Von Susanne Schulte
Weihnachtsfeiern in der Westfalenhalle, erfrischende Freibadnachmittage und Besuche beim Heildiener – die Besucher*innen des Erzählcafés im Dietrich-Keuning-Haus konnten sich noch an vieles erinnern, das sie als Kinder mit dem Namen Hoesch verbanden und das sie nicht vergessen haben. Isolde Parussel, Leiterin des Hoesch-Museums, hörte aufmerksam zu. Sie war als Referentin zu Gast und erzählte von der Arbeit in dem Museum, von der großen Gruppe der Ehrenamtlichen, die dort tätig sind, und von den vielen Dokumenten und Gegenständen, die aus Nachlässen von ehemaligen Beschäftigten des einst so großen Stahlunternehmens im Haus an der Eberhardstraße 12, dem ehemaligen Portiershaus an der Westfalenhütte abgegeben werden.
„Doch einen Karl Hoesch hat es nie gegeben“
Zuerst einmal ging Parussel auf eine Frage ein, die sich selbst die alteingesessenen Dortmunder*innen stellten: „Wer war eigentlich Hoesch?“ Der Name einer unternehmerisch sehr aktiven Familie aus der Eifel, so Parussel.
Doch da die dann in Dortmund gegründete Firma schnell eine Aktiengesellschaft wurde, der Name Hoesch nie im Vorstand auftauchte – anders als bei Krupp – suchten sich die Beschäftigten eben selbst den Namen aus, der ihrer Meinung nach selbst am besten zu ihrem Arbeitgeber passen würde: Karl.
„Na, immer noch bei Karl Hoesch?“, war bei Begegnungen von lockeren Bekannten eine oft gestellte Frage bis in die 1980er Jahre hinein.
„Doch einen Karl Hoesch hat es nie gegeben“, so die Museumsleiterin. Die Männer der Familie Hoesch hießen Leopold und Wilhelm, Viktor und Albert und Eberhard. Einige von ihnen sind auf dem Ostenfriedhof begraben. Isolde Parussel freut es, dass das geplante Wohnareal rund ums Hoesch-Museum auf dem Gelände der ehemaligen Westfalenhütte Karlsquartier heißen soll – in Erinnerung an den von den Mitarbeiter*innen ausgesuchten Namen für den Firmengründer.
Werksausweise und Messgeräte: Hier kommt nichts weg
Die große Sammlung im Museum, dessen Gründung ehemalige Beschäftigte angeregt und vorangetrieben hatten, war ein weiteres Thema ihrer Erzählung. Dokumente wie Ausbildungsverträge und -zeugnisse, Werksausweise, Jubiläumsurkunden, Rechnungen, Verträge, alle Jahrgänge der Werkszeitung „Werk und – die Aufzählung ließe sich endlos fortsetzen – und tausende von Gegenständen aus Produktion und Verwaltung lagern im Archiv.
Alles wird akribisch in Listen eingetragen und diese Einträge ergänzt, so jemand aus der ehrenamtlichen Museumsbelegschaft weitere Angaben dazu machen kann. Die Historikerin Parussel sagte: „Ich weiß nicht, was mit den vielen Messgeräten gemessen wurden, die wir bekommen. Da müssen mir die Fachleute helfen.“
Von denen sind an die 70 im Museum aktiv. Die wenigsten waren noch bei Hoesch angestellt, aber sie alle haben Wissen und Talent, sind handwerklich begabt, gerne in Kontakt mit Menschen oder haben ein Händchen für Archivarbeit.
Neben all den kleinen Dingen, die in Schränken und Regalen lagern, steht ein sehr großes Exponat gleich hinterm Museum: ein Stahlbungalow. Auch damit versuchte Hoesch Geld zu verdienen, was aber nicht klappte.
Zwar gibt und gab es einige Stahlhäuser in Dortmund – sowohl Mehr- als auch Einfamlienhäuser – und anderswo, aber der Wohnkomfort und die Preise standen in keinem Verhältnis zueinander. Nach zwei Versuchen, diese Art des Hausbaus zu etablieren, ließ man es bleiben.
Von den Erzählcafé-Besucher*innen kannte aber jede*r den Begriff und wusste auch, wo sie noch stehen: in Eving und Kleinholthausen.
Wie die Stahlhäuser kannten auch alle die Jahresgabe von Hoesch: die schön und hochwertig gestalteten Bücher mit Geschichten, Gedichten und Bilder, die es jahrzehntelang zu Weihnachten für alle Beschäftigten und Geschäftspartner*innen gab. Isolde Parussel verriet, dass im Museum noch tausende nicht ausgelieferte Exemplare liegen. Einige davon hatte sie mitgebracht: „Sie dürfen sie nicht nur ansehen, sondern auch gerne behalten.“
Im nächsten Erzählcafé geht es um die Kana-Suppenküche
Das Hoesch-Museum an der Eberhardstraße ist dienstags und mittwochs von 13 bis 17 Uhr, donnerstags von 9 bis 17 Uhr und am Sonntag von 10 bis 17 Uhr geöffnet. An allen Feiertagen, auch wenn diese auf einen Sonntag fallen, ist geschlossen. Der Eintritt ist frei.
Das Erzählcafé ist eine regelmäßige Veranstaltung des Seniorenbeirats Innenstadt-Nord. Immer am dritten Donnerstag im Monat treffen sich alle, die Lust haben, etwas Neues oder für sie Unbekanntes aus der Nordstadt zu erfahren, um 14 Uhr für zwei Stunden im Dietrich-Keuning-Haus. Der dort ehrenamtlich arbeitende Jürgen Pomowski kocht Kaffee für die Runde und sorgt stets für Kekse.
Im kommenden Erzählcafé am Donnerstag, 20. Juni, um 14 Uhr ist Katharina Steinbach zu Gast. Sie berichtet über die Geschichte, über das Selbstverständnis und über die Arbeit der Kana-Suppenküche an der Mallinckrodtstraße.
Reaktionen
Vortrag über die Kana-Suppenküche im Erzählcafé (PM)
Beim nächsten Erzählcafé des Seniorenbeirats in der Nordstadt am Donnerstag, 20. Juni, ist Katharina Steinberg von der Kana-Suppenküche zu Gast. Sie erzählt über die Geschichte, die Arbeit und das Selbstverständnis des nun seit mehr als 30 Jahren bestehenden Vereins, der heute viermal in der Woche in den eigenen Räumen an der Mallinckrodtstraße 114 ein warmes Mittagessen frisch kocht und an die Gäste ausgibt. Und davon gibt es viele.
Ist das Monatsende nah, werden häufig an die 300 Essen an die Tische gebracht. Niemand zahlt, alle werden bedient, und jeder und jede ist eingeladen, Platz zu nehmen. Die Mitarbeitenden sind ausschließlich ehrenamtlich im Einsatz. Die Lebensmittel und alles was man zum Kochen und Essen braucht, ist durch Spenden finanziert.
Das Erzählcafé beginnt wie immer um 14 Uhr im Dietrich-Keuning-Haus, Leopoldstraße 50-58, Raum 204. Die Teilnahme ist kostenlos. Auch für die gute Tasse Bohnenkaffee und die Kekse zahlen die Gäste nichts. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, diverse Anliegen mit der Seniorenbeirätin Susanne Schulte zu besprechen.