
Wenn es um stadtplanerische Themen geht, brauchen alle Beteiligten viel Geduld. Denn alle Planungen haben eins gemeinsam: Es geht nur sehr langsam voran. Davon konnte sich jetzt auch die Bezirksvertretung der Nordstadt ein Bild machen. Zu Gast waren Vertreter:innen der Stadterneuerung und von „Nordwärts“. Sie stellten den Planungsstand zur Neugestaltung der Münsterstraße vor – sehr zur Ernüchterung der Nordstadt-Politiker:innen.
Der Zeitplan für den Neubau ist mehr als ernüchternd
Bereits seit den 2010er-Jahren wird über eine Aufwertung und eine Neugestaltung der insbesondere für den Einzelhandel und die Gastronomie wichtigen Münsterstraße gesprochen. Im Jahr 2021 gab es ein Werkstatt-Gespräch, bei dem auch über die mögliche Neugestaltung der Straße diskutiert und abgestimmt wurde. Zu sehen waren unter anderem Visualisierungen zur Verkehrsberuhigung und wie sich der Abschnitt zwischen Burgtor und Mehmet-Kubasik-Platz künftig präsentieren könnte.

Seitdem ist – zumindest öffentlich wahrnehmbar – wenig passiert. Daher hatte die Politik um eine Vorstellung des Sachstands gebeten. Didi Stahlschmidt als Vertreter von „Nordwärts“ sowie Sebastian Kröger und Uta Wittig-Flick von der Stadterneuerung stellten die „Entwicklung eines freiraumplanerischen Konzepts mit zukunftsfähigen Lösungsansätzen für einen attraktiven, multifunktionalen und resilienten Stadtraum“ vor.
Doch insbesondere der Zeitplan fällt mehr als ernüchternd aus. Das Fazit: Frühestens 2029 wäre mit einem Baubeginn zu rechnen. Ein Abschluss der Arbeiten wäre dann voraussichtlich 2031. „Wir sind auf dem Weg, das möchte ich an dieser Stelle noch mal betonen“, versuchten die Referent:innen die eher eisige Stimmung zu besänftigen.
Sie gaben sich alle Mühe, die Komplexität der Aufgabe deutlich zu machen, die aufgrund der Länge der Straße und der Vielzahl von Fragestellungen, Aufgaben und beteiligten Akteur:innen sehr umfangreich sei. „Für die Stadterneuerung ist das Projekt Münsterstraße sehr wichtig“, betonte Amtsleiter Sebastian Kröger.
Die Stadt war 2024 beim Städtebauförderprogramm abgeblitzt
Das vorgestellte Handlungskonzept habe zwei Zwecke: Es gehe darum, Maßnahmen zu priorisieren und es diene als Grundlage für Fördermittel. Damit war man jedoch bisher nicht erfolgreich: 2023 gab es einen entsprechenden Beschluss des Rates. Doch der Erstantrag wurde 2024 beim Städtebauförderprogramm nicht berücksichtigt. Daher bemüht sich die Stadt nun um einen „erneuten Erstantrag“ für das Stadterneuerungsprogramm in diesem Jahr.
Im Mittelpunkt steht dabei der zentrale Einkaufs- und Fußgängerbereich. Dieser sei auch ein Baustein im neuen Aufgabenpaket für das Quartiersmanagement der Nordstadt. Dort gibt es zukünftig ein Beratungsangebot für Geschäfts- und Gewerbetreibende.
„Wir müssen die Geschäftstreibenden überzeugen, dass die Neugestaltung eine gute Maßnahme ist. Das Hof- und Fassadenprogramm kommt hier auch zum Einsatz, um Objekte aufzuwerten”, berichtete Uta Wittig-Flick. Es gehe aber auch um Grünordnung und Klimaanpassung, kleinräumige Nutzungs- und Gestaltungskonzepte.

