FOTOSTRECKE: Die Sanierung des Löschturms der Kokerei Hansa eröffnet ungewöhnliche Ein- und Ausblicke

Der Blick vom Kokslöschturm auf die Kokerei Hansa. Fotos: Roland Klecker/dofoto.de
Der Blick vom Kokslöschturm auf die Kokerei Hansa. Fotos: Roland Klecker/dofoto.de

Von Roland Klecker

Nein, es ist keine Skultpur vom Verpackungskünstler Christo, die dort in Huckarde steht. Auch wenn es nicht weniger kunstvoll aussieht, diese Verpackung hat einen ganz banalen Grund. Der große südliche Kokslöschturm 0 auf der Kokerei Hansa wird einer umfassenden Sanierung unterzogen.

Ungewöhnlich hohes und großes Bauwerk aus Holz als Herausforderung

Unter der Plane finden die Arbeiten an der Holzkonstruktion statt.
Unter der Plane finden die Arbeiten an der Holzkonstruktion statt.

Unter der Plane sieht es aus wie in einer Zimmermannswerkstatt. Holzbalken, Pfosten, Schalbretter, Bolzen und Geka-Dübel liegen und stehen in einem nur scheinbar wirren Durcheinander auf vielen Etagen der Baustelle.

Auch für die Handwerker der Firma Heinrich Haveloh GmbH, die mit den Arbeiten betraut ist, keine alltägliche Arbeit. „Ein spannendes Projekt, denn normalerweise arbeiten wir an Dachkonstruktionen oder Fachwerkhäusern. Solch ein großes und hohes Bauwerk ist schon etwas Besonderes.“, sagt Zimmermann Stefan Witte (22).

Gemeinsam mit dem 17jährigen Auszubildenden Johannes Lösing führt er die BesucherInnen auf den Turm und erklärt die Arbeiten.

Nicht erst seit der Stilllegung der Kokerei Hansa im Jahr 1992 ist der Löschturm, an dem 1980/81 rund 125 Kubikmeter Fichtenholz verbaut wurden, in die Jahre gekommen.

„Verschleißerscheinungen aus Betriebszeiten und Witterungsschäden haben der Beton- und Holzkonstruktion kräftig zugesetzt“, berichtet Ursula Mehrfeld, Geschäftsführerin der Industriedenkmalstiftung.

Durch die Städtebauförderung kann das Wahrzeichen erhalten bleiben

Auf der Denkmalgeschützten Anlage sind noch das ganze Jahr die Bauarbeiter und Handwerker aktiv.
Auf der Denkmalgeschützten Anlage sind noch das ganze Jahr die Bauarbeiter und Handwerker aktiv.

„Es war höchste Zeit, das denkmalgeschützte Bauwerk zu sanieren. Wir freuen uns sehr, dass wir mit Mitteln der Städtebauförderung Gelegenheit haben, das weithin sichtbare Wahrzeichen der Kokerei Hansa erhalten können“.

Und nicht nur dies. Denn künftig sollen, so Ursula Mehrfeld, „die Besucher der Kokerei den Löschturm auch ebenerdig begehen können, um aus dem faszinierenden Innenraum heraus den Himmel zu erspähen.“ Ob dann, wie einst, Wasserdampfwolken aufsteigen werden, ist aber noch ungewiss. Auf jeden Fall aber wird der Löschvorgang des Kokses erlebbar sein.

Gemeinsam mit Dr. Marita Pfeifer, Bereichsleiterin Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, und der leitenden Architektin Julia Moldenhauer führt Mehrfeld die BesucherInnen der Besichtigungstour mit dem großen Bau-Aufzug an die verschiedenen Schwerpunkte der Sanierungsarbeiten.

Tausende Schalbretter und Hunderte von Balken müssen kontrolliert werden

Die Holzkonstruktion ist an vielen Stellen marode und muss erneuert werden.
Die Holzkonstruktion ist an vielen Stellen marode und muss erneuert werden.

Dazu zählen in erster Linie die Bauteile ganz oben, die umlaufenden Reparaturbalkone und die tragenden Pfosten. Deutlich sind in einigen Bereichen noch die verrotteten Holzteile zu sehen, die auf ihre Auswechslung warten.

Tausende Schalbretter und Hunderte von Balken wurden ab- und wieder angeschraubt, ausgetauscht wird nur was durch den Betrieb und die Witterung beeinträchtigt ist.

Zunächst gilt es nämlich das Bauwerk selbst zu ertüchtigen. In etwa 40 Metern Höhe arbeiten derzeit täglich zweibös drei Handwerker daran, die Holzkonstruktion und Holzverschalung des Kokslöschturms instand zu setzen.

