Von Susanne Schulte (Text) und Klaus Hartmann (Fotos)
Die Komplimente an das Freibad Stockheide und damit an das Team um Schwimmmeister Bernd Schäfer hören sich an, als seien sie für einen Werbespot geschrieben. „Hier ist es einfach immer super, nicht so überfüllt. Man bekommt immer ein nettes Plätzchen, das Wasser ist beheizt und man friert an kühleren Tagen nicht gleich ein“, loben Ronja und Benjamin.
„Das mit der Sauberkeit haben wir gut hingekriegt“
„Hier kannst du barfuß hingehen, so sauber ist es“, sagt Gabi Muschack, und Martin Schlegel, heute zum ersten Mal in diesem Freibad, ist „total begeistert“ von der ganzen Anlage, der weiten Rasenfläche und den alten Bäumen. „Das ist wie ein großer Park.“Stimmen von Besucherinnen und Besuchern über das traditionsreiche Nordstadt-Freibad am Hoeschpark.
Schwimmmeister Bernd Schäfer ist eher von der besonnenen Seite und nimmt diese Aussagen gelassen hin. „Ja, das mit der Sauberkeit haben wir ganz gut hingekriegt.“
Wenn der Tagesbetrieb um 19 Uhr endet, sind er und seine KollegInnen noch gut eine Stunde auf der Wiese und in den Umkleidekabinen unterwegs, um den gröbsten Abfall einzusammeln.
Zwei Stunden bevor das Bad am nächsten Morgen wieder um 8 Uhr öffnet, ist die Mannschaft ebenfalls in Sachen Sauberkeit unterwegs. Diesen Einsatz quittiert die Mehrzahl der Badegäste damit, keinen Abfall zu hinterlassen. Wer es dennoch tut, wird von der Badaufsicht angesprochen. Das seien keine angenehmen Gespräche, sagt Eduard Gelwich, technischer Mitarbeiter im Bad, und auch keine angenehmen Gäste.
„Die jungen Männer kommen rein, haben keine Tasche bei sich, ziehen sich direkt am Beckenrand aus, lassen dort ihre Kleider liegen und springen in Unterhose ins Wasser.“ Mehr als die Männer auf ihr schlechtes Benehmen anzusprechen, kann er nicht. Die würden zwar kein Deutsch sprechen, „doch die verstehen ganz genau, um was es geht.“
Stammgäste sorgen sich um den Erhalt des Nordstadt-Freibads
An diesem Samstagnachmittag sind nur nette Gäste im Bad. Die Stimmung ist entspannt, die Bademeister haben das Becken im Blick, müssen nicht eingreifen.
Zu fünft gucken sie auf die Wasserfläche, haben mit mehr BesucherInnen gerechnet, nachdem im Wetterbericht an die 30 Grad vorhergesagt wurden. „Ja, so 1200 waren es wohl heute“, schätzt Bernd Schäfer.
Am Samstag vor einer Woche, als das Thermometer 38 Grad anzeigte, wurden an die 3000 Gäste gezählt. Eine feste Besuchergröße sind jeden Morgen um 8 Uhr die Frühschwimmer. Etwa 20 Frauen und Männer, „die Hoeschianer“, nennt Gelwich sie, ziehen täglich ihre Bahnen.
Und das seit Jahren, meist seit Jahrzehnten. Diese machten sich große Sorgen um den Erhalt des Bades. „Ja, von denen wird viel gefragt, wie’s weitergeht“, sagt Bernd Schäfer.
Hoesch: Ein Bad, das Dortmunder Industriegeschichte erzählt
Das Schwimmbad scheint seit seiner Öffnung im Juli 1952 immer ein Stiefkind in der Dortmund Bäderlandschaft gewesen zu sein. Ende der 1960er Jahre war es der Ausbau der Brackeler Straße zur Schnellstraße, der die Badbesucher fernhielt, bis die Firma Hoesch und die Stadt Dortmund gegenüber dem Haupteingang zum Bad einen Parkplatz und die Fußgängerbrücke über die Brackeler Straße bauten.
1993, nachdem Krupp heimlich die Mehrheit der Hoesch-Aktien gekauft hatte, will die neue Eigentümerin des Hoeschparks, die KruppHoesch-Stahl AG, nichts mehr von Park und Freibad wissen. Die Schließung droht und die Badegäste werden aktiv.
Einer von ihnen war Reinhard Artmann, der an diesem Samstag seit 15 Jahren zum ersten Mal wieder in der Stockheide ist. Er erinnert sich an die Arbeit der Bürgerinitiative und schreibt es Oberbürgermeister Günter Samtlebe zu, dass Stadt und der Stahlkonzern sich einigten, das Bad zu erhalten.
Acht Jahre später wird die Wärmequelle für das beheizte Bad stillgelegt. Die ThyssenKrupp-Stahl AG, wie der Konzern nun heißt, schließt das Warmbreitband-Walzwerk. Die DEW springt ein, gibt einen Kredit für eine neue Gasheizung über 950000 Mark.