„Wir schauen uns Immobilien sehr genau an und haben im Vorfeld überprüft, ob das Areal zu einem Sanierungsgebiet umgewandelt werden soll. Wir werden das in Kürze bekanntgeben und dann ist es rechtskräftig“, betonte die Vertreterin der Stadterneuerung.
Zum zeitintensiven Prozess gehöre auch die Immobiliengestaltung, die Gestaltung von Werbeanlagen, die Häuserstruktur als solche und der Umgang mit gründerzeitlichen Objekten. Zudem sollen auch die Querverbindungen im Rahmen des Radverkehrs und der Verkehrswende (Nebenrouten) sowie die Kreuzungsbereiche im Josephs-Kirchplatz mit in die Betrachtung einfließen.
Ziel: Neuordnung und Gestaltung des öffentlichen Raums
Die Neugestaltung stehe unter einer Maxime: „Mehr Stadtraum, weniger Verkehrsraum“, machte das Team der Stadterneuerung deutlich. Es gehe um die Steigerung der Erlebnis- und Aufenthaltsqualität durch die Neuordnung und Gestaltung des öffentlichen Raums. Ziel sei die „Schaffung von multifunktionalen und klimaresilienten Stadträumen, die Stärkung der Nahmobilität sowie die Stärkung von lokaler Ökonomie und Nahversorgung“.

Wegen der Länge der Straße und der Größe der zu gestaltenden Flächen – rund 25.000 Quadratmeter – werden verschiedene Abschnitte betrachtet. Zum einen gehe es um die „Eingänge“: Im Süden ist ein großes Neubau-Projekt am Burgtor geplant. Im Norden gehört die Gestaltung und Aufwertung des Mehmet-Kubasik-Platzes zur Aufgabenbeschreibung.
Zur Aufwertung der gestalterischen Qualität gehört eine „sinnvolle und funktionale Zonierung“. Ein wichtiger Baustein soll die Verbesserung der Aufenthaltsqualität am Josephskirchplatz sein.
Kritik: Die Gestaltung der Straße erfolgte ohne die Verkehrsplanung
Seniorenbeirätin Susanne Schulte folgte den Ausführungen aufmerksam: „Ich fand es ganz interessant. Aber ich weiß nicht, was ich zu Hause erzählen soll. Was wollen sie denn jetzt da wann machen? Was wird da Aufwändiges gemacht, wofür die Planung fünf oder zehn Jahre dauert”, hakte sie nach.

Das brachte Uta Wittig-Flick zu einem „Eingeständnis“: Wichtige Vorarbeiten fehlen noch. „Die Verkehrsuntersuchung wird ja erst auf dem Weg gebracht. In dem Bereich gibt es einen sehr hohen Parkdruck. Wir müssen die Verkehrsuntersuchung abwarten.” Dabei werde die Planung der Bewohnerparkzone einbezogen. „Erst wenn das abgeschlossen ist, kann man den nächsten Schritt gehen. Wir wissen ja nicht, was dabei raus kommt. Der Planungsprozess hat noch nicht wirklich begonnen”, verdeutlichte die Projektleiterin der Stadterneuerung.
„Was wir hier vorschlagen, ist ein Neubau von Hauskante bis Hauskante und nicht nur einige kosmetische Reparaturen. Da können Sie sich vorstellen, welche Diskussionen das nach sich ziehen wird“, ergänzte Amtsleiter Sebastian Kröger. Es gebe eine Vielzahl von Fragestellungen: Eine zentrale Frage sei, ob das Areal künftig eine Fußgängerzone werden soll. Dazu kämen Kanal- und Grünvorhaben. „Es gibt ganz viele Fragen. Von daher haben wir ein relativ großes Zeitfenster, aber auch viele Themen, die mit allen Beteiligten geklärt werden müssen.
Politik kritisiert, dass sie zu Unrecht der Kritik ausgesetzt werden
„Ich bin erstaunt. Ich dachte wir wären da schon deutlich weiter und das klar ist, wo Grünflächen sind, wo man Parken kann und wo nicht. Meine Frage ist, warum man das nicht vorher macht, bevor man die Planungen macht. Das klingt sehr nach Verzögerung“, kritisierte Sonja Lemke (Die Linke). „Es gibt die Entwürfe und die Erkenntnisse über Belastungen. Warum machen wir da nicht direkt weiter und tun nicht so, als wäre noch nichts passiert?”
„Das Gestaltungsverfahren war ohne Verkehrsplanung. Daher müssen wir diese Schleife drehen“, rechtfertigte sich Uta Wittig-Flick. „Das Beteiligungsverfahren hatte eine andere Fragestellung: Was kann man aus dieser Straße machen?“ Damit wollte und konnte sich Cornelia Wimmer von der Fraktion „Vernunft und Gerechtigkeit“ nicht abfinden: „Die Werkstattverfahren haben sich anders angefühlt. Unsere Beteiligung war gefragt und was kommt in der Wahrnehmung der Nicht-Fachleute raus: Nichts.“
Sie kritisierte die lange Zeitperspektive: „Die realen Schritte zur Münsterstraße – da wird uns eine immense Geduld abverlangt“, sagte sie mit Blick auf die Anfragen aus der Bevölkerung. „Also warten wir bis 2031. Aber Kosmetik hin oder her: Können Sie denn nicht wenigstens den Schrott abtransportieren?”, wollte sie mit Blick auf die „geplatzten Waschbetonkübel mit verrotteten Bäumen“ wissen.

