Von Florian Stary
Los war und ist im Ruhrgebiet eigentlich jede Menge – es bekommen nur nicht alle mit. Jugendliche zum Beispiel, die in den Vororten der Großstädte wohnen. Von diesem Lebensgefühl zwischen Waschbeton und getunten Mopeds erzählt der neue Song „Deutsche Hecke“ von „Figur Lemur“.
Auf „Deutsche Hecke“ soll noch in diesem Jahr eine neue EP folgen
Zu den ganz großen Acts der Republik gehören „Figur Lemur“ vielleicht noch nicht ganz, eine gewisse Bekanntheit allerdings kann den vier Jungs aus Witten-Stockum niemand absprechen.
Denn wer in den letzten Jahren eines der großen Revier-Festivals, wie die Traumzeit in Duisburg, Bochum Total oder das Juicy Beats in Dortmund besucht hat, für den stehen die Chancen gut, Bastian Nau, Benjamin Weu, Jonas Weu und Joscha Denzel bereits live erlebt zu haben. ___STEADY_PAYWALL___
Nach Festivalsommer, Clubtour und PopCamp ist die Band nun bereit, neues Material herauszubringen. Geplant ist für dieses Jahr eine neue EP, produziert von Fayzen Zoroofchi. Der erste Song der Platte erschien bereits im März und hört auf den Namen „Deutsche Hecke“.
Irgendwo im Nirgendwo: Ein Song wie eine Jugend in Deutschland
„Deutsche Hecke“ spielt da, wo sich im Ruhrgebiet Fuchs und Igel gute Nacht sagen. Irgendwo an den Nahtstellen der zusammengewachsenen Kommunen, in den eingemeindeten Dörfern, die jetzt zwar den Namen einer Großstadt auf dem Ortseingangsschild tragen, sich für manch einen aber immer noch so anfühlen wie ein vergessener Weiler irgendwo im Nirgendwo.
Denn während Rentner und junge Eltern womöglich vom ländlichen Idyll schwärmen, fällt Jugendlichen dort regelmäßig die Decke auf den Kopf. Aber was tun, wenn der Bus am Samstagabend nur alle zwei Stunden fährt und das lokale Highlight aus der Eckkneipe mit Schlagermusik besteht?
Die Antwort kennen alle, die in einer ähnlichen Situation aufgewachsen sind, egal, ob in den 80ern, 90ern oder den Nullerjahren: Rauf auf die Mopeds und selbst was starten! Nicht immer gesellschaftlich abgesegnet, manchmal ein bisschen asi und Alkohol spielt auch oft eine Rolle. Aber Jugend ist halt nur einmal im Leben.
Kindheitserinnerungen: Videodreh am Dortmunder Indupark
Genau dieses Flair fängt „Deutsche Hecke“ augenzwinkernd ein. Ein bisschen melancholisch, ein wenig resignierend, aber trotzdem mit einer ordentlichen Portion Lebensfreude. Denn schließlich hat die Zeit damals nicht nur geprägt, im Rückblick war sie auch ziemlich geil.
Genau deshalb konnte es für den Videodreh zu „Deutsche Hecke“ (entstanden in Zusammenarbeit mit Tim Kaszik) kaum einen besseren Ort geben, als den Parkplatz vor dem großen Einkaufszentrum des Induparks im Dortmunder Westen an einem Sonntagnachmittag.
„Für den Indupark haben wir uns gleich aus mehreren Gründen entschieden“, erklärt Joscha Denzel. „Zum einen ist er für uns alle ein Stück Kindheitserinnerung. Wenn wir mal wieder neue Schuhe brauchten, ging es mit der ganzen Familie ab ins Schuhcenter.“
Es geht um die Schönheit hinter der grauen Tristesse
Außerdem passe die Location zum Song wie die Faust aufs Auge. Sonntags sei der Indupark ungefähr so lebendig wie die Vororte im Revier an einem Samstagabend und mindestens genau so hässlich wie die Bettenburgen dort. Aber gleichzeitig irgendwie schön.
„Denn trotz aller Tristesse das Beste aus der Situation machen, das Leben anpacken und jeden Tag zu nehmen, wie er eben kommt – eben die Schönheit hinter den grauen Fassaden zu sehen, das zeichnet die Menschen hier aus“, so Joscha.
Zudem gelang es dem Gaststar Indupark sogar, für authentischen Nervenkitzels zu sorgen. Eben genau das Gefühl, das Jugendliche suchen und schon immer gesucht haben. Denzel dazu:
„Die Aufnahmen waren sehr spontan. Wir hatten keine Dreherlaubnis. Eigentlich kein Problem, da wir genau darauf geachtet haben, keine fremden Personen ins Bild zu bekommen. Aber dann haben wir den Parkplatzwächter in seinem Häuschen entdeckt. Allerdings hat der Mann uns gar keine Beachtung geschenkt. Trotzdem hat sich das ein wenig angefühlt wie damals. Die Angst, erwischt zu werden, immer im Nacken.“
Nordstadt bietet 1000 Geschichten für gute Songs
Auch, wenn Nau, die Brüder Weu und Denzel nicht direkt aus Dortmund kommen – mit der Stadt verbindet sie mehr als nur der Drehort für ein Video. Benjamin Weu studierte Film an der lokalen Fachhochschule. Joscha Denzel wiederum besuchte die Glen Buschmann Jazzakademie an der Steinstraße:
„In den Pausen bin ich oft durch die Straßen der Nordstadt gezogen. Den nächsten Imbiss ausprobieren, das Treiben auf mich wirken lassen, die Menschen beobachten. Zwischen Aufbruchsstimmung und Schrottimmobilien verstecken sich dort tausend Geschichten, die sich auch in unseren Songs wiederfinden.“
„Deutsche Hecke“ wurde bereits auf den bekannten Streaming Plattformen veröffentlicht. Das Video zum Song, inklusive Indupark-Parkplatz, Motorroller und geliehenem Einkaufswagen steht auf YouTube und ist am Ende des Artikels verlinkt. Alle, die „Figur Lemur“ live erleben möchten, können sich auf das Konzert in der WERK°STADT in Witten am 26. Mai 2024 freuen. Tickets gibt es direkt über die Homepage der Band.
Weitere Informationen zur Band findet Ihr hier: www.figurlemur.de
Sollte an dieser Stelle das Videofenster nicht erscheinen, bitte einmal den Browser aktualisieren.
Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!