Von Sandra Danneil
2024 ist das Jahr der Jubiläen im Simpsons-Universum: Während ihr Erfinder Matt Groening seinen 70. Geburtstag feiert, muss er feststellen, dass der in Portland geborene Comiczeichner sein halbes Leben auf der Evergreen Terrace in Springfield verbracht hat. Denn die wohl größte Kleinstadt Amerikas und seine schrulligen Bewohner:innen werden in diesem Jahr 35. Im Schauraum der Dortmunder Stadt- und Landesbibliothek zeigt die neue comic+cartoon-Ausstellung „Gelber wird’s nicht!“ ab dem 23. März 2024, welches popkulturelle Vermächtnis die animierte Sitcom in über 700 Episoden geschaffen hat – ohne Aussicht auf ein Ende.
Alles kam anders: Vom Pausenclown zum Welterfolg
Wir sind an einem Punkt der Geschichte angekommen, an dem sich nur wenige Menschen noch an eine Welt ohne Die Simpsons erinnern. Die Simpsons, erdacht und bis heute begleitet von Matt Groening, sind der größte Medienerfolg aller Zeiten.
Keine andere Fernsehserie hat eine so lange Laufzeit, so viele Folgen oder eine vergleichbare globale Verbreitung. Von Alaska bis Indien, von Finnland bis China, und selbst in Russland ist die gelbe Familie wohlbekannt. Und dabei bleibt sie sich treu, denn Die Simpsons ist und bleibt amerikanisch, gesellschaftskritisch und schwarzhumorig.
Zunächst 1987 als einminütige Pausen-Gags für die Comedy-Sendung The Tracey Ullman Show in Auftrag gegeben, wurden Homer, Marge, Bart, Lisa und Maggie – zur großen Verblüffung der Produzenten – schnell zu den Publikumslieblingen der Show. 1989 machte der Fox-Sender Groening ein Angebot, das er nicht ablehnen konnte: seine eigene halbstündige Cartoon-Sitcom.
Dass die Serie die ursprünglich auf zwei bis drei Jahre prognostizierte Lebensdauer bei weitem überdauern würde, daran glaubte damals noch niemand. Zu subversiv erschien der Humor, zu sehr kratzte das Gegenmodell zur nuklearen Familie an dem akzeptierten Verhaltenskodex im amerikanischen TV. Heute wissen wir: Alles kam anders.
Mit Sinn und Verstand auf den Wellen der Populärkultur
Die Simpsons hat postmoderne Geschichte geschrieben. Zum Erfolg führte die Serie nicht die Massentauglichkeit, sondern das Nonkonformistische, Unangepasste: In den Simpsons wird geflucht und geraucht; Figuren haben Sex und bluten bei Verletzungen.
Und bei all der Provokation surfen die Drehbuchautor:innen seit jeher mit Sinn und Verstand auf den Wellen der Populärkultur.
Ihren intellektuellen Mehrwert hat selbst die Wissenschaft schon früh erkannt: von den Simpsons lern(t)en wir was Homer’s „D’Oh“ mit Aristoteles zu tun hat, wie sich das jahrhundertealte mathematische Rätsel der Fermatschen Gleichung lösen lässt oder wie Medien unser Konsumverhalten im 21. Jahrhundert beeinflussen werden.
Ein Orakel der Absurditäten und Spielplatz für Gastauftritte
Gastauftritte berühmter Schauspieler:innen, US-Präsidenten, Bands oder Autor:innen wie Thomas Pynchon gehören ebenso zum Inventar wie die Weitsichtigkeit, mit der die Autor:innen schon mehr als dreißig Mal erfolgreich die Zukunft vorhersagten.
Dafür ging man oft von der absurdesten aller Möglichkeiten aus, hieß es einmal in einem Interview mit Matt Groening. Mit der ersponnenen Präsidentschaft Donald Trumps in Episode „Bart to the Future“ von 2001 sollte das Simpsons-Orakel ganze sechzehn Jahre später – als Trump zum 45. US-Präsident ernannt wurde – zu seinem vorläufigen Höhepunkt finden.
Die Simpsons sind ein episches Lehrstück für Ironie, denn wer mit der Serie aufgewachsen ist, kann auch über sich selbst lachen.
Schauraum bietet Exklusive Einblicke in 35 Jahre Die Simpsons
Exponate von 35 Jahren Die Simpsons werden in der exklusiv für Dortmund entstandenen Jubiläumsausstellung gezeigt. Unter der kuratorischen Leitung von Comic-Experte Dr. Alexander Braun werden originale Drehbücher und Storyboards, Entwurfsskizzen und farbige Folien aus der Trickfilmproduktion präsentiert.
Es gibt Original-Artwork der Comic-Hefte zu sehen, überraschende Hommagen von befreundeten Künstlern und selten gesehenes Merchandise. Sehens- und erlebenswert ist auch das umfangreiche Rahmenprogramm mit Vorträgen, Filmvorführungen, Diskussionsrunden und Comic-Workshops.