Dann könnten den Gastronomen zumindest mehr Möglichkeiten für Außengastronomie gegeben werden. Wimmer: „Das sollte verlangt werden können. Das ist ein Armutszeugnis. Da schaut man sich das ein Jahrzehnt an und fragt sich, warum das so bleibt.”
Sebastian Kröger gab zu, dass er die Trümmer bei den Pflanzgefäßen auch gesehen habe. „Abräumen oder nutzen? Ich bin nicht das Grünflächenamt. Aber sie stehen im öffentlichen Raum. Da könnte man was machen oder mitnehmen.”
Er räumte ebenfalls ein, dass man den Planungs- und Bauprozess an vielen Stellen beschleunigen könnte. „Aber es gibt unglaublich viele Verkehrsprojekte. Das ist eine Priorisierungs- und Kapazitätenfrage”, so Kröger. „Das merken wir“, kommentierte Wimmer.
Bekommt die Nordstadt mit der Münsterstraße die nächste Kampstraße?
Brigitte Jülich (SPD) forderte, dass man drüber nachdenken sollte, „ob die Reihenfolge, wie es aufgezogen wurde, richtig ist. Ich bin zu einer Veranstaltung gegangen, wo mir drei Projekte vorgestellt wurden und dann eins ausgesucht. Aber auch in der Innenstadt habe ich ja gelernt, dass sich bis einer die Schüppe in die Hand nimmt, die Einstellung ändern kann” – eine Anspielung auf die gescheiterte Planung und Erneuerung der Kampstraße. Dort werden die Planungen nach 29 Jahren noch einmal komplett neu aufgerollt.

„Wenn ich als Anwohnerin zu einer Beteiligungsveranstaltung gehe, dann gehe ich davon aus, dass sie wissen, wie der Verkehr läuft und wo das Parken möglich ist”, kritisierte sie, dass drei Jahre nach dem Gestaltungsverfahren noch immer keine Verkehrsanalyse gestartet wurde.
„Wenn ich bei einer Beteiligung nach Ideen gefragt werde, nehme ich doch an, dass ich das noch erlebe, wenn ich nicht gerade 82 bin. Radfahren werde ich da wohl nicht mehr und ob ich das noch mit einem Rollator erlebe, ist fraglich. Ich habe mir das auch sehr viel weiter vorgestellt”, machte Jülich ihrer Enttäuschung Luft.
Das Positive: „Wir haben hier keine strukturellen Leerstände“
„Danke für das neue Dekadenprojekt – ein Vier-Jahres-Projekt wäre mir lieber”, kommentierte Marco Unterauer (Grüne) die Zeitplanungen. „Aber gut, dass sie auch in die Seitenstraßen reingucken. Werden Quartiersgaragen mitbetrachtet? Auch die Planungsprämissen für das Verkehrsgutachten würden mich interessieren. Es wird kontroverse Diskussionen geben, wenn sie die Straße beruhigen oder sehr viele Parkplätze wegnehmen”, so der Grünen-Politiker.

