Für den Co-Bundesvorsitzenden der Neonazi-Splitterpartei „Die Rechte“, Sascha Krolzig, wird es immer enger: Die Revision gegen das Urteil des Landgerichts in Bielefeld ist vom Oberlandesgericht (OLG) Hamm abgelehnt worden – er soll seine sechs Monate Haft antreten. Vor dem Landgericht in Dortmund muss sich der in Dortmund-Dorstfeld lebende Neonazi verantworten.
„Frecher Judenfunktionär“ ist keine Meinungsäußerung
Krolzig hatte den Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Herford-Detmold im Internet als „frechen Judenfunktionär“ bezeichnet und war dafür vom Amts- und vom Landgericht Bielefeld verurteilt worden.
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Das OLG lehnte nun die Revision des vielfach und einschlägig Vorbestraften ab: Der Begriff des „frechen Juden“ gehöre zum charakteristischen Vokabular der Sprache des Nationalsozialismus und stachele zum Hass an, so die Richter in Hamm.
Der zuständige Senat sah die Äußerung von Krolzig daher nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt. Der Neonazi will nun noch zum „letzten Strohhalm“ greifen und Verfassungsbeschwerde einreichen. Ob und wann er seine Haftstrafe antreten muss, ist daher noch offen.
Versuchte gefährliche Körperverletzung und Volksverhetzung
Nicht nur um Worte, sondern vor allem auch um Taten, geht es beim nächsten Verfahren, welches Krolzig am 17. März 2020 vor dem Landgericht in Dortmund erwartet. Dort findet eine Berufungsverhandlung statt.
Das Amtsgericht Dortmund hatte im Juni 2019 ein klares Urteil gegen den Neonazi verhängt. Mit einem Jahr und zwei Monaten ohne Bewährung für eine versuchte gefährliche Körperverletzung und das Verwenden verfassungsfeindlicher Symbole sowie Volksverhetzung lag das Strafmaß sogar noch über der Forderung der Staatsanwaltschaft.
Gericht und Staatsanwaltschaft sahen es durch Beweisaufnahme und Zeugenaussagen als erwiesen an, dass Krolzig am 9. Dezember 2016 in der Gaststätte Gänsemarkt versucht hat, einem Migranten, nachdem man beim Knobeln in eine politische Diskussion geraten war, ein Bierglas auf den Kopf bzw. ins Gesicht zu schlagen.
Außerdem ergab die Beweisaufnahme, dass er den Hitlergruß gezeigt und „Heil Hitler!“skandiert habe. Weitere rassistische und menschenverachtende Beleidigungen fielen bei der Urteilsfindung nicht weiter ins Gewicht. Sie trugen jedoch dazu bei, die grundsätzliche Haltung des Angeklagten zu untermauern.
Dem„Schriftleiter“ der „N.S. Heute“ droht ein weiteres Verfahren
In der Begründung des Urteils verwies die Richterin darauf, dass Krolzig seit 15 Jahren regelmäßig mit ähnlichen Delikten in Erscheinung getreten ist und nicht geneigt zu sein schiene, diesen Weg zu verlassen. Sie bezeichnete ihn wörtlich als „Bewährungsversager“.
Ob es zu einem weiteren Verfahren gegen den Neonazi vor dem Landgericht kommt, ist hingegen noch offen. Der verhinderte Jurist, der unter anderem als Trauerredner auftrat, verdingt sich u.a. auch als Verleger und Onlineversandhändler seines offenbar nicht wirklich profitablen „Sturmzeichen-Verlags“.
Für Veröffentlichungen in der „N.S. heute“ sollen sich der „Schriftleiter“ und weitere Autoren verantworten. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage erhoben – ob die Staatsschutzkammer das Verfahren eröffnet, ist allerdings noch offen.
Die Kirchturmsbesetzung landet nach 3,5 Jahren vor dem Gericht
Terminiert ist hingegen nach 3,5 (!) Jahren das Verfahren wegen der kurzeitigen symbolischen Besetzung der Reinoldikirche durch Neonazis im Dezember 2016. Gegen insgesamt elf Beschuldigte richtet sich das Verfahren vor dem Amtsgericht in Dortmund.
Ab 19. Mai 2020 soll der Prozess beginnen – auf der Anklagebank müssen bekannte Szene-Größen wie der andere Co-Vorsitzende der Partei „Die Rechte“, Sven Skoda, der Organisator vom „Kampf der Nibelungen“, Alexander Deptolla, der seit 1,5 Jahren in Haft sitzende Steven Feldmann und auch Dortmunds ehemaliger Feuerwehrchef Klaus Schäfer Platz nehmen.
Ihnen wird Hausfriedensbruch bzw. Beihilfe dazu vorgeworfen sowie Nötigung – sie hatten die Kirchturmstür verrammelt. Das Verfahren wird auch zeitlich aufwändig – nicht nur elf Beschuldigte mit ihren Anwälten, sondern auch 18 Zeug*innen sind für die die ersten beiden Verhandlungstage geladen.
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