Novum bei FABIDO: seit seiner Gründung 2005 stellt der ausgelagerte städtische Eigenbetrieb für vorschulische Pflege und Bildung erstmalig einen Geschäftsbericht vor. Angesichts seit einigen Jahren stabil wachsender Zahlen bei den jüngsten MitbürgerInnen in Dortmund ein Zeichen dafür, dass sich die Kommune den neuen Herausforderungen stellen will. Ein besonderer Schwerpunkt: die Nordstadt und vorschulische Infrastrukturen, die mehr Chancengleichheit gewährleisten sollen.
Dortmund: Bevölkerung wächst nicht nur, sondern Anteil der Jüngsten vergrößert sich
Die Bevölkerung Dortmunds ist in den letzten Jahren entgegen mancher Prognosen stetig gewachsen. Seit 2016 leben wieder über 600.000 Menschen in der Stadt; der Anteil der unter sechsjährigen Kinder ist von 4,9 Prozent im Jahre 2012 kontinuierlich auf 5,5 Prozent in 2017 gestiegen.
Das entspricht einem absoluten Zuwachs in diesem Zeitraum bei den kleinsten BürgerInnen der Stadt von 28.363 auf 33.245. Das heißt: Im Vergleich zu 2012 leben zusätzlich 4.882 Kinder dieser Altersgruppe in Dortmund.
„Steigende Kinderzahlen“, so die u.a. für städtische Kindertageseinrichtungen zuständige Stadträtin, Daniela Schneckenburger, stellten die kommunalen Einrichtungen für Tagesbetreuungen vor neue Herausforderungen.
Denn ab dem vollendeten ersten Lebensjahr haben all diese Kinder einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz, ab dem vollendeten dritten Lebensjahr bis zur Schule auf einen Platz in einer Kindertageseinrichtung. Und, dass es hier eine erhebliche Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit gibt, ist hinlänglich bekannt.
Bedarf an Einrichtungen für Kindertagesbetreuung gestiegen – Ende nicht absehbar
Bei den kleinen MitbürgerInnen dürfte es sich wegen der starken Flüchtlingszuwanderung in Dortmund seit 2015 zudem zu einem guten Teil um Kinder aus MigrantInnenfamilien handeln.
Um die Erwachsenen, vor allem Frauen, zu befähigen, am gesellschaftlichen Leben in der Stadt teilzuhaben, muss es ihnen unter anderem möglich sein, einer Beschäftigung nachzugehen.
Neben beruflicher Qualifizierung und dem Erwerb von Sprachkenntnissen setzt dies allerdings voraus, dass die Familien ihre Kinder grundsätzlich in einer Tageseinrichtung betreuen lassen können.
Der Bedarf ist im Prinzip also groß – und es ist zu erwarten, dass er durch sukzessive Teiladaption an bundesrepublikanische Lebensverhältnisse und dem damit einhergehenden Transformationsdruck auf klassische, familiäre Rollenbilder aus den jeweiligen Herkunftskulturen noch größer werden wird.
Diese prognostizierbaren sozialen Folgen von Flüchtlingsbewegungen sind freilich nur ein, gleichwohl bedeutender Ausschnitt aus der Nordstadt. In der aber des Weiteren so ziemlich jede offizielle Landessprache der bei den Vereinten Nationen als Mitglieder registrierten Staaten vertreten sein dürfte – mit entsprechend individuellen Bedarfslagen. Und die Nordstadt allein ist darüber hinaus auch nicht Dortmund, weil es an anderen Ecken wieder andere Probleme gibt.
FABIDO: Jedes Kind in Dortmund soll den Vorschulplatz erhalten, den es braucht
Hört sich nach Arbeit für kommunale Bildungsträger im Vorschulbereich an – und ist es: zwecks Integration, Stichwort: sozialer Friede, und – damit verbunden – Chancengleichheit. Ein Hauptakteur dahingehend in Dortmund: der 2005 ausgegliederte städtische Eigenbetrieb FABIDO.