„Das werden die Themen sein. Auch die Zuwegung zum Keuning-Haus durch die Priorstraße. Doch das liegt beim Stadtplanungs- und Bauordnungsamt”, betonte Kröger. Und seine Kollegin stellte klar: „Wenn man Verkehr rausnehmen will, muss man Alternativen anbieten. Fußgängerzonen sehen ja zumeist bei Wettbewerben gut aus. Aber wir haben eine funktionierende Geschäftsstraße und wollen nicht, dass wir am Ende keine funktionierende Geschäftsstraße mehr haben“, so Wittig-Flick.
Das Positive: „Wir haben hier keine strukturellen Leerstände. Die Qualität der Geschäfte ist ein anderes Thema. Darüber kann man sprechen. Aber der Markt entscheidet, wie die Ansiedlung der Geschäftstreibenden aussieht. In einem Sanierungsgebiet können wir steuern und störende Gewerbe ausschließen. Das werden wir in einem nächsten Schritt beleuchten. Das wird auch eine Aufgabe des zukünftigen Quartiersmanagements sein”, führte sie weiter aus.
Wenn die Arbeiten so lange auf sich warten lassen, müssen kurzfristige Maßnahmen her
Thomas Oppermann (SPD) konnte der langen Zeitperspektive auch etwas Positives entnehmen: „Ich finde es nicht ganz uninteressant, dass wir vor 2031 mit nichts rechnen können. Denn dann müssen wir Dinge jetzt anfassen. Wir können es nicht sieben Jahre so lassen“, sagte der stv. Bezirksbürgermeister mit Blick auf die zahlreichen Probleme. Auch er kritisierte, dass man die Verkehrsuntersuchung längst vorgenommen haben könnte.
Und er kritisierte auch, dass man in der Zeit nicht bewusst Dinge ausprobiere. So hatte die SPD die temporäre Einrichtung als Fußgängerbereich vorgeschlagen, um das Ganze zu testen und die Menschen mitzunehmen. „Das ist von der Verwaltung abgelehnt worden wegen personeller Kapazitäten. Nehmen Sie das mit und probieren Sie es aus und kommen Sie nicht erst wieder in fünf Jahren mit irgendetwas um die Ecke”, so Oppermann.
„Das ist mir auch auch aufgestoßen. Sanieren der ganzen Münsterstraße oder Bepflanzung einiger Blumenkästen – wieso entweder oder? Wir könnten ja mal neu bepflanzen oder die Kübel einfach abtransportieren. Oder stehen die Waschbetondinger mittlerweile unter Denkmalschutz? Was haben Sie sonst damit vor?”, wollte auch Michael Gründel von der Fraktion „Vernunft und Gerechtigkeit“ wissen.
Stadterneuerung rechtfertigt sich: „Wir sind nicht die Verkünder der schönen Zeitpläne”
Doch eine frühere Verkehrsuntersuchung sei wohl nicht möglich: „Erst wenn der Haushalt klar ist, dann geht es in BV. Und wir müssen parallel einen Planungsbeschluss auf den Weg bringen”, machte Uta Wittig-Flick deutlich. Sie rechnet mit Planungskosten plus Umbau von über 10 Millionen Euro. „Da sind wir natürlich auch mit in den unterschiedlichen Gremien. Richtung Sommer/Herbst rechne ich mit einem Planungsbeschluss.”

Gewohnt scharfzüngig und sarkastisch fiel das Fazit von Dorian Marius Vornweg (CDU) aus: „Wir sehen an der Thematik Münsterstraße – die Älteren von uns werden sich erinnern – dass das eine schöne Sache ist und mit hehren Zielen gestartet wurde. Wir haben es mit Opfern von Opportunitäten zu tun – die Anwesenden haben die Probleme nur geerbt”, bedauerte er die Kritik an den BV-Mitgliedern, dass sich da nichts tut.
Er räumte ein, dass er mit der Ausrufung des Dekadenprojektes Nordwärts mit mehr Schub gerechnet habe: „Es geht zu Nordwärts und es geht richtig ab. Ab es ging nur, dass es im Sand verlaufen ist und dann etwas aufgepäppelt wurde. Und es kamen bunte Bilder von der Fußgängerzone”, so Vornweg. Und dann kam wieder lange nichts.
„Wir könnten bei jeder Sitzung zu anderen Themen sagen, dass wir frustriert sind. Natürlich tut der Zeithorizont weh. Aber ich bin auch ein kleines bisschen dankbar, dass die Verwaltung nicht verspricht, dass wir das in zwei Jahre ins Handlungsprogramm kriegen und wir dass dann nicht halten können. Das wäre unseriös.”
„Wir sind nicht die Verkünder der schönen Zeitpläne. Das ist immer blöd – das muss man so sagen. Es gibt ja ein Bauprojekt am Burgtor. Das steht in den Startlöchern. Wir wünschen uns dadurch, dass die Münsterstraße einen Antrieb von hinten kriegt. Auch das braucht Städtebau”, so Kröger.
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