,,Frauen, Leben, Freiheit!“: Kundgebung für Frauenrechte und gegen den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention  

Meral Mersin von der Organisation DIDF in Dortmund setzt sich für die Frauenrechte weltweit ein. Fotos: Jil Bastian

Von Jil Bastian

Der Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention hat weltweit für Auflehnungen gesorgt. In der Nacht zu Samstag verkündete der Präsident der Türkei Recep Tayyip Erdoğan, dass der Staat aus dem Abkommen ausgetreten ist. Am Montag (22. März) haben sich türkische Frauen weltweit – so auch an der Katharinentreppe in Dortmund- zu Kundgebungen versammelt, um dafür zu protestieren, dass die Türkei wieder dem Abkommen beitritt und ihnen keine Rechte entzogen werden.

,,Frauenrechte sind Menschenrechte! Überall – auch in der Türkei!“

Die Istanbul-Konvention, die 2011 vom Europarat erarbeitet und auf einem Kongress in Istanbul verabschiedet wurde, ist der erste europäische Vertrag, der gezielt auf Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt gerichtet ist. Bis heute haben 46 Mitgliedsstaaten europaweit die Konvention unterzeichnet. Der türkische Präsident Erdoğan hat damals als einer der Ersten den Vertrag unterschrieben und diesen 2012 im türkischen Parlament vorgestellt. ___STEADY_PAYWALL___

So lautet das Motto von tausenden Frauen, die für die Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen auf die Straße gehen.

Jetzt ist die Türkei aus der Istanbul-Konvention ausgetreten, was einen deutlichen Rückschlag für die Emanzipation weltweit bedeutet. Frauen auf der ganzen Welt, vor allem diejenigen mit türkischen Wurzeln, sind über den Rückzug der Türkei empört. Sie äußern sich verärgert, da es um ihre persönlichen Rechte sowie den Schutz gehe, der in der Türkei durch dieses Abkommen gefördert worden sei und nun wegfalle.

,,Bedingt durch die Folgen der Wirtschaftskrise hat die türkische Regierung unlängst eine härtere Gangart eingelegt. Erdoğan treibt das Land in tiefere Spannungen, die sich in Polarisierung und Repression gegen Oppositionelle und demokratische und fortschrittliche Kräfte entladen“, erklärte Meral Mersin von der gemeinnützigen Organisation DIDF (Föderation Demokratischer Arbeitervereine).

Sie ist der festen Überzeugung, dass die Türkei keine Demokratie in ihrem Land haben möchte, da der Präsident sich nicht an die demokratischen Regeln halte. Zudem würden in der Türkei Kritiker*innen der Regierung konsequent verfolgt und Gewerkschafts- und Arbeiterrechte massiv beschränkt. Ebenso fördere Erdoğan militärische Konflikte mit Nachbarstaaten. Die Frauen erwarten kurz vor dem EU-Gipfel von der Bundesregierung in Deutschland entschlossene Handlungen wie beispielsweise einen sofortigen Waffen- und Rüstungsstopp, anstatt nur Empörungsbekundungen an die Türkei zu richten.

Starke Zunahme der Gewaltverbrechen gegen Frauen und Mädchen als Folge der pandemiebedingten Isolation

Auch junge Mädchen haben an der Kundgebung teilgenommen, um ein Zeichen gegen die Unterdrückung von Frauen zu setzen.

Gewalt gegen Frauen ist in der Türkei an der Tagesordnung. Fast jeden Tag wird dort eine Frau von einem Mann in ihrem direkten Umfeld umgebracht. In vielen Fällen ist der Täter der Vater, Bruder oder Ehemann. Die Anzahl der Frauenmorde ist zwischen 2015 und 2020 um 70 Prozent gestiegen. Allein im Jahr 2017 lag sie bei 335.

2020 waren es 436 Fälle, sodass man sieht, dass sich die Gewalt an Frauen deutlich potenziert. Seit Beginn des Jahres 2021 wurden schon über 70 Frauen in der Türkei von Männern ermordet. ,,Die Aufklärungsquote der Mordfälle ist verschwindend gering“, äußert sich Hacer, die Moderatorin der Kundgebung. Die Corona-Pandemie verschärfe das Problem.

,,Die Kündigung dieses Abkommens ist ein Schlag ins Gesicht aller Frauen. Der Angriff auf die Frauen in der Türkei ist ein Angriff auf uns alle. Frauenrechte sind Menschenrechte überall“, betont die türkische Rednerin Tülin Dolutas. Sie ist verärgert darüber, dass sich der türkische Präsident damals bei der Unterzeichnung des Vertrags demokratisch präsentiert habe, jedoch nun wieder einen deutlichen Schritt rückwärts mache.