Ein Stück Lebensqualität nicht nur für die BewohnerInnen der Nordstadt
Und nun steht der Freibadbetrieb wieder in Frage. Zu wenig Badegäste, zu viel Renovierungsbedarf, heißt es. „Zu wenig Werbung“, meint dagegen Lena Schmidt. Unter jungen Leuten und Studenten würde sich der Geheimtipp Stockheide erst langsam rumsprechen. Viele wüssten gar nicht, dass es dieses Freibad gebe.
Sie wohnt an der Kaiserstraße, ist mit dem Fahrrad wie nix am Schwimmbad. Ihr Freund, Martin Schlegel, der so begeistert von der Parklandschaft ist, wohnt im Hafenvierstel. „Das Freibad steigert die Lebensqualität vor allem für die Menschen in der Nordstadt.“
Wohlfühlort für Erwachsene und vor allem für Familien
Auch für die aus Lünen. Dort wohnen Madeleine und Matthias. Nachdem das Freibad in Unna dichtmachte, kommen sie zum Hoeschpark. „Von Lünen aus ist Stockheide super zu erreichen.“ Ihre Freunde Benjamin und Ronja aus Hörde nahmen sie zum ersten Mal in das Bad mit.
Ronja ist seit sechs, sieben Jahren Stammgast, wünscht sich, das Bad von Hörde aus bequemer mit Bus und Bahn anfahren zu können. „Langfristig wäre auch eine Renovierung der Toiletten und der Umkleiden gut. Aber wichtiger ist, dass das Bad erhalten bleibt.“
Die sauberen Umkleiden und die sauberen Klos sind Gabi Muschack wichtig, die mit Schwiegersohn Tim und den Enkelkindern Lynn und Linus auf der Decke im Schatten sitzt. „Das ist am Stadion nicht so.“ Im Volksbad seien auch „die ganzen Kiffer. Und hier kannst Du barfuß hingehen. Das kannst Du im Stadion nicht.“
Bescheidene Wünsche in Sachen Verbesserungen: Liegen und Öffnungszeiten
„Schön ruhig ist es hier und sehr sauber“, weiß auch Jonas, ein Freund der Muschacks, das Stockheidebad bei seinem ersten Besuch zu schätzen. „Es liegt aber ein bisschen versteckt.“
Er irrte mit seinem kleinen Sohn Ben ein wenig durch den Park, bevor er den Eingang zum Freibad fand. Geleitet haben ihn die neuen Schilder, die den Fußweg weisen. Die müssten an weiteren Stellen hängen, sagt er, damit man beim ersten Mal nicht vom Weg abkäme.
Auch sonst haben die Badegäste bescheidene Wünsche, wenn es um Verbesserungen geht: tägliche Öffnungszeiten bis 20 Uhr statt 19 Uhr sowie Bänke oder Liegen für die Wiese. Der fünfjährige Sohn der Familie Muschack beschreibt die Qualität der Freibads Stockheide mit fünf Worten: „Die Sonne scheint hier besser.“
Hintergrund: Was man sonst noch wissen sollte:
- Das Freibad Stockheide hat die Adresse Brackeler Straße 100.
- Die Öffnungszeiten sind täglich von 8 bis 19 Uhr, bei richtig schönem Wetter bis 20 Uhr.
- AutofahrerInnen stellen ihren Wagen entweder auf dem Parkplatz vor dem Hoeschpark-Eingang ab und gehen etwa 500 Meter zu Fuß durch den Park, zwischen den großen Sportfeldern durch, dann rechts halten und gleich wieder links, bis zum Zaun, raus auf die Brackeler Straße, links halten und wieder links den Hinweisen zum Freibad folgen.
- Oder sie parken auf dem Platz auf der Südseite der Brackeler Straße, der aber nur aus Richtung Borsigplatz zu erreichen ist, und gehen über die Fußgängerbrücke zum Freibad.
- Der Eintritt kostet 2 Euro für Kinder, Erwachsene zahlen 3,50 Euro, Familien (zwei Erwachsene mit drei Kindern unter 17 Jahren) 9 Euro. 11er, 20er und 50er Karten machen den Eintritt entsprechend günstiger und gelten auch in anderen Freibädern der Sportwelt wie im Froschloch, Volkspark, Hardenberg und Wellinghofen.
- Im Bad gibt es eine Imbissbude mit Außenterrasse, die Pommes und Currywurst, Eis und Getränke verkauft.
- Das Schwimmbad ist beheizt auf 24 Grad, das Schwimmerbecken hat eine 50-Meter-Bahn, der Nichtschwimmerbereich ist abgegrenzt, im Kinderbecken gibt es eine Rutsche für Kleinkinder. Ein Sprungbrett gibt es nicht.
- Die Umkleideräume sind ein wenig in die Jahre gekommen, aber sehr sauber und liebevoll angestrichen. Die Toiletten sind sehr sauber wie auch die Duschen.