine Leugnung des Holocaust gegangen sei.

    Danach schränke die Verurteilung den Angeklagten weder in seiner Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 Grundgesetz noch in seiner Meinungsfreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz in unzulässiger Weise ein. Im Übrigen entspreche es auch internationalem Recht, dass die Darbietung von Hass, Antisemitismus und Leugnung des Holocaust nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sei.

    Rechtskräftiger Beschluss des 3. Strafsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 01.06.2021 (Az. III-3 RVs 19/21, OLG Hamm). Der Beschluss ist in anonymisiertem Volltext unter http://www.nrwe.de in Kürze abrufbar.

    Hinweise: § 130 StGB lautet auszugsweise wie folgt:

    § 130 Volksverhetzung

    (1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
    1.gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
    2.die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
    wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

    (2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
    1.einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, der
    a)zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt,
    b)zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder
    c)die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden oder
    2.einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.

    (3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

    (4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.
    […]“

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