Seit Jahrhunderten Geschlechterkampf  – Türkei unterdrückt Frauen weiterhin

Die Rednerin Renate aus Dortmund sieht die Entscheidung der Türkei als einen deutlichen Rückschlag für die lang erkämpften Rechte der Frauen in der Türkei an.

Tülin Dolutas kann nicht nachvollziehen, warum die Türkei sich nicht weiter in Richtung Demokratie entwickle, sondern ihre eigene Richtung einschlagen möchte. In der Türkei würden Tausende von Frauen noch leben, wenn die Istanbuler-Konvention konsequent umgesetzt worden wäre.

Erdoğan sei der Meinung, dass die Istanbuler-Konvention die Institutionen Ehe und Familie gefährde. Die Rednerin ist davon überzeugt, dass der Präsident sich diese nicht ohne Gewalt vorstellen könne, jedoch seien das keine Genehmigungen, um Gewalt und Unterdrückung von Frauen zuzulassen und hinzunehmen.

Ehe und Familie dürften nicht als Deckmantel für Gewalt und Unterdrückung missbraucht werden, die laut der Rednerin ,,Gift“ für menschliche Beziehungen seien. Man könne eine Person nur lieben, wenn man sie achte, was für beide Geschlechter gelte. In Deutschland ist die Istanbuler-Konvention auch noch nicht vollständig umgesetzt worden, jedoch ist das Land auf dem richtigen Weg.

,,Hier in Deutschland kämpfen ebenfalls seit vielen Jahren eine Vielzahl von Bürger*innen für die Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann und der Schritt, den die Regierung der Türkei gemacht hat, ist ein Rückschritt“, sagte Renate, eine der Rednerinnen. Man kann ihrer Meinung nach von der deutschen Regierung nicht erwarten, dass sie Maßnahmen gegenüber dem Erdoğan-Regime ergreift. Denn schließlich sei sie drauf angewiesen, dass die Flüchtlinge an der türkischen Grenze abgefangen würden.

,,Die Entscheidung wurde über den Willen der Frauen hinweg getroffen!“

Rednerin Berivan von dem Verein der kurdischen Aleviten in Dortmund lässt sich durch die türkische Regierung nicht einschüchtern und geht weiterhin für ihre Rechte auf die Straße.

Rednerin Berivan vom Verein der kurdischen Aleviten in Dortmund sowie der Organisation der kurdischen Frauen in Deutschland, hält den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention für nicht akzeptabel und fordert den sofortigen Wiedereintritt. In ihren Augen habe der türkische Präsident damit erneut bewiesen, dass er frauenfeindlich ist und die türkische Regierung das Ziel verfolgt, Frauen die schwer erkämpften Freiheiten zu nehmen.

Die junge Frau spricht sich dafür aus, dass die Betroffenen der Regierung nicht erlauben dürfen, ihr Recht auf Leben zu einem Material zu machen, um die Angriffe auf das kurdische Volk von der Tagesordnung zu streichen und die politische und wirtschaftliche Krise zu vertuschen.

,,Die Istanbul-Konvention wird zurückkommen, sie haben Angst vor Frauen, sie haben recht, Angst zu haben. Wenn sie jedoch glauben, dass Frauen der um Mitternacht getroffenen Entscheidung gehorchen werden und dass sie den Kampf der Frauen verhindern können, sollten sie wissen, dass sie furchtbar falsch liegen“, betonte Berivan.

,,Frauenmörder Erdoğan: Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Rechte klaut!“

Tülin Dolutas spricht sich für das freie und selbstbestimmte Leben jeder Frau aus.

Die Frauen wollen solange weiterhin auf der Straße ihre Meinung kundtun, bis die Türkei wieder in die Istanbul-Konvention eintritt. Die Frauen haben ihre heutigen Rechte überwiegend auf der Straße erkämpft und so blicken sie zuversichtlich in die Zukunft.

Jede Frau sollte weiterhin für die Gleichstellung der Geschlechter auf der Straße kämpfen und ihre Meinung öffentlich verkünden.

,,Wir schweigen nicht , wir gehorchen nicht, wir sind wütend, zornig, aber niemals schwach oder hoffnungslos“, betont Berivan mit Hinblick auf weitere Kundgebungen in der Dortmunder Innenstadt für die Rechte der Frauen.

