Haushaltsplan für 2015 eingebracht – Stüdemann: „Wir stehen als Stadt nicht mit dem Rücken an der Wand!“

Der Kämmerer hat den Haushalt der Stadt Dortmund in den Rat eingebracht.
Der Kämmerer hat den Haushalt der Stadt Dortmund in den Rat eingebracht. Fotos: Alex Völkel

Die Botschaft ist unmissverständlich: „Wir stehen als Stadt nicht mit dem Rücken an der Wand!“ Dies ist die zentrale Botschaft von Kämmerer und Stadtdirektor Jörg Stüdemann, als er den Dortmunder Haushalt für 2015 vorstellte.

78,4 Millionen Euro Unterdeckung bei einem Volumen über zwei Milliarden Euro

Er ist mehr als 1200 Seiten dick, mehr als drei Kilo schwer schwer und hat mehr als zwei Milliarden Euro Volumen – der Dortmunder Haushaltsplan für das Jahr 2015. Kämmerer Jörg Stüdemann hat das umfangreiche Werk heute in den Rat eingebracht. Er sieht Einnahmen von 2,03 Milliarden Euro bei  Ausgaben von 2,1 Milliarden Euro vor – also eine Unterdeckung von 78,4 Millionen Euro. Dieser Wert liegt aber noch 6,4 Millionen Euro unterhalb der Grenze, die zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzepts verpflichtet.

Die größten Posten sind Transferaufwendungen wie für Sozialausgaben, die allein 910 Millionen Euro ausmachen, 402 Millionen für Sach- und Dienstleistungen und 360 Millionen für Personalaufwendungen ohne Pensionsrückstellungen.

Stüdemann: „Wir legen einen genehmigungsfähigen Haushalt vor“

Jörg Stüdemann und Gerd Mehlgarten präsentierten der Presse den Haushalt.
Jörg Stüdemann und Gerd Mehlgarten präsentierten der Presse die Eckdaten des Haushalts.

„Wir legen einen sehr ambitionierten, aber genehmigungsfähigen Haushalt vor. Und das ist entscheidend“, machte der Dortmunder Kämmerer und Stadtdirektor deutlich. Er beinhalte ein umfangreiches Konsolidierungspaket – die möglichen Sparlisten waren bereits Thema in der öffentlichen Diskussion.

Der Haken an den geplanten Einsparungen: „Wir brauchen aber auch Leistungen, die schon 2015 kassenwirksam sind. Daher haben wir auch die Erhöhung der Grundsteuer A und B vorgeschlagen – sonst funktioniert der Haushalt nicht“, so Kämmerer Jörg Stüdemann.

Eine unpopuläre Maßnahme – sie trifft alle Eigentümerinnen und Eigentümer und damit auch alle Mieterinnen und Mieter in Dortmund. Allerdings liegt Dortmund damit noch unter den Sätzen der Nachbarkommunen.

Kämmerer: Dortmund droht weder Haushaltssicherung noch Überschuldung

„Es ist eine finanzstarke Gesamtveranstaltung – bei allen Schwierigkeiten, die wir miteinander zu durchstehen haben.“ Der Kämmerer will mit allen Mitteln verhindern, dass die Stadt perspektivisch die eigene Handlungsfähigkeit verliert.

„Wir stehen weder in der Gefahr, in die Haushaltsicherung zu geraten noch auf eine Überschuldung zuzustreben. Das unterscheidet uns von der Wirklichkeit der anderen Ruhrgebietskommunen“, verdeutlicht Stüdemann.

„Eine Haushaltssicherung ist mit sehr harten Bandagen und Durchgriffen auch auf die Mitarbeiterschaft verbunden“, unterstreicht er.  Stüdemann reagiert damit auf eine Forderung der Gewerkschaft ver.di: Sie hatte in einem Flugblatt gefordert, „einen ehrlichen Haushalt aufzustellen“.

Stadt bleibt wichtigster Investor und Auftraggeber für die heimische Wirtschaft

Der Kämmerer hat den Haushalt der Stadt Dortmund in den Rat eingebracht.
Der Kämmerer hat den Haushalt der Stadt Dortmund in den Rat eingebracht.

„Ich wundere mich über ver.di – entweder überblicken sie es nicht oder sie wollen es nicht sehen.“ Denn die Stadt investiert 100 bis 120 Millionen Euro aus dem  Kernhaushalt in Straßen, Gebäude, Ausstattung und Anschaffungen.

