Sprachbildender Mathematikunterricht
Sprache zählt! – Konzept der TU Dortmund gewinnt 1. Polytechnik-Preis 2019
Auszeichnung für Prof. Susanne Prediger und ihr Team von der Technischen Universität Dortmund und dem Deutschen Zentrum für Lehrerbildung Mathematik (DZLM): Sie erhielten den 1. Polytechnik-Preis. Der mit 50.000 Euro dotierte Preis der Stiftung Polytechnische Gesellschaft zeichnet besonders innovative fachdidaktische Unterrichtskonzepte aus.
Das Unterrichtskonzept
Alle Leistungsstudien zeigen: Sprachlich schwache Lernende können auch im angeblich nicht-sprachlichen Fächern wie Mathematik nicht so viel lernen wie sprachlich starke. Daher ist es wichtig, Sprachkompetenz im Fachunterricht zu fördern. Wie das am besten gelingt, erforscht Prof. Susanne Prediger und ihr 19-köpfiges Team von der TU Dortmund intensiv seit vielen Jahren. Auf Basis dieser Forschung hat sie mit ihrem Team ein Unterrichtskonzept zur Sprachbildung im Mathematikunterricht (SiMa) entwickelt und in Unterrichtsmaterialien umgesetzt. Mit dem SiMa-Unterrichtskonzept wird allen Lernenden ermöglicht, nicht nur mathematische Rezepte zum Rechnen zu lernen, sondern mathematische Konzepte auch zu erklären und mit ihnen zu argumentieren. Sprachlich reichhaltige Lernsituationen und grafisch gestützte Sprachspeicher helfen dabei.
Das Fortbildungskonzept
Als Vizedirektorin des DZLM weiß Susanne Prediger, dass innovative Unterrichtskonzepte nur dann in der Unterrichtspraxis ankommen, wenn Lehrkräfte in den neuen Feldern auch fortgebildet werden. Auch für die Entwicklung des SiMa-Fortbildungskonzepts war Forschung notwendig, diesmal zur Frage, was Lehrkräften leichtfällt, und wo sie besonders Unterstützung brauchen. „Alle Lehrkräfte wollen ihren sprachlich schwachen Lernenden helfen, manche jedoch nur durch Vereinfachen der Sprache. Wir erarbeiten in Fortbildungen gemeinsam das Gegenteil: Wir müssen viel Sprache einfordern, so dass Kinder immer wieder erklären und argumentieren, zunächst an Bildern und im Kontext, erst danach im Formalen. Wenn Lehrkräfte dazu Beispielmaterialien und -videos reflektieren, können sie das Umsetzen lernen“, erklärt Prof. Prediger. In einer großen Feldstudie mit 79 Klassen konnte ihr Team tatsächlich zeigen, dass ein solcher sprachbildender Mathematikunterricht zu höheren Mathematikleistungen als herkömmlicher Unterricht führt. Und zwar auch für die sprachlich starken Schülerinnen und Schüler, das ist besonders bemerkenswert.