Ein besonderes Highlight ist sicher die berühmte Simpsons-Couch. Nehmen Sie Platz auf dem braunen Sofa der Simpsons und gucken sie von dort standesgemäß in die Röhre.
Alle Infos in Kürze:
- Veranstaltungsort: schauraum: comic + cartoon (ggü. Stadt- und Landesbibliothek & HBF)
- Max-von-der-Grün-Platz 7, 44137 Dortmund
- Wann: 23. März bis 27. Oktober 2024
Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!
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Jubiläumslesung feiert fünf Jahre schauraum: comic + cartoon Meerjungfrauen, Werwölfe und eine postapokalyptische Welt – vier talentierte Comic-Autorinnen präsentieren ihre Werke (PM)
Eine Jubiläumslesung zum fünften Geburtstag: Im April 2019 öffnete der schauraum: comic + cartoon an der Katharinentreppe in Dortmund. Es gab seitdem viele tolle Ausstellung, wie aktuell die überregional gefeierte aktuelle Simpsons-Ausstellung.
Die erste Ausstellung galt Donald Duck – seitdem ist viel passiert und zahlreiche Besucher*innen haben die verschiedenen Ausstellungen, Workshops, Filmvorführungen und Lesungen zum Thema Comic erlebt. Mittlerweile hat der Ausstellungsraum eine feste Fangemeinde. Die aktuelle Ausstellung „Gelber wird’s nicht – Die Simpsons“ verschafft dem schauraum: comic + cartoon bundesweite Beachtung.
Vier Comic-Autorinnen – vier unterschiedliche Welten
Gefeiert werden die ereignisreichen fünf Jahre mit einer besonderen Veranstaltung, bei der vier talentierte Comic-Autorinnen ihre Werke präsentieren und einen Einblick in ihre kreativen Prozesse gewähren. Wiebke Bolduan, Judith Kranz, Noëlle Kröger und Ika Sperling stellen ihre aktuellen Titel im Studio B der Stadt- und Landesbibliothek Dortmund vor und entführen uns dabei auf eine Reise durch verschiedene Comic-Welten. Von Meerjungfrauen, über eine postapokalyptische Welt, bis hin zu Werwölfen und Familien mit einem Hang zu Verschwörungstheorien.
Jubiläumslesung: Freitag, 12. April 2024, 19 Uhr
Studio B, Stadt- und Landesbibliothek, Max-von-der-Grün-Platz 1-3. Der Eintritt ist frei.
Der Abend beginnt mit einer Begrüßung durch Dr. Stefan Mühlhofer, Geschäftsführender Direktor der Kulturbetriebe Dortmund. Im Anschluss an die Lesung gibt es die Möglichkeit, die Comics vor Ort zu erwerben und anschließend von den Autorinnen signieren zu lassen. Bitte vorher anmelden unter comic@stadtdo.de.
Informationen zu den Autor*innen:
Wiebke Bolduan (*1994) ist freischaffende Illustratorin und Comiczeichnerin aus Hamburg. Im Februar 2024 erschien ihre Graphic Novel „Viktoria Aal“ bei Reprodukt. Für die Abschlussarbeit ihres Illustrationsstudiums, den Comic „Warnebi“, wurde sie 2022 mit dem GINCO-Award in der Kategorie „Bester Comic im Eigenverlag“ ausgezeichnet. Ansonsten veröffentlicht sie Comics u.a. im Kindercomic-Magazin POLLE, diversen Anthologien, beim MamiVerlag und bei Fieldmouse Press.
Judith Kranz ist Comic-Autorin aus Hamburg siedelt die Handlung ihres neuen Comics „SOMA“ (Frühjahr 2025 bei Reprodukt) in einer postapokalyptischen Welt an, in der eine Gesellschaft entstanden ist, die für ihr Überleben in einer feindlichen Umwelt zu drastischen Mitteln greifen muss.
Noëlle Kröger, geboren 1997 in Hamburg. Für ihren Comic „Das Unbehagen des guten Menschen“ wurde sie 2021 mit einem GINCO Award ausgezeichnet. Das gemeinsam mit Aaron Meyer gestaltete Hochschulprojekt „Mein Gender ist der einsamste Cowboy im Wilden Westen“ wurde 2021 mit dem Karl H. Ditze Förderpreis prämiert.
Ika Sperling (sie/ihr) wurde 1996 in einem kleinen Dorf in Rheinland-Pfalz geboren. Im September 2022 hat sie ihren Bachelor für Illustration an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg absolviert und arbeitet seitdem als selbständige Illustratorin, Comiczeichnerin, leitet Comic-Workshops für Jugendliche und ist Teil des Organisationsteams des Hamburger Comicfestivals. 2023 erhielt sie als erste Comic-Autorin ein Stipendium als Rottweiler Stadtschreiberin, und wurde außerdem mit dem Hamburger Literaturpreis ausgezeichnet.
