Im Rathaus tritt am heutigen Donnerstag (30.11.2017) um 14 Uhr der Finanzausschuss zusammen. Dort werden von den Fraktionen die entscheidenden Pflöcke für den Haushalt 2018 eingeschlagen, bevor der Rat am 14. Dezember abschließend über den von OB Ullrich Sierau und Kämmerer Jörg Stüdemann vorgelegten, -rund 2,5 Milliarden Euro schweren – städtischen Haushaltsplan entscheidet.
Grüne schlagen „maßvolle“ Mehrausgaben im Gesamtvolumen von 2,5 Millionen Euro vor
Nach SPD und CDU stellten nun auch die Grünen ihre Eckpunkte zum Haushalt vor. Mit einem 20-Punkte-Plan und unter dem Strich Mehrausgabe-Wünsche von rund 2,5 Millionen Euro gehen die Grünen in die Sitzung. Das wollen sie jedoch nicht als Indiz für eine entspannte Kassenlage verstanden wissen.
„Wir können beim Haushalt keine Entwarnung zu sehen: Die verbesserte Ausgangslage für 2018 hängt überproportional von Gewerbesteuern und Einmaleffekten ab. Das ist kein Zeichen für eine wirklich solide Entspannung“, betont Grünen-Fraktionssprecher Ulrich Langhorst. Die SPD-Maxime – Lasten, die nicht von Bund oder Land übernommen werden, aus der eigenen Bilanz herauszurechnen und so auf eine „schwarze Null“ zu kommen – hält er für schwierig.
Überhaupt machte Langhorst klar, dass die Dortmunder Grünen keine Verfechter der schwarzen Null seien. Dennoch gehe es darum, die notwenigen Stellschrauben mit Außenmaß und zurückhaltend zu drehen. Bezahlbares Wohnen, Bekämpfung der Wohnungslosigkeit und mehr soziale Teilhabe sowie Veränderungen bei der Drogen-, Verkehrs- und Klimapolitik sind die zentralen Themen. Insgesamt 20 Punkte umfasst das Haushaltspapier der Partei.
Bezahlbares Wohnen in Dortmund ist ein grünes Schwerpunktthema
Für Fraktionssprecherin Ingrid Reuter ist das Thema bezahlbares Wohnen eines der zentralen Probleme. Nicht nur wegen der Flüchtlinge, sondern auch des allgemeinen Zuzugs werde der Wohnraum insgesamt knapper – vor allem im preiswerten Segment.
„Auch die Sanierungen und Modernisierungen von Siedlungen hat uns sehr beschäftigt. Das hat damit zu tun, dass wir zu wenig Wohnraum haben und immer mehr ehemals geförderte Wohnungen mittlerweile dem freien spiel der Kräfte unterliegen“, so Reuter. Dies sei auch der Grund, dass die Grünen dabei einen großen Schwerpunkt gesetzt haben.
Zudem soll der Rat das Land auffordern, das bisherige Wohnraumförderprogramm über das Jahr 2019 hinaus voranzutreiben. Zudem möchten die Grünen bei Neubaugebieten die Quotierungsregelung – 25 Prozent geförderter Wohnungsbau – erweitern. „In Zukunft wollen wir 35 Prozent geförderten Wohnraum oder im preisgedämpftes Segment“, so die Grüne. Dafür – Stichwort gedeckelte Netto-Kaltmiete – müsse die Verwaltung ein Konzept vorlegen.
Zudem müsse der Verkauf der städtischen Grundstücke viel stärker nach Konzeptverfahren, nicht nur nach dem Preis erfolgen. Dabei dürften auch Projekte den Zuchlag bekommen, die wesentlich mehr als nur 25 oder 35 Prozent geförderten Wohnraum realisierten. „Das geht – es gibt entsprechende Anbieter“, so Reuter. Auch innovative Verkehrskonzepte und Angebot wie Carsharing etc könnten Argumente für eine Vergabe sein. Aber auch Konzepte für Bau- und Wohngemeinschaften seien begrüßenswert.
„Quartiersschutz“ soll bei Modernisierungen die bisherigen MieterInnen schützen
Außerdem wollen die Grünen eine verstärkten „Quartiersschutz“: Querelen um Modernisierung und Instandhaltung, wo die Mietervereine ordentlich zu tun haben, beschäftigen auch die Politik.
„Sanierung ist zwar ganz positiv, aber man muss sie sozial verträglich halten. Wir wollen die Verwaltung auffordern, eine Bestandsaufnahme zu machen, welche Quartiere künftig aus der Mietpreisbindung fallen. Da kann man einen Milieu-Schutz darüber legen“, schlagen die Grünen vor.
Um überhaupt wieder zügige Bauen und Planen zu können, wollen die Grünen in diesem Bereich – u.a. bei der Bauaufsicht – mehr Personal und eine verstärkte Ausbildung, um dauerhaft diese Aufgabe zügig bewältigen zu können.
Große Herausforderungen in der Wohnungshilfe – mehr Geld für freie Träger
An das Thema wohnen schließen sich auch die Herausforderungen in der Wohnungslosenhilfe an – eine Schnittmenge zur Sozialen Teilhabe. „Für uns ist das ein wichtiger Punkt. Das Thema wird immer dramatischer“, betont Langhorst. In der Politik werde seit Jahren, aber seit Monaten verstärkt, darüber diskutiert. „Es gibt dringenden Handlungsbedarf, die Kapazitäten seien total ausgeschöpft und ein neues Konzept in Arbeit.