101 Tageseinrichtungen unterhalten die „Familienergänzenden Bildungseinrichtungen für Kinder“ aktuell in Dortmund. Das sind 7.085 Betreuungsplätze in öffentlicher Trägerschaft: 1.183 Plätze für Kinder unter drei Jahren, 5.902 für Kinder im Alter ab drei bis zur Schulpflicht.
Erstmalig wurde nun nach 13 Jahren nicht nur ein Jahresabschluss, sondern ein Geschäftsbericht der kommunalen Institution vorgestellt – und das hatte Gründe, wie Daniel Kunstleben, seit März 2017 neu im Amt als FABIDO-Geschäftsführer, erklärt.
Dessen Motivation war, einerseits im Einzelnen die Breite zu dokumentieren, in der FABIDO unterwegs sei, und dies andererseits vor dem Hintergrund der Zielsetzung, dass jedes Kind den Platz bekommen solle, den es braucht – und dies nicht nur als Rechtsanspruch, so Kunstleben.
Zwischen Bedarf und Angeboten an Kita-Plätzen gibt es weiterhin eine Lücke in Dortmund
Neben den Herausforderungen durch quantitativ veränderte Rahmenbedingungen geht es also um die Qualität, deren Erhalt und Verbesserung.
Dafür allerdings braucht es zunächst Orte, wo sich Vorschulkinder überhaupt pädagogisch gestützt einfinden können, wenn die Eltern dies wünschen, um qualifiziert und altersadäquat betreut und gebildet zu werden. Die sind durchaus ausbaufähig.
Die Zielquote der Angebote für Kinder unter drei Jahren sei mit bis zu 35 Prozent noch nicht erreicht, so Schneckenburger, es gäbe Bedarf; zumal sich der Zielkorridor nach einer Befragung in Dortmund auf bis zu 41 Prozent beliefe – daher sei der Druck weiterhin groß, definiert die Dezernentin für Jugend, Schule und Vorschuleinrichtungen, sprich FABIDO, den kommunalen Handlungshorizont ziemlich unmissverständlich.
Ähnlich bei der Einschulung am Ende der Kindergartenzeit: hier sei die 5.000er Marke in Dortmund erstmalig so deutlich überschritten worden, dass es zukünftig eine Perspektive auf 6.000 Kinder pro Jahrgang gäbe, die eingeschult würden, so Schneckenburger.
Neue Plätze in vorschulischen Tageseinrichtungen durch Anbau- und Umbaumaßnahmen geplant
In Sachen Quantität könne daher nur gelten: „Wir werden weiter bauen; im Laufe des Kindergartenjahres sollen bei allen Trägern in Dortmund 30 weitere neue Tageseinrichtungen entstehen“; davon sei FABIDO nicht ausgenommen, auch hier müsse es Wachstum geben, so Schneckenburger.
Insgesamt plane die Stadt, 104 Gruppen mit 1.788 Plätzen neu zu schaffen; dies bedeute für FABIDO, dass in elf Tageseinrichtungen Anbauten errichtet würden, in sechs weiteren käme es nach Planung zu Umbaumaßnahmen. – Neubauten? Da spielt zuweilen Platzmangel offenbar eine Rolle.
Vorläufige Ausnahme: zwei neue Einrichtungen in Hombruch und Eving. Auch durch sie gäbe es für das kommende Kindergartenjahr weitere 270 Plätze bei FABIDO. Zur Abteilung Quantität, hier Effizienz, gehört allerdings auch: Die Stadt möchte kleinere, eingruppige Einrichtungen ablösen, also schließen – zugunsten größerer, die wirtschaftlicher geführt werden könnten, Vertretungen erleichterten usw., macht die Grünen-Politikerin deutlich.
Inmitten der pädagogischen Debatte um verschiedene Konzepte im Vorschulbereich
Stichwort Qualität: FABIDO-Geschäftsführer Daniel Kunstleben ist sich sicher, dass der ausgelagerte Stadtbetrieb in vielen pädagogischen Fragestellungen eine führende Rolle einnimmt; das solle auch so bleiben, erklärt er. Und FABIDO mischt in der vorschulpädagogischen Debatte offenbar ordentlich mit.