Am 12./13. April feiert der schauraum: comic + cartoon seinen 5. Geburtstag – Noch Plätze frei im Comic-Workshop mit Ika Sperling (PM)
Der schauraum: comic + cartoon feiert sein 5. Jubiläum mit angesagten Zeichner*innen. Neben einer Lesung am 12. April unter anderem mit Ika Sperling gibt es am 13. April einen exklusiven Workshop mit der Illustratorin. Es sind noch Plätze frei.
In dem Workshop „Diary from a stranger“ am Samstag, 13. April von 11 bis 14 Uhr geht es darum, ein Tagebuch-Zine aus den Zeichnungen und Texten der anderen Teilnehmer*innen zu kreieren. In 20 kleinen Übungen werden jede Menge Bilder, Erinnerungen, Wünsche und Ideen gesammelt, die dann neu zusammengesetzt werden. Der Workshop ist für Jugendliche ab 14 Jahren geeignet und ist kostenfrei, Anmeldung unter comic@stadtdo.de.
Die Illustratorin Ika Sperling leitet Comic-Workshops für Jugendliche und ist Teil des Organisationsteams des Hamburger Comicfestivals. 2023 erhielt sie als erste Comic-Autorin ein Stipendium als Rottweiler Stadtschreiberin und wurde außerdem mit dem Hamburger Literaturpreis ausgezeichnet.
Bereits am Vortag (Freitag, 12. April) gehört Ika Sperling zu den Autorinnen der Comic-Lesung zum Jubiläum. Ab 19 Uhr präsentiert sie im Studio B der Stadt- und Landesbibliothek (Max-von-der-Grün-Platz 1-3) gemeinsam mit den Comic-Autorinnen Wiebke Bolduan, Judith Kranz und Noëlle Kröger ihre aktuellen Werke vor. Es geht um Meerjungfrauen, eine postapokalyptische Welt, um Werwölfe und Familien mit einem Hang zu Verschwörungstheorien. Bitte vorher anmelden unter comic@stadtdo.de.
Ein Vortrag in der Stadtbibliothek gibt Einblicke in 22 Jahre mit den Simpsons: Steffen Volkmer erzählt Anekdoten aus seiner Zeit bei den Simpsons-Comics (PM)
Am Donnerstag, 9. Mai, 18 Uhr, hält Steffen Volkmer im Studio B der Stadt- und Landesbibliothek den Vortrag „Als Alice Cooper auf Bart Simpsons traf – Anekdoten und Bilder aus 22 Jahren mit den Simpsons“.
Volkmer hat als Redakteur die Simpsons-Comics vom ersten bis zum letzten Heft betreut und organisierte zahlreiche Signier-Touren und Auftritte mit Simpsons-Künstler*innen in Deutschland. In rund 20 Jahren mit der gelben Chaos-Familie kamen witzige, zum Teil haarstäubende Geschichten und Anekdoten zusammen. Von ihnen berichtet Steffen Volkmer und gibt Einblicke in die Arbeit als Redakteur.
Er beleuchtet, wo sich die Simpsons-Comics von der TV-Serie unterscheiden und wo nicht, warum die Simpsons in Deutschland nach wie vor ein Phänomen sind – und warum die deutschen Fans anders ticken als die amerikanischen.
Der Vortrag gehört zum Rahmenprogramm der Ausstellung „Die Simpsons – Gelber wird’s nicht“. Sie ist noch bis zum 27. Oktober im schauraum: comic + cartoon (Max-von-der-Grün-Platz 7) zu sehen. Der Eintritt im Studio B (Max-von-der-Grün-Platz 1-3) ist frei, eine Anmeldung nicht erforderlich.
dortmund.de/comic
Letzte Chance: Comics im Stil der Simpsons zeichnen: Schauraum: comic + cartoon hat letzte Plätze frei (PM)
Frech, ein wenig schräg und sehr gelb: Einen Comic-Strip zeichnen im Stil der Simpsons – das will Profi Ralf Marczinczik im Workshop am Samstag, 12. Oktober, vermitteln.
In diesem Workshop des schauraums: comic + cartoon auf der uzwei im Dortmunder U will Ralf Marczinczik zeigen, wie die Simpsons anhand von Modelsheets konstruiert und entwickelt werden. Mit diesem Wissen sollen die Teilnehmenden dann selbst eine kleine Kurzgeschichte im Simpsons-Stil erzählen.
Geleitet wird der Workshop von Comic-Profi Ralf Marczinczik: Er kam über den Umweg des Animationsfilms (Petzi) und als Artdirector von Computerspielen (Moorhuhn, Gothic) zu seinem jetzigen Betätigungsfeld, den Comics. Seit 2019 leitet er das Internationale Comic-Seminar in Erlangen.
Der Comic-Workshop Storydesign startet am Samstag, 12. Oktober, um 11 Uhr (dauert bis 16 Uhr) und ist ab 14 Jahren gedacht. Kostenfreie Anmeldung per E-Mail an comic@stadtdo.de.