Der Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst ist in trockenen Tüchern, weitere Warnstreiks damit abgewendet. Begrüßt wird die Einigung auch von der Stadt Dortmund – er stelle eine Wertschätzung der Menschen dar, die insbesondere in der Krise das Leben aufrecht gehalten hätten und – Stichwort Pflege – auch jetzt in der zweiten Welle in Krankenhäusern und Pflegeheimen unter Druck stehen. Doch auch die Höhe des Abschlusses freut den Kämmerer – der hatte nämlich mehr Kosten im Doppelhaushalt eingepreist, als es nun tatsächlich werden. Und auch die Einnahmeausfälle durch die Corona-Pandemie schlagen weniger dramatisch auf die Stadtkasse durch, als zunächst befürchtet worden war.
Tarifabschluss kostet bis zu 9,8 Millionen Euro – 5,8 Millionen weniger als geplant
Offenbar hätte der scheidende Oberbürgermeister und bekennendes ver.di-Mitglied Ullrich Sierau den Beschäftigten höhere Abschlüsse gewünscht. Der frühere ver.di-Chef Frank Bsirske habe beim letzten Mal vor der Verhandlung in den Dortmunder Haushalt geschaut und dann entsprechend der Prognose aus Dortmund die Tarifverhandlungen abgeschlossen, scherzte Sierau. „Der neue ver.di-Chef hat nicht in den Dortmunder Haushalt geguckt und daher weniger abgeschlossen als Dortmund eingerechnet hatte.“
Kämmerer Jörg Stüdemann hatte 2,4 Prozent mehr Lohn und Gehalt für beide Jahre im Doppelhaushalt 2020/2021 eingeplant. Im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes haben sich Arbeitgeber und Gewerkschaften geeinigt, dass die Löhne und Gehälter zunächst zum 1. April 2021 um 1,4 Prozent angehoben werden, mindestens aber um 50 Euro. Zum 1. April 2022 folgt dann eine Steigerung um weitere 1,8 Prozent. Auszubildende bekommen jeweils 25 Euro mehr.
Zudem erhalten diese Beschäftigten eine „Coronaprämie“ als Einmalzahlung, gestaffelt nach Entgeltgruppen: E1 – E8: 600 Euro, E9 – E12: 400 Euro, E13 – E15: 300 Euro. Die schlechter bezahlten Kräfte bekommen also mehr Geld als die höher eingruppierten Kolleg*innen. In Summe bedeutet das für Dortmund eine Erhöhung der Kosten um 3,2 Mio für 2020 und 6,6 Mio für 2021 – das sind 3,8 Mio weniger bei der Kernverwaltung als geplant. Und sogar 5,8 Mio weniger, wenn die Eigenbetriebe mit eingerechnet werden.
Der Abschluss ist ein „Zeichen der Wertschätzung“ für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst
„Schon zu Beginn der Tarifverhandlungen war ich der Auffassung, dass die Arbeit, die im öffentlichen Dienst geleistet wird, eine adäquate Entlohnung verdient. Der Abschluss trägt dem Rechnung. Vor allem jene, die im Gesundheitssektor tätig sind, haben im Tarifabschluss eine besondere Berücksichtigung gefunden. Das Ergebnis ist somit äußerst sachgerecht, vor allem die Zulagen tragen den erbrachten Leistungen Rechnung“, kommentiert Sierau.
„Der Personaldezernent ist über den Abschluss sehr zufrieden. Er ist ausgewogen und gibt Planungssicherheit für 28 Monate. Ich halte die erzielten Werte für angemessen; es ist auch eine Wertschätzung gegenüber denen, die im öffentlichen Dienst beschäftigt sind“, ergänzt Christian Uhr. Die Einmalzahlungen würden dem gerecht, dass Mehrbelastungen da seien.
Natürlich würden sie auch ins „Kleingedruckte“ gucken – es gebe eine Menge von Begleitregelungen, beispielsweise beim Thema Jobrad, der eBike-Nutzung, Übernahme von Azubis etc. „Wir werden das mit der Personalvertretung besprechen – auch über die Zulagengewährung. Insgesamt ein ausgewogenes Ergebnis und ein Zeichen der Wertschätzung. Ein gelungener Abschluss“, so Uhr.
Auch die Folgekosten der Corona-Pandemie beschäftigen die Stadt Dortmund
Die Folgen der Corona-Pandemie für die heimische Wirtschaft und damit auch für die Stadtkasse treiben den Verwaltungsvorstand um. Dieser hatte für die direkten Folgekosten bereits zweimal jeweils vier Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um beispielsweise die Mehrkosten beim Gesundheitsamt abzudecken. Rund fünf Millionen Euro sind bisher verausgabt worden. Daher wird es noch in diesem Jahr einen dritten Nachschlag geben müssen, kündigte Stüdemann an.
Allerdings schlagen die Einnahmeausfälle insbesondere bei den Steuern nicht so stark durch, wie zunächst befürchtet. Die Wirtschaft in Dortmund – statt eines Dreiklangs aus Kohle, Stahl und Bier ist sie eher als „Tausendfüßler“ aufgestellt, erweist sich bisher robuster als befürchtet. Ausfälle gibt es vor allem in Gastronomie, der Veranstaltungs- und Eventbranche sowie der damit verbundenen Hotellerie bzw. im Tourismus.