Der Preis
Ziel des Polytechnik-Preises ist, diejenigen Fachdidaktikerinnen und Fachdidaktiker deutschlandweit zu ehren, die sich um die Weiterentwicklung der Unterrichtspraxis besonders verdient gemacht haben. In diesem Jahr wurden Unterrichtskonzepte in den MINT-Fächern gesucht, die einen konstruktiven Umgang mit Diversität umsetzen; dabei ist Sprachkompetenz ein wichtiger Faktor. „Wir freuen uns unheimlich über den Polytechnik Preis. Wir fühlen uns sehr geehrt, aus der Fülle an tollen und innovativen nominierten Konzepten ausgewählt worden zu sein. Es ist nicht selbstverständlich für die Fachdidaktik, dass neben der Forschung auch unsere Transferarbeit so gewürdigt wird“, sagt Prof. Prediger im Namen ihres Teams. Prof. Jürg Kramer, Direktor des DZLM, gratuliert zum Erfolg: „Der Schlüssel des Erfolgs von SiMa liegt in der engen Zusammenarbeit von fachdidaktischer Design-Forschung und der Praxis, also mit Lehrerinnen und Lehrern sowie Kolleginnen und Kollegen aus Fortbildungsinstituten. Dieser Austausch auf Augenhöhe ist notwendig für einen gelingenden Erkenntnistransfer von Forschungsergebnissen in die Praxis. Das SiMa-Projekt verdeutlicht das eindrucksvoll.“
Zum Hintergrund
Entwickelt und erforscht wurde das SiMa-Unterrichts- und Fortbildungskonzept von Prof. Susanne Prediger von der TU Dortmund. Sie ist seit 2006 Professorin am Institut für Entwicklung und Erforschung des Mathematikunterrichts der Technischen Universität Dortmund und leitet die 19-köpfige MuM-Forschungsgruppe. Seit 2017 ist sie Vize-Direktorin des Deutschen Zentrums für Lehrerbildung Mathematik. Dort entwickelt und erforscht sie gemeinsam mit acht anderen Universitäten Fortbildungen für Mathematiklehrkräfte, um diese Lehrkräfte gemeinsam mit den Landesinstituten bei der Weiterentwicklung ihres Unterrichts zu unterstützen.
Rektorin Prof. Ursula Gather begrüßt rund 1.000 Gäste im Audimax
Akademische Jahresfeier der TU Dortmund
im Zeichen der Freiheit der Wissenschaft
Bei der traditionellen Akademischen Jahresfeier der Technischen Universität (TU) Dortmund hat Rektorin Prof. Ursula Gather betont, wie wichtig die Freiheit für Wissenschaft, Forschung und Lehre ist. „Leistungen an der Universität wären nicht möglich ohne die Freiheit der Wissenschaft, die eine Freiheit des kritischen und offenen Denkens ist“, sagte sie vor rund 1.000 Gästen im Audimax. Traditionell wurden bei der Akademischen Jahresfeier zahlreiche Preise verliehen – für hervorragende Abschlussarbeiten und Promotionen sowie für herausragendes Engagement in der Lehre und für das Campusleben.
„Freiheit der Wissenschaft ist die Freiheit zu denken, zu experimentieren und auszuprobieren“, sagte die Rektorin. „Es ist die Suche nach der Wahrheit, die uns alle antreibt. Es ist die Vielfalt der Menschen, der Fächer, der Methoden und auch der Meinungen.“ Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte sich bei der Jahresversammlung der Hochschulrektorenkonferenz für Meinungsfreiheit stark gemacht und die Universitäten dabei als traditionellen „Ort, an dem eine Gesellschaft das Streiten lernt“ besonders in die Pflicht genommen.
Prof. Ursula Gather schaute auf ein erfolgreiches Jahr für die TU Dortmund zurück. Die Universität ist weiter ein gefragter Studienort: Die Studierendenzahl liegt mit knapp 34.300 weiter auf hohem Niveau. Mit dem Zukunftsvertrag „Studium und Lehre stärken“ hat die Universität Planungssicherheit bekommen. Die nun dauerhaft zur Verfügung stehenden Mittel ermöglichen der Universität auch, erfolgreiche und zukunftsweisende Forschungsfelder strukturell zu stärken und neu aufzubauen. Die TU Dortmund leiste einen wichtigen Beitrag zur Digitalisierung, führte Gather aus. Zu den vielen Erfolgen im Jahr 2019 zählte auch die Stärkung des Transfers durch 14 Millionen Euro Landesförderung für das Exzellenz Start-up Center.
Auftakt der Auszeichnungen bei der Akademischen Jahresfeier machten die Lehrpreise der TU Dortmund. In der Kategorie „Studentisches Engagement“ verlieh Prof. Insa Melle, Prorektorin Studium, den Lehrpreis dem Förderverein „PeP et al.“ der Fakultät Physik. Prof. Barbara Welzel, Prorektorin Diversitätsmanagement, beglückwünschte apl. Prof. Beate Bollig von der Fakultät für Informatik als Preisträgerin in der Kategorie „Veranstaltungen mit bis zu 60 Teilnehmenden“. Leander Schreyer, Vorsitzender des AStA, zeichnete Dr.-Ing. Konrad Boettcher, Fakultät Bio- und Chemieingenieurwesen, als Preisträger in der Kategorie „Veranstaltungen mit mehr als 60 Teilnehmenden“ aus.
