Ein Naziaufmarsch, zwei Kundgebungen gegen Neonazis sowie eine Attacke auf den neuen Thor Steinar-Laden in der City beschäftigen Stadtgesellschaft und Polizei am heutigen Montag (21. Oktober 2019).
Um 18 Uhr wieder Proteste gegen Thor-Steinar-Laden – Polizei sucht Zeugen nach Attacke
Um 18 Uhr findet – wie jeden Montag seit Eröffnung – eine Kundgebung gegen den neuen Thor-Steinar-Laden Tønsberg in der Dortmunder City statt. Gegen den Laden hatte es am Montagmittag eine Attacke gegeben.
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Zwei bislang unbekannte Täter hatten um kurz nach 12 Uhr den Laden im Hinterhof des Brüderwegs betreten, Böller gezündet und mit einem mitgebrachten Feuerlöscher eine übel riechende Flüssigkeit versprüht.
Anschließend flüchteten sie aus dem Laden. Der polizeiliche Staatsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen und sucht noch ZeugInnen des Vorfalls.
Neonaziaufmarsch führt heute Abend wieder durch das Hafenquartier
Um 19.30 Uhr findet ein weiterer rechtsextremer Aufmarsch durch Teile der Dortmunder Nordstadt statt. Die Polizei konnte die von Rechtsextremisten angemeldete Route nach eigenen Angaben verkürzen (Route am Ende).
Die Strecke führt nicht zu und nicht vorbei an solchen Orten, an denen Mahnmale und Gedenkstätten an die Opfer nationalsozialistischer und rechtsextremer Gewalt erinnern.
Im Lichte des Terroranschlags vom 9. Oktober 2019 in Halle und mit Blick auf das aktuelle politische Klima erkennt die Dortmunder Polizei in den auf rechtsextremen Aufmärschen ausgerufenen Parolen wie „Nie wieder Israel“ einen antisemitischen und einschüchternden Charakter.
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen folgt der Auffassung der Dortmunder Polizei nicht und hatte am Freitag eine Verbotsauflage aufgehoben. Dagegen hat die Dortmunder Polizei beim Oberverwaltungsgericht Münster Beschwerde eingelegt. Darüber wird das OVG Münster im Laufe des heutigen Tages entscheiden.
Das „Antisemit-Verfahren“ vor dem Landgericht wird frühestens 2020 eröffnet
In den vergangenen Wochen und Monaten hatte die Polizei mehrere Parolen – die bislang regelmäßig zu hören waren – einer erneuten Prüfung unterzogen und im Kontext anderer Vorfälle neu gewertet – teils mit Erfolg.
So ist ein Verfahren gegen acht Neonazis, die die Parole „Wer Deutschland liebt ist Antisemit“ skandiert hatten, beim Landgericht anhängig. Allerdings wird erst im kommenden Jahr darüber entschieden, ob und wann die Verhandlung stattfinden wird.
Weitere Parolen – „Nie wieder Israel“, „Hier marschiert der nationale Widerstand“ und „Hoch die nationale Solidarität“ hatte die Polizei geprüft und per Auflage verbieten lassen. Dagegen waren die Neonazis in einem Eilverfahren vorgegangen und hatten Recht bekommen.
Der Nazi-Youtuber „Der Volksschullehrer“ wird heute Abend in der Nordstadt hetzen
Diese Entscheidungen im Eilverfahren kamen aber weder für die Polizei noch die interessierte Öffentlichkeit überraschend. Denn diese wurden in früheren Verfahren beurteilt und als von der Meinungsfreiheit gedeckt angesehen.
Daher setzt die Polizei bei diesen und weiteren Parolen im Nachgang auf ein neues Hauptsache-Verfahren, wo dann auch neue Argumente gewürdigt werden. Der Ausgang ist natürlich offen.
Erfolglos verliefen die Bemühungen der Polizei, ein Redeverbot für die Hauptredner der letzten wie auch der heutigen Demo zu erwirken. Die Behörde hatte befürchtet, dass diese „rechtsextreme und antisemitische Äußerungen“ tätigen würden. Das Gericht sah dies anders: Sowohl Dieter Riefling als auch der Neonazi-Youtuber Nikolai Nerling konnten bzw. können in Dortmund auftreten.
Demokratischer und antifaschistischer Protest trifft sich wieder am NSU-Mahnmal
Wie in der vergangenen Woche wird dieser Aufmarsch von der Stadtgesellschaft nicht umkommentiert bleiben: Für 19.15 Uhr gibt es eine Protest-Kundgebung am NSU-Mahnmal, die der Arbeitskreis „Dortmund gegen Rechtsextremismus“ angemeldet hat.
Zur Teilnahme daran haben auch andere Gruppen und Organisationen – unter anderem das Bündnis „Dortmund gegen Rechts“, die Flüchtlingspaten, die Seebrücke-Lokalgruppe Dortmund und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der AntifaschistInnen (VVN-BdA e. V.) – aufgerufen.
Am vergangenen Montag waren fast 2000 Menschen auf die Straße gegangen, um den Opfern von Halle zu gedenken und dem unverfrorenen Aufmarsch der Dortmunder Neonazis – nur vier Tage nach den Anschlägen von Halle – Widerstand entgegen zu setzen.