Auch bei den Tagesaufenthalten müsse etwas passieren. „Daher würde uns freuen, wenn dass Gasthaus erstmals in eine städtische Förderung kommt. Seit 20 Jahren machen sie eine leider unverzichtbare Arbeit“, so Langhorst. Doch nicht nur dort, auch bei der Zentrale Beratungsstelle für Wohnungslose sollen Stellen aufgestockt werden. 75.000 Euro möchten die Grünen einsetzen.
Weitere Punkte, wo die Grünen investieren wollen: Für die Jugendberufshilfe sehen sie 220.000 Euro vor, für das Frauenhaus zusätzliche 40.000 Euro und bei den Erziehungsberatungsstellen 80.000 Euro mehr. Zudem soll die Arbeit der Schiedsleute aufgewertet werden: Auf 80 Euro monatlich und 20 Euro pro Verfahren soll die Aufwandsentschädigung steigen – insgesamt bedeutet das Mehrkosten von ca. 20.000 Euro.
In der Drogenhilfe soll das Kick mit 60.000 Euro zusätzlich ausgestattet werden, um die Zahl der Inhalationsplätze zu erhöhen, da auch hier die Kapazitäten in Form von Plätzen als auch Personal nicht ausreichen. Zudem sollen 50.000 Euro für die Entwicklungen eines Gesamtkonzeptes für eine zeitgemäße Drogenhilfe bereitgestellt werden.
Nothilfeprogramm gegen zunehmende Verwahrlosung von ArmutszuwandererInnen
Die Grünen fordern zudem ein Programm für Wohnungslose ohne Rechte – hier geht es vor allem um ArmutszuwandererInnen aus Südosteuropa. „Sie fallen durch jegliche Hilfsnetze und sind zunehmend von Verelendung bedroht. Das ist viel zu wenig im Fokus und Bearbeitung.“ Die Grünen möchten daher 275.000 Euro im Haushalt für reine Nothilfe verankern.
Die Gratwanderung: Wie kann man den Menschen helfen und gleichtzeitig verhindern, dass die Nothilfeangebote neue ZuwandererInnen anlocken? „Pull-Faktoren möchten wir möglichst unterbinden.“ Aber nicht zu Handeln gehe auch nicht. „Ich kann aber nicht sagen, dass es diesen Personenkreis nicht gibt. Es tut insbesondere der Nordstadt nicht gut, dass Thema zu ignorieren“, so der Grünen-Fraktionssprecher.
Klimafreundliche Mobilität als grünes Kernthema darf nicht fehlen
Klimafreundliche Mobilität darf natürlich in grünen Haushaltsanträgen nicht fehlen: „Wir sehen Nachholbedarf bei der Förderung des Radverkehrs und der Reduzierung des Autoverkehrs“, machte Ingrid Reuter deutlich.
Daher wollen die Grünen pro EinwohnerIn zwei Euro mehr für Radverkehr einsetzen – insgesamt 1,2 Mio. Euro. Mit diesem Geld sollen auch die Personalkapazitäten bei Bauen und Planen gestärkt werden, weil anstehende Aufgaben nicht umgesetzt werden können. Dafür sollen 500.000 Euro verwendet werden – auch um Planungsleistungen kurzfristig extern zu vergeben.
Zudem fordern die Grünen 1000 zusätzliche Fahrrad-Abstellplätze im erweiterten Citybereich. Die Bezirksvertretungen sollen zudem jeweils 20.000 Euro für zielgerichtete Maßnahmen im Fahrradbereich bekommen.
Höhere Parkgebühren und mehr Personal für Verkehrsüberwachung gefordert
Außerdem wollen die Grünen den Autoverkehr in der City unattraktiver zu machen. Daher sollen die Parkgebühren erhöht werden, um mit dem Erlös an anderer Stelle weitere P+R-Plätze zu schaffen. „Das macht nur Sinn, wenn eine entsprechende Verkehrsüberwachung da ist, die auch Fuß- und Radwege im Blick hat und Parkverstöße ahndet. Daher fordert sechs echte Vollzeit-Planstellen – Kostenpunkt: Rund 300.000 Euro.
Die Stadt soll sich zudem verstärkt im Bereich der Mobilstationen – u.a. Carsharing etc. – engagieren. Dies könnte aus dem Topf der Stellplatzablösemittel finanziert werden.
Mehr Engagement beim Artenschutz und dem städtischen Solardach-Programm
Die massive Reduzierung bei Fluginsekten und Feldvögeln habe die Grünen alarmiert. Das Artensterben geht schneller voran als befürchtet. Hier sei vor allem die Landwirtschaft gefragt: „Wir müssen die biologische Station in Unna stärken und Handlungsprogramm in Auftrag geben“, so Reuter. Außerdem soll die Stadt die Solardächer auf städtischen Gebäuden weiter ausbauen
Wie die anderen Fraktionen auch beklagen die Grünen, dass Beschlüsse der Bezirksvertretungen nicht umgesetzt werden. „Und es scheint immernoch ein Kommunikationsproblem zu geben – die BV’en werden nicht genug mitgenommen“, kritisiert Ulrich Langhorst. „Es gibt ein hohes Frustrationsniveau.“
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