Von Lia Lenz
Dortmund ist sichtlich um eine neue Identität bemüht und setzt dabei auf verschiedenste Pferde: Der U-Turm fürs schicke Kreative, DFB-Museum um Fußball und Fans zu huldigen, die Thier-Galerie lockt zum ethischen Einkauf, der Phoenix See Yachten- und Loftliebhaber. Ideen und vor allem Kosten werden nicht gescheut, um ein modernes, hippes Image auch außerhalb des Ruhrgebiets zu vermitteln. Doch die Persönlichkeit einer Stadt entsteht vor allem durch eines: Durch die Personen der Stadt.
Der Hip-Hop ist eine wichtige Untergrund-Kultur in der Stadt
Und diese zeigen durch Eigeninitiative und Zusammenhalt, was Dortmund zu einer Charakterstadt macht.
Gerade Subkulturen zeigen sich dabei einfallsreich und engagiert. Eine wichtige Dortmunder Untergrund-Kultur ist Hip Hop.
Denn Dortmund spielte eine wesentliche Rolle bei der Entstehung der deutschen Hip Hop Bewegung.
Als Stadt brachte Dortmund national – wie international bekannte Graffiti- und Rapikonen hervor, heute profitiert davon die zweite Generation der Hip Hopper.
„Adler Backyard Jam“ im Hinterhof der Adlerstraße 59 legt Wert auf Authenzität
Damals noch oft als Modephänomen belächelt ist Hip Hop heute eine etablierte Kulturszene. Worauf seit jener Zeit bis heute Wert gelegt wird, ist vor allem Authentizität.
Diese konnte man auch deutlich spüren bei der dritten „Adler Backyard Jam“. Im Hinterhof der Adlerstraße 59 organisierten Bilal Eroglu, dessen Familie das Adler-Kiosk gehört und Velix Recula, Dortmunder MC, gemeinsam die Jam.
In der Hip Hop Kultur sind Jams sowas wie das Gipfeltreffen der Künste: Rap, DJing, Freestyle, Breakdance, Graffiti und Beatboxen kommen dabei zusammen und leisten ihren Beitrag zu einem Gesamtkunstwerk.
400 Gäste feiern Treffen der Hip-Hop-Größen aus dem Ruhrgebiet
21 Künstler und Crews ließen Köpfe zu ihrer Musik nicken. Von 13 bis 22 Uhr kamen Hip Hop Größen aus dem Ruhrgebiet.
Mit dabei: Die Funk your head up-Crew, das SBK Basement, Lyrico und Meller, zusammen um mit den circa 400 Gästen im bunt bemalten Hinterhof zu feiern.
Mitfinanziert wurde die Jam vom Quartiersbüro Rheinische Straße. Den Anwohnern gefällt es.
Der Adler-Hinterhof ist mit der Atelier-Schreinerei, der Kunstwerkstatt „Datt Hintertürchen“ und den vielen Graffitis schließlich ein Kreativ-Spot an der Rheinischen Straße.
So empfindet es auch Bilal: „Der Innenhof hier ist wie ein Körper und jeder Anwohner, jede Institution, jeder Eigentümer ist wie ein Körperteil. So etwas wie hier funktioniert nur wenn alle zusammenhalten.“
Die Nachbarschaft ist von der ausgelassenen und friedlichen Atmosphäre begeistert
Die Atmosphäre ist ausgelassen und bleibt friedlich. Auch die Nachbarn, die keinen Hip Hop mögen sind von der Stimmung begeistert und feiern mit.
Zu beklagen gibt es außer Wild-Strullerern und Dach-Kletterern nichts. Letztes Jahr störten sich Anwohner am Graffiti-Lackgeruch.
Deswegen wurde der Hinterhof nun schon vor der Jam in mehreren Schichten gestaltet von Künstlern wie Intro, Grims, Dalibor und Boogie. Eine Galerie im Hinterhof.
Zusammenhalt, kreativer Aktivismus, Gute Laune sind die Kennzeichen der Szene
Emotional wird es, als an Sir Defekt von der Chronics Crew gedacht wird. Der Rapper stand letztes Jahr noch auf der Bühne und starb kürzlich.
Die sonst zum Beat wippenden Hände des Publikums formen jetzt alle ein Peace-Zeichen. Gäste und Freunde rufen zusammen „Rest in Peace Sir Defekt“. Der Zusammenhalt der Ruhrpott-Rap Gemeinde ist groß.
Von der Gesellschaft oft als proletarisch oder aggressiv verschrien zeigt hier die Ruhrgebiet-Hip Hop- Gemeinde was sie ausmacht: Zusammenhalt, kreativer Aktivismus, Gute Laune.
Reader Comments
Locke
Besser hätte man es nicht zusammenfassen können!
Danke an Lia Lenz