Hinzu kommen 75 bis 80 Millionen Euro bei den Stadt-Töchtern sowie Investitionsprozesse, die die die Stadt anstößt und absichert, zum Beispiel den Kita-Bau. Allein bei den Kitas geht es um Investitionen  von 130 bis 140 Millionen Euro in drei bis vier Jahren, die nicht im Kernhaushalt der Stadt auftauchen – rund 30 Kitas werden neu gebaut.

„Von diesen Aufträgen gehen 80 % nach Dortmund und Umgebung. Wir sind ein kontinuierlicher und verlässlicher Partner zum Nutzen von Handwerk, Gewerbe und Dienstleistern“, verdeutlichte der Kämmerer die Bedeutung dieser Investitionen für die Gesamtstadt.

Wenn die Stadt in die Haushaltssicherung gerate, würden diese Investitionen auf rund ein Drittel gedrosselt. „Das findet man dann nicht in den Auftragsbüchern der Unternehmen. Das muss man wissen, wenn man fordert, in die Haushaltssicherung zu gehen“ – hielt er ver.di vor.

Forderung: Stadt muss mit allen Mitteln die Handlungsfreiheit erhalten

Kämmerer Jörg Stüdemann brachte den Haushalt im Rat ein.
Kämmerer Jörg Stüdemann brachte den Haushalt im Rat ein.

Eigene Aktivitäten vom Klimaschutz über Fußballmuseum bis Attraktivitätssteigerung – diese Möglichkeiten würden der Stadt dann fast vollständig genommen. „Das kann man in Nachbarstädten sehen – sie leben im Status Quo, der ständig zurückgebaut werden muss!“

Die Attraktivität des Standortes sei auch für ansiedlungswillige Unternehmen wichtig. „Wir werden alle Anstrengungen unternehmen, um Beschäftigung zu schaffen und zu sichern. Das geht das nur, wenn eine Stadt Attraktionen bietet – ich meine damit nicht nur Kultur“, so Stüdemann.

„Die Forderung nach dem Schritt in die Haushaltssicherung ist eine Entscheidung gegen Attraktivierung und gegen Beschäftigung.“

Höchster Beschäftigungsstand und eine Million Übernachtungsgäste

Dortmund könne sich sehen lassen: Die Stadt habe die höchste Beschäftigungsrate seit 1987. 218.000 sozialversichungspflichtige Beschäftigte, über eine Million Übernachtungsgäste – beides Rekordzahlen, die der Stadt Einnahmen bescherten. Maßnahmen, die Dortmund unattraktiver machen, würden dies gefährden.

Stüdemann erinnerte, dass es vor 12 Jahren nur 440.000 Ü-Gäste waren. „Das bindet viel Beschäftigung: Rund 33.000 Arbeitsplätze seien damit verbunden. 30 bis 40 Euro pro Tag gebe ein Gast pro Tag aus (ohne Übernachtung), 130 Euro bei einer Übernachtung.

Insgesamt 315.000 Arbeitsplätze gibt es aktuell in Dortmund –  320.000 bis 330.000 sind von der Stadtspitze angepeilt. „Wir wissen, dass das ein ambitionierter Plan ist“, unterstrich Oberbürgermeister Ullrich Sierau.

Klare Botschaft: Bei den freien Trägern soll in Dortmund nicht gespart werden

Ratssitzung Dortmund Oktober 2014
Der Rat wird voraussichtlich im Februar über den Haushalt für 2015 entscheiden.

Der Kämmerer geht mit einer besonderen Botschaft in die Haushaltsplanberatungen:  Freie Träger sollen ungeschoren davonkommen: „Wir haben eine sehr gut gelebte Partnerschaft mit Verbänden. Wir sind immer bemüht, Sozial-, Wohlfahrts-, Kultur-, Jugend- und Sportverbände nicht in Existenznot zu manövrieren.“

Auch zukünftig werde dieser Bereich nicht kaputt gespart: „Denn wir bekommen so Leistungen, die viel günstiger sind, als wenn sie nur von der Stadt angeboten würden.  Doch dafür müssen wir verlässlich sein.“

Die Haushaltssicherung würde dies durchkreuzen: „Dann müssen alle Ausgaben reduziert werden. Das sorgt für Dauerstress und unendliche Konflikte. Wir sind jetzt im Handeln frei, von dem Unternehmen, Handel, Gewerbe und Verbände profitieren. Daher lohnt jede Anstrengung, nicht in Haushaltssicherung zu gehen.“

