Von Gerd Wüsthoff
Die Bekanntgabe des Multi-Kulti-Preisträges 2018 war für den Verein „Train of Hope Dortmund e.V.“ eine gewaltige Überraschung. Nach den Grußworten durch Kenan Küҫük, Geschäftsführer Multikulturelles Forum e.V., Staatssekretärin Serap Güler und Oberbürgermeister Ullrich Sierau wurde der dreizehnte Gewinner des Preises bekanntgegeben. Am Tisch von „Train of Hope“ brach augenblicklich begeisterter Jubel über die Ehrung aus. Bereits 2016 hatte sich der Verein um den Preis beworben.
„Train of Hope“ fand seinen Namen, als die Züge mit Flüchtlingen Dortmund erreichten
Der Verein „Train of Hope“ bildete sich aus den vielen Ehrenamtlichen, die 2015 im Dietrich-Keuning-Haus halfen, als die Züge mit Flüchtlingen, vornehmlich aus dem Nahen und Mittleren Osten, in Dortmund eintrafen. Sie kümmerten sich um diese verzweifelten und heimatlosen Menschen, welche dem Schrecken der Bürgerkriege und Terrorattacken in ihren Heimatländern auf der Suche nach Asyl, Ruhe und Frieden unter widrigsten Umständen entflohen waren.
„Daher stammt auch unser Name, ‚Train of Hope‘, welchen wir heute haben“, erklärt die 1. Vorsitzende, Fatma Karacakurtoglu. Dieser Verein, welcher wie viele andere aus der Willkommenskultur des Sommers 2015 entstanden war, hat bis Juni 2018 über 16.000 Menschen erreicht. Der Zusammenschluss engagierter Ehrenamtlicher hat sich nicht nur etabliert, sondern seine Angebote erweitert und sich den verändernden Bedürfnissen seiner Zielgruppen angepasst.
Eines dieser zusätzlichen Hilfsangebote ist unter anderem „Gays Oriental“. Die von MigrantInnen für MigrantInnen organisierte Gruppe spricht eine Minderheit in der Minderheit an: Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Queer aus dem Orient, die intensiv betreut werden und auf individuelle Problemlagen zugeschnittene Eingliederungshilfen in unsere Gesellschaft erhalten.
Die Betreuer von „Gays Oriental“ geben den Rat- und Hilfesuchenden einen Intensiv-Crash-Kurs, welcher ihnen verdeutlicht, aus welch dunklen Zeiten sich die bundesrepublikanische Gesellschaft von Heute entwickelt hat.
Eine weitere Ehrung für eine ehrenamtliche „Flüchtlings“-Oma aus Mülheim
Oma Gigi, eigentlich Gerhild Mertens, ebenfalls für den Abend der Preisverleihung eingeladen, war gerührt über die Ehrung ihrer ehrenamtlichen Integrationsarbeit in Mülheim.
Als ihre Laudatio zu hören war, erschrak Mertens, gerührt, zugleich verwundert. „Sie ist für die Flüchtlingskinder, welche alleine oder nur einem Elternteil hier ankamen, die Oma geworden, welche sich jeder im besten Sinne vorstellen kann und wünscht.“
Mertens, in Mülhein nur als Oma Gigi bekannt, nahm ihre Ehrung aus den Händen von Sierau und Güler sichtlich bewegt entgegen. Erst wieder an ihrem Platz, neben ihrer Tochter, hatte sich Oma Gigi wieder ein wenig gefasst.
Laudatoren fanden lobend anerkennende, aber auch klar positionierte Worte
Während Küҫük sich in seinem Grußwort an die Anwesenden im Westfälischen Industrieklub auf die Arbeit vom Multikulturellen Forum e.V. und die Jury konzentrierte, fanden Güler und Sierau deutliche Worte für den aktuellen Innenminister und seinen Masterplan Migration.
OB Ullrich Sierau betonte die lange Tradition der Integration – „nicht Assimilation“ – in Dortmund und erklärte zu dieser langen Integrationsgeschichte: „Lieber eine 1.000-jährige Stadt, als wieder ein 1.000-jähriges Reich!“
Darüber hinaus drückte er seine Verwunderung über die aktuellen Turbulenzen in der Bundesregierung aus: Vor allem „über den nationalen Alleingang, welcher alleine der kommenden Wahl in Bayern geschuldet ist“, echauffierte sich das Dortmunder Stadtoberhaupt. Ihn qualifizierte der OB als „unverständlich“ und „integrationskontraproduktiv“.
Reaktionen von Gästen bei der Verleihung des Multi-Kulti-Preises zu Seehofer
NRW-Staatssekretärin Serap Güler (CDU) empfand die Nichtteilnahme von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Integrationsgipfel in Berlin als „beschämend und nicht akzeptable Missachtung“ der TeilnehmerInnen. Dies sei ein Verhalten, welches die Arbeit des Integrationsgipfels konterkariere.
Ähnlich stufte sie den von Seehofer entwickelten Masterplan ein, welcher der CDU-Bundestagsfraktion zwar nicht bekannt ist, aber teilweise schon öffentlich wurde. Das läuft jeglichen Integrationsbemühungen entgegen“, betonte Güler sichtlich verärgert.
Ein Dortmunder, der anonym bleiben wollte, erklärte: „Bayern entwickelt sich zur Keimzelle der Säuberung des Deutschen Reiches.“ Eine weitere Stimme ließ verlauten: „Es ist reine Verzweiflung bei der CSU, wenn sie versuchen, die Nazis rechts zu überholen.“
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