Daher geht der Kämmerer davon aus, dass statt eines coronabedingten Lochs von 100 Millionen im laufenden Jahr „nur noch“ 40 Millionen Euro fehlen. Allerdings – und das ist das Damoklesschwert – weiß niemand, wie sich das kommende Jahr entwickeln wird.
Der originäre Haushalt der Stadt sei unverdächtig, so Stüdemann weiter. Er werde sehr diszipliniert von den Ämtern bewirtschaftet, die Kennzahlen seien größtenteils günstiger ausgefallen. Man stünde besser dar, als ursprünglich geplant. „Die Steuerentwicklung haben wir nicht in der Dramatik – das unterscheidet uns positiv von anderen Gebietskörperschaften.“
Und die Entscheidung von Stadtspitze und Rat, im vergangenen Herbst einen Haushalt für die Jahre 2020 und 2021 auf den Weg zu bringen, wird belohnt. Ursprünglich gedacht, um nicht im Wahlkampf einen Haushalt diskutieren zu müssen, muss die Stadt Dortmund nun nicht in Corona-Zeiten einen Haushalt aufstellen. Der Doppelhaushalt ist jetzt besonders wertvoll. „Andere Kommunen wissen nicht, auf welcher Basis sie ihren Haushalt für das nächste Jahr aufzustellen sollen“, ergänzt der scheidende OB Ullrich Sierau.
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„Die NRW-Landesregierung treibt Städte und Gemeinden in die Verschuldung“ (Pressemitteilung der Dortmunder SPD-Landtagsabgeordneten Volkan Baran, Anja Butschkau, Armin Jahl und Nadja Lüders)
„Die NRW-Landesregierung treibt Städte und Gemeinden in die Verschuldung“ (Pressemitteilung der Dortmunder SPD-Landtagsabgeordneten Volkan Baran, Anja Butschkau, Armin Jahl und Nadja Lüders)
Durch die Corona-Pandemie brechen im Land die Steuereinnahmen ein. Das wirkt sich auch auf die Finanzmittel aus, aus denen die Städte und Gemeinden jedes Jahr vom Land finanzielle Zuweisungen erhalten.
In der Summe steht dem Land für das sogenannte Gemeindefinanzierungsgesetz 2021, mit dem die Gelder an die Kommunen verteilt werden, rund eine Milliarde Euro weniger aus eigenen Steuereinnahmen zur Verfügung, als von den Kommunen ursprünglich geplant worden ist.
„Das entspricht genau der Summe, die wir bereits im Mai prognostiziert haben“, sagt dazu Volkan Baran. Die SPD-Fraktion im Landtag NRW hatte mit Blick auf die zu erwartenden Einnahmeeinbrüche ein Gutachten bei dem renommierten Finanzprofessor Martin Junkernheinrich in Auftrag gegeben, der exakt die Summe ermittelte, um die die Einnahmen nun niedriger ausfallen.
„Seit Mai fordern wir die Landesregierung deshalb kontinuierlich auf, die fehlenden Gelder aus dem Corona-Rettungsschirm des Landes aufzustocken. Dem haben sich Ministerpräsident Laschet und seine Kommunalministerin Ina Scharrenbach nun aber endgültig verweigert“, so Anja Butschkau weiter.
Zwar will die Landesregierung die fehlende Summe im Gemeindefinanzierungsgesetz, mit dem die Steuermittel auf die Kommunen verteilt werden, aufstocken, doch nach Vorstellung der Landesregierung soll die fehlende Milliarde den Kommunen lediglich als Kredit gewährt werden.
„Die Antwort der Landesregierung auf die Finanzprobleme der Städte und Gemeinden lautet also: weitere Schulden für unsere Kommunen. Und das bei einer ohnehin schon vorhandenen Verschuldung von Dortmund mit Kassenkrediten in Höhe von 1.15 Milliarden Euro“, kritisiert auch Armin Jahl. Das sei „hochgradig ungerecht und unseriös“, da sich das Land für die eigenen Steuerausfälle selbst sehr wohl aus dem Corona-Rettungsschirm bediene.
Anstatt das bestehende Schuldenproblem der NRW-Kommunen mit landesweit insgesamt über 21,6 Milliarden Euro Kassenkrediten endlich durch eine Altschuldenlösung anzugehen, würden auf den riesigen Schuldenberg der Städte und Gemeinden nur weitere dicke Schippen drauf gesattelt, erläutert Nadja Lüders. „Wir fordern die Landesregierung erneut auf, unsere Kommunen unter den Corona-Rettungsschirm zu nehmen und sie mit echten Finanzhilfen zu unterstützen, anstatt sie immer weiter in die Verschuldung zu treiben.“
Hintergrund:
Über den Kommunalen Finanzausgleich erhalten die Kommunen 23 Prozent am Aufkommen aus den sogenannten Verbundsteuern. Die Verteilung auf die Kommunen richtet sich insbesondere nach der jeweiligen Finanzkraft der 396 Städte und Gemeinden und 31 Kreise und wird über das Gemeindefinanzierungsgesetz jedes Jahr geregelt. Aufgrund der Corona-Krise sinken die Einnahmen aus den Verbundsteuern, weshalb auch der zu verteilende Anteil der Kommunen sinkt. Für Dortmund bedeutet das laut aktueller Modellrechnung des Gemeindefinanzierungsgesetzes eine Zuweisung von 771.821.870 Euro.