Mit der Ehrennadel der TU Dortmund wurden Prof. (i.R.) Bernd K. Gasch für sein langjähriges Engagement als Rektoratsvertreter im Vereinsvorstand der Forschungsgesellschaft für Gerontologie (FfG) sowie ein „musikalisches Quartett“ ausgezeichnet: Rektorin Prof. Gather verlieh die Auszeichnung an Prof. em. Willi Gundlach, den ehemaligen Leiter des Universitätschors Dortmund (1976-1995) und des Kammerchors der TU Dortmund (1978-2005), seinen Nachfolger Dr. Reinhard Fehling (Universitätschor 1998-2013) und die beiden aktiven Chorleitungen Heinke Kirzinger (Universitätschor seit 2013) sowie Ulrich Arns (Kammerchor seit 2007). Ein besonderer Dank der Rektorin ging zudem an zwei verdiente langjährige Unterstützer und Förderer der Universität, die sich der Gesellschaft der Freunde der TU Dortmund (GdF) engagierten: „Dr. Georg Kottmann und Uwe Samulewicz haben in vielen Jahren unsere Universität tatkräftig unterstützt und hier Vieles möglich gemacht“, sagte sie.
Die Verleihung der Jahrgangsbestenpreise übernahm traditionell der GdF-Vorsitzende Guido Baranowski. Er zeichnete Sascha Knüttel, Robin Schäfer, Damian Schiller, Christian Hakert, Frank Weber, Jana Maria Bruderreck, Lucas Schraa, Anika Henke, Patrick Braun, Nane Kaiser, Philip Semme, Janine Bodczian, Mara Buning, Magdalena Ulrike Elisabeth Diekamp, Lisa-Marie Kaiser, Nadja Rottmann und Patricia Otte aus.
Die Dissertationspreise übergab Prof. Gabriele Sadowski, Prorektorin Forschung. Sie freute sich über die herausragenden Arbeiten von Dr. rer. nat. Matthias Täufer, Fakultät für Mathematik, Dr. rer. nat. Felix Paßmann, Fakultät Physik, Dr. rer. nat. Eva Rebecca Barth, Fakultät für Chemie und Chemische Biologie, Dr.-Ing. Kuan-Hsun Chen, Fakultät für Informatik, Dr. rer. nat. Swetlana Herbrandt, Fakultät Statistik, Dr.-Ing. Lukas Hohmann, Fakultät Bio- und Chemieingenieurwesen, Dr.-Ing. Kirsten Weisner, Fakultät Maschinenbau, Dr.-Ing. Nils Dorsch, Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik, Dr.-Ing. Julian Engelbert, Fakultät Raumplanung, Dr.-Ing. Wojciech Kijanski, Fakultät Architektur und Bauingenieurwesen, Dr. rer. pol. Sarah Köcher, Fakultät Wirtschaftswissenschaften, Dr. phil. Miguel Zulaica y Mugica, Fakultät Erziehungswissenschaft, Psychologie und Soziologie, Dr. phil. Steve Schlegel, Fakultät Humanwissenschaften und Theologie, und Dr. phil. Gerret von Nordheim, Fakultät Kulturwissenschaften.
Musikalisch eingerahmt wurde die Akademische Jahresfeier vom Universitätschor Dortmund mit Unterstützung von „Rock ‘n‘ Ruhr“. Der Abend endete mit einem Empfang in der Mensa. Wie bereits in den Vorjahren wurde die Akademische Jahresfeier von der Gesellschaft der Freunde der TU Dortmund unterstützt.
Rund 1.000 Gäste besuchten die Akademische Jahresfeier im Audimax der TU Dortmund.
Fotos: Martina Hengesbach/TU Dortmund