Gemeinsam hatten alle stadtweiten Bündnisse gegen Rechtsextremismus deutlich gemacht, dass Rechtsextremismus immer zu Gewalt und Tod führe. „Darum fordern wir ein Verbot von rechtsextremistischen Hass– und Gewaltaufmärschen“, heißt es im neuen Aufruf.
„Wir wollen nicht mehr aushalten müssen, wie Neonazis mit ihren Aufmärschen in den Stadtteilen, wie jetzt seit Wochen in der Nordstadt, Menschen einschüchtern dürfen. Wir wollen nicht mehr zusehen müssen, wie die Dortmunder Nazis die NS-Ideologie praktizieren und lebendig halten“, heißt es weiter.
Daher wollen sie am NSU-Mahnmal – in Sicht- und Rufweite des Neonaziaufmarschs, abermals demonstrieren. Der Ort ist natürlich bewusst gewählt: „Wir wollen keine weiteren Mahnmale für Opfer rechtsextremer Gewalt in Deutschland bauen müssen“, verweisen die Aktivistinnen auf die politisch motivierten Morde.
Im Hafenquartier wird es erneut massive Verkehrsbehinderungen geben
Wegen der rechtsextremen Demonstration müssen AnwohnerInnen und AutofahrerInnen in Teilen der Dortmunder Nordstadt am Montagabend (21.10.2019) erneut mit Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs rechnen.
Betroffen sind diese Straßen: Steinstraße/Ecke Grüne Straße, Kurfürstenstraße, Uhlandstraße, Mallinckrodtstraße, Schillerstraße und die Schützenstraße.
Für diesen Aufmarsch wird die Polizei die genannten Straßen zwischen 19.30 und 22 Uhr jeweils kurzfristig sperren. „Um die Beeinträchtigungen für die Öffentlichkeit so gering wie möglich zu halten, reagiert die Polizei flexibel“, heißt es in einer Pressemitteilung.
Mehr zum Thema bei nordstadtblogger.de:
Großer Protest gegen den neuen Nazi-Mode-Laden in Dortmund – „Thor Steinar“-Verkauf in der City
https://www.nordstadtblogger.de/kommentar-ueber-neonazis-erwuenschte-schlagzeilen-fragwuerdige-einsaetze-und-gesellschaftliche-verantwortung/
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Grünen-Kreisverband Dortmund (Pressemitteilung)
Sicherheit gewährleisten statt Demokrat*innen kriminalisieren: GRÜNE fordern Umdenken bei Polizeieinsätzen
In den letzten Wochen formierte sich wöchentlich breiter Gegenprotest gegen Demos der Partei „Die Rechte“, die angekündigt hatte, bis Weihnachten jeden Montag in der Nordstadt zu demonstrieren. Auch diese Woche protestierten über 500 Personen, die zuvor eine Mahnwache am NSU-Denkmal an der Auslandsgesellschaft veranstaltet hatten, lautstark gegen die rechtsextreme Demo.
Der Kreisverband der GRÜNEN fordert, dass die Sicherheit von Personen, die am Gegenprotest teilnehmen wollen, durch die Polizei gewährleistet wird. Die Nazis versammelten sich bereits vor der Anreise auf dem Wilhelmplatz in Dorstfeld und bedrängten dort Personen, die zur Gegendemo anreisen wollten.
„Der Polizei ist bewusst, dass sich in der Naziszene zahlreiche gewaltbereite Personen befinden. Dass dieser Personenkreis ohne Polizeibegleitung zur Demo anreist und Leute schikaniert, ist nicht hinzunehmen“, sagt Julian Jansen, Sprecher der Dortmunder GRÜNEN. Die Entscheidung der Polizei, die Rechtsextremen erst zu einem späteren Zeitpunkt zu begleiten, ist fahrlässig. „Auch Dorstfelder*innen, die an Gegenprotesten teilnehmen wollen, muss eine sichere Anreise gewährleistet werden.“
Darüber hinaus kritisieren die GRÜNEN das wiederholte und unverhältnismäßige Filmen des Gegenprotests durch die Polizei, wie es auch am Montag in der Nordstadt geschehen ist.
„Wie schon oft in der Vergangenheit geschehen, kriminalisiert die Polizei mehrere hundert Personen, die sich als breites Bündnis gegen die Nazis in Dortmund stellen und ein Zeichen für ein buntes Dortmund setzen“, kommentiert Julian Jansen. Ein Polizeibeamter, der auf das Filmen angesprochen wurde, zeigte sich nicht bereit, ein konstruktives Gespräch zu führen. Das permanente Filmen stellt eine unnötige Provokation der Gegendemonstration dar, die friedlich ihren Protest zum Ausdruck brachte. „Wenn die Polizei im Vorhinein in Pressemitteilungen sagt, dass sie den Gegenprotest begrüßt, dann sollte sich die Polizei auch entsprechend verhalten. Die Polizei sollte den Gegenprotest schützen, statt ihn zu kriminalisieren.“
Zu den Gegenprotesten am 07.10. ergänzt die Sprecherin des GRÜNEN Kreisverbands Katja Bender: „Wir fordern die Polizei auf, sämtliche Ermittlungen im Zusammenhang mit der Blockade der Schützenstraße am 07.10. einzustellen.“
Die Grünen rufen dazu auf, sich auch an den kommenden Montagen erneut an Demonstrationen gegen Rechtsextremismus zu beteiligen.