Stüdemann: Haushaltssicherung hat noch keiner Stadt gut getan

Ein solcher Schritt wäre eine Aufgabe für zehn Jahre. Manche Städte seien schon seit 20 oder 30 Jahren in der Haushaltssicherung, ohne nur einen Schritt herauszukommen. „Das ist kein Generalversagen der Sozialdemokraten, sondern ein Versagen über alle Parteibücher hinweg. Die Haushaltssicherung ist in keiner Stadt zum Erfolg geworden.“

Die Städte würden nur über Solidarpakte und Sonderpakete gerettet – „Eine labile Stabilität. Das ganze Projekt ist sehr brüchig – und aus eigener Kraft nicht hinzubekommen.“

Föderale Neuverteilung der Sozialausgaben als gemeinsames Ziel

Die einzige Lösung sei die föderale Neuverteilung der Sozialausgaben: „Wir kämpfen dafür auf verschiedenen Ebenen und mit unterschiedlichen Koalitionen“, verdeutlichte Stüdemann. Hier müsse der Fokus drauf gelegt werden.

Aber die – wieder zu erwartende – Diskussion um die Reduzierung von Personalkosten stehe in keinem Verhältnis dazu. Natürlich müsse man auch hier Einsparpotenziale ausloten. Doch mehr als 1,5 Prozent Einsparungen seien hier nicht realistisch. Allein der Posten der gestiegenen Aufwendungen für Flüchtlinge und Ayslbewerber sei deutlich höher.

Oberbürgermeister Sierau: „Ein genehmigter Haushalt ist ein hohes Gut“

OB Ullrich Sierau sprach zur Einbringung des Haushalts.
OB Ullrich Sierau sprach zur Einbringung des Haushalts.

Er forderte daher die Ratsmitglieder auf, die Ärmel hochzukrempeln und konstruktiv an den notwendigen Kürzungen und Steuererhöhungen zu arbeiten. „Mit Verzagtheit und Schicksalgläubigkeit werden wir unserer Aufgabe nicht gerecht“, so Stüdemann.

„Ein genehmigter Haushalt ist ein hohes Gut. Dann werden Entscheidungen von hier – aus der Mitte des Rates und damit von der Bürgerschaft – getroffen“, stimmte er die Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerschaft ein.

„Das ist ein Alleinstellungsmerkmal in der Metropole Ruhr. Wir machen das ohne Stärkungspakt aus eigener Kraft.“ Dortmund sei eine attraktive Stadt: Der Bevölkerungszuwachs und auch die Rolle als Wissenschaftsstadt und Hochschulstandort sprächen eine deutliche Sprache, so Sierau. „Das steht für eine Abstimmung mit den Füßen, die wir erfolgreich bestanden haben.“

Der Haushalt geht jetzt zur Beratung in die Gremien. Am 19. Februar 2015 soll der Rat den Haushalt verabschieden. Er geht dann zur Prüfung zur Bezirksregierung nach Arnsberg. Voraussichtlich im Mai ist mit einer Genehmigung des Haushalts zu rechnen.

Eckdaten des Haushalts als PDF zum Download:

Präsentation Haushaltsplanentwurf 2015

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  1. Mieterverein

    Mieterverein Dortmund: Der Kämmerer präsentiert dem Rat irreführende Zahlen zur Grundsteuer-Mehrbelastung! Geplante Grundsteuer-Erhöhung um 20,5 % ist sozial unausgewogen und ungerecht!

    Am Donnerstag wurde der Haushaltsentwurf für 2015 mit Sparmaßnahmen und Einnahmensteigerungen von Stadtkämmerer Jörg Stüdemann dem Rat vorgestellt. Zur vorgeschlagenen Erhöhung der Grundsteuer von 540 auf 650 Prozentpunkte (Steigerung um 20,5 %) nimmt der Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. Stellung.

    Insbesondere hält die Mieterschutz-Organisation an ihrer Kritik der einseitigen Orientierung auf die Grundsteuer und deren massive Erhöhung fest und verweist auf irreführende Zahlen zu den Auswirkungen der Steuererhöhung.