 

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  1. Nordstadtblogger-Redaktion

    Demo am 31.03.2021 wegen Austritts der Türkei aus der Istanbul Konvention

    Die Frauen in ganz Europa sind entsetzt: Die Türkei bzw. Erdoğan stimmt seine konservativen-religiösen Kräfte milde und verlässt per Dekret die internationale Istanbul-Konvention gegen Gewalt an Frauen. Die Istanbul-Konvention, dessen offizieller Name das „Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ ist, verpflichtet die Unterzeichnerstaaten zum Schutz von Frauen vor allen Arten von Gewalt, zur Verhinderung von Diskriminierung und zur Gewährleistung von Gleichstellung durch Ermächtigung von Frauen. Erdoğan legt jetzt alles in die Hände der eigenen Bräuche und Traditionen. Gülizar Genc vom Migrantinnen Verein Dortmund, betont: „Was diese Bräuche für Frauen bedeuten, ist eindeutig: Gewalt gegen Frauen ist in der Türkei in verbreitetes Problem.“ Allein im letzten Jahr starben in der Türkei nach offiziellen Angaben über 300 Frauen durch die Hand ihrer Männer. Heike Wulf, Literaturpädagogin, weist darauf hin, dass „die Dunkelziffer der Femizide, die auch mal als Selbstmord getarnt werden, weitaus höher ist“. Die Rechte von Frauen sind ein fundamentales Element der Menschenrechte, des Friedens, der Sicherheit und Gleichberechtigung. Aber die regierenden Kräfte in der Türkei wollen davon nichts wissen. „Statt auf Weiterentwicklung zielt die Türkei auf Rückschritt.“, resümiert Simone Kleinert von der TERRE DES FEMMES Städtegruppe Dortmund.

    Wir Frauen von der Aktionsgruppe gegen Gewalt an Frauen fordern die türkische Regierung als Unterzeichnerin der Istanbul Konvention dazu auf, ihren Verpflichtungen zur Verhinderung von Gewalt gegen Frauen nachzukommen. Während sich die Türkei von einer Konvention zum Schutz der Frauen zurückzieht, werden Frauen getötet, werden Frauen gefoltert und die Morde werden gedeckt. Wir solidarisieren uns mit den Frauen in der Türkei und der ganzen Welt.

    Als Zeichen der Solidarität wollen wir mit 31 Paar Schuhe und Totenkerze an die Frauen, die alleine im März 2021 Opfer eines Femizides in der Türkei wurden, gedenken.

    Am Platz der Deutschen Einheit/Hauptbahnhof Dortmund am Mittwoch, dem 31.03.2021, zwischen 17.00 und 18.00 Uhr

    Aktionsgruppe gegen Gewalt an Frauen:

    Migrantinnenverein Dortmund e.V.
    Train of Hope e.V.
    TERRE DES FEMMES Städtegruppe Dortmund (verantwortlich)

  2. Einladung zur Veranstaltung „Frauen, Leben, Freiheit – Die iranischen Frauen heute“ anlässlich des internationalen Frauentages (PM)

    Anlässlich des Internationalen Frauentages möchten wir Sie herzlich zu unserer Veranstaltung einladen, auf der wir über die gegenwärtige Situation der Frauen im Iran informieren werden.

    Seit dem tragischen Tod von Jina Mahsa Amini im September 2022 sind im Iran massive Proteste entstanden. Obwohl die mediale Aufmerksamkeit nachgelassen hat, hat sich die Lage der Menschen, insbesondere der Frauen, keineswegs verbessert, sondern im Gegenteil eher verschlechtert.

    Unser Ziel ist es, Solidarität zu schaffen und konkrete Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Begleitet wird die Veranstaltung mit Poetry Slam und einem Imbiss.
    Als Expertin haben wir die Aktivistin und Journalistin Daniela Sepehri zu Gast.

    Wann? Sonntag, 3.März 2024, 11.00 Uhr
    Wo? Werkhalle (Union-Viertel): Rheinische Straße 143, 44147 Dortmund

    Wir würden uns sehr freuen, Sie bei unserer Veranstaltung begrüßen zu dürfen. Ihre Teilnahme und Ihr Interesse tragen dazu bei, das Bewusstsein für die Herausforderungen, denen Frauen im Iran gegenüberstehen, zu stärken.

    Die Veranstaltung findet in Kooperation mit den DGB-Frauen und Amnesty International statt.

    Um Anmeldung wird gebeten unter dortmund@dgb.de mit dem Betreff “Frauentag“.

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