Dabei gehen sie von oben nach unten vor und tauschen, wo es nötig ist, Balken oder Bretter aus.  Auch die umlaufenden balkonartigen Wartungsgänge bedürfen einer Grunderneuerung nach historischem Vorbild.

„Wir nehmen jedes Teil in die Hand, kein Holz bleibt unberührt“ erklärt Zimmermann Witte, nicht ohne Stolz. Denn viele Ständerwerke und Verstrebungen sehen von außen noch ganz gut aus, sind aber an den Berührungsflächen durchnässt und faulen.

Arbeiten an der Holzkonstruktion sollen in sechs Wochen angeschlossen werden

Ein großes Problem sind die Bolzen und Geka-Dübel - Lochscheiben mit Zähnen an beiden Seiten.
Ein großes Problem sind die Bolzen und Geka-Dübel – Lochscheiben mit Zähnen an beiden Seiten.

Ein großes Problem sind dabei auch die Bolzen und die sogenannten Geka-Dübel, das sind Lochscheiben mit Zähnen an beiden Seiten.

Diese liegen zwischen den Balken und verhindern ein Verschieben und Versetzen. Bolzen und Schrauben allein reichen da nicht, da sich das Holz mehr bewegt und je nach Witterung Größe und Form etwas verändert. „Und um an diese Dübel zu gelangen muss die Konstruktion komplett auseinander genommen werden“.

In etwa sechs Wochen werden die Arbeiten an der Holzkonstruktion abgeschlossen sein. Im Anschluss folgen weitere Arbeiten zur Sicherung der Stahlbetonkonstruktion, auf der das hölzerne Monument ruht. Ein Oberflächenschutz soll Schäden langfristig vorbeugen.

Ende 2017 wird gesamte Sanierungsmaßnahme voraussichtlich abgeschlossen sein.

HINTERGRUND Wie funktionierte ein Löschturm?

  • Der Löschturm diente dazu, den Koks, der in Koksöfen durch Erhitzen von Steinkohle unter Luftabschluss produziert wurde, mit Wasser abzulöschen und dadurch von etwa 850°- 900°auf circa 60° Celsius abzukühlen.
  • Sobald das Koks aus dem Ofen gedrückt war und mit Sauerstoff in Kontakt kam, fing er Feuer. Damit er nicht verbrannte und zu Asche zerfiel, wurde er vom Ofen aus direkt in einen Löschwagen geschoben und über Gleise in den Löschturm gefahren.
  • Circa 120 Löschvorgänge gab es pro Tag. Das nach außen sichtbare Zeichen für den Löschvorgang war die aus dem Turm aufsteigende riesige Wasserdampfwolke.    
  • Der Kokslöschturm 0 wurde 1980/81 als (Fichten-) Holzkonstruktion mit gespundeter Schalung, die auf einer Beton-Tragkonstruktion aufsteht, gebaut. Die Holzverschalung diente dazu, den Wasserdampf nach dem Kokslöschen geregelt nach oben zu führen. Der Baustoff Holz war preiswert, vereinfachte die Wartung und war auch bei Temperaturschwankungen widerstandfähig. Für Wartungsgänge waren am Löschturm außen drei umlaufende Balkone installiert, die über Stahlleitern erschlossen wurden. 
  • Oben am Löschturm befinden sich seitlich und von außen sichtbar zwei große Wasserbehälter. Sie hatten ein Fassungsvermögen von jeweils 36.000 Liter pro Tank. Für einen Löschvorgang wurden circa 25.000 Liter Wasser benötigt; davon verdampften circa 10.000 Liter. Nach jedem einzelnen Löschvorgang wurden die Tanks sofort wieder befüllt, damit der notwendige Wasserdruck vorgehalten werden konnte. 
  • Um die im Wasserdampf enthaltenen Koksgrusanteile zurückzuhalten war der Turm im Inneren mit einer lamellenartigen Anlage zur Verminderung von Emissionen ausgestattet. In 10.000 Liter Wasserdampf durften damals maximal 50 Gramm Feststoffanteile in Form von Koksgrus enthalten sein.
  • Das übrige Wasser wurde nach dem Löschvorgang dem bis heute erhaltenen Klärbecken zugeführt und von dort aus wieder nach oben in die Tanks gepumpt. Der aufgefangene Koksgrus wurde für die Nutzung zum Beispiel im Motorenguß wiedergewonnen. 
  • Das Klärbecken ist jetzt eines großes Wasserbiotop, große Goldfische und mächtige Kois bewohnen heute zwischen Seerosen und anderen Wasserpflanzen den künstlichen Teich mit seinem maroden Industriecharme

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