Im Bereich der Tageseinrichtungen seien 26 Positionspapiere zu unterschiedlichen pädagogischen Themen aufgestellt worden, so Kunstleben, und schiebt stolz ein Beispiel nach: qualitätsprägend sei man etwa im Bereich der Kindertagespflege.
Was sich darin ausdrücke, dass aktuell das Qualitätshandbuch Kinderstuben (s.u.: „Kinderstuben nach dem Dortmunder Modell“) gemeinsam mit dem Familienprojekt auf den Weg gebracht worden sei. Auch mit dem erstmaligen Geschäftsbericht solle hier deutlich gemacht werden, wie hier in und aus Dortmund Qualitätsstandards gesetzt würden.
Angebote dort, wo wenig aus dem Elternhaus – Kitas setzen unterschiedliche Schwerpunkte
Es geht aber auch konkreter, Stichwort Chancengleichheit: Zentrale Standorte sind für Kunstleben, obwohl FABIDO-Einrichtungen natürlich über die ganze Stadt verteilt seien, die in der Nordstadt, knapp 20 an der Zahl. Dort befänden sich etwa bis auf Eving alle FABIDO-Kinderstuben (vier von fünf).
Viele Kinder in diesen Einrichtungen seien auf Hilfen angewiesen; es müssten daher möglichst viele Impulse gesetzt werden. Weil es von daheim vermutlich eher dürr aussieht. Das Thema Kunst sei eins, andere Handlungsfelder, das Thema Musik, Bewegung, ökologische Bildung, gute Ernährung: Wie wär‘s beispielsweise mit „Grünkernbratlingen mit Dip und Rohkost“?
Oder zum Beispiel mal allen FABIDO-Kindern ein Sitzkissenkonzert der Dortmunder Philharmoniker zukommen zu lassen? – Zugleich bieten sich Eltern verschiedene Möglichkeiten, Schwerpunkte in der Vorschulbildung ihrer Kinder zu setzen, weil die weitgehend eigenständigen FABIDO-Kitas diese anbieten: ob für Bewegung oder Ernährung oder nach besonderen Interessen wie in Schach- oder Literatur-Kitas.
Das nötige Kleingeld dafür gibt es auch: Aus den Streiks der vergangenen Jahre habe man vom Stadtrat Mittel zur Verfügung gestellt bekommen, mit dem die Angebote in den nächsten fünf Jahren verstetigt werden könnten, so der FABIDO-Geschäftsführer.
Jenen eine Chance geben, die das Leben anfangs nicht so lieb hatte
Auf einen essentiellen Faktor in der Systemaufstellung von FABIDO weist Daniela Schneckenburger hin: die Bereicherung der Bildungsangebote durch außerschulische Kooperationspartnerschaften. Dies sei vor allem für den Übergang zur Grundschule wichtig.
Beispiel, die Kita Lange Straße, in welcher der Geschäftsbericht vorgestellt wurde: Die Zusammenarbeit mit dem Museum Ostwall im künstlerischen Bereich hat ersichtlich Früchte getragen!
Und viele andere Lernorte in Dortmund außerhalb der eigentlichen Vorschul- und Schulbildungsinstitutionen machen mit: von der Musikschule über das Informationszentrum Dritte Welt bis zum Kindermuseum „mondo mio!“. Das wurde kürzlich auch beim Markt der außerschulischen Lernorte im Dietrich-Keuning-Haus deutlich.
Grundgedanke: Als kommunaler Träger gäbe es das Interesse, so Schneckenburger, dafür Sorge zu tragen, dass Kinder, die mit nicht so guten Startchancen ins Leben gingen, die Möglichkeit hätten, über ihre Kindertageseinrichtung, ihre individuelle „Startposition“ zu verbessern, Stichwort: „Chancengerechtigkeit“, „Chancendefizitausgleich“.
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