    Irreführende Zahlen zur Grundsteuer-Mehrbelastung
    „Wir sind irritiert und verärgert, dass der Kämmerer gegenüber dem Rat eine unzutreffend niedrige ‚durchschnittliche Mehrbelastung‘ von nur „23,89 €“ be­hauptet! Wir haben die Stadt Dortmund und die Politik schon vor vier Wochen über die tatsächlichen Belastungen informiert!“, kritisiert Rainer Stücker, Geschäftsführer des Mietervereins Dortmund und Umgebung e.V.

    Unsere Zahlen zeigen, dass es vermutlich einen geringen Anteil von Haushalten gibt, die nur eine Mehrbelastung von ca. 20 – 25 € haben werden; andere, gerade auch Mieter von Sozialwohnungen (!), haben Mehrbelastungen von 40 – 80 €, allein durch die erhöhte Grundsteuer!

    „Wir verkennen nicht, dass die finanzielle Situation der Stadt Dortmund ernst ist. Das ‚Durchdrücken von Mehreinnahmen‘ mit falschen Zahlen geht allerdings gar nicht!“, stellt Rainer Stücker fest.

    Mieterverein kritisiert einseitige Orientierung der Stadtspitze auf die Grundsteuer
    „In seinem gestrigen Beitrag hat Kämmerer Stüdemann die Option einer Gewerbesteuererhöhung nicht einmal erwähnt!“, kritisiert Rainer Stücker. „So kann man die Grundsteuererhöhung als „alternativlos“ verkaufen.“

    Für den Mieterverein ist die einseitige Orientierung der Verwaltung auf eine Grundsteuererhöhung nicht akzeptabel, die dann zwangsläufig zu Kostensprüngen von 20,5 % führen muss. „Eine Erhöhung der Gewerbesteuer ist für viele Verantwortliche ein Tabu, übersehen wird, dass die Grundsteuer sozial „blind“ ist!“, kritisiert Rainer Stücker, Geschäftsführer des Mieterverein Dortmund.

    Grundsteuererhöhung trifft Mieterhaushalte
    „Die Grundsteuer B ist entgegen dem Wortlaut keine Vermögens- oder Reichensteuer. Sie ist faktisch eine Art Wohnraumsteuer. Alle Wohnungsnutzer zahlen, wer, wie Familien mit Kindern, mehr Wohnraum nutzt, zahlt mehr!“, erläutert Rainer Stücker.

    Denn die Grundsteuern sind umlagefähige Betriebskosten, Vermieter geben diese Kosten in vollem Umfang an ihre Mieter weiter. Die Grundsteuerbelastung von Mietern und Eigentümern unterscheidet sich nur geringfügig, maßgeblich sind das Alter des Gebäudes, ggf. der Modernisierungsstand und insbesondere die Wohnfläche. Dies wird durch die Beispiele des Mietervereins Dortmund deutlich.

    „Dabei gibt es eine erhebliche Bandbreite bei der tatsächlichen Kostenhöhe. Die finanzielle Leistungsfähigkeit des Nutzers spielt ‚im System‘ der Grundsteuer keine Rolle. Letztlich sind Mieterhaushalte sehr unterschiedlich betroffen,“ erklärt der wohnungspolitische Sprecher des Mietervereins Dr. Tobias Scholz.

    Benachteiligt sind Mieterinnen und Mieter mit eigenem durchschnittlichem oder geringen Einkommen, insbesondere Familien mit Kindern, die auf größere Wohnungen angewiesen sind und höhere Grundsteuern zu tragen haben.Insbesondere trifft es alle Wohngeldempfänger. Denn diese müssen die Erhöhungen selbst tragen, da das Wohngeld steigende Kosten nicht berücksichtigt (und Anfang 2011 bereits der sog. Heizkostenzuschuss beim Wohngeld durch die Bundesregierung gestrichen wurde).

    Empfänger von ALG II und Sozialgeld sind hier in der Regel nicht betroffen, da ihnen die tatsächlichen bzw. angemessenen Wohnkosten durch das Jobcenter bzw. die Stadt Dortmund ersetzt werden. Für diese Gruppe trägt die Stadt Dortmund die Erhöhungen überwiegend selbst. Die behaupteten Mehreinnahmen von 21 Mio. Euro, würden vermutlich nur ca. 19 Mio. Euro betragen.

    „Wir sind enttäuscht, dass der Kämmerer diese soziale Problematik gegenüber dem Rat nicht einmal erwähnt hat!“, kritisiert Mietervereins-Geschäftsführer Rainer Stücker.

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