
Nicht nur Frauen, sondern auch Männer erleiden in Partnerschaften häusliche Gewalt. Die gravierenden Folgen werden häufig noch dadurch verstärkt, dass Betroffene schambehaftet schweigen oder Gewalterfahrungen als Beziehungsproblem abtun. In Dortmund gibt es ab April ein neues Hilfsangebot speziell für Männer.
Häusliche Gewalt gegen Männer in allen Alters- und Bevölkerungsgruppen
Erhebungen neueren Datums zeigen, dass ein bis zwei Fünftel der Opfer häuslicher Gewalt Männer sind. Mindestens eine Million Männer erleiden somit in Deutschland regelmäßig häusliche Gewalt durch ihre Partnerin. Norbert Köring, Dipl. Psychologe und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut in der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern in Hombruch, weiß aufgrund seiner beruflichen Erfahrung, dass es schwierig ist, über derlei Erfahrungen überhaupt erst ins Gespräch zu kommen.

„Oftmals kommt häusliche Gewalt in ganz anderen Kontexten unserer Beratung zur Sprache“, berichtete Köring in seinem Einleitungsreferat. „Aus Gründen der Scham wird im alltäglichen Leben von Familien vieles leider zunächst beschwiegen und verdrängt.“ Männer, die über die Angriffe ihrer Partnerin sprechen und sich aktiv Hilfe suchen, sind ausgesprochen selten. ___STEADY_PAYWALL___
Häusliche Gewalt gegen Männer findet sich in allen Alters- und Bevölkerungsgruppen. Die häufigste Variante ist mit 39 Prozent die psychologische Gewalt. Beleidigungen, Erniedrigungen, aber auch Kontrollen und Verbote gehören dazu.
Viele Opfer ertragen das Leid stillschweigend und integrieren es soweit wie möglich in ihr Leben, andere reagieren mit körperlicher Gewalt. Letztere ist die zweithäufigste Variante häuslicher Gewalt, zumal sie in manchen Fällen beidseitig ausgeübt wird. Aber auch sexuelle Gewalt wird von Frauen verübt, indem Männer belästigt, vergewaltigt oder zu erniedrigenden Handlungen gezwungen werden.
Soziale Isolation als Folge erlittener Gewalt
Eine schlimme Folge häuslicher Gewalt ist die soziale Isolation. Betroffene fühlen sich alleingelassen. Sie vermögen es nur selten, die Scham zu überwinden und über ihre Erfahrungen und das damit verbundene Leid zu sprechen. So kommt es dazu, dass die erlittene Gewalt über die betreffende Beziehung hinaus wirkt.

Das soziale Umfeld nimmt dadurch Schaden, insofern zwischenmenschliche Probleme als Resultat der Gewalterfahrungen entstehen.
Psychische Traumafolgen bedürfen darum auch einer therapeutischen Intervention. Gewaltopfer leiden in bestimmten Situationen an Bildern, die sich unvermittelt aufdrängen, an einer erhöhten Reizbarkeit, an Störungen ihres seelischen und körperlichen Lebens.
Insofern ist es fatal, wenn Betroffene sich darum bemühen, „einfach nur durchzuhalten“, im Alltag zu „funktionieren“, statt Hilfe zu suchen. Aber auch in der öffentlichen Aufmerksamkeit wird Männern als Opfer häuslicher Gewalt noch viel zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet.
Rollenbilder überwinden
Darin waren sich die Fachleute einig, die im Rahmen der Informationsveranstaltung die Thematik aus verschiedenen Richtungen beleuchteten. Erfahrungen aus der Arbeit der Kriminalpolizei, der evangelischen Beratungsstelle für Lebensfragen, dem Gleichstellungsbüro und des Weißen Ringes ergaben einen weitgefächerten Eindruck vom Problem. Kriminalhauptkommissarin Petra Ostermeier beispielsweise berichtete, dass es in Dortmund in jedem Jahr zu 500 bis 700 Delikten häuslicher Gewalt kommt.

Die Dunkelziffer sei noch weitaus höher, weil es, besonders innerhalb von Familien, oftmals vermieden wird, Strafanzeige zu erstatten. Wird ein Fall häuslicher Gewalt polizeibekannt, sind die Beamt:innen verpflichtet, die Opfer auf Beratungsangebote hinzuweisen. „Wir vermitteln dann zur evangelischen Beratungsstelle für Lebensfragen“, sagte Ostermeier, fügte aber auch hinzu, dass die Beratung leider nur selten aufgesucht wird.
Das Eingeständnis, Opfer häuslicher Gewalt geworden zu sein, fällt besonders Männern ausgesprochen schwer. Stereotypische Rollenbilder vom „starken, stets überlegenen Mann“ hindern Betroffene, Schutz- und Hilfsangebote anzunehmen. Hinzu kommt, dass es noch zu wenig männerspezifische Angebote gibt.
Ein neues Beratungsangebot in Dortmund
Hier will der Psychologische Beratungsdienst im Jugendamt der Stadt Dortmund Abhilfe schaffen. Ab April gibt es an jedem ersten Mittwoch im Monat eine Männergruppe, in der Betroffene einen geschützten Raum zum Austausch finden. Vertraulichkeit, Unabhängigkeit, Freiwilligkeit und Kostenfreiheit werden zugesichert. Eine Anmeldung zur Teilnahme ist nicht notwendig, wäre aber hilfreich.
Die Treffen finden in der Nebenstelle des Jugendamtes (4. Etage), Märkische Straße 109, 44141 Dortmund statt. Maurits Fulde (Pädagoge) und Norbert Köring (Psychologe) werden die Gruppe begleiten und stehen bereits jetzt für Fragen zur Verfügung.
Mehr Informationen:
- Kontakt: Maurits Fulde, E- Mail: mfulde@stadtdo.de, Tel.: 0231 50-25078.
- Kontakt: Norbert Köring, E-Mail: nkoering@stadtdo.de Tel.: 0231 50-11991.
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